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Ausgabe:

1965

Spalte:

463-464

Kategorie:

Kirchenrecht

Autor/Hrsg.:

Leisching, Peter

Titel/Untertitel:

Die Bischofskonferenz 1965

Rezensent:

Liermann, Hans

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 6

464

der Liturgie zu heben. Da (4.) zur Teilnahme auch Handeln
nötig ist, werden Wege zu aktiver Teilnahme an der Sonntags-
messe gezeigt, eine geduldige, schrittweise, nüchterne, überlegte
Erziehung in dieser Hinsicht verlangt und auf die für die Beteiligung
der Gläubigen an der Liturgie maßgebende Rolle der
Pfarrgruppen und der Meßdiener eingegangen.

Der Abschluß will darlegen, wie die Liturgie voll und ganz
den geistigen Ansprüchen des modernen Menschen entspreche.
Gegenüber dem Einwand, der moderne Mensch brauche das Gebet
nicht mehr, weil er sein Leben und seine Kultur auf das
eigene Können begründe, wird dargelegt, inwiefern der Mensch
auch heute das Gebet brauche: „In keiner Situation offenbart
sich das menschliche Leben in solcher Fülle, in solcher Kraft,
in solcher Reinheit, in solcher Güte wie im Gebet. Und das
hervorragendste Gebet nach seiner Autorität, nach seiner Form,
nach seiner Geschichte ist die Liturgie. Sie ist das mächtigste
Gebet, denn sie enthält nicht nur das Flehen des menschlichen
Beters, «ondern die wirkende Gegenwart Gottes. Es ist das
einzige unersetzliche, das einzig verpflichtende Gebet". Darum
gibt der Erzbischof Jungmann recht, wenn dieser feststellt:
„Die lebendig gefeierte Liturgie ist jahrhundertelang die Hauptform
der Seelsorge gewesen". Zu dem scheinbaren Gegensatz
cwischen der modernen Arbeitswelt und der Spiritualität des
Gebete«, insbesondere der Liturgie, stellt der jetzige Papst
fest: „Wer sich der Seele des Arbeiters nähert, wird noch die
Fortdauer entscheidender geistiger Haltungen feststellen, die zu
echtestem religiösen Ausdruck und zu durchaus menschlicher
Übereinstimmung mit der heiligen Sprache befähigen." „Das
Herz des Arbeiters ist vielleicht mehr als jedes andere ein
menschliches Herz in seinem Mühen, in seinem Gehorchen, in
seinem Hoffen; das sind die Saiten, die unser menschlich-göttliches
Gebet in vollen Tönen erklingen lassen kann, in denen
Wahrheit, Menschlichkeit und starkes, ursprüngliches Christentum
erklingt". Es gilt demgemäß zu zeigen, „daß die Feier des
liturgischen Gottesdienstes nicht vom Leben der Welt abgewandt
ist, sondern von dort herkommt.. . und sich dann im
Leben mit selbstverständlicher Konsequenz fortsetzt". Zuletzt
wird Maria als Führerin zur Liturgie und zu Christus (!) gerühmt
.

Wenn wir uns daran erinnern lassen, daß Papst Paul VI.
als Erzbischof einer Diözese von fast 4 Millionen Katholiken
jene große, mit ganz neuartigen Methoden gehaltene Mission
in Mailand 1958 ausgerechnet mit dieser Mahnung zur Erziehung
zur Liturgie glaubte abschließen zu sollen, dann wird das
manchen Verächter der Liturgie nachdenklich machen. Dieser
Fastenhirtenbrief ist es wert, nicht nur mit der Frage gelesen
zu werden, welche Gedanken und Ziele den neuen Papst in
liturgischer Hinsicht bewegen mögen; er sollte gerade auch
liturgiefremde evangelische Theologen zu einer hörbereiten
Auseinandersetzung mit der hier bezeugten Sicht der Liturgie
führen.

Greifswald William Nagel

Krause, Gerhard: Die Sintflut... in der Musik (DtPfrBl 64, 1964
S. 688—690).

Pursch, Kurt: Die Liturgiereform des zweiten Vatikanischen Konzils
(IKZ 54, 1964 S. 152—187).

KIRCHENRECHT

Leisching, Peter: Die Bischofskonferenz, Beiträge zu ihrer Rechtsgeschichte
, mit besonderer Berücksichtigung ihrer Entwicklung in
Österreich. Wien-München: Herold 1963. 284 S. 4° = Wiener rechtsgeschichtliche
Arbeiten, begründet von R. Köstler, H. Kreller u.
W. M. Plöchl, hrsg. v. S. Bolla-Kotek, H. Lentze u. W. M. Plöchl in
Verbind, m. d. Inst. f. europäische Rechtsgeschichte d. Rechts- und
staatswiss. Fakultät der Universität Wien, VII. DM 31.50.

