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1965

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Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

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Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 1

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nicht ein radikaler Attizist, der um eines puristischen Klassizismus
willen die Verständlichkeit seiner Ausdrucksweise vermissen
ließe. Es ist vielmehr gerade umgekehrt. Und was in den
Jugendschriften so angelegt ist, ist sicher später erst recht
wirksam geworden. Dem großen volkstümlichen Prediger und
Redner, der dem Demosthenes an die Seite gestellt werden kann,
geht es um klare, auch dem einfachen Menschen einsehbare, den
Willen bewegende Darbietung. Ansprechende Worte und anschauliche
Bilder beweisen sein pädagogisches Geschick. Es gelingt
ihm seine allerdings überall spürbare klassische Bildung
ganz in den Dienst der Aufgabe, die ihm am Herzen liegt, in den
Dienst der christlichen moralischen Volkserziehung zu stellen.
Er hat die klassische Bildung seiner Zeit sich innerlich angeeignet
und verarbeitet; so kommt sie ganz natürlich und ungekünstelt
in allem, was er schreibt und redet, zur Geltung.
Damit beherrscht Chrys. die Praxis des Volkspredigers, und darin
beruht seine Größe.

GieBen Georg Bertram

V o gt, Joseph: Zur Religiosität der Christenverfolger im Römischen
Reich. Heidelberg: Winter 1962. 30 S. gr. 8° = Sitzungsberichte d.
Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philo«. - hist. Klasse,
k- 1962. 1. Abhandl. DM 5.60.

In seiner Akademicabhandlung gibt der Tübinger Althistoriker
einen großzügigen Überblick über die religiösen Motive
des staatlichen Verhaltens gegenüber den Christen bis zur
konstantinischen Wende. In bewundernswert klarer und übersichtlicher
Darstellung werden die bleibenden und die wechselnden
Überzeugungen der Regierungsgewalt dargelegt. Gegenüber
mancherlei modischen Einfällen und Einseitigkeiten, die in der
Forschung immer wieder ihr Wesen treiben, werden die wirklichen
treibenden Kräfte herausgestellt, und es bewährt sich die
von Mommsen und Harnack so eindrücklich vorgeführte Erkenntnis
aufs neue, daß es die alte römische religiös begründete
Staatsräson war, die den Zusammenstoß mit der Kirche immer
dann unvermeidbar machte, wenn man sich auf diese religiösen
Grundlagen besann. Nicht die neuen synkretistischen Stimmungen
, die ja zur grundsätzlichen Toleranz hätten führen können,
auch nicht lediglich politische Erwägungen, sondern die teils
selbstverständlich geltende, teils mehr oder weniger starr re-
pristiniertc Staatsreligion hat den Widerspruch erzeugt, wobei,
jedenfalls bis zur Mitte des 3. Jahrhunderts, die jeweils in der
Bevölkerung herrschende Stimmung führend war: „Gerade die
Tatsache, daß in der Frage des obligatorischen Charakters der
staatlichen Kulte das Volksurteil weiter ging als das bestehende
Recht, schuf das Dilemma in der Behandlung der Juden und
Christen. In eine Lücke der Gesetzgebung strömte die Religiosität
ein und wies den Weg der Unterdrückung und Verfolgung"
(S. 11). (Für die Zeit Trajans:) „Nicht das Straf recht, wohl
aber die einheitliche Meinung der Regierenden und der Regierten
kennt den Religionsfrevel und führt zur inhaltlichen, nicht
nur formalen Intoleranz" (S. 13). Von Decius an läßt sich dann
eine ausgesprochene „Bekchrungsabsicht" des Staates feststellen.
In der Herausarbeitung dieser Grunderkenntnisse besteht das
Verdienst der stoffgesättigten, aus überlegener Kenntnis heraus
geschriebenen Studie, deren Lektüre jedem empfohlen sei, der
nach kundiger Unterrichtung verlangt. Die jeweils anders
nuancierte Motivation staatlicher Rcligionspolitik von der spätrepublikanischen
Zeit bis in die Tage Diokletians wird einprägsam
vorgeführt, so daß der Leser nach der Lektüre das Heft
belehrt und nachdenklich aus der Hand legt; hier sind nicht
Quisquilien zusammengesucht, sondern ein erfahrener Historiker
hat mit reifem Urteil einen Abschnitt geschichtlichen
Kampfes erzählt und gedeutet.

Zu einer Stelle habe ich ein Fragezeichen zu setzen: unter
Bezugnahme auf Weber und Gage redet Vogt S. 17 von der
„erregten und zugleich tiefsinnigen Frömmigkeit" des Commo-
dus. Ich kann nicht finden, daß diese Beurteilung des Phantasten
zutreffend ist, vgl. E. Hohl, Kaiser Commodus und Hero-
dian (Sitzungsber. d. Dtsch. Akademie der Wiss. zu Berlin, KI. f.
Gesellschaftswiss. 1954, Nr. 1).

Tübingen Hans-Dietrich A 11 e n d o r f

Freeman-Grenville, G. S. P. : The Muslim and Christian
Calendars being tables for the conversion of Muslim and Christian
dates from the Hijra to the year A. D. 2000. London: Oxford
University Press 1963. VII. 87 S. ^8°. Pp. 10 s. 6 d.

