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1965

Kategorie:

Religionswissenschaft

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Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 9

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das am Befunde liegt12. Dagegen wird die „Eingebung (ins Herz)",
eine wesentliche und bezeichnende Form des Kontaktes von Gott
und Mensch in Ägypten11, bei O. als solche nicht sichtbar (ein
Beleg unter anderem Stichwort: S. 107, s. v. 'n, Nr. 9). Aber wer
hier Perfektion schaffen könnte, müßte erst geboren werden, und
selbst ein Mitarbeiterstab vermöchte das Ideal nicht zu verwirklichen
. Es sei noch darauf hingewiesen, daß O. die Frage von
Immanenz und Transzendenz der Gottheit sowie des Polytheismus
und Monotheismus aufgeworfen hat (S. 8 8 ff.). Für den
Begriff der Transzendenz orientiert er sich am Verhältnis Gottes
zur Schöpfung und hält ihn dann im Blick auf Ägypten begreiflicherweise
für nicht angemessen. M. E. ist es jedoch fruchtbarer
, sich statt dessen am Verhältnis Gottes zur ägyptischen
Gesellschaft zu orientieren. Dabei gewinnt der Begriff
sogleich eigenen Sinn und vermag die Geschichte ägyptischer Religion
zu erleuchten. Gott, der als König in der Gesellschaft weitgehend
immanent war, rückt als Herr über den König Zug um
Zug aus ihr heraus und wird insofern transzendent. Was den
Polytheismus betrifft, den O. mit Recht als ägyptischen Sachverhalten
nicht adäquat bezeichnet, so verdanken wir inzwischen
dem Verf. eine besondere Beschreibung des Problems: Altägyptischer
Polytheismus = Saeculum XIV, 1963, S. 249/85. Darin
wiederum greift O. eine Frage auf, die auch im vorliegenden
Buche ihre Rolle spielt: Die vom Ägypter ausgesprochene Beziehung
zwischen Sonne und (auch menschlichem) Auge. Er
erinnert dort an Goethe's ,,Wär' nicht das Auge sonnenhaft, die
Sonne könnt' es nie erblicken". Die im Hinblick auf Goethe
scheinbar unverbindliche Assoziation fasziniert den Historiker,
wenn er sich bewußt macht, daß dieses Wort erweislich auf Plotin
zurückgeht, der aus Oberägypten (Lykopolis — Assiut) stammt14.
Sollte dieses über Weimar weltläufig gewordene Wort den Anregungen
zuzurechnen sein, die Plotin seiner ägyptischen Heimat
verdankte1''? Vieles, auch mehr Zentrales16, wäre noch hervorzuheben
und z. T. weiterzuverfolgen. Aber die Skizze muß genügen,
um kenntlich zu machen, daß Ägyptologen, Religionshistoriker
und auch Theologen im vollen Sinne des Wortes von diesem
trotz strenger Wissenschaftlichkeit gut lesbaren Buche an Belehrungen
und Anregungen reich beschenkt worden sind. Daß ich
mich besonders beschenkt fühle, sei dankbar wiederholt.

Basel und Leipzig Siegfried Mo rc I z

") D. Müller, Der gute Hirte = ZÄS 86, 1961, S. 126 ff. verzeichnet
Belege aus griechisch-römischen Tempeln nur für Könige (S. 143),
nicht für Götter.

") Einiges in: Ägyptische Religion, S. 67 f.

14) Enncadcn I 6, 9, dazu L. Weniger, Neue Jahrbücher für das
klassische Altertum 20, 1917, S. 23 ff. und F.Koch, Goethe und Plotin,
1925, S. 31.

15) Einiges in meinem Beitrag zum Essener Katalog: Christentum
an Nil, 1963, S. 56.

1B) Ethik und Kultus: Vgl. S. 114 s. v. 'k' 'ib Nr. 10, ferner H. W.
Fairman, MDIK 16, 1958, S. 86 ff.

Gonda, Jan: Die Religionen Indiens. II: Der jüngere Hinduismus.
Stuttgart: Kohlhammer [1963]. XIII, 366 S., 1 Ktn.-Skizze gr. 8° =
Die Religionen der Menschheit, hrsg. v. Chr. M. Schröder, Bd. 12.
Lw. DM 36,—.

Wie Bd. I dieser Reihe (ThLZ 8/1962, 5 87/8), so ist auch
Bd. II eine schöne und äußerst dankenswerte Gabe an die Fachwelt
und alle Indien-Interessierten und fraglos auch an die indischen
Menschen. Auch dieser Band hält das Niveau des ersten.
Er ist, tamulisch gesprochen, eine ,,Wissensscheune": umfassend
im Stoff, klar in der Darstellung, lehrreich für jeden Leser.

