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1965

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Neues Testament

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Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 1

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lehre wird vom Verf. unter Ablehnung der Behauptung einer Anrechnung
von Verdiensten Christi erarbeitet. Dabei wird der (Sühne-)
Tod Christi als „Real- und Rechtsgrund der Auferweckungshoffnung"
von der Auferweckung Christi als „Hoffnungsgrund" unterschieden
(S. 147), so daß die Auferweckung Christi als „Erweis dafür" gilt,
„daß das Sühnopfer zu seinem Ziel gekommen ist" (S. 149). Doch
ist diese Unterscheidung paulinisch? Ist sie nicht vielmehr der kirchl.
Dogmatik K. Barths verpflichtet? Und gilt das nicht erst recht von
der nun folgenden Erklärung des Begriffes dixacoavvr] Qr.ov im Sinne
einer göttlichen Eigenschaft bzw. Selbstbestimmung: als Gottes „Selbstbehauptung
in Gericht und Sieg über allen Widerspruch", wobei zugleich
von der „Gerechtigkeit Gottes in ihm selbst" als dem „Für-
sich-selbst-Sein" Gottes, „das keinen Widerspruch und keine Spaltung
in Gott aufkommen läßt" (S. 162), die Rede 6ein muß? Die
zweite Bestimmung ergibt sich für den Verf. als eine durch Rm. 3, 26
unausweichlich gemachte Folgerung. Hier hätte man wohl eine Auseinandersetzung
mit E. Käsemanns Analyse von Rm. 3,24—26 (ZNW
43, 1950/5 1, S. 150—154) erwarten dürfen, die die Ergebnisse des
Verfs. schon von der (zuerst von R. Bultmann geäußerten) Vermutung
her, daß Paulus in Rm. 3, 24 ff. eine Tradition verarbeitet und korrigiert
, in Frage stellt. — Überzeugend ist hingegen der Nachweis, daß
bei Paulus „nicht zwischen einer in Christus vollzogenen und offenbarten
und einer uns zugewandten Gerechtigkeitstat geschieden wird"
(S. 175). Rechtfertigung und Heilsaneignung fallen nicht auseinander.
Folglich kann auch der Glaube nicht als (mit dem Gesetz konkurrierende
) Bedingung (im Sinne eines Werkes) der Rechtfertigung verstanden
werden. Der Glaube ist viemehr das Ja zum Sieg der göttlichen
Gerechtigkeit (S. 180). Die Rechtfertigung aus Glauben ist
zwar ein forensischer Akt, der aber als solcher eine ontische Veränderung
nicht ausschließt, sondern einschließt.

Dementsprechend, wird nun der Glaube selbst als Heiligung
und damit die Heiligung als Wirklichkeit der Rechtfertigung
verstanden. Die „Heiligung ist das Leben in der Geltung
der Rechtfertigung" (S. 210); dabei wirkt der Geist menschliches
Tun. Denn gerade in „unserem Tun, wirklich in unserem
Tun verherrlicht Gott sich selbst" (S. 238). Das wird dann im
3. Teil des Buches expliziert. Hier nimmt die Erörterung über
das pln. Gesetzesverständnis einen besonderen Platz ein.
Rm. 2—7 und Gal. werden konsequent auf das pln. Gesetzesverständnis
befragt. Dabei erweist sich das Gesetz als Proklamation
des legitimen göttlichen Anspruchs, der als erfüllbar gedacht
ist, aber 6eine Übertretung unter Fluch stellt. Von diesem
seinen eigenen Fluch kann das Gesetz nicht befreien. Es soll
dies auch nicht; eine Rechtfertigung durch Erfüllung des Gesetzes
war nie vorgesehen. Die Befreiung vom Gesetz ist deshalb
nichts anderes als Befreiung von seinem Fluch. Das Gesetz
selbst bleibt. Allerdings bleibt auch die Verurteilungsfunktion
des Gesetzes für den Gerechtfertigten bestehen, 60-
fern der Gerechtfertigte noch diesem Aeon angehört. Diese
Voraussetzung bestimmt die Auslegung von Rm. 7, wonach das
Gesetz seine Heiligkeit am Christen ( ! ), sofern er noch
„Fleisch" ist, bekundet. W. G. Kümmels und R. Bultmanns
Auslegung wird also bestritten, allerdings wenig überzeugend.
Die Existenz des Christen wird nach dem Verf. durch den Geist
zu einem „Leben im Kampf" (S. 307). Diesem Kampf gilt das
Gericht nach den Werken, das „auch mit einem Ausschluß aus
dem Reiche Gottes ausgehen" (S. 467) kann, ohne daß freilich
die Rechtfertigung dadurch wieder verloren ginge; denn das
Gericht ist „die Enthüllung dieser Rechtfertigung" (ebd.). Das
Leben im Kampf wird geführt auf Grund des Gebotes der
Liebe, in der die Gabe des Geistes und das Werk des Menschen
so beieinander sind, daß Gott unser Werk als in Christus
gerechtfertigtes von uns annehmen will. So wird das „Gegenüber
zwischen uns, den Gerechtfertigten, und uns, den immer
wieder Schuldigen" (S. 493) überwunden.

Daß sehr viele der Formulierungen und Erwägungen dieser
gründlichen Untersuchung sich in erstaunlicher Parallelität auch
bei K. Barth finden, zeigt, wie stark der Verf. systematisch
orientiert ist. Leider hat sich das nicht auf die Darstellung
ausgewirkt, die dem Leser viele ermüdende Wiederholungen
hätte ersparen können. Eine Reihe von Thesen (z. B. die Verharmlosung
der Selbstrcchtfertigung des Menschen als sekundäre
„zweite Gestalt" der Sünde) sind eher Voraussetzungen
als Ergebnisse der Exegese. Dennoch sind die Ergebnisse der
Untersuchung weitaus differenzierter als dieser Durchblick zu
zeigen vermochte. Sie provozieren die Exegese und dürften

auch dort anregend wirken, wo die vom Verf. angewandte Auslegungsmethode
auf Ablehnung stoßen wird. Und auch da, wo
die Textanalyse des Verfs. nicht zu überzeugen vermag, wird
die von ihm vernachlässigte religionsgeschichtliche und formgeschichtliche
Arbeit an den pln. Briefen sich gern vom Verf.
nachdenklicher machen lassen.

Bedauerlich ist, daß der Verf. die benutzte Literatur nur sehr
mangelhaft angibt. Der Erscheinungsort fehlt in der Regel, das Erscheinungsjahr
häufig, der Titel der benutzten Arbeiten nicht 6elten.
Auch das Namensregister vermag diesen Mangel nidit auszugleichen,
da es ein Literaturverzeichnis nicht ersetzen kann.

Berlin Eberhard J ü n gel

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Kompromißlosigkeit des paulinisdien Denkens (MThZ 15, 1964
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10 Jahre Forschung (1950-1959). Schlußteil (ThR 30, 1964 S. 89

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du chretien. A propos de Gal 4,6 (RechSR 52, 1964 S. 421—431).
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