Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1965

Spalte:

354-355

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Hartman, Lars

Titel/Untertitel:

Testimonium linguae 1965

Rezensent:

Moule, C. F. D.

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

353

Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 5

354

geschichtlicher Linie) auf. — Das Corpus des Bandes iet den Themen
,,Moses im Judentum" (59—181) und „Moses im Neuen Testament"
(183—264) gewidmet.

Unter der Überschrift ,,Die Gestalt des Moses an der Wende der
beiden Testamente" (61—93) behandelt Geza Vennes das hellenistische
Judentum (einschließlich z. B. des Artapanos, mit kommentierter Übersetzung
von Euseb praep. ev. 9,29 [67—72]), dessen Darstellung des
Moses er apologetisch bestimmt sieht; sodann die palästinischen Apokryphen
(Pscudepigraphcn, einschließlich der Texte von Qumran) —
hier wird eingehend von dem „neuen Moses" gesprochen (79—86), als
den V. auch den „Lehrer der Gerechtigkeit" verstanden sehen will —;
schließlich kurz Josephus und etwas ausführlicher Pseudo-Philon, die
nach V. besonders die „targumischc Exegese" verwerten (87); weitgehend
gilt die Abhängigkeit von der „jüdischen Katechese" auch für
die vorher behandelte Literatur (92). — „Das Leben des Moses bei
Philo", d. h. speziell dessen vit. Mos., charakterisiert Bernhard Botte
(173—181), im ganzen kritisch; zu Moses bei Philon wäre wohl noch
einiges mehr zu sagen. — Zwischen beiden Beiträgen steht der umfänglichste
des Werkes: Renee Bloch, „Die Gestalt des Moses in der
rabbinischen Tradition" (95—171). Der Darstellung sind nützliche
Bemerkungen über die angewandte Methode und die verwendeten
Quellen — in erster Linie Targume und Midraschim — vorangestellt.
In einem ersten Abschnitt wird als Beispiel aus dem umfänglichen
Material zur vita Moses' vorgeführt, was die haggadische Tradition
über seine Geburt zu sagen weiß. Der zweite, „Moses in der Geschichte
Israels", zeigt ihn als den Mittler, den Demütigen (Num.
12,3), den, der nur Gottes Werkzeug ist, den Fürbitter, den, der
sühnend für sein Volk leidet, den treuen Hirten und hebt die
Wertung der Offenbarung der Thora an Israel in der rabbinischen
Literatur hervor. Der Abschnitt macht in besonderer Weise deren
Frömmigkeit sichtbar — auch dadurch, daß er in ausführlichen Zitaten
(wie der vorangehende) übersetzte Texte einfügt. Ein dritter Abschnitt
nimmt das Thema „Moses als Vorbild des Messias" auf, das
noch nicht in der sonst im AT wichtigen Exodus-Typologie (153—1 56)
begegnet, wohl aber in gewisser Weise in den Liedern vom Ebed Jahwe
und vor allem in der rabbinischen Literatur sowie im NT.

Im dritten Teil äußert sich vorerst Albert Descamps knapp über
„Moses in den Evangelien und in der apostolischen Tradition" (ohne
Paulus; 18 5—203); er fragt zunächst nach Jesu Stellung zur Thora
sowie nach seinem möglichen Verständnis Moses' als Propheten des
Messias und als einer „messiasähnlichen Gestalt" und erhebt dann
zum letzten Genaueres für die apostolische Tradition. — Eingehend
handelt Paul Demann über „Moses und das Gesetz bei Paulus" (205
—264). Zunächst macht er deutlich, daß Paulus in einer „Gegenüberstellung
christlicher und jüdischer Traditionen über Moses, wie sie im
vorliegenden Band versucht wird", „die Schlüsselstellung . . . zukommt"
(206). Nach einer Besprechung von 1. Kor. 10, 1 —11; 2. Kor. 3,7—18
und einiger kürzerer Erwähnungen Moses' zeigt uns D. „Das Werk des
Moses in der paulinischen Sicht der Heilsgeschichte" (21 5—232), wobei
er tatsächlich die Rolle des Gesetzes in dieser — übrigens ausgezeichnet
— darstellt; Paulus' Auffassung darüber ist (so betont D.
am Ende in Auseinandersetzung mit Schocps und W. D. Davies) im
Judentum in keiner Weise vorbereitet. In Abschnitt III, „Das Gesetz
bei Paulus", bekräftigt D. für Paulus die Deutung des Begriffes
tmflijx)) als „Verfügung" (nicht „Bund") und begründet seinen polemischen
Gebrauch des Begriffes „Gesetz"; er bezeichnet überwiegend
..die im Pentateuch enthaltene Thora des Moses und ihre traditionelle
Auslegung, vor allem als Lebensregel und als Weg betrachtet, auf dem
man zur Gerechtigkeit gelangt" (238; Kursive: Dem.). Die Überschrift
„Christus und das Gesetz" (239—262) bezeichnet zunächst ein antithetisches
Verhältnis: die Antithese ist grundsätzlich, nicht in einer
Fehlentwicklung des zeitgenössischen Judentums begründet (241 f.:;
vgl. auch 247 f.). Aber Paulus ist kein Antinomist: „Das Gesetz ist
gut"; „es führt... zu Christus" (253); „in Christus kommt da6 Gesetz
an sein Ziel" (254). An die Stelle des Gesetzes als Zentrum der
Paulinischen Existenz tritt Christus.

