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Ausgabe:

1965

Spalte:

331-342

Autor/Hrsg.:

Meyer, Rudolf

Titel/Untertitel:

Der gegenwärtige STand der Erforschung der in Palästina neu gefundenen hebräischen Handschriften 1965

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Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 5

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§ 103 (124,6—9) (6) Während die Vereinigung in dieser Welt
(xdopos) (aus) (7) Mann und Weib besteht anstelle der Kraft und der
Schwäche, (8) ist in dem (anderen) Äon (almv) die Gestalt der Vereinigung
eine (ganz) andere.

§ 104a (124,9—14) Wir nennen sie (PI.) aber mit diesen Namen.
Es gibt (10) aber (auch) andere (Namen). Sie sind höher als (nagd)
alle (ll) Namen, die genannt werden (övo/xd&tv), und sie (12) sind
dem Starken überlegen. Dort nämlich, wo Gewalt (ßla) (13) ist, sind
(auch) jene, die stärker (14) sind als die Gewalt.

§ 104b (124,14—17) Der eine ist es nicht, und der (15) andere
ist es. Aber unter den beiden ist es (nur) dieser (16) einzige. Dies
(Geheimnis der Prädestination) ist es, was nicht in den (17) fleischlichen
(nagt;) Sinn wird kommen können (vgl. l.Kor. 2,9).

§ 105 (124,17—22) Es pflegen nicht alle, (18) die alles besitzen,
es alle (auch) zu (19) erkennen. Die einen, die es nicht (20) erkennen,
werden (auch) nicht in den Genuß ihres Besitzes (21) kommen (dno-
Xavsiv). Die (anderen) aber, die es kennen gelernt haben, werden (22)
in seinen Genuß kommen (dnoXaveiv).

§ 106 (124,22—31) (Am Ende heißt es:) (29) [(Und) wer es] an-
zieh[en wird], wird [zu] (30) [jenem Ort] kommen, [d]er das vollkommene
(xsXewv) [Licht] (31) ist.

§ 107 (124, 31—125, 1) [Es ist nötig für] uns, zu [gan]z ({jidvx]ms)
(32) [Vollkommenen (xsXetos)} zu werden, ehe wir a[us der (33) Welt
(xdopos)] gehen. Wer [nämlich] alles empfangen (34) [und sich (doch)
nicht] von diesen Orten [trennen] wird, wird [nicht] (3 5) [an] jenem
Ort [Anteil haben (fiexs^eiv)] können, sondern wird (nur) (36) [zur
Mi]tte ([fieo]örr)i) [kommen] wie (ms) ein Unvollkommener, (l) Nur
(fiövov) Jesus kennt das Ende (xsXos) von einem solchen.

§ 110 (125,15—35) (Darin heißt es:) Diejenigen, denen es { erlaubt
ist zu sündigen, (21) die nennt die Welt (xöo/tos) »frei (p.Xsvj&s-
ooc)«. Diejenigen, denen es nicht erlaubt ist zu sündigen, (22a) (die
nennt die Welt (xda/ios) »Sklaven«.) (Und weiter unten:) [Die] Liebe
(aydnrj) [nimmt] (32) nichts. Denn wi[e] {izm{s) kann sie nehmen,
obgl]ei[ch (xaix]oi[yi) ihr (3 3) [alles] gehört?

"ZÜ~"§ 109 und 110 vgl. J.B.Bauer: ThLZ 1961, Sp. 551—554, der
sich um den Beweis bemüht, daß auch diese beiden Sprüche, entgegen
meiner Auffassung als zweier ursprünglich koptischer Konzipierungen,
Übersetzungen aus dem Griechischen darstellen. Till gibt ihm Recht
(S. 80); ebenso anscheinend Wilson (S. 168 f.). Ich muß allerdings gestehen
, daß — so interessant die von Bauer beigebrachten Materialien
und Gesichtspunkte an sich sind — mir seine Argumentation nicht einleuchtet
. Nach meinem Eindruck haben wir einfach aneinander vorbeigeredet
. In § 109 hängt doch an dem koptischen Wortspiel die ganze
Logik der Aussage; und bei § 110 kann ich mir, wenn ich die Sache
von Bauers Standpunkt aus betrachte, nicht vorstellen, wie der Verfasser
auf den Gedanken hätte kommen können, das cpvoioT von
1. Kor. 8, 1 wie selbstverständlich als 6i/>oT zu interpretieren.

