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1965

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Kirchengeschichte: Mittelalter

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 5

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die er, wie wir glauben, mehr als nur Spuren einer Antwort hätte.
Ob nicht die Frage nach der „veritas prima" als geschichtlicher
Tat Gottes in die Erörterung hineingehört hätte? Von
Christus liest man im I.Teil des Buches kaum etwas! Und dürfte
die Frage nach dem Glauben als einem radikalen Akt der Hinkehr
zu dem bekehrenden Gott, als Selbstübergabe der Person,
vor der Betrachtung des Glaubens in der Ausgliederung und
dem Zusammenspiel der Vermögen des menschlichen Aktionsorganismus
, so ausgeklammert werden, wie das bei D. geschieht?
D. hält vom heutigen personalistischen Ansatz in der Glaubenstheologie
ebenso wenig wie vom intellektualistischen des
17. Jhdt.s (231 f.). Das Problem der Personalität des Glaubensaktes
scheint ihm mit dem von Thomas in schöner Ausgewogenheit
beschriebenen Zusammenspiel der Verstandes- und Willenspotenz
hinreichend beachtet. Doch dürfte ja gerade dies die entscheidende
Frage sein, ob man den personalen Charakter des
Glaubensaktes nur als Ertrag des Zusammenspiels der Potenzen
und daher als dem Glauben nachträglich und akzidentell ansehen
darf. Die Selbstverständlichkeit jedenfalls, mit der D. formulieren
kann (S. 202 f.), der Glaube a n s i c h sei nicht der Totalakt der
Person, er sei dies vielmehr erst in Verbindung mitder
Liebe, ist etwa mit Blick auf Sachlage und Sprechweise in der
Schrift verblüffend. Dabei ist es noch die Frage, ob man schon
mit Bezug auf Thomas selbst die Lehre von der „fides formata",
die hier im Hintergrund steht, so ausdrücken darf. D. kennt das
treffliche Büchlein von J. M o u r o u x, Je crois en Toi (deutsch:
Ich glaube an Dich, Einsiedeln 1951) und hat es benutzt. Vielleicht
wäre ein entschiedeneres Anknüpfen an die dort entfalteten
neuen Perspektiven zur thomanischen Glaubenstheologie seiner
eigenen Darstellung förderlich gewesen.

Diese Anmerkungen sollen den Wert der gründlichen Untersuchung
nicht herabsetzen, die gewiß zum Besten gehört, was in
der Literatur zum Thema heute zur Verfügung steht. Sie möchten
höchstens zu bedenken geben, ob nicht — jedenfalls für Thomas -
die Frage nach einer „Psychologie" des Glaubens grundsätzlich
etwas zu kurzatmig gestellt ist, ob sich also nicht unrechte
Akzentsetzungen einstellen müssen, wenn man den Traktat „de
fide" aus dem Zusammenhang der Gesamtsynthese und ihrer
theologischen wie methodologischen Leitgedanken herauslöst,
um isoliert die Bedingungen des intellektuellen Zustimmungsaktes
zu studieren: Alles, was D. zur Sprache bringt, bleibt
richtig, und doch müßte mit Blick auf die Denkbewegung im
ganzen bis hin zu deren Konkretisierung im Aufbauplan der
Summa manches vielleicht etwas anders gesagt werden, als D.
es tut.

Der vorwiegend katholische Leserkreis, an den die Arbeit
sich wendet, bringt es mit sich, daß kontroverstheologische Fragen
nicht gestellt werden. Sie drängen sich aber von der sauberen
Befunderhebung D.s her geradezu auf: In Stichworten: Die Verbindung
von Predigt und selbstmächtig-überzeugungskräftigem
„testimonium Dei" (31—37); Glaube als Gnadenwerk Gottes in
uns (39—44; 154—178); Geschichtlichkeit der Vermittlung der
Botschaft (119—121); Trennbarkeit von „fides discursiva" und
Heilsglaube („historischer" und rechtfertigender Glaube!?) (129
—132); Glaube als Totalakt (200—205), u.a.

Druckfehler: S. 85, Überschrift: III. Sent., q. 2, a. 2 muß heißen:
III. Sent., d. 23, q. 2, a. 2. — S. 92, Z. 6: ..matieres" muß heißen:
„manicres". — S. 104, Z. 1 f.: „psycho logique": fehlt Trennungsstrich.
— S. 129, Z. 7: „ledit" muß heißen: „le dit". — S. 217, Z. 4: „XVIIe"
muß heißen: „XIIe"

München Otto M. Pesch

Claude, Dietrich: Die Bestellung der Bischöfe im merowingischen

Reiche (ZSavRG 55, 1963 S. 1—75).
Heinzmann, Richard, Dr. theol.: Die „Compilatio quaestionum

theologiae secundum Magistrum Martinum". München: Hueber 1964.

44 S. gr. 8° = Mitteilungen d. Grabmann-Instituts d. Univ. München,

hrsg. v. M. Schmaus u. W. Dettloff, 9. DM 8.80.
H e 11 i n g e r, Walter: Die Pfarrervisitation nach Regino von Prüm

(Zweiter Teil und Schluß) (ZSavRG 55, 1963 S. 76-137).
L a j e, E.: Justicia, satisfaccion, y misericordia: su relacion en el pen-

samiento de Santo Tomas de Aquino (Ciencia y Fe 20, 1964 S. 85

-92).

