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Ausgabe:

1965

Spalte:

753-754

Kategorie:

Neues Testament

Titel/Untertitel:

Apostolisches. Apokalypsen und Verwandtes 1965

Rezensent:

Leipoldt, Johannes

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753

Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 10

754

Wieder, Arnold A.: Ugaritic-Hebrew, Lexicographical Notes (JBL

LXXX1V, 1965, S. 160-164).
Young, Edward J.: Isaiah 34 and its Position in the Prophecy (Wcst-

minstcr Theological Review 27, 1965 S. 93—114).
Zink, James K.: Inipatient Job (JBL LXXXIV, 1965 S. 147-152).

NEUES TESTAMENT

Hennecke, Edgar f i Neutcstamcntliche Apokryphen in deutscher
Übersetzung. 3., völlig neubearb. Aufl., hrsg. v. W. Schneemelcher.
IL: Apostolisdies, Apokalypsen und Verwandtes. Tübingen: Mohr
1964. X, 661 S. gr. 8°. DM 38.— ; Lw. DM 43.—.

Der erste Band des bekannten Sammelwerkes, von W. Schneemelcher
neu herausgegeben, wurde 1959 Sp. 829 f. angezeigt.
Der zweite (abschließende) Band erscheint später, als angekündigt
war. Aber es ist gut, daß man sich Zeit ließ. Zwar auf eine
schnelle Veröffentlichung der neuen koptischen Texte von Nag
Hammadi wartete man vergebens. Aber wo es möglich war,
haben Herausgeber und Mitarbeiter gründliche Arbeit geleistet.
Sie schufen so ein Buch, das der Erforscher des Neuen Testaments
und der Kirchengeschichte kaum entbehren kann. Es fehlen
die sog. apostolischen Väter: ich sehe ein, daß sie den Umfang
gesprengt und zu einer unliebsamen Verteuerung geführt hätten;
ich hielte es aber für zweckmäßig, diese Schriften in Übersetzung
einem weiteren Kreise nochmals zugänglich zu machen mit ganz
kurzen Einleitungen,

Unser Band beginnt mit einer Übersicht über Außerbib-
lischcs von den Aposteln: hier hat W. Bauer noch eine wertvolle
Zusammenstellung geboten, die M. Hornschuh ergänzte.
Die ersten Texte, die in Übersetzung geboten werden, sind apostolische
Pseudepigrapha. Es ist freudig zu begrüßen, daß hier
auch der Briefwechsel zwischen Seneca und Paulus mitgeteilt
wird (von Kurfess). Man kann aus ihm viel lernen über den Weg
der frühen Christen; auch die Frage, welcher Schicht der Bevölkerung
sie angehörten, empfängt hier Antwort. Es folgen die umfangreichen
Apostelgeschichten, einschließlich der Pseudoklemcn-
tinen (diese von J. Irmscher bearbeitet). Um die Paulusakten, für
die immer wieder neue Quellen zu Tage treten, bemühte sich
Schneemelcher, ebenso gründlich wie vorsichtig. Dann schließen
sich die Apokalypsen an. Ich finde es dankenswert, daß S. 486 f.
eine Sammlung der montanistischen Sprüche geboten wird
(Schneemelcher): psychologisch lehrreich! Ich würde Tertullian de
anima hinzufügen. Origenes gegen Kelsos VII 9 (S. 48 5) beurteile
ich anders. Sehr wertvoll ist, daß die beiden Fassungen der
Petrus-Apokalypse nebeneinander geboten werden. Den Schluß
der Sammlung bilden Dichtungen: der Naassenerpsalm und die
Oden des Salomo (W. Bauer).

Wenn wir das gesamte Werk ins Auge fassen, so fällt uns
etwas auf: das Kirchenrecht, so weit es unter dem Namen der
Apostel geht, ist wenig berücksichtigt. Die Zwölfapostellehre fiel
weg, weil man sie zu den apostolischen Vätern rechnete. Dann
fehlt noch ein kürzerer Text, der für mein Gefühl ebenso merkwürdig
wie lehrreich ist: die apostolische Kirchenordnung. Hier
gibt es sogar, wenn ich recht sehe, noch keine genügende Ausgabe
des Urtextes: es müßten z. B. die beiden koptischen
Fassungen verglichen und mit wichtigen Lesarten angemerkt
werden; da werden manche Gedanken und Entwicklungen besonders
anschaulich. Auf diese längeren kirchenrechtlichen Urkunden
muß wohl von vornherein verzichtet werden, leider. Wenn ich
mir überlege, wo am heutigen Bestände gekürzt werden kann,
kommt mir folgender Gedanke: ist es notwendig, so breite Einleitungen
zu geben, wie sie heute vorliegen? Ich bitte, das nicht
als eine Kritik dieser Einleitungen aufzufassen: ich habe sie gern
und mit Gewinn gelesen, wenn auch nicht mit restloser Zustimmung
. Aber wer wird dieses Buch benutzen wollen, um etwa
über Apokalyptik sich zu unterrichten? Es würde wohl genügen,
kurz anzugeben, worauf unser Text beruht, und die Hauptfragen
zu nennen, die hierbei berücksichtigt werden müssen. Ich würde
auch Fragen der Formgeschichte nicht anschneiden. Sie müssen
in einem weiteren Zusammenhange erörtert werden, ausführlicher
, als das hier möglich ist; dabei muß die Überlieferungsgeschichte
des rabbinischen Schrifttums verglichen werden. Insbesondere
bedarf der Ausdruck ,,neutestamentliche Apokryphen"

kaum einer Erläuterung. Seiner Entstehung nach ist er zum Teile
doch willkürlich; aber jeder, der zu unserem Buche greift, wird
wissen, was er darunter zu verstehen hat.