§ 111 (125,35—126, 12) Die geistige (jivev/j[azixr)]) Liebe (ayänrj)
(36) ist (wie) Wein und (Salben)duft. Es ge[nießen] (&jto[Xaieiv) (1)
sie alle, die sich mit ihr salben werden. (2) Es genießen (dnoXavetv)
(sie) auch diejenigen, die neben ihnen (3) stehen, solange (ms) die
Gesalbten (bei ihnen) (4) stehen. Wenn die mit Salbe Gesalbten aufhören
bei (5) ihnen (zu stehen) und weggehen, bleiben jene, die nicht
(6) gesalbt sind und nur (fiövov) neben ihnen standen, (7) wieder in
ihrem (eigenen) Gestank zurück, (usw.)

§ 116a (127, 31—33) (31) Die Gnade (zäß't) nährt [Himmlische
und] (32) Irdisch[e]; sie herr[scht über die Erde und] (33) den höchsten
Himmel.

§ 116b (127, 33—128,5) Un[d] in [Wahrheit se]lig ([iiaxd]jgios)
ist der, der keine Seele (yn'/j) (1) be[trübt] (l[vnsXv) hat. Das ist

Jesus Christus! Er kam zu (djiavlxäv) dem ganzen Ort und belastete
(ßagiiv) niemanden. (3) Deswegen (gilt:) Selig (fiaxdgtos) ist dieser
in dieser (4) Weise; denn es ist ein vollkommener (xeXeios) Mensch;
denn dieser (5) ist der Logos.

§ 119 (128, 23—129, 14) (In der Mitte etwa heißt es:) Ebenso verhält
es sich mit dem Jünger (/ua&rj'x^s) Gottes. Wenn er klug ist, (3)
erkennt (aloddveoftai) er die Jüngerschaft (—jiaftrjxris). Die (4) körperlichen
(am/jaxixt'i) Gestalten (fiog<pr) werden ihn nicht täuschen
(drcaxmv), (5) sondern er wird auf die Beschaffenheit (itd&Sots) der (6)
Seele (rpvxn) eines jeden einzelnen blicken und (entsprechend) mit
(7) ihm reden, (usw. Am Schluß heißt es:) Den Sklaven (13) wird er
Erstes (d. h. Vorläufiges) geben. Den Kindern wird er (14) Vollkommenes
(xeXeiov) geben.

§ 121 (129,21—34) Wer die Fähigkeit zu schaffen (22) empfangen
hat, ist (selber schon) etwas Geschaffenes. Wer die Fähigkeit zu zeugen
(23) empfangen hat, ist (selber schon) etwas Gezeugtes. Der Schattende
kann nicht (24) zeugen. Der Zeugende kann (auch) schaffen. (25) Man
sagt aber: der Schaffende „zeugt". (26) Jedoch: sein (sog.) Gezeugtes
ist (in Wahrheit nur) etwas Geschaffenes, w[eil] (27) das (sog.) Gezeugte
nicht seine Kinder, sondern [sei]ne [Werke] (28) sind. Der
Schaffende wirkt im S[icht]baren (29) und ist selbst auch [sicht]bar. (30)
Der Zeugende [wirkt] im [Verborgenen] (31) und ist selbst verborg[en,
indem er abge]sonder[t ist nach (xaxd) der Weise des] (32) Urbildes
(slxmv). Der Schaff [ende] sch[afft (sc. die Werke) im] (3 3) Sichtbaren
(rpavsoöv); der Zeugende ab[er zeugt die] (34) Kinder im Verborgenen.

§ 123a (130,26—29) Als Abraham (27) [erlangt] hatte zu sehen,
was er sehen sollte, (28) besch[nitt er] das Fleisch (adgS) der Vorhaut
(axgoßvoxia), wodurch er [u]ns (29) zei[gt], daß es nötig ist, das
Fleisch (oao|) zu vernichten.

