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Ausgabe:

1965

Spalte:

676-677

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Lindblom, Johannes

Titel/Untertitel:

Prophecy in ancient Israel 1965

Rezensent:

Wallis, Gerhard

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Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 9

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Traditions (S. 39—49); III. The Kingship of Baal and the
Kingship of Yahweh (S. 51—71); IV. The Theophany of Baal
and the Theophany of Yahweh (S. 73—91); V. Baal as the God
of Fertility and Yahweh as the God of Life (S. 93—113). Daran
schließen sich an General Conclusions (S. 115—118); Selected
Bibliography (S. 119-121); Index to Biblical References (S. 120
—125) und Index of Subjects and Names (S. 126-128). Aufs
Ganze gesehen hat der Verf. sein Ziel erreicht und die Religion
Altisraels durch ihren Vergleich mit der ugaritisch-kanaanä-
ischen in mancher Hinsicht besser verstehen gelehrt. Hat er
dabei — wie könnte es anders sein! — auch weithin von Erkenntnissen
seiner Vorgänger dankbar Gebrauch gemacht, so
geht er doch auch des öfteren eigene Wege. Am wenigsten gelungen
ist das erste Kapitel, das von Konflikten des altisraelitischen
„Bundesglaubens" und der kanaanäischen Religion
handelt, wie sie sich am Sinai (Ex 19—34), in Beth Peor (Num 25)
und in Sichern (Jos 24) abgespielt haben. Insbesondere lassen
da die Ausführungen über das Sinai-Geschehen, die trotz der
S. 15 zaghaft zugestandenen Möglichkeit, daß „these materials
have been colored somewhat by reformulation in subsequent
eras", doch eigentlich auf jede literarische und jede historische
Kritik verzichten, zu wünschen übrig. Ohne gute Beobachtungen
sind aber auch die Ausführungen über das Sinai-Geschehen
nicht. So wird S. 20 für den Kultus des „Goldenen Kalbes" ein
„precedent from the sacred past" postuliert, und S. 33 heißt
es: „Jerobeam is linking his bull cultus form with a specific
.exodus' tradition, thereby giving it an air of respectability and
cogency". Schade ist nur, daß der Verf. diesen Vermutungen
nicht weiter nachgegangen ist, und daß er die — ihm anscheinend
unbekannt gebliebenen — Arbeiten Älterer, die Ähnliches vorgebracht
haben, unausgewertet läßt. Vielleicht könnte man auch
gegen das zweite Kapitel hier und da leise Bedenken geltend
machen, dahingehend, daß hier die grundsätzlich sicher berechtigte
Frühansetzung poetischer Stücke wie Ex 15 und Dtn 32,
die man gemeinhin für ziemlich jung hält, doch ab und zu
übertrieben wird. Aber um so dankbarer darf man dem zustimmen
, was Kap. 3—5 über das Königtum und die Theophanie
Baals einer- und Jahwes anderseits sowie über das Verhältnis
der beiden zu Fruchtbarkeit und Leben darlegen. Das schließt
nicht aus, daß man hier in Einzelfällen die Akzente anders
setzen kann, als das der Verf. tut. So wird von ihm doch vielleicht
bei Baal sein Charakter als Vegetationsgott allzu stark
betont und darüber vergessen, daß er ohne Zweifel auch die
Funktion eines Staatsgottes ausübt. Es trifft daher schwerlich
zu, daß, wie S. 51 behauptet wird, der Name Aliyan Baal den
Charakter dieses Gottes als „fertility par excellence" herausstelle
. „The victorious one", „the valiant warrior" oder „the
conquering Hero", wie der Verf. auf S. 51 Aliyan übersetzt,
passen doch wohl eher zu einem Staats- und Kriegsgott, wie
denn Texte, die diese Art des Gottes unterstreichen, vorliegen
und seine bildlichen Darstellungen, die ihn bewaffnet zeigen, das
eindrücklich veranschaulichen. Aber solche Desideria tun der
Tatsache keinen Abbruch, daß der Verf. den Vergleich der
israelitischen mit der kanaanäischen Religion sachgemäß vorgenommen
hat und daß dem Fruchtbarkeit und Leben angehenden
Ergebnis dieses Vergleichs zuzustimmen ist, wie er es auf S. 109
zusammenfaßt: „In short, while there are numerous terms and
concepts in the early literature which may have had mytholo-
gical connotations in the fertility cultus of Canaan, the jealousy
of Yahweh excluded any designation of Himself as the fertility
god or any practice which might suggest this title. Communion
with Yahweh could not be established through nature. His
distinctive character eliminated the possibility of His selfexpen-
diture in nature or complete revelation through nature." Verdient
das Gesamtergebnis des vorliegenden Buches Anerkennung,
so gilt das auch von mancher lexikographischen oder exegetischen
Einzelbemerkung, die teils aus Arbeiten anderer übernommen
sind, teils von dem Verf. erstmalig vorgetragen
werden. Angesichts dieser Tatsache ist es zu bedauern, daß dem
„Index to Biblical References" nicht auch Verzeichnisse der

Stellen aus den ugaritischen Texten, die behandelt werden, und
der ugaritischen Wörter, die erklärt werden, beigegeben sind.

