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Ausgabe:

1965

Spalte:

590-591

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Tocci, Franco Michelini

Titel/Untertitel:

La Siria nell'età di Mari 1965

Rezensent:

Rost, Leonhard

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Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 8

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sein wollte, in dem Augenblick, in dem er die Weltherrschaft
übernehmen könnte, sich selbst vernichten müßte.

Die Bedeutung dieser Studien liegt in einem Doppelten:
Einmal in der immer wieder vorgenommenen sorgfältigen Analyse
des Ganzen und seiner Teile nicht von einem einseitigen
Gesichtspunkt aus, sondern von einer Zusammenschau sowohl
der formalen als der inhaltlichen Momente, mit dem Ergebnis,
daß der wesentliche Bestand des Buches — mit Ausnahme der
Elihureden und einiger weniger kleinerer Stücke — das Werk
eines Verfassers ist, dessen ihm vorliegende Gestaltungen
der Hiobsage ermittelt werden. Und sodann in der nicht die
,,dogmatische" Frage der Entstehung des Leidens und der Theo-
dizee betonenden, sondern existentiell das Problem des rechten
Verhaltens i m Leiden aufwerfenden Exegese, die beides
nebeneinander gestattet: das volle Auswerten religionsgeschichtlichen
Materials wie das „persönliche" Verstehen dessen, was
dem Dichter des Gesamtwerkes Antwort auf eine auch ihn bedrängende
Lebensfrage ist. Mir persönlich will freilich scheinen,
als wenn 42, 8 mit dem „zornigen Wort über seine Verwandten
und Bekannten (vielleicht mit Einschluß seiner Frau) mit der
Forderung ihrer Entsühnung" (S. 67) in seiner Bedeutung nicht
erschöpft ist, sondern in der Betonung einer dem Hiob verliehenen
Qualifikation als erhöhter Fürbitter ein über die
herausgearbeiteten Bedeutungen des Leidens als Erziehungs- und
Prüfungsleiden hinausgehender tieferer Sinn des Leidens verborgen
liegt: das Leiden des Märtyrers, durch das auch die
Versuchung Gottes durch den Satan etwas von ihrem Quälenden
verliert. Vielleicht ist es in diese Richtung weisend, daß S. 105
für die dort als dritte Stufe gebotene „Möglichkeit" kein scharfer
Terminus geboten wird, weil Fötor er hier stillschweigend wie
in seinem Kommentar dann expressis verbis den Zusammenhang
mit dem Jahveknecht bestreitet, den wie Peters, so auch ich
vertreten habe (Komm. S. 5404). Je reicher ein zu exegesierendes
Buch ist, desto mehr wird das Nebeneinander exegetischer
Meinungen auch dort bleiben, wo der Rezensent gern bekennt,
aus den angezeigten Studien dankbar gelernt zu haben und den
Schlußsatz, daß „in der Erfahrung der Gottesgemeinschaft die
Lösung des Hiobproblems liegt" (S. 129) unterschreiben zu
können, nicht nur des Hiobproblems, wie Fohrer es sieht.

Johannes H e m p e 1 f

K r o e b c r, Rudi: Der Prediger. Hcbräisdi und Deutsch. Berlin: Akademie
-Verlag 1963. VII, 163 S. gr. 8° = Schriften u. Quellen d.
Alten Welt, hrsg. v. d. Sektion f. Altertumswissenschaft b. d. Deutschen
Akademie d. Wissenschaften zu Berlin, Bd. 13. Lw. MDN 31.50.

Die vorliegende Arbeit enthält in ihrem Hauptteil cin-
leitungswissenschaftliche Ausführungen über das Buch Qoheleth,
ferner eine Darbietung seines hebräischen Textes mit danebenstehender
deutscher Übersetzung, kurzen Erläuterungen dazu
und einem ebenfalls kurzen, stark die theologischen Gesichtspunkte
ins Auge fassenden Kommentar; den Abschluß bildet ein
gut ausgewähltes Literaturverzeichnis. (Das Wort „hebräisch" im
Titel bezieht sich also nur auf den Abdruck des Textes; alles
andere ist „deutsch" geschrieben.) Die ganze Arbeit ist in sich
geschlossen, besonnen konzipiert und fern von Experimenten.
Der Verf. weiß um den Standort des Buches Qoheleth innerhalb
der geistigen und theologischen Situation der Alten Welt; aber
er vermag auf seinen Gegenstand auch von der weiteren Kulturgeschichte
des Abendlandes her Lichter fallen zu lassen. Bei alledem
ist er den Weg der Auslegung des Predigerbuches sorgsam
und verständnisvoll nachgegangen und schildert ihn zutreffend
und übersichtlich. Man liest dies Buch gern, und nicht zuletzt
deswegen, weil der Kommentar am Schluß — vom Verf. „Einführung
in das Buch Qoheleth" genannt — sich darum bemüht,
die persönlichen und religiösen Seiten am Wesen dieses Denkers
herauszuarbeiten.

