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Ausgabe:

1965

Spalte:

739-746

Autor/Hrsg.:

Bieritz, Karl-Heinrich

Titel/Untertitel:

Gottesdienst und Gemeinschaft 1965

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Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 10

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Das starre Schema von dem in vier selbständige Parteien
streng geschiedenen Judentum läßt sich also nicht in der bisherigen
Form aufrechterhalten. Diese Erkenntnis wurde durch die
Entdeckung der Qumranschriften und die wissenschaftliche Beschäftigung
mit ihnen ermöglicht. Es zeigt sich jetzt deutlich, daß
das Judentum vor der Katastrophe des Jahres 70 eine viel

dynamischere Größe war, als es die auf philosophische Unterscheidungsmerkmale
ausgerichtete und von mancherlei Affekten
geleitete Darstellung des Jos. wahrhaben will. Darum sollte man
auch die sog. „vierte Philosophenschule" des Jos. kritisch betrachten
und sie unter keinen Umständen als einen einheitlichen
„wohlorganisierten Geheimbund" verstehen.

Gottesdienst und Gemeinschaft

Von Karl-Heinrich B i e r i t z, Sagard auf Rügen

Es war eine Entscheidung von großer Tragweite und beacht- ligt gewesen; „. . . . auch die Gegner einer Liturgiereform sind
licher pastoraler Klugheit, als sich die mit der Verwirklichung genügend vertreten" (Spülbeck). Die veränderte Zusammen-
der Liturgiekonstitution des II. Vatikanischen Konzils (im Setzung machte es notwendig, „ganze Fragenkomplexe wiederfolgenden
LK) beauftragten Organe entschlossen, die Durch- um von Grund auf zu debattieren" (Spülbeck). Dennoch wurde
Setzung der Normen und Intentionen der LK nicht in einem nach verhältnismäßig kurzer Vorbereitungszeit die ILK mit übereinzigen
großen Reformakt nach Abschluß aller Vorbereitungs- raschender Einmütigkeit verabschiedet, von Kardinal Lercaro
arbeiten, sondern „Schritt für Schritt und stufenweise" zu voll- dem Papst vorgelegt und von diesem am 26. 9. 64 bestätigt,
ziehen. Die römische Instruktion vom 26. 9. 641 (im folgenden Die Bischöfe der Diözesen Deutschlands faßten daraufhin
ILK) und die in ihrem Gefolge am 7. 3. 65 in Kraft getretenen am 6. 11. 64 in Rom einige Beschlüsse zur Durchführung der ILK
liturgischen Reformen haben deshalb zwar einen definitiven und in ihrem Jurisdiktionsbereich und erteilten am 7.11.64 ihrer
bleibenden, aber noch keinen abschließenden Charakter; sie sind Liturgischen Kommission den Auftrag, die „Richtlinien für die
der erste größere Schritt auf einem Wege, dessen Ende noch Feier der heiligen Messe in Gemeinschaft" auf Grund der ILK
nicht abzumessen ist. neu zu überarbeiten. Diese neuen „Richtlinien" konnten am

Das hier zu behandelnde Dokument enthält lediglich den 20. 1. 65 bestätigt werden. Am 27. 1. 65 jedoch wurde von den

Text der ILK ohne Erläuterungen und Kommentar; ein Blick auf zuständigen römischen Autoritäten ein der ILK angepaßter neuer

die Vorgeschichte des Dokuments ist jedoch z*m Verständnis „Ordo Missae" und „Ritus servandus in celebratione Missae"

unumgänglich notwendig. promulgiert; die Richtlinien der deutschen Bischöfe wurden dadurch
bereits in manchen Punkten wieder überholungsbedürftig.

1. Zur Vorgeschichte der Instruktion

Am 4. 12. 63 wurde die LK in der Schlußsitzung der II. Ses- 2- Aufgabe und Aufbau der Instruktion

sion des Konzils feierlich promulgiert. Ein Reskript, das die Die ILK wil] nidlt die LK in inrer Gesamtheit, sondern nur

Freigabe einzelner Artikel der LK regeln sollte, wurde von in „einigen Einzelheiten" zur Durchführung bringen, und zwar

Paul VI. angekündigt. Dieses Reskript erschien am 25.1.64 als in solchen punkten) die ohne eine grundlegende Reform der

Motu proprio unter dem Namen „Sacram Liturgiam". In diesem iiturgiscrien Bücher jetzt schon praktiziert werden können: „Die

Motu proprio wurde die Bildung eines „Rates zur Ausführung Instructjo baut ganz auf der Constitutio auf und führt sie im

der Konstitution über die heilige Liturgie" („Consilium ad einzeinen weiter.....Sie will die Constitutio ausdeuten, und

exsequendam Constitutionen! de sacra Liturgia") bekanntge- M >iuxta spjrjtum et litteram' der Constitutio, gemäß dem
geben. Am 5. 3. 64 wurden im „Osservatore Romano" die Geist und dem Buchstaben, will erste praktische Anwendungen
Namen der Mitglieder dieses Gremiums veröffentlicht. Vor- vorschlagen und solche Dinge einführen, die später bei der endsitzender
ist Kardinal Lercaro, Erzbischof von Bologna; das gültigen Reform bleiben werden____All das soll jetzt schon