L a j e, E.: La voluntad del Padre en la soteriologia de Santo Tomas

de Aquino (Ciencia y Fe 20, 1964 S. 3—33).
Menne, Agape: Das Kloster der heiligen Hildegard zu Eibingen (Erbe

und Auftrag 40, 1964 S. 472—481).
M o 1 n ä r, Amadeo: Cola di Rienzo, Petrarca e le origini della riform.i

hussita (Protestantesimo 19, 1964 S. 214—223).
O b e r m a n, Heiko A.: Das tridentinische Rechtfertigungsdekret im

Lichte spätmittelalterlicher Theologie (ZThK 61, 1964 S. 251—282).
Pf äff, Volkert: Die Gesta Innocenz'III. und das Testament Heinrichs
VI. (ZSavRG 81, 1964 S. 78—126).
S a b i s c h, Alfred: Drei angebliche Breslauer Diözesansynoden des

15.Jh.s (ZSavRG 81, 1964 S. 272—278).
Strnad, Alfred: Aus der Frühzeit des nationalen Protektorates der

Kardinäle (ZSavRG 81, 1964 S. 264—271).

KIRCHEN- UND KONFESSIONSKUNDE

Mein hold, Peter: Ökumenische Kirchenkunde. Lebensformen der
Christenheit heute. Stuttgart: Kreuz-Verlag [1962]. 652 S. gr. 8°.
Lw. DM 24.—.

Die ökumenische Kirchenkunde ist nach M. „diejenige
Disziplin, welche das gegenwärtige Leben der Christenheit, wie
es sich in den verschiedenen Kirchen und Gemeinschaften darstellt
, unter dem ökumenischen Gesichtspunkt zu schildern
und zu beurteilen hat" (17). Sie tritt an die Stelle der
Konfessionskunde oder Symbolik. Anders als diese ist sie
nicht „eine nur deskriptive Wissenschaft", sondern 6ie „stellt
das die Kirchen Einende und Trennende heraus und will eben
damit dem eigentlichen, ihr aufgegebenen Ziele näher führen,
die Voraussetzungen für die Verständigung der Kirchen und
für die Wiedergewinnung der verlorengegangenen Einheit zu
schaffen" (21). M. teilt den umfangreichen Stoff in zehn Kapitel
: I. Grundfragen der Ökumenischen Kirchenkunde — II. Die
orthodoxe morgenländische Kirche — III. Die römisch-katholische
Kirche — IV. Die evangelisch-lutherische Kirche — V. Die
nach Gottes Wort reformierte Kirche — VI. Die Anglikanische
Kirchengemeinschaft — VII. Die altkatholische Kirche — VIII.
Freikirchen und Verbände von Gemeinden — IX. Missions- und
Unionskirchen — X. Gemeinschaften, Bewegungen, Sekten. Die
Einleitung (15—38) behandelt Aufgabe und Geschichte der
ökumenischen Kirchenkunde (Konfessionskunde, Symbolik), der
Schluß (618—625) die gegenseitige Verpflichtung der getrennten
Kirchen. Wie man sieht, liegt das Schwergewicht durchaus
dort, wo es auch bisher bei der Konfessionskunde lag. Die
ökumenische Bewegung bekommt unter Grundfragen (I) einen
Abschnitt (54—77), also im ganzen doch einen sehr geringen
Raum. Auch kann man nicht sagen, daß der deskriptive Zug,
den die Konfessionskunde hat, fehlt oder auch nur zurücktritt.
Es ist nun einmal von der Sache her geboten, bei der Darstellung
der christlichen Kirchen und Gemeinschaften deskriptiv
vorzugehen, wenn dabei natürlich auch der eigene Standpunkt,
wie es aber von je her geschehen ist, vertreten werden muß.
Eine „nur" deskriptive Wissenschaft war die Symbolik (Konfessionskunde
) nie, und das die Kirchen Einende und Trennende
herauszustellen, gehörte auch zu ihren Aufgaben. Man
kann also bezweifeln, ob die Sache so neu ist, daß eine neue
Bezeichnung nötig war. Damit soll aber nichts gegen M.s Unternehmen
als solches gesagt sein. Vielmehr ist das von ihm behandelte
Thema heute so aktuell und so stark im Fluß, daß es
nicht verwunderlich ist, wenn es immer neu und von verschiedenen
Seiten behandelt wird. Das Bedürfnis nach sachkundiger
Information, auch neuester Information, ist bei der heutigen
Weltlage und bei dem durch sie bedingten engen Zusammenleben
von Christen verschiedener Konfession sehr groß. M.
bietet mit seinem gut orientierenden und flüssig geschriebenen
Werk, das den neuesten Stand der Forschung verarbeitet, Theologen
und interessierten Nichttheologen ein wertvolles Hilfsmittel
in allen einschlägigen Fragen.

Im einzelnen bleiben natürlich manche kritische Bedenken.
Der Satz: „So ergibt sich die Konfessionskunde als
eine besondere theologische Disziplin in der
Aufklärung" (31) ist, was das Wort „Konfessionskunde" betrifft
, anachronistisch. Die Aufklärung kannte unseren Konfessionsbegriff
noch nicht, sondern sprach von Kirchenparteien,