Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1965

Spalte:

762-763

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

McDonough, Thomas M.

Titel/Untertitel:

The law and the gospel in Luther 1965

Rezensent:

Beintker, Horst

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

761

Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 10

762

sage einer doppelsprachigen kommentierten Ausgabe der neuen
Quellen in absehbarer Zeit verwirklicht werden.

Rostock GertHaendler

R o b e r g, Burkhard: Die Union zwischen der griechischen und der
lateinischen Kirche auf dem II. Konzil von Lyon (1274). Bonn:
Röhrscheid 1964. 277 S. gr. 8° = Bonner Historische Forschungen,
hrsg. v. M. Braubach, Bd. 24. Kart. DM 32.—.

Im Zeitalter erneuter Verhandlungen zwischen Rom und
Kcnstantinopel um die Möglichkeiten einer Annäherung und
eventuell einer Einigung besitzt die vorliegende Arbeit, noch
vor der Einberufung des II. Vatikanischen Konzils in Angriff
genommen, besondern Wert als Paradigma einer Verhandlungsführung
, die nicht zum Erfolge geführt hat und in dieser Form
wohl auch nicht führen wird. So sehr der byzantinische Kaiser
Michael VIII. (1261—1282) durch sein ganzes Verhalten den
Anschein erweckt, daß ihm die Einigung mit der abendländischen
Kirche auch theologisch Anliegen war (auch das Verhalten in
seinen letzten Lebensmonaten weist darauf hin, S. 219 f.), so
war doch der entscheidende Motor dafür die politische Lage.
Sie war gekennzeichnet durch das dauernde Bestreben „lateinischer
" Kreise, vor allem des sizilianischen Herrschers Karl I.
von Anjou, das 1261 den Oströmern wieder zugefallene
Konstantinopel zurückzugewinnen. Alle Stadien dieser Bedrohung
, alle Überlegungen, die Michael um ihretwillen anstellte
, werden von R. in allen Einzelheiten beschrieben und aus
byzantinischen sowie abendländischen Quellen genau belegt.
(Lästig ist dabei die häufige Vermischung griechischer und lateinischer
Namensformen, in fast grotesker Weise z. B. Seite
123—125.) Dabei hat der Vf. freilich der Schwierigkeiten aus
dem Osten, denen Byzanz sich damals ausgesetzt sah, fast gar
nicht gedacht, obwohl dann die prekäre Lage des oströmischen
Kaisers noch wesentlich deutlicher herausgekommen wäre. Man
erfährt zwar ganz am Rande, daß der „Mongolenchan" Abaga
(lies: Abaqa) Michaels Schwiegersohn war (S. 168 f.). Man sieht
aber nicht, welche Rolle dieser Ilchan (= mongolische Beherrscher
Persiens) für Byzanz spielte, im Wechselspiel zu den mit ihm
nachhaltig verfeindeten Mongolen in der Goldenen Horde,
deren Machthaber Nochai ebenfalls mit Michael verschwägert
war: ein Zeichen für die umsichtige Schaukelpolitik, die der
Kaiser zwischen diesen beiden Rivalen einzuhalten genötigt war.
(Alles notwendige dafür läßt sich auch modernen Darstellungen
entnehmen.) Nun hat die Gefährdung aus dem Osten die Lage
des Kaisers nicht grundsätzlich verändert. Man versteht aber
bei deren Berücksichtigung noch besser, weshalb Michael den
Päpsten gegenüber so sehr auf eine Union drängte; war doch
die Kurie gerade in Abaqas Reich ebenfalls sehr aktiv. Daß
Michael dabei die Bedingungen einer Union seiner Geistlichkeit
gegenüber möglichst zu verharmlosen suchte, war ein Verfahren,
das auf seinen durch die Blendung des letzten Kaisers von Nikaia,
Johannes IV., Laskaris, ohnehin sehr belasteten Charakter kein
gutes Licht wirft.

Immerhin hat der Kaiser bei dem weitsichtigen und verständnisvollen
Papste Gregor X. volle Unterstützung gefunden
und auf dem II. Konzil von Lyon die Union unter Bedingungen
unterzeichnen lassen, die den Wünschen der Kurie sehr weit entgegenkam
. Wie viel dabei von den — damals rasch wechselnden
— Päpsten und ihrer Standfestigkeit gegenüber Karls von Anjou
und seiner Gefährten dauernden Wünschen nach einem Beutekrieg
gegen Byzanz abhing, hat der Vf. anhand der Unterlagen
sehr deutlich gemacht. Sobald mit dem Franzosen Martin IV.
(1281—1285) ein Mann den päpstlichen Thron bestieg, der nicht
willens und wohl auch nicht fähig war, Karl I. von Anjou entgegenzutreten
, brach die Unionspolitik zusammen. Michael VIII.
wurde gebannt und Karl von Anjou freie Hand gegeben, eben
am Vorabend der „Sizilianischen Vesper" (30. März 1282; dieses
Jahr lies auch S. 218 und 220), die dessen Hoffnungen ihrerseits
zunichte machte. Der oströmische Kaiser, von dieser Behandlung
völlig überrascht, hat an der Union festzuhalten versucht, ist
aber schon im Dezember 1282 gestorben. Sein Tod bildete das
Ende einer Union, die dank der Einsicht Gregors X. 60 hoffnungsvoll
begonnen hatte.

