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Ausgabe:

1965

Spalte:

745-746

Kategorie:

Allgemeines

Titel/Untertitel:

Theologisches Jahrbuch 1965 1965

Rezensent:

Schott, Erdmann

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745

Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 10

746

nehmen. Es dürfte jedoch deutlich geworden sein, daß die luthe-
riche Theologie und Liturgik allen Grund hat, diese Entwicklung
aufmerksam und vorurteilslos zu verfolgen. Es zeichnet sich immer
deutlicher ab, daß die liturgische Entwicklung in den Konfessionen
nicht mehr ausschließlich getrennte Wege geht, sondern daß

die getrennten Kirchen in ihrer Gottesdienstgestaltung sich weithin
den gleichen Problemen gegenübersehen und zu gleichartigen
Entscheidungen genötigt werden. Diese unbestreitbare Tatsache
läßt den Vorschlag, man möge gemeinsame Fragen auch gemeinsam
bearbeiten, aLs nicht mehr so völlig unsinnig erscheinen.

ALLGEMEINES

Theologisches Jahrbuch 1965, hrsg. v. A. D ä n h a r d t.

Leipzig: St. Benno-Verlag 1965. 550 S. gr. 8°.

Im Vorwort zum Theologischen Jahrbuch 1964 hieß es:
,,Was das Konzil erbracht hat, wird, 60 hoffen wir, der nächste
Band in neuen Untersuchungen der deutschen Theologen
klären". Von diesem Plan ist der Herausgeber zurückgetreten,
weil im St. Benno-Verlag unlängst ein eigenes Werk über das
Vaticanum II erschienen ist. Das Theologische Jahrbuch 1965
bringt „Studien, die jenseits des Konzilgeschehens . . . theologische
Themen aufnahmen und nach Klärung ihrer Problematik
strebten" (S. 7). Die besondere Neigung dieses Buches
gilt der Ekklesiolcgie und der Ökumene, wobei wieder möglichst
alle theologischen Hauptdisziplinen zu Worte kommen, jedoch
so, daß das Neue Testament mit neun von 29 Beiträgen den
Löwenanteil hat. Fast durchweg ist die Thematik bei aller deutlichen
katholischen Ausrichtung unter Einbeziehung der evangelischen
Forschung behandelt, mit der eine lebhafte und oft
verständnisvolle Diskussion geführt wird. — Einen beachtlichen
Beitrag zur Lutherforschung bringt J. Lortz, Luthers Römerbriefvorlesung
. Grundanliegen (S. 226—278). Lortz, der sich von
P. Weijenborn („Törichte Konstruktionen" S. 243) scharf absetzt
und A. Brandenburgs Lutherinterpretation, als „klare Mißdeutung
" (S. 254 vgl. 247. 249 Anm. 38) ablehnt, versucht bei
aller Kritik, die er an einzelnen Formulierungen Luthers übt,
zu zeigen, daß die von Luther in der Römerbriefvorlesung entwickelte
Grundauffassung über Sünde und Rechtfertigung „innerhalb
der katholischen Lehre" bleibt (S. 278). Auf seine sehr
sorgfältigen Analysen kann hier nicht eingegangen werden; sie
zeugen, wie es bei Lortz nicht anders zu erwarten ist, von einem
tiefen Eindringen in Luthers Gedankenwelt, und von seinem
unablässigen Bemühen, Luthers Anliegen Gerechtigkeit widerfahren
zu lassen. Besonders bedrängend ist für ihn natürlich die
Frage, worin Luthers Häresie bestanden habe; er ist darüber
offenbar noch nicht zu einer völligen Klarheit gekommen. Einmal
sieht er den Grund darin, „daß er als einzelner versuchte,
die Schrift in ihrer Eigenart allein aus sich selbst zu verstehen
und zu erklären" (S. 235) — aber gerade Luthers Römerbriefinterpretation
ist ja nicht häretisch! Zum andern will er unterscheiden
„zwischen dem religiösen Grundanliegen des jungen
Luther und seiner einige Jahre später erfolgten Absage an das
sakramental-hierarchische Priestertum" (S. 228), sieht aber dann
doch „die eigentliche Häresie Luthers" darin, daß durch seine
„Reduzierung der Offenbarung und des Heilsweges auf die
Rechtfertigung des Sünders der Inhalt der Offenbarung . . unzulässig
geschmälert wurde und die gloria des Vaters und des
Sohnes und auch der Kirche und der von Gott geschaffenen und
wiederhergestellten Menschen . . zu kurz kommen", also in
einer von vorneherein „angelegten Einseitigkeit" (245). — Nur
weniges aus dem übrgen reichen Inhalt des Theol. Jahrbuches
kann hervorgehoben werden. R. Guardini entwickelt in einem
ursprünglich vor einer evangelischen Gemeinde gehaltenen Vortrag
den Gedanken, daß die Instanz, durch die Christus für den
Glauben gewährleistet wird, die Kirche ist (S. 34 f.). Seinen Ausführungen
kann in vielem zugestimmt werden, nur wird der
evangelische Christ befremdet sein, wenn am Schluß der Begriff
der Gemeinde als ungenügend abgelehnt wird; hier zeigt sich
der tiefe Gegensatz zwischen katholischer und evangelischer
Ekklesiologie. — H. Küng, Der Frühkatholizismus im Neuen
Testament als kontroverstheologisches Problem, stellt E. Käsemanns
These, daß der neutestamentliche Kanon nicht die Einheit
der Kirche, sondern die Vielheit der Konfessionen begründet,