Linter den „Hauptphasen der geschichtlichen Entwicklung des
nachepischen Hinduismus" werden beschrieben die Religion der
Nichtarier, besonders der Draviden, und die stattgefundene Sans-
kritisierung; Tantrismus und Säktismus, die philosophische und
literarische Entwicklung; und der Einbruch des Islam und sein
Enfluß auf den Hinduismus. Kap. II handelt in 8 Absätzen vom
Visnuismus auf den S. 115—187. Das 3. Kap. ergeht über den
Sivaismus von S. 188—252. Das letzte Kap. bringt eine Darstellung
des Hinduismus im 19. und 20. Jh. (bis S. 345). Einzelheiten
anzugeben dürfte kaum möglich und nötig sein. Aber

hervorgehoben sei nur die Orientierung über die Draviden und
den Säktismus („ritueller Koitus", und dies als eine mystische
Vereinigung des Ichs mit der Erkenntnis = „Unio mystica",
sakrale Prostitution, Menschenopfer „bis zur Zeit der brit.
Herrschaft"), das missionierende Eindringen des Islam und da bes.
die Motive für den Glaubenswechsel, und die gerade für Theologen
so interessante Gestalt und Art des Krishna.

Sehr willkommen wird vielen Lesern das letzte Kapitel sein,
weil es die Praxis des neueren Hinduismus ausführlich und zuverlässig
sehen läßt: Götter, Feste, Riten, Familienleben (,,Im
Gegensatz zu den Hausriten ist Tempelbesuch nicht obligatorisch
", S. 265), Tempelkult (Erscheinungen des gemeinschaftlichen
Gottesdienstes), Sadhus, Orden, Dramen u. a. Den Schluß bilden
Ausführungen über „Religiöse und weltanschauliche Strömungen
unter der Einwirkung des Abendlandes, der religiöse Nationalismus
und die Renaissance des Hinduismus". Da werden auch die
Missionen erwähnt, wenn sicherlich auch zu kurz und in ihrer
tatsächlichen Auswirkung verkürzt. Es finden sich hier Beschreibungen
der Reformbewegungen und Würdigungen von Gandhi,
von Radhakrishnan, Vinoba und Aurobindo.

Kritisch wären zwei Punkte herauszuheben. M. E. hätte
über die Arbeit der Dravidoloeen etwas mehr gesagt und an Literatur
angegeben werden sollen. Bei B. Ziegenbalg vermißt man
die Nennung der „Genealogie der Malabarischen Götter". Und
für den Süden scheint mir für das Verschwinden des Buddhismus
die Verfolgung durch Hindus doch eine größere Rolle gespielt
zu haben, wie sich aus den von mir übersetzten Deväram-
Hymnen ergibt (cf S. 56/7 meines auf S. 229 genannten Buches).

Eine wertvolle Beigabe ist die Zeittafel (S. 346—352), die
von der Induskultur bis zum Jahre 195 8 führt. Das Namen- und
Sachverzeichnis ist ausgezeichnet gearbeitet.

Halle/Saale Arno Lehmann

Andreis, Chiara: Riflessi religiosi del suicidio presso i primitivi

(SMSR 35, 1964 S. 87—136).
B i a n c h i, Ugo: Saggessa olimpica e mistica eleusina nell'inno ome-

rico a Demetra (SMSR 35, 1964 S. 161—193).
B i e z a i s, H.: Das heilige Ernteopfermahl der Letten (Horae Soeder-

blomianae VI. Erga kai Pistis. Lund 1964 S. 37—53).
D a m m a n n, Ernst: Der Islam als Frage an die Christenheit (ZW 36,

1965 S. 161—168).
G n o 1 i, Gherardo: Considerazioni sulla rcligione degli Achemenedi

alla luce di una recente teoria (SMSR 35, 1964 S. 239—250).
Lebeuf, Jean-Paul u. Bernard Mambeke-Boucher: Un mythe

de la creation (Congo-Brazzaville) (SMSR 35, 1964 S. 3—21).
Piccaluga, Giulia: Bona Dea: due contributi all'interpretazione

del suo culto (SMSR 35, 1964 S. 195—237).
Planck, Oskar: Vorchristliche Gottesvorstellungen im Alten Ägypten
(Quatember 29, 1964/65 S. 111—114).
Sabbatucci, Dario: Giuoco d'azzardo rituale (SMSR 35, S. 23

-85).

Sacconi, Anna: Anemoi (SMSR 35, 1964 S. 137—159).

ALTES TESTAMENT

Habel, Norman C: Yahwch versus Baal: A Conflict of Religious
Cultures. A Study in the Relevance of Ugaritic Materials for the
Early Faith of Israel. New York: Bookman Associates 1964. 128 S.
8° = Graduate Study, VI, Concordia Seminary, St. Louis. Lw. $ 3.50.

Der Überzeugung lebend, daß die Religion des vorstaatlichen
Israel nur bei gebührender Würdigung der ihr aufgenötigten
Auseinandersetzung mit der kanaanäischen Religion
verständlich wird und daß über diese die seit dreieinhalb Jahrzehnten
bekannt gewordenen Mythen und Epen Ugarits die
beste Auskunft geben, unternimmt der Verf. eine Neben- und
Gegenüberstellung der beiden Religionen, die sowohl die sie
verbindenden Ähnlichkeiten als auch die sie von einander
trennenden Verschiedenheiten darlegt, dabei freilich die Verschiedenheiten
, u. d. h. die einzigartige Besonderheit der israelitischen
Religion stärker heraustreten läßt als die ihnen eigenen
Gemeinsamkeiten. Auf eine Introduction (S. 11 f.), in der die
zu lösende Aufgabe kurz skizziert wird, folgen diese fünf
Kapitel: I. The Conflict Tradition in the Covenant Faith of
Israel (S. 13-37); II. The Faith of Israel in the Early Poetic