Die aus der Wiener kirchenrechtsgeschichtlichen Schule von
Willibald M. Plöchl hervorgegangene gründliche und aufschlußreiche
Abhandlung stellt sich zunächst, äußerlich betrachtet,
als eine Spezialarbeit auf dem Gebiet des kanonischen Rechts
und des österreichischen Staatskirchenrechts dar. Sie untersucht
, wie es zu der Bestimmung des Canon 292 im Codex Juris

Canonici von 1917 gekommen ist. Canon 292 bestimmt, daß
sich die Bischöfe einer Kirchenprovinz wenigstens alle fünf Jahre
bei dem Metropoliten zu Beratungen über kirchliche Gegenwartsfragen
in einem Provinzialkonzil versammeln sollen. Die Entstehung
dieser Rechtsnorm ist durch die gegen Ende des

18. Jahrhunderts im Alten Deutschen Reich und dann im

19. Jahrhundert in Österreich und 1848 (Würzburger Bischofskonferenz
) auch in Deutschland zusammentretenden Bischofskonferenzen
maßgebend beeinflußt worden. Jedoch haben sich
auch nach dem Inkrafttreten des Codex neben den kirchenrechtlich
vorgeschriebenen Provinzialkonzilien auf gewohnheitsrecht-
lidiem Wege Bischofskonferenzen in zahlreichen Ländern erhalten
, neu gebildet und teilweise große kirchenpolitische Bedeutung
gewonnen. Als naheliegendes Beispiel sei die Fuldaer
Konferenz der deutschen Bischöfe genannt. Sie wird jedoch von
der sich auf Österreich beschränkenden Abhandlung nicht näher
erörtert. Neben den nationalen Bischofskonferenzen gibt es
auch eine Bischofskonferenz auf übernationaler Ebene. Die
lateinamerikanische Bischofskonferenz umfaßt die Bischöfe von
27 mittel- und südamerikanischen Staaten. Kirchenrechtlich
unterscheidet sich die Bischofskonferenz von einem Konzil dadurch
, daß ihre Beschlüsse als diejenigen eines amicabilis
congressus den einzelnen teilnehmenden Bischof nicht binden.
Ihre Durchführung ist in sein Belieben gestellt.

Trotz ihres spezialisierten Inhalts ist die Abhandlung auch
für die Leser dieser Zeitschrift nicht ohne Interesse. Die Bestrebungen
des 2. Vatikanischen Konzils, welche eine Neuordnung
des Verhältnisses von Episkopat und Kurie zum Gegenstand
haben, sind von grundsätzlicher Bedeutung für das kirchliche
Leben der Gegenwart, auch über die Grenzen der katholischen
Kirche hinaus. Der geschichtliche Überblick, den das
Buch in allen Einzelheiten bietet, zeigt immer wieder, wie der
Bischof seine Stellung zwischen Staat und Kurie hat. Es gab
Zeiten, in denen der Staat die Bischofskonferenz als ein sich im
Staate bildendes „corpus ecclesiasticum" mit argwöhnischen
Augen betrachtete. Vor allem war aber die Kurie stets ängstlich
darum besorgt, daß die Bischofskonferenzen auf nationaler
Ebene sich nicht zu Nationalkonzilien auswüchsen, die den Anfang
einer von Rom gelösten Nationalkirche hätten bilden
können. Auf der Würzburger Bischofskonferenz von 1848 referierte
Döllinger über „die Nationalsynode" und über „die
deutsche Reichskirche"! Bei den Selbständigkeitsbestrebungerl
der Völker Afrikas und Asiens ist damit zu rechnen, daß auch
afrikanische und asiatische Bischofskonferenzen auf überstaatlicher
Grundlage nach dem Vorbild Lateinamerikas in Erscheinung
treten werden. Die damit verbundenen grundsätzlichen
Probleme werden immer wieder die Kirchengeschichte auch in
Zukunft bestimmen.

Auch der am evangelischen Kirchenrecht interessierte Leser
wird manches aus der Abhandlung herausholen können.
„Bischofskonferenzen" als Versammlungen führender Kirchenmänner
auf nationaler Grundlage und in der Ökumene sind
auch hier zu alltäglichen, z. T. auch bereits im positiven Kirchenrecht
verankerten Erscheinungen geworden. Hier lassen sich
einige Parallelen ziehen. — Und schließlich soll noch eine kleine
Lesefrucht aus dem Buch entnommen werden. Sie ist in einer
Zeit, in der sich die Öffnung evangelischer Kirchen außerhalb
der Zeit des Gottesdienstes allgemein durchsetzt, für den evangelischen
Leser von besonderem Interesse. Auf der Konferenz
der Bischöfe der damals noch österreichischen Lombardei von
1849 war unter vielen anderen Punkten der Beratung ein Gegenstand
der Tagesordnung auch „das Verbot des Offenhaltens
protestantischer Kirchen".

Erlangen Hans L i e r m a n n

Schmitz, Heribert, Dr.: Die Gesetzessystematik des Codex Iuris

Canonici Uber I—III. München: Hueber 1963. XXXIX, 3 55 S. gr. 8°

= Münchener Theologische Studien, hrsg. v. J. Pascher, K. Mörsdorf,
H. Tüchle, III. Kanonist. Abt., 18. Bd. DM 43.—.

Die umfangreiche und in die Einzelheiten gehende Abhandlung
ist, wie schon ihr Titel besagt, eine rein kanonistische
Arbeit, bei der das Juristisch-Technische im Vordergrund steht.