und H. Diems Festhalten an „der Selbstevidenz der verkündigten
Schrift, in deren Zeugnisse Jesus Christus sich selbst verkündigt
und als solcher von der Kirche gehört wird" (159) einander
gegenüber, sieht aber dann ihr Gemeinsames darin, daß beiden
„die volle Freiheit und Offenheit für das Ganze der neutesta-
mentlichen Botschaft" fehlt (S. 171). Katholische Haltung dagegen
sei es, „grundsätzlich nach allen Richtungen hin offen zu
sein, die das Neue Testament freigibt, keine neutestamentliche
Linie grundsätzlich oder faktisch auszuschließen" (172). Das sind
Töne, die wir nicht zum ersten Mal hören, die aber merkwürdig
kontrastieren mit der Klage A. Vögtlcs über die „unhaltbare
Überforderung des katholischen Neutestamentiers", „wenn der
Dogmatiker in kritischen Fällen diesem sogar die alleinige Last
der historischen Beweisführung zuschiebt" (S. 323, Anm. 4 gegen
K. Rahner gerichtet). Oder wenn die Exegese von P.
Lengsfeld unter das Postulat gestellt wird: „Es kann kein
schriftwidriges Dogma der Kirche geben . . . Denn ein Dogma ist
die unter dem Beistand des Heiligen Geistes bezeugte Schriftwahrheit
" (S. 225). Da ist die von Küng proklamierte grundsätzliche
Offenheit eben doch sehr klar eingeschränkt auf das,
was das Neue Testament sagen darf bzw. sagen muß. Peinlich
ist der Ton von Küngs Polemik gegen J. Klein („Langweilig,
von Seite zu Seite mehr" „zum Teil giftige Polemik" „mit...
einer geradezu verblüffend naiven Kritiklosigkeit" S. 169,
Anm. 67). Hier spricht wohl doch etwas das Ressentiment gegenüber
dem Apostaten mit. — L. Scheffczyk, Die Frage nach den
Trägern der Unfehlbarkeit in ekklesiologicher Sicht, entwickelt
zunächst die beiden innerhalb der katholischen Kirche vertretenen
einander widersprechenden Thesen „von der inadäquat verschiedenen
selbständigen Unfehlbarkeit des Gesamtepiskoyats"
(S. 63—67) und von „der inadäquat verschiedenen abhängigen
Unfehlbarkeit des Episkopats" (S. 68—73), um dann eine „Synthese
von päpstlicher und episkopaler Unfehlbarkeit in der
Einheit der Kirche" (S. 73—78) vorzuschlagen. Es handelt sich
hierbei um die Erarbeitung einer möglichst zutreffenden kirchenrechtlichen
Theorie in Sachen Unfehlbarkeit. — Kardinal Bea,
Der Priester als Diener der Einheit, fordert zu den drei Bewegungen
unseres Jahrhunderts, „die tief in das Bewußtsein
weiter Kreise der Gläubigen eingedrungen sind": Bewegung des
Laienapostolats, biblische und Liturgische Bewegung, missionarische
Bewegung als vierte die Bewegung zur Einheit aller Getauften
(S. 108). — W. Becker: Augustinus Bea, Kardinal der
Einheit, unterstreicht die Bedeutung dieses sympathischen
deutschen Kurienkardinals für eine Öffnung der katholischen
Kirche in Richtung auf die Ökumene. Er hat u. a. die von Papst
Johannes verkündete Lehre vorbereitet, „daß bei jedem einzelnen
Dogma zwischen der Substanz der Lehre und der Weise
ihrer Formulierung und Verkündigung zu unterscheiden sei"
(S. 130). — K. Rahner, Thesen über das Gebet im Namen der
Kirche, unterscheidet zwischen den einzelnen Messen, durch die
kein „neuer Wert entsteht", und den „Akten der Aufopferung"
sowohl des Priesters wie auch des Volkes (S. 148). Das erinnert
an Luthers Unterscheidung zwischen missa und opera
missae in De captivitate (WA 6, 522).

Halle/Saale Erdmann Schott

Jahrbuch Evangelischer Mission 1964, hrsg. von N. P. Moritzen.
Hamburg: Verlag der Deutschen Ev. Missionshilfe [1964]. 133 S.
8°. Kart. DM 3.-.

Zum besten dieses Jahrbuches gehört die jährliche Rundschau
über die Arbeit der deutschen evang. Missionen, weil sie dem
Theologen Horizonterweiterung und Wissen über den Bestand
und die Probleme der Ökumene bietet. „Es geschieht heute
Mission in der Form richtiger Pioniermission in wenig berührten