Diese Bemerkungen denken schon an die nächste Auflage.
Ich hoffe, daß sie bald notwendig wird: was uns heute geboten
wird, ist trotz allem so gut, reich und vielseitig, daß es dem
Buche an Käufern nicht fehlen wird. Man kann nur wünschen
(trotz P. Riesslers Altjüdischem Schrifttum 1928 ), daß für das
Alte Testament ein ähnliches Werk ersteht, als Nachkomme von
E. Kautzsch's Apokryphen und Pseudepigraphcn (1900).

Johannes Lelpoldtf

Jonge, M. de: Tcstarnenta XII Patriarcharum, edited aecording to
Cambridge University Library MS Ff 1.24 fol. 203a — 262b, with
short Notes. Leiden: Brill 1964. XVII, 86 S. gr. 8° = Pseudepigrapha
Veteris Testamenti Graece, ed. A. M. Denis et M. de Jonge, 1. hfl.
12.—.

Die Testamente der 12 Patriarchen standen oft nur im
Hintergrunde der Forschung. Das ist anders geworden, seit sich
in Qumran Stücke dieser Schrift fanden. Immerhin sind noch
grundlegende Fragen, z. B. nach der Ursprache (griechisch oder
hebräisch), nicht sicher zu beantworten, und einwandfreie Maßstäbe
der Textkritik sind noch nicht erarbeitet. Wir benutzen
die große kritische Ausgabe von R. H. Charles (Oxford 1908):
sie hat eindn ausführlichen Apparat, ist aber nicht bequem zu benutzen
. Der Apparat ist unübersichtlich, und es erheben sich beträchtliche
Zweifel, ob Charles die einzelnen Textzeugen richtig
einschätzte (z. B. die armenische Fassung). Hier will de Jonge
helfen: nicht mit einer neuen Ausgabe, die alles Entscheidende
bucht; sondern mit einem einstweiligen Behelfsmittel. Er druckt
die Handschrift b (Cambridge Ff 1,24) wörtlich ab, eine wertvolle
Hs.; aber sie erscheint hier mit all ihren Fehlern und ungewohnten
Schreibungen. Der Herausgeber fügt aber einen
Apparat hinzu: keinen vollständigen, aber eine Auswahl von
Lesarten, die dem Benutzer an schwierigen oder zweifelhaften
Stellen hilft. Man kann darüber streiten, ob das der rechte Weg
war, der Forschung zu helfen. Ich habe die neue Ausgabe benutzt
und freue mich festzustellen, daß sie sich gut liest und besonders
geeignet ist, dem zu dienen, der etwas Bestimmtes sucht. Hat
man bei Charles den Eindruck, daß man sich durch den Text
durcharbeiten und sich einen Weg suchen muß, so taucht bei
de Jonge eher das Gefühl auf, eine lehrreiche Schrift mit Vergnügen
zu lesen. So glaube ich, daß wir ihm dankbar sein müssen.
Ich bitte ihn aber, sich nicht mit dieser editio minima (so sagt
er selbst S. XV) zu begnügen. Er deutet an, daß er Größeres
schaffen will, einen zweiten Charles: eine schwierige Arbeit;
möge ihm Zeit und Kraft dazu gegeben sein, die Textgcschichtc
zu entwirren und den neu gefundenen Stoff, auch den aus
Qumran, einzuarbeiten!

Johannes L e i p o 1 d 1 t

Bartsch, Hans-Werner: Das historische Problem des Lebens Jesu.

München: Kaiser 1960. 31 S. 8° = Theoloeische Existenz heute,
hrsg. v. K. G. Steck u. G. Eichholz, N. F. Nr. 78. DM 2.—.

Der Rezensent bittet um Entschuldigung: Durch einen Irrtum
erscheint diese Besprechung erst jetzt. Da das „Problem
des historischen Jesus" noch in der Diskussion ist, ist der Hinweis
auf B.s Beitrag noch zeitgemäß.

Zunächst wird die Position Kählers dargestellt. Interessant
ist die Zusammenstellung mit Wrede: Beide wollen die Urkunden
nicht nur als Quellen auswerten, sondern sie mit ihrem
eigenen Gehalt zur Geltung kommen lassen. ..Kähler ist diesen
Weg Wredes konsequent zu Ende gegangen" (7). Er zieht sich
nicht aus dem Historischen zurück. Will man sein Verdikt über
die moderne Leben-Jesu-Forschung verstehen, hat man zu beachten
, ,.daß alle Urteile Kählers auf historische Erwägungen
zurückgehen" (8). .,In der Akzentverschiebung von Kähler zu
Bultmann" wird ..das Motiv sichtbar, das zu einer Flucht aus
dem Historischen führen kann" (11). S. 11 f. erscheint die These
(formuliert in Auseinandersetzung mit Käsemann): ,.Daß diese
Identität (sc. des erhöhten Christus mit dem historischen Jesus)
Element der Verkündigung ist und nicht deren vorher feststell-