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Ausgabe: | 1965 |
Kategorie: | Judaistik |
Titel/Untertitel: | Neuerscheinungen |
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Theologisdie Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 5
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druck unübersetzt zu lassen, zumal die Übersetzung „Lebensregel" doch
etwas zu einseitig ist? Es muß auch gefragt werden, ob es dem Verständnis
dient, wenn der Begriff p^ns immer mit „Bewährter" wiedergegeben
wird, wobei hinzukommt, daß in der „Worterklärung" und
den Anmerkungen keine Erläuterung dafür gegeben wird (vgl. demgegenüber
Buber-Rosenzweig, Die Schrift und ihre Verdeutschung,
1936, S. 156). Das gleiche gilt für die Wiedergabe von rTiriDn T*l
mit „Zivilrecht" (S. 67 u. ö.), zumal die Erklärung dieses Terminus
erst in A. 481 auf S. 296 erfolgt. Wenig zutreffend erscheint die durch
die Tendenz zur Vermeidung des Ausdrucks „Vergeltung" bestimmte
Übersetzung von Awot 1,7 auf S. 326.
Die Eigennamen sind, „soweit es sich um biblische Personen
handelt, nach Luthers Übersetzung geschrieben. Die anderen
Namen, etwa die Namen der Gelehrten im Talmud, werden
in möglichster Nähe ihrer Aussprache wiedergegeben"
(S. 54). Auf diese Weise wird zwar „ein richtiges Lesen ermöglicht
" (ebd.), zugleich jedoch oft ein für das Verstehen ungünstiger
Verfremdungseffekt erzielt, da auch die Namen der
talmudischen Traktate und rabbinische Titel in einer ungewohnten
Form begegnen.
Durch die Änderung der üblichen Schreibweise „Rab" in „Raw"
dürfte für einen Nichtfachmann kaum noch die Zusammengehörigkeit
dieses Titels mit „Rabbi", „Rabban" und „Rabbenu" erkennbar sein.
Auch die Wiedergabe des Buchstabens n als „Hei" (S. 81 A. 171 u. ö.)
erscheint wenig glücklich.
Diesen 5 Teilen hat M. eine ausführliche Einleitung vorangestellt
(S. 9—49), in der nach einer Begriffsbestimmung des
Wortes „Talmud" das Wesen der jüdischen Frömmigkeit als
„Orthopraxie", als Frage nach dem „rechten Lebens Vollzug"
(S. 10) definiert und dadurch zugleich die Besonderheit des durch
die Diskussionen über die Auslegung und Anwendung der Gebote
auf die jeweilige konkrete Situation, hauptsächlich auf
„Randerscheinungen und Grenzfälle" (ebd.), geprägten Talmud
verständlich gemacht wird. „Der Talmud kann in dieser Hinsicht
einem Bürgerlichen Gesetzbuch oder dem Protokoll einer Gemeinderatssitzung
verglichen werden" (ebd.). Eine Auswahl, die
ein sachgemäßes Verstehen dieses Werkes fördern will, muß
also die Vielschichtigkeit der einzelnen Traditionen berücksichtigen
, sie muß abwägen, „was Ausnahme und was Regel ist"
(S. 12). Verf. geht dann „zur Geschichte" des bT. über (S. 13
—21), dessen Wurzeln er bis in die Zeit Esras und Nehemias
reichen sieht, und redet dabei merkwürdig unkritisch von der
„Großen Versammlung" als einer „Synode", die „bei wichtigen
Entscheidungen zusammen(trat)" (S. 14). Sehr knapp und gedrängt
ist die Geschichtsdarstellung bis zum Abschluß des bT.,
an die sich ein Abschnitt über die „Kommentare" anschließt. In
den weiteren Unterteilen „Zur äußeren Form" (S. 24 f., mit der
Abbildung einer Talmudseite) und „Zur inneren Form" (S. 25
—31) werden in allgemeinverständlicher Gestalt wichtige Hinweise
gegeben auf die Dialogform, Regel und Ausnahmen,
Halacha und Aggada („beide Formen . . . ergänzen einander wie
Gebot und Evangelium", S. 27), Auslegung der Bibel („im Talmud
sind die Anfänge einer wissenschaftlichen Erforschung des
Bibeltextes zu finden", S. 28), die einzelnen Sprecher und den
Stil („Springen der Dialogik, das nachgelernt sein will, wie ja
schon der Name Talmud es besagt", S. 30). Nach der „Überlieferungsgeschichte
des Talmudischen Textes" (S. 31), einer Inhaltsangabe
der 63 Talmudtraktate (S. 31—47) und einer Darlegung
der „gegenwärtigen Bedeutung des Talmud für das
Judentum" (S. 48 f.) schließt M. 6eine Einleitung mit den „Bemerkungen
zur vorliegenden Ausgabe" (S. 50—5 5).
Die in den 5 Teilen gebotenen Talmudtexte werden durch
3048 Fußnoten und durch kurze Einführungen am Anfang jedes
Hauptabschnittes erläutert und dem Verständnis nahegebracht,
wobei diese Einführungen die starke Beeinflussung des Verf.s
von Buber (vgl. z. B. S. 57 f., 86 f., 220 f.) und den zum rechten
Begreifen des Talmud erforderlichen „guten Willen" bzw. die
„Haltung der Ehrfurcht" (S. 50) erweisen.
So wird in der Einführung zum 2. Teil nicht nur die von den
Rabbinen vorgenommene „Umformung" der Darstellung der Vergangenheit
und Gegenwart, sondern auch die nach der Tempcl-
zeretörung vollzogene Ausscheidung der nichtpharisäischen Gruppen
und ihre Charakterisierung als „Ketzer" positiv zu werten versucht.