§123b (130,30—132,14) (30) [Die mei]sten (Dinge) [d]er Welt
(xda/ios) haben (nur), solange (evöoov) ihr (31) [Inneres] verbor[gen]
ist, Bestand und Leben; (32) [wenn es] sicht[bar] wird, sind sie gestorben
. Entsprechend (xaxd) dem (3 3) deutlichen Be[ispie]l (xa[gddriy-
fi]a) des Menschen: (34) [solan]ge [£v oao]v) die Eingeweide des
Menschen verborgen sind, ist der Mensch (1) am Leben; wenn sich
seine Eingeweide zeigen (2) und aus ihm herauskommen, muß der
Mensch sterben, (usw. Später heißt es:) Mit der Wahrheit (äXr'i&ma)
verhält es sich wie (xaxd) (132, 3) mit der Unwissenheit: Wenn sie
verborgen ist, ruht (dvalnaveiv) sie (unwirksam) in sich; wenn sie aber
ans Licht tritt (5) und erkannt wird, wird sie gepriesen, insofern als
(oaov) (6) sie mächtiger ist als die Unwissenheit und als der Irrtum
(jiXd vr;) und die Freiheit (—eXev&egos) schenkt.

§ 125 (132,21—133,29) (Darin heißt es:) Da wird (auch) die gesamte
Gottheit [aus] (132, 30) diesen Orten fliehen, (allerdings) nicht
bis in das [AI]ler/heiligste hinein — sie wird sich nämlich nicht mit
dem [un]vermischten (32) L[icht] und der [mangeljlosen Fülle {nX.rjgm-
fta) mischen (33) können —; [vielme]hr wird sie (nur) bis unter die
Flügel des Kreuzes (pxavgös) [und] (34) [unter] sei[ne] (Jesu) Arme
[gelan]gen. Diese Arche (xtßmxög) wird [ihr] (3 5) zur Rettung dienfen],
wenn die Wasserflut (—xaxaxXvolnos) sie (alle) zu verschlingen droht.

§ 126 (133, 29—134, 4) [Jede] Pflanze, die (30) nicht mein
himmlischer Vater gepflanzt hat, [wird] (31) ausgerissen [werden]
(Mt. 15, 13). Die Getrennten werden sich vereinigen]. Die [Leeren]
(32) weiden sich füllen. Alle, die in das (himmlische) Schlafgemach
(xoixmv) (3 3) [eingehen werdJen, werden das Li[cht] anzünden. [Nicht
zünjden [sie] (34) es nämlich so an, wie bei den (irdischen) Hochzeiten
(yd/ios), die wir [nicht] se[hen, weil] (3 5) [sie] in der Nacht geschehen,
wo das Feuer (nur) die Nacht über (1) [leuchtet] und (dann) erlischt.
Die Mysterien (fivozrjgtov) dieser (himmlischen) (2) Hochzeit (yd/iog)
dagegen werden vollendet am (3) Tage und im Licht, ohne daß jener
Tag (4) oder (ff) sein Licht untergehen.

Der gegenwärtige Stand
der Erforschung der in Palästina neu gefundenen hebräischen Handschriften

48. Die sogenannten „kleinen Höhlen" von Qumran

Von Rudolf Meyer, Jena Paul Kahle zum

Der erste Band der „Discoveries in the Judaean Desert"
(DJDI) wurde 1955 veröffentlicht; er enthielt als Nachlese zu
den sieben großen, anderweit edierten Handschriften die Fragmente
, die man in Höhle 1 Q von Qumran vorfand1. Ihm folgte 1961

*) D. Barthelemy and J. T. Milik: Discoveries in the Judaean
Desert. I: Qumran Cave I, Oxford 1955. Vgl. hierzu ThLZ 82,
1957, Sp. 21—26.

Gedenken

der zweite Band (DJD II) mit den Funden aus dem Wadi Murab-
ba'ät2, die unterdessen von israelitischer Seite wesentliche Ergänzungen
erfahren haben. Der nunmehr vorliegende, 1962 erschienene
Band der Reihe (DJD III), die jetzt den Titel „Discoveries in the
Judaean Desert of Jordan" trägt und sich damit deutlich gegen

2) Benoit, P., O. P., Milik, J. T. et de Vaux, R., O. P.: Discoveries
in the Judaean Desert II: Les Grottes de Murabba'ät. Avec des con-