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1965

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Kirchengeschichte: Reformationszeit

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Neuerscheinungen

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525

Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 7

526

zur Ausgabe der Supplements Calviniana hat Hanns Rückert seiner
Ausgabe der „Predigten über das 2. Buch Samuelis" (im gleichen
Verlag, 1936—1961, S. VII ff.) vorangestellt. Es wird als
Einführung in die Gesamtedition von Wert bleiben. Als Kurzübersicht
dazu mag auch nochmals die Einleitung empfohlen sein,
die Erwin Mülhaupt seiner Psalmenpredigtenauswahl in deutscher
Übersetzung (Der Psalter auf der Kanzel Calvins, 1959)
voranschickte (S. 5 ff.). Was er als „Schwerpunkte der Verkündigung
in Calvins Psalmpredigt" (S. 19) herausgearbeitet hat,
nämlich die Themen: ,die Kirche, Selbsterkenntnis, Naturordnung
, die Majestät unsers lieben Gottes, Christus die Grundlage
' ließe sich mit einigen Akzentverschiebungen auch für
die Jesajapredigten nennen. Die angesichts der Forschungssituation
gebotene Zurückhaltung in Sachen einer Gesamteinschätzung
der Theologie des Reformators, noch konkreter gesagt:
die Scheu, einen Zerrtralbegriff für seine Theologie zu nennen,
mag auch dann respektiert sein, wenn angemerkt wird, daß die
Jesasapredigten der drei vorliegenden Lieferungen ungewöhnlich
oft und an entscheidender Stelle die Hörergemeinde mit
der Majestät Gottes konfrontieren, und zwar nicht allein
pointiert in der Einleitung zu den bekannten Schlußgebeten. —
Der zuweilen schwer, andernorts auch wieder leicht fließende
Gedankenreichtum der von Mai bis Juli 15 57 gehaltenen Predigten
, die übrigens Jes. 22, 25—28, 13 auslegen, kann hier nicht
eingefangen werden. Es sind nur wenige Hinweise möglich.
Calvin wertet die Prophetensprüche über Tyrus (z. B. in 23,9)
als Paradigma der Machttaten Gottes über alle menschlichen
Mächte. Diesem Leitmotiv — wenn es überhaupt ein solches in
diesen Predigten gibt — subsumiert der Prediger Calvin alles!
Es geht ihm darum zu zeigen, ,,que Dieu n'a nulle dificulte et
qu'il surmontera toutes les munitions de ce monde, quand
il sera question d'abolyr cecy et cela" (S. 303,44 f.). Und
dieser erhabene, allmächtige Gott, der vernichten kann, wen
und wann er will, bewirkt von sich aus „familierement" die
Kommunikation mit den Menschen durch sein Wort: „Dieu ne
se communique point si familierement comme il faict ä nous en
sa parolle. II ne reste donc sinon de l'escouter" (S. 440, 2 f.).

Die Auswechselbarkeit der Begriffe Gottes-, Christus- und
Kirchengemeinschaft bei Calvin erfährt durch diese Jesajapredigten
eine deutliche Stützung. In klarer Parallele zu dem
oben zitierten .surmonter' kommt an vielen Stellen das mit dem
gleichen Terminus verbundene Trostmoment für alle Hörer des
Wortes zum Ausdruck, die angesichts der Berge von Nöten und
Schwierigkeiten glauben, daß Gott das alles überwindet: „Nous
ne voions devant nous qu'empeschement, nous voions mon-
taignes, nous voions torrens, nous voions rochiers, nous voions
gouffres et fossez; brief, il semble que nous ne puissions marcher
un pas que ce ne soit pour trebuscher en abisme; mais Dieu nous
faict la grace de tout surmonter" (S. 442, 11—14).

Auch in den vorliegenden Lieferungen sind die Editionsgrundsätze
vom Herausgeber durchgehalten worden. Buchstabengetreue
Wiedergabe des Originaltextes, Unterteilungen der Anmerkungen
in zwei Apparate sind die Vorzüge der Ausgabe. Der
erste Apparat enthält die Korrekturen und Streichungen in der
Handschrift selbst, die aufgenommen worden sind, um die Gedankengänge
des Mitschreibers möglichst ganz zu erfassen. Der
andere bei weitem umfangreichere Apparat bringt in französischer
Sprache Nachweise von Bibelstellen und (soweit für den Herausgeber
feststellbar) exegetische Vorlagen, außerdem auch anderweitige
Anmerkungen zum Verständnis des Predigtinhalts. Das
Ganze vermittelt den Eindruck einer gediegenen wissenschaftlichen
Edition.

Berlin Joadiira Rogge

Obermin, Heiko A., et Courtcnay, William J. cdiderunt Ga-
brielis Biel Canonis Misse Expositio. Pars Prima. Wiesbaden: Steiner
1963. XXVI, 363 S. gr. 8° = Veröffentlichungen d. Instituts für
Europäische Gesdiichte Mainz, Abt. f. abendländische Religionsgeschichte
, hrsg. v. J. Lortz, Bd. 31. Lw. DM 50.—.