Die zunehmende Abschließung von den Heiden -vird mit einer Idealschilderung
des Gemeindelebens („Hier sorgte einer für den anderen,
und hier bürgte einer für den anderen wie in einer großen Familie",
S. 91) begründet. Die Tatsache der in den jüdischen Diasporagemeinden
vorhanden gewesenen „missionarischen Offenheit" führt M. dazu, vom
Judentum als „ausgesprochener Missionsreligion, offen für alle Menschen
aus allen Sprachen und Völkern" (S. 92), zu sprechen. In der
Einleitung zum 3. Teil werden die Tora, die rabbinische Toraauslegung
und die Jüdische Torafrömmigkeit ausschließlich positiv gewürdigt
, wie folgende Formulierungen zeigen: „Das .Gesetzliche' war...
die schützende Schale für den weichen Kern" (S. 221). „So wurden in
Notjahren Regeln und selbst Gebote der Weisung, die von der Mehrheit
nicht mehr erfüllt werden konnten, erleichtert und aufgehoben,
um gerade dadurch das Eigentliche des Gebotes zu wahren.. . Mag
auch die halbe Welt für Juden verboten sein, so wird doch die verbleibende
Hälfte um so mehr als der Raum wahrer Freiheit geliebt . . .
Alle Gebote bewirken der Menschen Menschlichkeit" (S. 222). In der
Einleitung zum 4. Teil, in der M. die große Bedeutung des jüdischen
Hauses als des „Ortes, an dem das Leben geheiligt und verwirklicht
wird" (S. 405), herausstreicht, redet er ganz prinzipiell von der „außerordentlichen
Hochschätzung jüdischer Frauen durch ihre Männer"
(S. 407) und der „um der Menschlichkeit willen" erlaubten Auflösung
der Ehe (S. 408). An diesem Punkt muß allerdings gefragt werden,
ob das disparate rabbinische Material solche eindeutigen Formulierungen
zuläßt. Die im weiteren Verlauf dieser Einführung geschilderte Liebesarbeit
der Gemeinde, Gebetsordnung und Besonderheit der Feste dürfte
jedem Leser einen ausgezeichneten Einblick in diese weithin unbekannten
Bereiche des Judentums geben. Die Vielschichtigkeit des
rabbinischen Materials wird von M. besonders klar in seiner Einführung
zum 5. Teil in Rechnung gestellt, wenn er hier ausdrücklich
der Versuchung widersteht, die eschatologischen Aussagen zu systematisieren
: „Aus keiner Anordnung darf ein Schema der Reihenfolge
und des Verlaufs abgelesen werden. Weil im einzelnen wenig wichtig
ist, was früher und was später erfolgt, darum kann und muß hier Versuch
neben Versuch stehen" (S. 545).
Beiläufig soll auf 2 störende Druckfehler hingewiesen werden:
Gleich auf S. 5 muß die Stellenangabe II, 16 lauten, auf S. 267,
10. Zeile von oben, fehlt bei „bis" ein t; denn es muß heißen: „bist
du befugt".
An die 5 Teile schließen sich Worterklärungen (S. 5 84
—590), ein Alphabetisches Verzeichnis der 63 Talmudtraktate
(S. 591) und Register der Talmudstellen (S. 592—597) und der
Bibelstellen (S. 598—606) an, die die Benutzung dieses Werkes
erleichtern. Es bleibt nur zu wünschen übrig, diese Auswahl
möge dazu beitragen, daß „nach all dem Polemischen und Entwürdigenden
, das über den Talmud gesagt und geschrieben worden
ist", nun „seine Schönheit und Menschlichkeit" erkannt
(S. 50) und damit die Voraussetzung eines von gegenseitiger
Kenntnis und Achtung getragenen Gesprächs zwischen Christen
und Juden geschaffen werde. „Was bisher trennte, kann.. . jetzt
zu einer Brücke werden, auf der es durch die Entdeckung ursprünglicher
Zusammengehörigkeit wieder zur Begegnung
kommt" (S. 13). Es wäre sehr zu begrüßen, wenn sich eine
Lizenzausgabe dieses Werkes für das Gebiet der DDR ermöglichen
ließe.
Berlin Günther Baumbach
A m i r a n, D. H. K. u.. Y. Ben-Arieh: Sedentarization of Beduin in
Israel (IEJ 13, 1963 S. 161-181).
Landau, Herbert: Die heilsgeschichtlichen Geschehnisse in jüdischer
Sicht. Triest: Selbstvlg. d. Verf. (zu beziehen durch „Erlan", Linke
Wienzeile 130/10, Wien VI.) 16 S. 8°.
NEUES TESTAMENT
Moses in Schrift und Überlieferung. Mit Beiträgen v. H. Cazelles,
A. Gelinf, G. Vermes, R. Blochf, B. Botte, A. Descamps, P. Demann,
R. M. Tonneau, J. Danielou, A. Luneau. Dt. Ausg. hrsg. von
F. Stier u. E. Beck. Düsseldorf: Patmos-Verlag [1963]. 330 S.
8°. Lw. DM 28.-.
Das Gemeinschaftswerk der französischen Gelehrten (Moise,
l'Homme de l'Alliance, Tournai 195 5; Herausgeber sind offenbar
auch dort nicht genannt) leiten Skizzen über „Moses im Licht der
Geschichte" und „Moses im AT" ein, knapp und umfassend zugleich;
in der ersten beleuchtet Henri Cazelles vor allem die biblischen Nachrichten
über Moses von der Zeitgeschichte her, in der zweiten spricht
Albert Gelin zunächst ebenfalls von Person und Werk, zeigt aber hernach
vor allem das Verständnis beider in den Schriften des AT (in