Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1965

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Titel/Untertitel:

Neuerscheinungen

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

617

Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 8

618

setzt, gehört nicht in eine ernstzunehmende Literatur. Die
deutschen Bauernkolonisten in Rußland pflegten die Rechtgläubigen
als ,,Pravoslaven" zu bezeichnen. Wir wollen mit
dieser Aufzählung der bedauerlichen Unrichtigkeiten hier schließen
, ohne noch andere Schreib- und Korrekturfehler zu erwähnen
. Es wäre angebracht gewesen, wenn man die fremdsprachigen
Zitate für den Nichtfachkundigen verdeutscht hätte.
Manche Stellen, die die jüngsten Ereignisse betreffen, zeugen
zwar von ehrlicher Bemühung des Verfassers, sie im rechten
Lichte zu sehen, aber sie sind zuweilen überzeichnet.

Diese Kritik soll jedoch niemanden abschrecken, nach dem
Buch zu greifen und es sorgfältig zu lesen, denn es vermittelt
uns, trotz seiner Mängel, wertvolle Kenntnisse, wofür wir dem
verewigten Verfasser sehr danken.

Berlin Karl Rose

[W i n s I o w, B.:] Re-Discovering Eastern Christendom. Essays in
Commemoration of Dom Bede Winslow. Ed. by A. H. A r m s t r o n g
and E. J. B. Fry. London: Darton, Longman & Todd [1963]. XVI,
166 S., 1 Taf. 8°. Kart. 18 s.

Diese etwas bunte Sammlung von Essays ist eine Denkschrift
zu Ehren des im Jahre 1959 verstorbenen Benediktinermönchs
Dom Bede Winslow. Das Buch enthält elf Aufsätze von
Vertretern verschiedener Kirchen. Im Vorwart werden außer den
Namen der Autoren auch deren Titel, Hauptwerke, Verdienste
und sogar Ordensauszeichnungen erwähnt. Bei dieser etwas auffallenden
Ausführlichkeit ist ihre Kirchenzugehörigkeit verschwiegen
. Man kann sie jedoch in den meisten Fällen erraten.
Nach unseren Ermittlungen sind sieben der Autoren römische
Katholiken, zwei Anglikaner, einer Orthodoxer und zwei konfessionell
nicht feststellbar.

Das Erfreulichste an diesem Werk ist das lebendige Bild
von Dom Bede, dargeboten durch seine Mitarbeiterin Barbara
Fry, durch die „Erinnerungen an die Frühzeit der Eastern Church
Quarterly" (einer Zeitschrift, die Dom Bede gemeinsam mit
Donald Attwater leitete), und durch einige Zeilen im Beitrag
von Irene Posnoff. — Man könnte Dom Bede den englischen
Pater Couturier nennen. Beide waren katholische Priester und
beide gehörten zu den Gestalten, die in den Vertretern anderer
Kirchen eine unwiderstehliche Sympathie erregen. (Im englischen
Sprachgebrauch heißen solche Menschen „lovable". Es sind dies
die Gestalten, die ein liebevolles und wohlwollendes Gesicht
des Katholizismus den anderen näher bringen. Ihr großes katholisches
und ökumenisches Verdienst und der Hauptnenner ihrer
Arbeit liegt im Gebet, im gesprochenen und geschriebenen Wort
und in den lebendigen Beziehungen zu den Brüdern in anderen
Kirchen. Eine Photographie des schlichten und fast unbemerkbaren
Mönchs (der in seiner einfachen Gestalt ein brennendes
Herz trug) geleitet die Zeilen, die mit großer Hingabe geschrieben
sind. — Der größte von den weiteren Aufsätzen (36 Seiten)
ist von dem Professor für Dogmatik Bernard Leeming geschrieben
und behandelt die „Orthodox-Katholischen Beziehungen
". Über dieses Thema wurde so viel schon geschrieben, daß
es nicht leicht ist, Neues auf diesem Gebiet zu sagen. Neben
einer allgemeinen Charakteristik der Orthodoxen und ihrer theologischen
Methoden bespricht der Verfasser die Probleme der
Processio Spiritus Sancti (und das „Filioque") sowie die der con-
ceptio immaculata. Der Aufsatz ist gelehrt und enthält wichtige
Hinweise. Es bleibt aber unbegreiflich, warum sich der Verfasser
mit ganz unbedeutenden Artikeln einiger Theologen auseinandersetzt
und die grundlegenden Werke, die die ganze Fülle
der Gedanken über die behandelten Themen enthalten, unbeachtet
läßt. So ist z. B. das französisch erschienene monumentale
Werk von Sergius Bulgakov „Der Paraklet" nicht erwähnt, obwohl
dieses Buch eine Theologie des heiligen Geistes und darüber
hinaus die gesamte Geschichte der filioquistischen Streitigkeiten
darstellt. Dasselbe gilt von der Mariologie. Die dem Aufsatz
beigefügte Bibliographie macht dementsprechend den Eindruck
völliger Zufälligkeit und Unzulänglichkeit.