Das 15. Jahrhundert als Basis und Quelle der weltbewegenden
Ereignisse des 16. Jahrhunderts ist im religiösen Bereich
noch wenig erforscht. Für das Verständnis der Reformationstat
Luthers ist die theologische Arbeit des Tübinger Professors
Gabriel Biel (t 1495) wesentlich, weil die Lehrer Luthers,
Nathin, Usingen und Staupitz, Schüler Biels waren. Es muß deshalb
begrüßt werden, daß das religiös so bedeutsame Werk
Biels „Der Kommentar zum Meßkanon" (Expositio canonis
missae) — gute Inkunabeldrucke stehen zur Verfügung — nun in
einer modernen Textausgabe dem Theologen und lateinkundigen
Laien zugänglich gemacht wird. Die biographischen Angaben, die
dem Text vorausgeschickt sind, sind in ihrer Gründlichkeit für
die geistigen Abhängigkeiten Biels von besonderem Wert.
Neben seiner Tätigkeit in Heidelberg als Mitglied der artistischen
Fakultät und als Professor der Philosophie steht die
theologische Ausbildung in Erfurt und Köln, die Zugehörigkeit
zu den Brüdern des gemeinsamen Lebens, sein Priorat in Sankt
Marcus in Butzbach, und schließlich die Krönung seines Lebenswerkes
als Professor der Theologie in der Herausgabe seiner
Predigten, seines Meßkanonkommentars und seines Sentenzenkommentars
durch Wendelin Steinbach.

Bisher galt Biel als getreuer Nachahmer Wilhelms von
Okham, des geistigen Vaters des Nominalismus, der via moderna.
der ein Antipode des Thomas von Aquin war. Die biographischen
Angaben dieser Textausgabe lassen eine neue wissenschaftliche
Stellung Biels erstehen. Biel wird in größte Nähe zu
Thomas von Aquin, Alexander von Haies und Skotus gerückt.
Bisher konnte Biel in seiner Rechtfertigungslehre, in der Abendmahlslehre
, in seiner Gottesanschauung und seiner Metaphysik
als wissenschaftlicher Gegner des Aquinaten gesehen werden,
während in der Gebetslehre, den Sermones und einzelnen Partien
der Meßkanonauslegung eine teilweise Abhängigkeit von
Thomas von Aquin zugestanden werden muß. Da Biel seine
großen Werke als Collektorien (Sammlungen theologischen
Materials) bezeichnet, so dürfte erst in Spezialuntersuchungen
die wissenschaftliche Eigenart und -leistung geklärt werden
können. Dazu dürfte diese Textausgabe erhebliche Hilfen bieten,
da dem Interessenten langfristige Vorarbeiten erspart bleiben.
Wenn auch das logische Denkschema des Nominalisten in den
Einwänden, Bemerkungen, Begründungen, Definitionen und Antworten
u. E. drucktechnisch zu kurz kommt und das Textverständnis
erschwert, so wird wohl ein Anhang zum Gesamttext
für das Verständnis einschlägiger Begriffe und für das Auffinden
wichtiger Abhandlungen zu erwarten sein.

Dieser wissenschaftlich exakten Textausgabe — weitere
Bände des Gesamtwerkes sollen in Kürze folgen — gebührt
große Anerkennung.

Marburg/Lahn Rudolf Da m e ra u

Begrich, Martin: Des Genfer Theologiestudenten Jean de Lery
Prakticum in Brasilien 1 557/58 (Die evangelische Diaspora 35, 1965
S.. 195—207).

Blaser, Emil: Geschichte der Evangelischen Gemeinde von Bergamo

(Zwingliana 12, 1964 S. 137—158).
B 6 n i s, György: Die Entwicklung der geistlichen Gerichtsbarkeit in

Ungarn vor 1526 (ZSavRG 55, 1963 S. 174—23 5).
Dankbaar, W. F.: Het doctorenambt bij Calvijn (NThT 19, 1964

S. 135—165).

Doerne, Martin: Luthers Kirchenverständnis (Fragen zur Kirchenreform
. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1964 S. 10—41).

E b e I i n g, Gerhard: Luthers Reden von Gott (Der Gottesgedankc
im Abendland, hrsg. von Albert Schaefer, Stuttgart: Kohlhammer
1964).

Guggisberg, Kurt: Jeremias Gotthelf und die Reformation (Zwingliana
12, 1964 S. 81—92).

Haas, Martin: Zwingli und der Erste Kappelerkrieg (Zwingliana 12,
1964 S. 93—136).

Honselmann, Klemens: Die Veröffentlichung der Ablaßthesen
Martin Luthers 1517 (ThGl 55, 1965 S. 1—23).

Kantzenbach, Friedrich Wilhelm: Der Beitrag des Johannes Brenz
zur Toleranzidee (ThZ 21, 1965 S. 38—64).

Meyer-Roscher, Walter: Das Amt bei Luther und in den Bekenntnisschriften
(PB1 104, 1964 S. 675—683).

Müller, Gotthold: Ein steirischer Landeshauptmann als Gründer der
ersten evangelischen Bibelanstalt. Zum 400. Todestag von Hans
Ungnad, Freiherr von Sonneck und Weißenwolf am 27. Dezember
1964 (Die evangelische Diaspora 35, 1965 S. 208—215).