In den Thesen der Einleitung zeigt sich überall ein vorsichtiges
Urteil. Als Abfassungszeit nimmt er 250—220 an, als
Abfassungsort Jerusalem. Was die Einheitlichkeit anbelangt, so
wird die Annahme von Zusätzen auf ein Minimum beschränkt.
Auch in der metrischen Gestaltung wird eine Position der Mitte
bezogen; insbesondere werden Textänderungen metri causa bei

diesem Buch mit Recht strikt abgelehnt. Für Textgestalt und
Zeitansetzung spielt das Qumran-Fragment — im Anschluß an
Muilenburg — eine nicht unerhebliche Rolle. Die These von
Zimmermann u. a., das Buch sei ursprünglich aramäisch geschrieben
, wird ausführlich erörtert, ohne daß ihr zugestimmt wird.
Sehr zurückhaltend steht K. auch den mannigfachen Versuchen
gegenüber, fremdländischen Einfluß, woher immer er komme, anzunehmen
; „jeder Zug seiner Sicht von Fügung und Führung
entspringt folgerichtig dem Glaubensdenken Israels" (S. 56). Der
Aufweis dieser Sachverhalte scheint mir zu den besonders gelungenen
Seiten an dem Buche zu gehören; er wird zudem durch
mancherlei Einzelbelege unterbaut. So kann K. sagen (S. 140 f.):
„Der Text und seine biblischen Beziehungen zeigen eindeutig,
daß Qoheleth sich in seinem Denken viel weniger von der Tradition
entfernt hat als die Exegese im allgemeinen wahrhaben
will... Bei aller Kühle seiner Aussagen ist er im Grunde frömmer
als die Frommen um ihn und nach ihm . . . Manche Züge
treten bei dem Mann der Spätzeit zurück. Die religiös bestimmte
Nationalgeschichte wie die Heilsgeschichte werden in seinem
Buch nicht erkennbar. Er weiß sich zu fern vom brennenden
Dornbusch, als daß er behauptete, noch die Stimme zu hören,
aber er sieht ein Brennen und hat die Schuhe von seinen Füßen
getan. Eben deshalb geschieht das Entscheidende: die Ehrfurcht
als das Zentrum des Glaubens steht neu." Man begreift, daß in
diesem Zusammenhang Frz. Delitzschs berühmtes Wort von dem
„Hohenlied der Gottesfurcht" zitiert wird.

In der Einzelexegese wird der Verf. nicht allerorts Zustimmung
erwarten können. In 3, 11 macht er sich den älteren
Vorschlag Dbj> = „Welt" zu eigen, ohne auf das vorangehende
ny und das gleich folgende Dbw zu achten. In 6, 3 schließt er sich
bezüglich der Umpunktierung des lo zu lu Gordis an, eine
sprachlich und sachlich recht unglückliche Idee. Das Gleiche wird
von der Exegese in 11, 1 f. gelten müssen; die Verse werden im
Anschluß an L. Levy als „Aufforderung, sich durch rechtzeitige
Kapitalflucht den Schatten des Silbers zu sichern", interpretiert.
In 8, 10 fügt er mit seiner Übersetzung „Ich sah Frevler (in
Ehren) zu Grabe getragen und Rechtschaffene vertrieben von der
heiligen Stätte" den mancherlei Versuchen einen neuen hinzu,
der den Nachteil hat, daß das entscheidende „in Ehren" nicht im
Text steht, sondern in Klammern hinzugefügt werden muß.
Wenn K. gegen die — u. a. auch von mir vorgeschlagene — Änderung
von D-^np in D^SIp anführt, daß dadurch eine Gegenaussage
zu V. 2—9 beseitigt werde (S. 119), so ist das kein stichhaltiger
Grund; denn nach K. sollen diese Verse „mit Sicherheit
nicht die Meinung Qoheleths" wiedergeben (S. 149). Die Stellung
zum Herrscher gehört nun aber, wie das „ne quid nimis", zu den
Dingen, in denen Qoheleth mit der Meinung der zünftigen
Weisheit gerade übereinstimmt. Das Problem seines Gegensatzes
zur „Weisheit" (Galling: zur Schultradition) ist natürlich klar
erkennbar und wird auch in diesem Buch gesehen, vor allem an
den Stellen, wo K. von der „gebrochenen Sentenz" spricht. —
Einfache Fehler in dem sonst ausgezeichneten Druck sind mir auf
S. 41, 10; 134, 6 (Symptom; Vorsicht) aufgefallen.

Nach dem Vorwort, das im Februar 1963 geschrieben wurde,
hat das Buch bereits im Frühjahr 1959 abgeschlossen vorgelegen,
ohne daß noch weitere Zusätze erfolgt sind. Die seither erschienene
Literatur ist also leider nicht mehr benutzt worden,
insbesondere auch nicht die beiden in Deutschland erschienenen
Kommentare von W. Zimmerli und vom Rezensenten, beide von
1962. Dennoch wird man ohne Einschränkung sagen dürfen, daß
diese Arbeit für das künftige Gespräch um das eigenwillige
biblische Buch eine wertvolle und bereichernde Hilfe sein wird.

Hans Wilhelm Hertzbergt

T o c c i, Franco Michelini: La Siria nell'etä di Mari. Rom: Centro di
Studi Semitici, Istituto di Studi Orientali — Universitä 1960. 112 S.,
2 Taf. gr. 8" = Studi Semitici, Dir. S. Moscati, 3.

Der Verfasser, ein Schüler Sabatino Moscatis, gibt zuerst
eine geographische Abgrenzung seiner Studie auf das Gebiet, das
durch eine gedachte Linie von Tyrus über Damaskus, Palmyra,
Karkemisch und Alalach bis Tyrus begrenzt ist und dann eine
zeitliche Einengung auf die Zeit, in der Mari nach Ausweis der