Consilium umfaßt 42 Bischöfe aus aller Welt, darunter nur eingeübt werden und zwar soweit, als es v o r der Neuheraus-

17 Mitglieder der Liturgiekommission des Konzils. gabe der liturgischen Bücher geschehen kann" (Spülbeck a. a. O.;

In dem Brief, mit dem Kardinalstaatssekretär Cigognani vgl. auch ILK 3 u. 9). Im gleichen Sinne wird auch im Vorwort
(der Bruder des verstorbenen Präfekten der Ritenkongregation) die Aufgabe der ILK beschrieben (Art. 1-3 „De natura huius
die Konstituierung des Rates mitteilte, wurden auch dessen Instructionis"; Art. 4-7 „De nonnullis principiis animadver-
Arbeitswcise und Hauptaufgaben umschrieben: Bedeutsamste und tendis"; Art. 8 „De fructibus qui exinde sperantur"). Durch die
weitreichendste Aufgabe des Rates ist die grundlegende Erneu- jlk sollen ferner „etwa vorhandene Zweifel" in bezug auf die
erung der gesamten liturgischen Bücher; besondere Arbeitskreise Auslegung von LK und „Sacram Liturgiam" beseitigt werden. Die
sollen sich mit der Messe, dem Brevier, dem Pontifikale, den Aufgaben der Bischofskonferenzen auf dem Gebiet der Liturgie
Ritualien und dem Zeremoniale befassen. Da man sich jedoch sollen durch die ILK genauer bezeichnet und „einige Grundentschlossen
hat, die liturgischen Reformen „gradatim atque per ggtze, die in den vorgenannten Dokumenten nur in allgemeiner
progressiones" (ILK 4) durchzuführen, ergibt sich die Notwen- form enthalten sind, deutlicher umschrieben" werden (ILK
digkeit, Kriterien zu erarbeiten, die die endgültige Reform be- 3). ]n den Art. 4-7 des Vorworts wird noch einmal die theolo-
reits in den Hauptpunkten festlegen und die Richtung der litur- gische und pastorale Grundhaltung der LK nachdrücklich einge-
gischen Entwicklung definitiv anzeigen. Im Zusamenhang damit schärft.

steht eine weitere Aufgabe, die Cigognani in seinem Schreiben In ihrem Aufbau folgt die ILK Artikel für Artikel der LK.

nennt: Die Erarbeitung von Richtlinien „zur weiteren Einzel- Das j. Kapitel gibt „Allgemeine Richtlinien". Zunächst werden

durchführung der LK", das heißt die Vorbereitung einer Teil- die Fragen der liturgischen Bildung und Ausbildung behandelt:

reform, die für die gesamte Kirche Verbindlichkeit haben kann , „ T. „ _, . . ,,,, ,

, j.j. n fj,. i ,. j ii^-j-d • Art. 11—13 (LK 15, 16, 18): „Die liturgische Ausbildung der

und wesentliche Gesichtspunkte der LK in die Praxis umsetzt. v - "

ta- t -i ! i. • • ] t j • Kleriker .

Diese Teilreform liegt jetzt in der „Instructio ad exsecutionem Art H_17 (LK ,7). Die iiturgische Formung des geistlichen

Ccnstitutionis de sacra Liturgia recte ordinandam" vor. Lebens der Kleriker".

Bischof O. Spülbeck berichtete in einem Vortrag vor dem Art. 18: „Die liturgische Bildung in den religiösen Geinein-

Berliner Liturgischen Kongreß (25.-28. 1. 65) über den Werde- Schäften".

gang der ILK und über die Schwierigkeiten, die sich aus der Art. 19: „Die liturgische Bildung der Gläubigen".

Zusammensetzung des Rates ergaben; die Mehrheit der Mit- Die Art. 20—31 regeln (gemäß LK 22, nicht 20, wie im

glieder war nicht unmittelbar an der Erarbeitung der LK betei- vorliegenden Text irrtümlich angegeben!) die „in liturgischen

7T I 7x- j ••« a £.-i_ j v „.^ „. Fragen zuständige Autorität", insbesondere werden hier genaue
J) Instruktion zur ordnungsgemäßen Ausfuhrung der Konstitution _ * „. „ „ , ,. . , , . . .
„Ober die heilige Liturgie". Lateinischer Text und deutsche Über- Bestimmungen über die Rolle und die Arbeitsweise der Bischofssetzung
. Miinster/W.: Aschendorff [1964]. 35 S. gr. 8° = Sonderdruck konferenzen getroffen, denen nach LK 22, § 2 die Vollmacht zu-
aus Liturgisches Jahrbuch, 4/1964. kommt, „innerhalb festgelegter Grenzen die Liturgie zu ordnen".