In einer anderen Weise wird dasselbe Problem durch den
belgischen Professor Georges Dejaifve behandelt. Sein glänzend
geschriebener Aufsatz ist ein Versuch, zu beweisen, daß

Ost und West in verschiedener Weise den gleichen Glauben
darstellen: Zwei Theologien, ein Glaube — heißt der Untertitel
dieses Beitrages.

Dieser Gedanke wird in den folgenden Artikeln weiterentwickelt
. Dabei werden die Grenzen der römisch-orthodoxen
Diskrepanz überschritten, und es geschieht eine Art Hinwendung
zu den anderen Kirchen. So bespricht der lebendige und
interessante Beitrag von John Lawrence die „Anglikaner und die
Orthodoxen". Der Verfasser ist ein Nicht-Theologe, der auf dem
Gebiet der Annäherung zwischen Anglikanern und Orthodoxen
viel getan hat. Drei Jahre lang war er Presse-Attache der Britischen
Botschaft in Moskau und benutzte diese Zeit, um den
orthodoxen Glauben, seine Frömmigkeit und seine Psyche von
innen zu verstehen. Beim Lesen seines tief durchdachten und
durchfühlten Aufsatzes erkennt man, daß er die Frucht einer
echten geistlichen Erfahrung und nicht nur einer literarischen Berührung
ist.

Weitere Aufsätze behandeln Probleme der Geschichte („Byzantinische
und Moskauer Autokratie" von Prof. Francis Dvor-
nik; „Neues auf dem Gebiet der byzantinischen Studien" von
Prof. J. M. Hussey. Theologische Themen sind in den folgenden
Aufsätzen behandelt: „Edmund Biskop und die Epiklese" von
George Every; „Das Problem der ökumenischen Bewegung" von
Prof. G. Florovskij; „Christentum und Islam" von Norman
Daniel.)

Der Beitrag von Irene Posnoff „Russische Katholiken und
der Oekumenismus im 20. Jahrhundert" erscheint uns als höchst
bedenklich. Hier wird ein Thema, das im orthodoxen Bewußtsein
als tragisch gilt, in den Tönen eines Triumphalismus dargestellt
, so daß man den Eindruck erhält, als ob die Orthodoxen
an der Schwelle eines Übertritts zur römischen Kirche wären.
Die Schattenseiten dieses Prozesses — insofern der „russische Katholizismus
" eine zwar abgegrenzte, aber doch reelle Existenz
hatte, sind sorgfältig verschwiegen. So ist V. Solovjov einfach
„Vater der russisch-katholischen Ideologie" genannt, ohne daß
sein innerer Kampf, seine Zweifel, seine praktische und theoretische
Überwindung der römischen Tendenzen erwähnt werden.
Man lese im Gegensatz dazu die sorgfältig belegte Darstellung
von Prof. L. Müller und seine Polemik mit Prof. Szilkansky, der
aus Solovjov einen römischen Katholiken machen woHte. Aus
eigener Erfahrung wissen wir, daß es auch Enttäuschung bei Konvertiten
gibt. Darüber ist aber in diesem Beitrag kein Wort gesagt
(und konnte wohl auch nicht gesagt werden). Es ist zu befürchten
, daß eine Arbeit in diesem Stil der Annäherung mehr
Schaden bringen könnte als Nutzen.

So ist auch das vorliegende Buch aus zweierlei Fäden gewebt
— was eine vielleicht unerwünschte und unbewußte Wiedergabe
der reellen Beziehungen ist, in denen sich der römische
Katholizismus und die Orthodoxie befinden.

L. Zan de 11

B e a, Augustinus Kardinal : Der bisherige Verlauf des II. Vatikanischen
Konzils und die Einheit der Christen (StZ 175, 90. Jg. 1964/65
S. 415—430).

Beumer, Johannes: Die Regula Fidei Catholicae des Ph. N. Chrismann
OFM und ihre Kritik durch J. Kleutgen SJ. (FS 46, 1964
S. 321—334).

B ö c k 1 e, Franz: Die Mischehen in katholischer Sicht (Concilium 1,
1965 S. 318—321).

D o m b o i s, Hans: Die Mischehen in protestantischer Sicht (Concilium
1, 1965 S. 315—317).

Fries, Heinrich: Das Konzil und die Einheit der Christen (Catho-
lica 19, 1965 S. 83—107).

Grünawald, Hans: Die Enzyklika „Ecclesiam suam" (LM 4, 1965
S. 161—168).

H a e b 1 e r, Hans Carl von: Der heilige Seraphim von Sarow (Qua-

tember 29, 1965 S. 64—75).
— Der heilige Sergius von Radonesch (Quatember 29, 1964/65 S. 114

—119).

K e t s, R. P. van: Die Kirche im Dialog mit den heutigen Kulturen

(Concilium 1, 1965 S. 66—70).
Mühlen, Heribert: Das Verhältnis zwischen Inkarnation und Kirche

in den Aussagen des Vaticanum II (ThGl 55, 1965 S. 171—190).