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1965

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Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

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523

Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 7

524

Mo ss, H. St. L. B.: The Birth of the Middle Ages 395—814. Reprint.
London: Oxford University Press [1963]. XVI, 291 S. m. 10 Ktn.-
Skizzen, 8 Taf. 8° = Oxford Paperbacks, 60. 7 s. 6 d.

An die durch Franz Altheims Forschungen transparent gewordene
Zeit der ausgehenden Antike schließt die hier behandelte
Periode an. Moss' Ausbeute ergänzt diejenige, die wir Altheim
verdanken; erst in der Zusammenschau (die Verf. unterläßt
) wird die Zeit als Übergangszeit plastisch. Verf. setzt mit
Theodosius I ein. Zwar liegt die Zäsur in gewissem Sinne bereits
bei Konstantin; doch führte er — recht gewogen — erst die Emanzipation
des Christentums, noch nicht das Abdanken heidnischen
Denkens herauf. Letzteres blieb Theodosius vorbehalten. Von da
aus wird nun in vorwiegend populärer Diktion und ohne Apparat
die späte römische Welt, dann das Barbarentum, Ostrom, der
Islam und der (den Konstantinismus endgültig prägende) Karolingismus
entrollt. Für die Theologie hat dieses Werk wohl nur
die Funktion einer Hilfswissenschaft oder eines Grenzgebietes.
Das wird an vielen Einzelheiten spürbar. Daß sich Leo II. dem
Urteil der sechsten (trullanischen) Synode angeschlossen hat und
einen Lehrbrief Honorius' I. für häretisch erklärte, ist zur Erfassung
des Selbstverständnisses des Papsttums zu jener Zeit
zum Beispiel äußerst aufschlußreich. In einer Zeit, in der das
nachpiussche Papsttum sich gezwungen sieht, sich neu zur In-
fallibilitätsfrage einzustellen, wären solche Hinweise (die kein
Theologe unterlassen hätte) hilfreich. Indes, — sie fehlen. Die
Würdigung des Islams — an sich gut gelungen — entbehrt auch
gleichsam einer „dritten Dimension", nämlich der Betrachtung
durch die „Brille" des ihm gegenüberstehenden frühmittelalterlichen
Christentums. Auch kommt wohl nicht genügend heraus,
daß der Islam im Gegensatz zu den teils isolierten, teils planvoll
rodenden Klosterstätten ausgesprochene Stadtkultur ist.

Bad Tölz — Oberfisdibadi Cornelius Frhr. von Hey 1

Barnard, L. W.: Origin's Christology and Esdiatology (Anglican

Theological Review 46, 1964 S. 314—319).
Brox, Norbert: Charisma veritatis certum (Zu Irenaus adv. haer. IV

26,2) (ZKG 75, 1964 S. 327—331).
H a a r 1 e m, A. van: De kerk in de brieven van Ignatius van Anti-

ochie (NThT 19, 1964 S. 112—134).
H i n d 1 e y, ]. C: Ammonios Sakkas. His Name and Origin (ZKG 7 5,

1964 S. 332—336).
Müller, C. Detlef G.: Die koptische Kirche zwischen Chalkedon und

dem Arabereinmarsch (ZKG 75, 1964 S. 271—308).
Mundle, Wilhelm: Die Furcht Gottes in der alten Christenheil

(Lutherischer Rundblick 13, 1965 S. 23—30).
Tetz, Martin: Zur Theologie des Markell von Ankyra I. Eine Mar-

kellinische Schrift „De incarnatione et conta Arianos" (ZKG 75.

1964 S. 217—270).

KIRCHEN GESCHICHTE: REFORMATIONSZEIT

Hershberger, Guy F.: Das Täufertum. Erbe und Verpflichtung.
Deutsch v. E. Hafermann. Stuttgart: Evang. Verlagswerk [1963].
332 S. 8°. Lw. DM 28.50.

Der von Guy F. Hershberger verdienstvollerweise herausge-
gegebene, von Eggo Hafermann in das Deutsche übersetzte Sammelband
will, seinem englischen Titel „The Recovery of the
Anabaptist Vision" entsprechend, die täuferische Schau des
Christentums neu entdecken und aus ihr das „täuferische Leitbild
" entfalten. Originalbeiträge namhafter Gelehrter vermitteln
einen lebendigen Eindruck in das moderne täuferische Selbstverständnis
. Freilich haben sich auch Überschneidungen und Wiederholungen
, ja unausgeglichene Gegensätzlichkeiten nicht gänzlich
vermeiden lassen. Dennoch ist diese Selbstdarstellung des Täufer-
tums gerade wegen der Eigenständigkeiten der Einzeldarstellungen
von unvergleichlichem Reiz!