Halle/Saale Otto L i D fei d t

L i n d b 1 o m, Johannes: Prophecy in Ancient Israel. Oxford: Blackwell
1962. VII, 472 S. gr. 8°. Lw. 45 s.

Mit dem anzuzeigenden umfangreichen Werk legt der Autor
das Ergebnis einer fast vierzigjährigen Beschäftigung mit dem
Problem des alttestamentlichen Prophetentums vor. Er läßt damit
die Erkenntnisse, die er bereits in seinem 1934 in schwedischer
Sprache erschienenen Buch: Profetismen i Israel niedergelegt
hatte, weit hinter sich. Die Fülle des Materials, die er jetzt verarbeitet
, läßt den ständigen Fleiß und die Einfühlungsgabe erkennen
, mit der L. sich dem alttestamentlichen Prophetismus gewidmet
hat.

Das ganze Werk ist auf eine sehr breite Basis gestellt. Der
Autor kommt auf dem Wege über die Behandlung der prophetischen
und ekstatischen Erscheinungsformen während der Geschichte
bis hin zur Neuzeit, auf den verschiedenen Kontinenten
und in verschiedenen Religionen bis zur Heiligen Brigitte
von Schweden und den „Sleeping preachers" in Finnland
(I Religio-historical survey: Prophets outside Israel 1—46) auf
das israelitische Prophetentum zu. Auf diese Weise versucht er,
das Ekstatikertum phänomenologisch, psychologisch und religionsgeschichtlich
zu werten. Eine israelitische Besonderheit ist
diese Größe nach allen Feststellungen jedenfalls nicht.

Erst danach geht L. auf das frühe Prophetentum in Israel
ein (II Supernormal experiences and general activities of the
primitive Prophets in Ancient Israel 47—104), indem er die einzelnen
prophetischen Erscheinungen analysiert. Die klassischen
Propheten sind von diesen zu unterscheiden, im Wesen aber nicht
zu trennen (III The Supernormal experiences and general activities
of the classical Prophets 105—219). Hier werden die Analysen
der prophetischen Erfahrungen ganz besonders gründlich
durchgeführt und die Äußerungen hinsichtlich der Formen stark
differenziert: Ekstatische Vision und Audition, wobei zwischen
einer rein bildhaften Vision, bei der der Prophet passiv bleibt,
und einer dramatischen, in der er selbst mittätig wird, unterschieden
wird. Von diesen Visionen zu trennen sind die symbolischen
Wahrnehmungen und die literarischen Visionen, wie die Skythenlieder
des Jeremia, Stücke aus den Nachtgesichten des Sa-
charja und auch Ezechiel 40—48. Gesondert zu betrachten sind
auch prophetische Orakel und Reden wie symbolische Handlungen
usw. . . Mag mancher bei diesen Definitionen auch andere Wege
gehen, so ist es doch überaus gewinnreich, diese Unterscheidungen
zur Kenntnis zu nehmen, um dadurch falschen Gedankenverbindungen
und damit Fehlschlüssen zu entgehen. Dieser Teil
mag wohl der bedeutsamste innerhalb des gesamten Werkes sein,
da hier grundlegende formale Probleme sauber und klar abgehandelt
werden. Bei aller scharfen Gedankenführung meidet der
Autor jede doktrinäre Versteifung.

Im Folgenden (IV The Prophetic Literature 220—291) werden
dann Einleitungsfragen abgehandelt, wobei auf einzelne
Teilgebiete von den Grunderkenntnissen des Autors her neues
Licht geworfen wird. Dennoch bleiben die Erörterungen im Rahmen
der herkömmlichen Fragen dieser Disziplin. Dabei wird die
traditionsgeschichtliche Methode fruchtbar angewandt, ohne jedoch
die Individualität hinter den traditionellen Redeformen zu
verflüchtigen oder einem Patternismus zu huldigen. Dies mag
man dem Autor besonders danken.

Bedeutsamer sind die Ausführungen des folgenden Kapitels
(V The Religion of the Prophets 292—422). Hier wird das Phänomen
des israelitischen Prophetismus sowohl vergleichend religionsgeschichtlich
eingeordnet als auch theologisch bewertet: die
Gottesaussage in den prophetischen Reden, die göttliche Forderung
, der Gedanke an Gericht und Rettung (Eschatologie). Die
gesamte Darstellung wird in den geschichtlichen Rahmen eingepaßt
und läuft auf den Prophetismus in der exilischen und nach-
exilischen Zeit hinaus, um auf diese Weise einen sowohl formalen
als auch sachlich-historischen Abschluß zu finden.

Es wird eine überwältigende Fülle von Stoff und Literatur
verarbeitet, so daß hier wirklich die Bemühungen mehrerer Jahr-