In einem längeren Epilog (Teil IV) begegnet uns schließlich
„Moses in der christlichen Tradition" (265—330), zuerst in der syrischen
, bei Aphraates, bei Ephram, in der „Überlieferung der Griechen"

— dazu hat Raymond M. Tonneau1 besonders zahlreiche, sonst z. T.
kaum zugängliche Texte übersetzt —; sodann bei Gregor von Nyssa,
In erbaulich-allegorischer und in typologischer Exegese (Moses als
Gegenbild Christi), die Jean Danielou in ihren großen Zusammenhang

— mit den Kirchenvätern, aber auch etwa mit Philon — hineinstellt;

') Zu T. 279 ist anzumerken: außer gelegentlichen Erwähnungen
bezieht sich Isaak von Antiochien (ed. Gustav Bickell [sie] 1 [1873],
II [1877]) auf Mose in 8, 1440—1456 (Stichwort: Glaube); 13, 130—149
(Fasten). 479—483; 32,157—175 (Gegenüberstellung zu Bileam). 664
—687 (Glanz des Angesichts); 36,16—37 (Ex. 2, 3.7—9). Auf Ereignisse
des Wüstenzuges wird mehrfach Bezug genommen, ohne Moses
zu nennen, z.B. 37,1097—1117 (wunderbare Ernährung).

schließlich bei den lateinischen Vätern: hier zeigt ihn Auguste Luneak
vor allem als politischen und religiösen Führer des Volkes, als Mittle?
und als Freund Gottes, als Vorläufer und Vorbild Christi.

Einen Überblick zu geben über einen so weitgespannten
Bereich wie die Deutung von Gestalt und Werk Moses' in AT,
Judentum, NT und alter Kirche ist ein ebenso reizvolles wie
schwieriges Unternehmen. Das vorliegende Werk zeigt beispielhaft
, wie eine solche umfassende Aufgabe gelöst werden kann
durch ein Zusammenwirken von Forschern, die jeweils in ihrem
Bereich wirklich sachkundig sind. In unserem Band kommt es
dabei zu einem eindrücklichen Zusammenklang des Erarbeiteten
; dadurch, daß gelegentliche Besonderheiten in der Sicht der
Daten nicht wegretuschiert sind, ergänzen sich die Darstellungen
. Eindrücklich ist es für den Leser auch, in der Zusammenschau
die mannigfachen Verbindungslinien in der Moses-Deutung
der Alten zu entdecken (gelgentlich wird er auf sie hingewiesen
), wie sie sich zumal zwischen Judentum und Kirchenvätern
ergeben; in der Darstellung selbst werden ebenso die
Unterschiede sichtbar, nicht nur — wenn auch besonders — für
Paulus. Die Begrenzung des überreichen Stoffes ermöglicht dem
Leser den Überblick über das Ganze, wenn man auch gerade die
in umfassender Kenntnis des Stoffes auswählende Zusammenstellung
des Materials zumal aus den schwerer zugänglichen
Quellen nicht missen möchte. Dasselbe gilt allerdings von den
Beiträgen, die mehr zusammenfassend große Linien ziehen, die
ihrerseits erst recht eine überlegene Sachkenntnis voraussetzen.

Daß das wissenschaftlich fundierte, auch mit Belegen, Hinweisen
auf Literatur usw. versehene Werk durch die Übersetzung einem größeren
Kreis zugänglich gemacht wurde, ist Fridolin Stier und Eleonore
Beck, die „für die deutsche Ausgabe zeichnen" (4), zu danken (nur bei
dem Beitrag von R. Bloch wird K. Hruby als Übersetzer angegeben).
Die Übersetzung liest sich gut (kleine Anstöße sollen hier nicht aufgeführt
werden), wie sichtlich schon das Original lebendig geschrieben
ist.

Halle (Saale) Gerhard Delling

Hartman, Lars: Testimonium Linguae. Participial construetions
in the Synoptic Gospels. A Linguisric Examination of Luke 21, 13.
Lund: Gleerup; Copenhagen: Munksgaard 1963. 75 S. gr. 8° =
Coniectanea Neotestamentica, hrsg. v. A. Fridrichsen u. H. Riesenfeld
, XIX. Sw. Cr. 10.-.

This book comprises two separate studies — about 50 pages
on participial construetions in the Synoptic Gospels, and a
note on a quite different question, the meaning of Lk 21, 13.

This latter (to take it first) maintains that UTioßijaejai
vfüv elg /JdQzvQiov means not, as the majority of recent
exegetes have held, that the circumstances in question will
turn out to be an opportunity for the disciples to bear
witness, but that they will count in favour of the disciples,
and against their opponents, before the throne of God at the
Last Judgment. The great weight of evidence produced by a
rigorous investigation of the words and the construetion makes
this conclusion extremely difficult to resist; and it might be
added that Phil. 1, 19,28 and 2 Thess. 1, 6 f. provide, to some
extent, corroborative parallels to the idea, even if friere is no
linguistic influence exerted by the one on the other.

In this note Hartman also conjectures that the Lucan
phrase under examination and the language in its context may
point not to editorial 'semitieizing' by Luke, but to his use of
an independent tradition; and this interesting Suggestion may
now be set alongside of the Statistical survey of participial
construetions, which forms the bulk of the book; for this, too,
leads to conjectures about sources.

Hartman divides the participial construetions in the Synoptic
Gospels into three main groups — the conjunetive
participle, the genitive absolute, and the periphrastic con-
jugation. The conjunetive participle, carefully distinguished
from the attributive, is subdivided aecording to its position and
the presence or absence of adjunets. Figures are then produced
for the frequency of each construetion in each of the Synoptic
Gospels, not only as a whole but also in certain defined areas
(e. g. the parts of Mk which have parallels in Mt), and not only