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Ausgabe:

1965

Spalte:

682

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Dey, Joseph

Titel/Untertitel:

Schola verbi 1965

Rezensent:

Michaelis, Wilhelm

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Seite 1

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681

Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 9

682

dessen Christus unweltlich und nichthistorisch ist (38. 45) abgesehen
von dem „Daß" des Kreuzes (45. 53), in Kap. III um
das Problem ,,historischer Jesus — Christus des Glaubens", in
Kap. IV um das „Neue Suchen" nach dem historischen Jesus
bei hervorragenden Schülern Bultmanns, das durch Käsemann
(ZThK 1954) inauguriert wurde. Außerdem wird aber — bereits
dadurch erhält das Buch eine eigene Prägung — weitgehend die
englischsprachige Forschung einbezogen. Ihr ist — nach einer
kurzen kritischen Beschäftigung mit Stauffer (57—61) — insbesondere
Kap. II gewidmet (A. kommt aus Schottland, wo er
in the 1940's studierte [160], und ist seit 1957 Professor in
USA). Die amerikanische Forschung ist weithin durch eine Fortführung
der i. e. S. historischen Arbeitsweise gekennzeichnet, in
der besonders die Einbeziehung der soziologischen Aspekte eine
Rolle spielt (61—76). Für Großbritannien wird als charakteristisch
das Einhalten eines gewissen Mittelweges angesehen;
angezogen werden insbesondere C. H. Dodd, V. Taylor und
T. W. Manson; kritisch merkt A. hier eine etwas anders geartete
spezifische Betonung des Historischen an (76—94).

Eine besondere Lösung des in Kap. III (s. o.) speziell ins Auge
gefaßten Problems wird an John Knox (Criticism and Faith, New York
1952) vorgeführt (107—113), bei der die Gefahr besteht, daß die
Kirche die Stelle des geschichtlichen Jesus einnimmt (111—113). Ihr
wird der Weg Jeremias' entgegengesetzt, der die Offenbarung Gottes
auf das irdische Jesusgeschehen beschränke und das Kerygma nur als
Antwort der Gemeinde verstehe (113—117). Beiden gegenübergestellt
wird (118 ff.) R. H. Füller (The Mission and Achievement of Jesus,
London 1954), der die „raw materials" der Christologie der Kirche bei
Jesus selbst gegeben sieht (120); A. meldet hier u.a. Bedenken dagegen
an, daß Jesus sich für den designierten Menschensohn gehalten
habe (124 f.). Schließlich setzt sich A. auseinander mit Cullmanns Verständnis
Christi als der Mitte der Heilsgcschichte (134—148); A. hat
Bedenken zumindest gegen das hier vorliegende Verständnis der Heilsgeschichte
.

Zu Kap. IV verweist A. insgesamt auf James R. Robinson, A New
Qucst of the Historical lesus (London 1959; s. ThLZ 88 [1963]
670 ff.); seinerseits zieht er hauptsächlich G. Bomkamm, Jesus von
Nazareth (19561) heran; den Ansatz gibt ein Vergleich mit T. W.
Manson, The Teaching of Jesus (1931). A. beendet das Kapitel mit
einem kritischen Kommentar (169—184); das gewichtigste Bedenken
richtet sich gegen die Vermengung von historischer Forschung mit
existentialen Kategorien (182 f.). Die entscheidende Frage nach dem
Verhältnis von Jesus und urchristlichem Kerygma in den Evangelien,
so urteilt A. abschließend, ist noch offen (183 f.).

Um ihre Beantwortung bemühen sich Kap. V. VI. Bestimmend
dafür ist nach A. die Bedeutung des Osterereignisses im Neuen Testament
(15. 184). Zunächst setzt sich A. ab von den Versuchen einer
historischen Rekonstruktion der Ostervorgänge aus den verschiedenen
Berichten (189—192), von einer besonderen Bewertung der Überlieferung
vom leeren Grab (192—195, s. 227. 228 f.; eine relativ späte
Zufügung, so A. mit Goguel [192]), von Bultmanns indifference to the
concrete historical dement in the Resurrection (209, vgl. 211) und
nimmt Stellung zu bestimmten Erklärungen des Auferstehungsgeschehens
als solchem. Das eschatologische Ereignis von Ostern ist verbunden
mit .diesem Jesus von Nazareth'; die Konkretheit des neu-
testamentlichen Auferstehungszeugnisses fordert dazu auf, die Souveränität
des Handelns Gottes in der Auferweckung Jesu anzuerkennen
(200 f.). Die Besprechung von 1. Kor. 15, 3 ff. und der Osterberichte
der einzelnen Evangelien (211—237) redet einerseits davon,
daß das Geschehen des dritten Tages nicht historisch zu definieren ist
(230, s. 189), hebt aber andererseits hervor, daß die Osterbotschaft
an einen bestimmten Ort in der Geschichte gebunden ist (211), und
daß der Auferstandene für die ersten Jünger der ihnen bekannte Jesus
ist (215, s. 225. 229. 235, hier zu Joh.). In einer abschließenden Zusammenstellung
der dominierenden Ostermotive (237—240) wird vor
allem ,die engste Identität zwischen Jesus von Nazareth und dem auferstandenen
und erhöhten Christus' herausgestellt (237); als Hinweis
darauf erhält auch die Geschichte vom leeren Grab eine positive theologische
Bedeutung (237 f.). The risen Christ reveals the mystery of
his whole person and history (237).