Das alles ist, soweit es die abendländischen und byzantinischen
Quellen und Entwicklungen betrifft, von R. sehr handlich
, klar und folgerichtig dargestellt, durch eine gut gewählte
Sammlung einschlägiger Urkunden sinnvoll ergänzt sowie durch
Literaturverzeichnis und Register gut erschlossen worden. (Dabei
wäre mehr noch als ein Ortsregister ein solches der Termini
technici gerade im Hinblick auf die aktuelle Bedeutung des
Themas erwünscht gewesen.) R.s Buch, eigentlich nur als historische
Abhandlung gedacht, ist nun auch zu einem Nachschlagewerk
für gar manche Fragen geworden, die die Welt heute
wieder bewegen. Denn die dogmatischen Unterschiede, die damals
galten, sind heute weithin dieselben wie ausgangs des
13. Jahrhunderts.

Hamburg Bertold Spu Irr

Sancti Cyrillus et Methodius. Leben und Wirken. Hrsg. v. d. Ceski
katolickä Charita. Praha 1963. 132 S. m. 37 Abb., 4 Pläne gr. 8° =
Schriften d. Römisch-katholischen cyrillo-methodianischcn theologischen
Fakultät, Praha — Litomöfice, hrsg. v. J. Merell.

Dieses Buch, erschienen im Jahre 1963 zum Gedenken an
die Slavenlehrer, enthält folgende Beiträge katholischer Autoren:
Vorwort von J. Merell (S. 5—7); V. Bartünek, Leben und Wirken
der heil. Cyrill und Method (S. 9—44); F. Cinek, Das Heiligenprofil
unserer Glaubenapostel in der Liturgie (S. 45—48);
J. Cibulka, Großmährische Kfrchenbauten (S. 49—117); L. Po-
korny, Die slawische Cyrillo-methodianische Liturgie (S. 118 bis
126) und das Nachwort von J. Benes (S. 127—129). Auf eine
Reihe von Fragen, die in diesen Aufsätzen angeschnitten werden,
bin ich in dieser Zeitschrift bereits eingegangen (ThLZ 8 8, 1963,
Sp. 641-656).

Halle/Saale Kon rad O n a s c Ii

Schipperges, Heinrich: Anthropologische Aspekte im Weltbild
Hildegards von Bingen (TThZ 74, 1965 S. 151—165).

Kl RCHEN GESCHICHTE: REFORMA TIONSZEIT

Mc Donough, Thomas M., O. P.: The Law and the Cospel in
Luther. A Study of Martin Luther's Confessional Writings. London:
Oxford University Press 1963. IX, 180S. 8° = Oxford Theological
Monographs. Lw. 30 s.

Diese Arbeit ist eine Frucht der Lutherforschung im angelsächsischen
Raum (von einem katholischen Theologen vorgelegt).
Die Anregung gab P. Humbert Cornelius, O. P., in Belgien,
wo der Verf. mit der Vorfarm dieser Lutherstudie im Dominikanerseminar
(Dominican College of la Sarte, Huy) einen theologischen
Grad erwarb. Fortgesetzt und vervollständigt wurde
die Studie an der Universität Oxford unter der Anleitung und
Beratung der Theologen Dr. Thomas M. Parker, Dr. E. Gordon
Rupp, Dr. G. V. Bennet, unter dessen Dekanat mit dieser Arbeit
der akademische Grad Bacc. Litt, erworben wurde. So bietet
diese Studie, für die, wie Verf. ausdrücklich hervorhebt, die
kritische Durchsicht durch Freunde1 sehr hilfreich war, als
Zeichen der Neuaufnahme Luthers im englischen Sprachraum*
ein erfreuliches Ergebnis. Sie zeigt, wie von Oxford nicht anders
zu erwarten, Berücksichtigung der wichtigsten Quellen und «achlich
klare Darstellung.

In der Einleitung geht der Verf. vom bekannten Begriffszusammenhang
des Wortes Gottes als Gesetz und Evangelium aus. Er kündet
sogleich sein Interpretationsprinzip für Luther an, mit dem er aber
nicht die Geltung des „Hauptartikels der Rechtfertigung" ablösen will.
Mit zwei Neubildungen, die im Deutschen allerdings unsachgemäße
Verkürzungen wären, sucht er Luthers Lehre und Erfahrung zu erfassen
. „Law-Gospel" (Gesetz-Evangelium) umschreibt Luthers Lehre
(doctrine), „despairfaith" ( Verzweiflung—Glaube) Luthers Erfahrung
(experience).

') Dr. Brian Monaham, O. P. (Oxford), Mathieu de Durand, O. P.
(Toulouse), Adrien Brunet, O. P., Richard Mignault, O. P., und der
lutherische Pastor John Schmieder, sämtlich aus Kanada.

2) Die Philadelphia Edition (1943) und die American Edition (1957
ff.) von Luthers Werken sind neben der WA herangezogen.