Wie der Verf. einleitend bemerkt, erhob sich bei der 24. Jahrestagung
des East African Swahili Committcc, abgehalten 1960 in Sansibar
, der Wunsch nach einer Arbeit, die es ermöglicht, einfach und
schnell die wechselseitige Reduktion mohammedanischer und christlicher
Datierungen vorzunehmen. Das vorliegende Büchlein will dem
erkannten Bedürfnis abhelfen, wobei es in der Tat alle Mittel in die
Hand gibt, sowohl für den praktischen als audi für den durchschnittlichen
wissenschaftlichen Gebrauch die nötigen Umrechnungen zu erstellen
. Ein einleitender Teil informiert in gedrängter Form über den
mohammedanischen Lunar- und den christlichen (julianisch-gregorianischen
) Lunisolar-Kalender, dazu außerdem verständlich über den Gebrauch
der Tafeln. Die gebotenen Beispiele garantieren eine Benützung
auch für den in kalendarischen Dingen nicht bewanderten Laien. Die
Reduktion kann für sämtliche Daten vom 16. Juli 622, dem Beginn
der Epoche der Hidschra, bis zum Jahre 2000 erfolgen, einschließlich
der Bestimmung des jeweiligen Wochentages. Die Brauchbarkeit der
Tafeln wird dadurch unterstrichen, daß überdies der speziellen Situation
für die Zeit vom 15. Okt. 1 582 bis zum 14. Sept. 1752 Rechnung
getragen ist, während der man in England und zum Teil auch anderwärts
noch am alten julianischen System festhielt. Eine Aufzählung
der unveränderlidien Hauptfeiertage im mohammedanischen und christlichen
Jahr sowie eine Tabelle über die Daten der wichtigsten beweglichen
christlichen Feste für 1960 bis 1990 runden das übersichtlich
geordnete Material ab.

Die vorzügliche Brauchbarkeit der Tabellen für praktische (z. B.
missionskundliche) und wissenschaftliche Datierungen ist keine Frage,
wenn auch vermerkt werden muß, daß der Verf. anscheinend allzu
selbstverständlich den christlichen Kalender in den zulctztgenannten
Partien auf das römisch-katholische Festjahr beschränkt, was für ostafrikanische
Verhältnisse am wenigsten zufriedenstellt. Was die
wissenschaftliche Benützung betrifft, so vermißt man ein Wort darüber
, daß die Tabellen nur die Reduktion von Daten des mohammedanischen
Volkskalenders ermöglidien, nicht aber von solchen astronomischer
Prägung, für die vom 15. Juli 622 auszugehen wäre. Daß
bei der erwähnten Ausnahmesituation zwischen 1582 und 1752 im
einzelnen für den christlidien Raum immer sehr genau nachgefor6dit
werden muß (s. F. K. Ginzel, Handbuch III, S. 266 ff.), sollte gleichfalls
ausdrücklich erwähnt sein.

Erlangen A. Strobel

Audet, J.-P.: L'hypothese des Testmonia (RB 60, 1963 S. 3 81—405).
Demoustier, Adrien: Epi6copat et Union ä Rome Selon Saint

Cyprien (RechSR 52, 1964 S. 337—369).
Langgärtner, Georg: Das Aufkommen des ökumenischen Konzils-

gedankens (MThZ 15, 1964 S. 111—126).
Lern mens, Jan: De Sacramenten en het Vlcesgeworden Woord vol-

gens Augustinus (Augustiniana 14, 1964 S. 5—71).
Lorenz, Rudolf: Gnade und Erkenntnis bei Augustinus (ZKG 75,

1964 S. 21—78).

Schneemelcher, Wilhelm: Paulus in der griechischen Kirche des

zweiten Jahrhunderts (ZKG 75, 1964 S. 1—20).
Staats, Rcinhart: Der Traktat Gregors von Nyssa „De instituto

Christiano" und der Große Brief Symeons (StTh 17, 1963 S. 120

—128).

T s c h o 11, Josef: Augustins Interesse für das körperliche Schöne
(Augustiniana 14, 1964 S. 72—104).

KIRCHENGESCHICHTE: REFORMATIONSZEIT

Steck, Karl Gerhard: Lehre und Kirche bei Luther. München:
Kaiser 1963. 232 S. gr. 8° = Forschungen z. Geschichte u. Lehre d.
Protestantismus, hrsg. von E. Wolf, 10. Reihe, Bd. XXVII. Lw.
DM 18.—.

Der Titel dieses Buches, das nicht ohne tiefere Bedeutung
dem Gedächtnis von H. J. Iwand gewidmet ist, wurde mit Überlegung
nicht „Kirche und Lehre bei Luther", sondern „Lehre und
Kirche bei Luther" formuliert. Es soll damit von vornherein zum
Ausdruck gebracht werden, daß die „Lehre" nicht ein Produkt
der Kirche ist, sondern daß umgekehrt die Kirche von der
„Lehre" lebt. Dabei ist dann freilich Lehre nicht in einem verengt
intellektualistischen Sinn, sondern als doctrina Dei zu verstehen
. Dadurch daß die Kirche ganz und gar von dieser doctrina
Dei lebt, ist sie von der „natürlich-geschichtlichen Basis" losgelöst
(14). Die Autorität der Kirche besteht ausschließlich in der