Entsprechend zeigt Kap. VI die Zusammengehörigkeit von Earthly
Surfering and Heavenly Glory für „Jesus the Christ" (242) im
Neuen Testament auf, die unlösliche Einheit des Historischen und des
Kerygmatischen (vgl. 91 f. u. ö.). Die Synoptiker wollen von dem
Handeln Gottes durch Worte und Taten und Sterben Jesu in einer bestimmten
Periode der Geschichte berichten (259); sie tun das so, daß
die Untrennbarkeit des irdischen Jesus und des Christus von entscheidender
Bedeutung wird (bei Mark, im Christus absconditus [24 5],

bei Matth, im demütigen König, bei Luk. im geistgesalbten Messiah-
Servant-Prophet [257]). Auch Joh. will auf seine Weise den geschichtlichen
(historical) Jesus der Kirche nahebringen (265). Die Einheit von
history and kerygma, die Unlösbarkeit des Irdischen, Niedrigen, Gehorsamen
vom Erhöhten, wird auch in den neutestamentlichen Bekenntnissen
deutlich (in den Paulusbriefen, 1. Petr., Hebr., Apc.
[267—291]). A. schließt das Kap. mit Ausführungen zum Thema vom
Abendmahl 291—296) und von der Kirche als dem Leib Christi her
(297—306).

Faith is most closely associated with a concrete history, a person
and a life (307), heißt es im Schluß des Buches. Das verpflichtet zu
historischer Forschung, die helfen kann, die Kirche vor einem Abgleiten
in ahistorische Spekulation zu schützen (316; freilich nicht auf
dem Wege des New Quest, 315). Nicht das bloße Daß der Person
Jesu ist bedeutsam, sondern sein gesamtes Wirken in Wort, Tat und
Tod, so betont A. öfters. Knowledge of the historical Jesus is not
irrelevant to faith, for. . . when Jesus speaks, God's call to faith
confront us — der Satz gilt nach A. ebenso wie der andere: historisches
Wissen kann dem Glauben nicht die Fundamente liefern (116).

Ohne Frage bleibt auch bei A. eine bestimmte Spannung
zwischen dem, was die historische Forschung — die für ihn
historisch-kritische Forschung ist — an Jesu Person und Werk
aus den Evangelien erkennt, und der Aussage der Urchristenheit
über ihn. A.s Antwort auf die im Titel angedeutete Frage läßt
sich etwa in den in seinem Sinne sehr eefüllten Satz fassen: Die
Anfänge des Urchristentums sind durch Gottes Handeln im
Ostergeschehen untrennbar mit Werk und Person Jesu zusammengebunden
.

Das Buch ist aus einer umfänglichen und eingehenden
Kenntnis der Forschung geschrieben. Weil A. sich nicht nur mit
Bultmann und seinen Schülern auseinandersetzt, sondern die von
ihm ebenfalls überschaute englischsprachige Literatur einbezieht,
hat er nach mehreren Seiten ein kritisches Gespräch zu fuhren,
nicht nur gegenüber einer einseitigen Betonung des Kerygma,
sondern ebenso gegenüber einer einseitigen Akzentuierung des
Historischen. Seine Stellung bezieht er indessen keineswegs
zwischen beiden. Von der Einheit von Geschichte und Kerygma
kann A. zunächst einmal auch in dem Sinn sprechen, daß der
Traditionsstoff von Ostern her maßgeblich geprägt wurde (91 f.,
gegen Manson). Zugleich ist aber für ihn das Osterereignis entscheidend
als Gottes Werk und Person Jesu erhellendes Handeln,
auf dem das Kerygma gründet. Es wird auf jeden Fall Gewinn
bringen, im gegenwärtigen Gespräch auf diese Stimme zu hören,
zu dem sie auch im einzelnen vieles Nachdenkenswerte zu sagen
hat; hier konnte nur auf den Weg und die m. E. wichtigsten
Sätze A.s hingewiesen werden.

Halle/Saale Gerhard Delling

Dey, Joseph, Dr. theol. Lic. bibl.: Schola Verbi. Lehrbuch des neu-
testamentlichen Griechisch. 2. Aufl. Münster/Westf.: Aschendorff
[1962]. XII, 163 S. 8° = Veröffentlichung des Arbeitskreises „Philo-
logia Sacra" im katholischen Bildungswerk, Dortmund. Kart. DM8,80;
Lw. DM 10.50.

Die erste, 1951 erschienene Auflage dieses Lehrbuches ist
in dieser Zeitschrift 1952 Sp. 616 angezeigt worden. Auf
diese Anzeige sei, was Zweck, Anlage und Gestaltung des Buches
betrifft, hiermit verwiesen, da 6ich das Werk, von der Beseitigung
einiger Druckfehler und Unstimmigkeiten abgesehen, im
übrigen in dieser 2. Auflage völlig gleich geblieben ist (an
einigen Stellen, z. B. im Verzeichnis der griechischen Wörter, ist
der Nachdruck übrigens etwas undeutlich ausgefallen). Für den
Verfasser ist der Umstand, daß sein Lehrbuch hat neu aufgelegt
werden können, eine schöne Anerkennung seiner Arbeit und ein
Beweis dafür, daß es sich als Hilfsmittel vor allem für katholische
Theologiestudenten, die Griechich nacharbeiten müssen, bewährt
haben dürfte. Die seinerzeit in der Besprechung der 1. Auflage
geltend gemachten Einwände dagegen, daß in einem solchen
Lehrbuch ausschließlich neutestamentliche Texte berücksichtigt
sind bzw. das klassische Griechisch gänzlich ferngehalten ist,
bleiben allerdings nach wie vor bestehen.

Wilhelm Michaeli» t