Während die ersten Beiträge von Guy F. Hershberger und
Ernst H. Correll in die Geschichtsforschung des Täufertums einführen
, zieht Harold S. Bender eine klare Trennungslinie
„zwischen dem ursprünglichen evangelischen und konstruktiven
Täufertrum einerseits, das seinen Ursprung im Zwinglianismus des
Jahres 1525 in Zürich hat und 1530—33 in den Niederlanden
aufgekommen ist, sowie den verschiedenen mystischen, spriritua-
listischen, revolutionären oder gar antinomistischen Gruppen

andererseits". Das täuferische Gemeindeverständnis beruhe auf
dem Gedanken der „Nonkonformität des Christen mit der weltlichen
Lebensweise" und verwirkliche sich, von den Hutterischen
Brüdern bis zur radikalen christlichen Gütergemeinschaft gesteigert
, im völligen Verzicht auf Kriegsdienst, Gewaltanwendung
und Töten. Auf die Frage nach dem geschichtlichen Verhältnis
von Täufertum und Protestantismus gibt Fritz Blanke die Antwort
: „Das Täufertum — die erste protestantische Freikirche! —
entstand auf dem Boden der Reformation". Beiträge von N. van
der Zijpp über die frühen holländischen Täufer sowie von Robert
Friedmann über die Hutterischen Brüder und die Gütergemeinschaft
runden die historischen Untersuchungen ab.

Weitere Aufsätze sind Fragen der täuferischen Lehre gewidmet
. So zeigt z. B. Robert Friedmann, wie sich aus der „implizierten
Synoptiker-Theologie" der Täufer eine dualistische Lehre
vom Reiche Gottes entwickelte. Franklin H. Littell weist darauf
hin, daß das Täufertum durch seinen Gemeindebegriff vor dem
den großkirchlichen Protestantismus immer stärker bestimmenden
Individualismus bewahrt blieb. J. Lawrence Burkholder leitet aus
der täuferischen Auffassung von der Nachfolge Christi die Ausbildung
einer Theologie des Märtyrertums her. Der Biblizismus
der Täufer ist nach John C. Weniger durch ihre Lehre vom Supremat
des neuen Testaments gegenüber dem nur vorbereitenden
alten Testament bestimmt. Während Robert Kreider die Täufer
als Advokaten der Trennung von Kirche und Staat schildert, läßt
J. Winfield Fretz die ökumenische Ethik des Täufertums in dem
Bruderschaftsgedanken verwurzelt sein.

Abhandlungen von John S. Oyer über die Reformatoren als
Gegner der täuferischen Theologie und von Cornelius Krahn
über das Täufertum und die niederländische Kultur berühren die
geschichtlichen Ausstrahlungen des Täufertums. Den deutschen
Leser wird besonders der Beitrag von Ernst Crous über die deutschen
Mennoniten zwischen Pietismus und Rationalismus anziehen
. Beiträge zu praktischen Themen wie dem Verhältnis des
Täufertums zu Mission und Diakonie, der Nachfolge im Ersatzdienst
sowie Täufertum und Kolonisation tragen neben einer
Spezialuntersuchung über die Täufer des 16. Jahrhunderts in der
Literatur zur Ergänzung bei.

Darlegungen von Don E. Smucker über Walter Rauschenbusch
und die täuferische Geschichtsschreibung, von Ernest A. Payne
über die täuferische Wirkung auf das westliche Christentum und
von Roland H. Bainton über den täuferischen Beitrag zur Geschichte
greifen nochmals die Frage des täuferischen Geschichtsverständnisses
auf. In dem Auftrag, Kirche nicht als institutionell
verfaßte, sondern als spirituell gelebte Wirklichkeit zu verstehen,
erblickt Paul Peachey abschließend den eigentlichen Sinn einer
gegenwärtigen Wiedergewinnung des täuferischen Leitbildes.

Marburg/Lahn Winfried Zeller

Calvin, Johannes: Sermons sur Ie Livre d'Esaie. Chapitres 13—29.
Publies par Georges A. Barrois. Lfg. 5—7. Neukirchen/Moers: Neu-
kirchener Verlag des Erziehungsvereins 1961—64. S. 293—532. 4° =
Supplementa Calviniana. Sermons inedits. Iussu Corporis Presbyte-
rianorum Universalis (World Presbyterian Alliance) moderante J. I.
McCord, ed. E. Mülhaupt, Vol. II: Sermones de libro Isaiae, cap.
13—29. Ad fidem librorum Genavensium ed. G. A. Barrois. Je DM 9.—.

Die ersten vier Lieferungen der von G. A. Barrois betreuten
Jesajapredigten Calvins waren von Jan Weerda in ThLZ 8 8
(1963), Sp. 435 ff. angezeigt worden. Nach dem Tode des Rezensenten
hat der Unterzeichnete die weitere Berichterstattung über
das Editionsunternehmen übernommen.

Die drei vorliegenden Lieferungen mögen ein Zeichen dafür
sein, daß die Herausgabe der in Genf noch vorhandenen und im
Corpus Reformatorum nicht enthaltenen Predigten des Reformators
nun zügiger als bisher vorangehe. Selbst wenn vielleicht
keine neuen Thesen zur Theologie Calvins aus den in
absehbarer Zeit vorzulegenden Predigten entwickelt werden, so
ermöglicht doch das großangelegte Ersteditionsunternehmen mit
seinem internationalen Herausgeberkreis auf jeden Fall eine
vertiefte Kenntnis kontinuierlicher Predigtarbeit Calvins mit
einer Fülle von exegetisch-homiletischen Details.

Unerläßlich Wichtiges zur Überlieferung, zum Bestand und