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1965

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Systematische Theologie: Allgemeines

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299

Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 4

300

Heiliges" beschrieben. Mit diesen Definitionen, die dann im
einzelnen entfaltet werden, wird letztlich eine quantitative und
qualitative Abgrenzung gegenüber anderen Begriffen und eine
im Verhältnis zum Sprachgebrauch der Antike und Moderne gesehene
Selbstbeschränkung vorgenommen.

Was den gesamten Symbolprozeß betrifft, so werden drei
Komponenten berücksichtigt: a) das menschliche Subjekt;
b) der sinnliche Sachverhalt als Symbol; c) das transzendente
Symbolisierte. Entscheidend ist das Erlebnis als Ausgangspunkt
für die Entstehung des Symbols. Wenn der Mensch das Transzendente
, bzw. Göttlich-Heilige erkennen will, muß es zuerst
auf den Menschen einwirken, zumal im sinnlichen Erfahren,
nicht aber im bewußt schöpferischen Bilden, die große Bedeutung
des Symbols liegt. Der Mensch ist durch das Zusammenwirken
seines ganzen leiblich-seelischen Seins genügend für ein
derartiges Erlebnis disponiert, so daß es keiner eigenen und
besonderen Fähigkeit dazu bedarf. Die Frage, w i e der Mensch
Seinsmäßig das Transzendente, bzw. Göttlich-Heilige erleben
und im sinnlich endlichen Sein so zum Ausdruck bringen kann,
daß auch noch andere Menschen in ihm zum Erlebnis desselben
kommen können (Gemeinschaftsgebundenheit und Allgemeingültigkeit
des Symbols), wird mit Hilfe der scholastischen Lehre
von der Analogie des Seins beantwortet: „Weil das Sein folglich
in den einzelnen Seienden verschieden vollkommen verwirklicht
ist und nur vom absolut vollkommenen Seienden absolut
ausgesagt werden kann (insofern nämlich dieses das Sein
selber ist), können alle anderen Seienden Sein nur in Abhängigkeit
von diesem absoluten Seienden haben: je nach
ihrer Nähe zum absoluten Seienden nehmen sie an dessen Sein
und Vollkommenheit teil" (S. 129) (II). Das Transzendente
bzw. Göttlich-Heilige wird auf menschliche Weise im Symbol,
dessen Wesensmerkmale .Anschaulichkeit', .Überbegrifflichkeit',
.Eindeutigkeit', .Uneigentlichkeit', ,Unangemessenheit' (Symbol
als Zeichen) und .Angemessenheit' (Symbol als Ausdruck),
.Selbstmächtigkeit' (Unvertauschbarkeit) und .Gemeinschaftsbedingtheit
' sind, symbolisiert. Daraus geht hervor, daß das Symbol
dem Menschen näher und bekannter ist als das Symbolisierte
, aber seinsmäßig gesehen wieder geringer als jenes. Im
Symbol wähnt der gläubige Mensch also nicht nur ein Zeichen,
sondern einen angemessenen Ausdruck des Symbolisierten gefunden
zu haben, der freilich wiederum abhängt von der Art
des Abstandes zwischen dem Transzendenten, bzw. Göttlich-
Heiligen und dem erlebenden Menschen, ein Verhältnis inhaltlicher
, aber nur analoger Übereinstimmung. Es besteht nun die
Möglichkeit, daß das Symbol, das keinen Zwang auf den Menschen
ausübt, sondern sich nur immer wieder von neuem anbietet
, dort zu neuen Erlebnissen führt, wo die Haltung des
Glaubens, des Vertrauens und der Liebe vorhanden ist, oder
aber auf Grund einseitig rationalistisch-positivistischer Einstellung
seine Symbol kraft verliert und zu einem bloßen
Zeichen wird, während das Symbol als solches nicht aufhört zu
existieren.

Kritik an den einzelnen Ergebnissen zu üben, erübrigt sich
insofern, als sie alle sich dem Gebäude der scholastischen
Philosophie einordnen lassen. Wer jenes als spekulativ-idealistisch
ablehnt, wird auch die Ergebnisse dieser Arbeit weithin
negativ beurteilen müssen. Es kann jedoch im Rahmen einer
begrenzten Rezension nicht der Ort sein, sich prinzipiell mit
dieser Art von Philosophie auseinanderzusetzen. Auf alle Fälle
gewährt diese Arbeit einen guten Einblick in den Streit der
Meinungen um das Verständnis des Symbols im allgemeinen
und im besonderen.

Jena Theodor Lo h m a n n

Backes, Ignaz: Theologische Grundlagen der 1963 erfolgten Konzilsdiskussion
über die Kirche (TThZ 73, 1964 S. 272-284).

Baden, Hans Jürgen: Die zweite Aufklärung (Abschied vom Christentum
? Hamburg: Furdie-Verlag 1964 S. 15—39).

Funk, Robert W.: Colloquium on Hermeneutics (Theology Today 21,
1964 S. 287—306).

Hof m ans, Florencio: Maria y Iglesia (Theologia y Vida 5, 1964
1964 S. 169—179).

Lehmann, Paul L.: The Logos in a World Come of Age (Theology

Today 21, 1964 S. 274—286).
Mackay, John A.: What is Life? (Theology Today 21, 1964 S. 272

—273).

N u s s e r, G.: Der Begriff „Wiederholung" bei Kierkegaard (ThZ 20.
1964 S. 423—439).

Packer, James I.: Prädestination und Verantwortung. Gott und
Mensch in der Verkündigung. Übers, v. Ch. Buchholz. Wuppertal:
Brockhaus [1964]. 90 S. 8° = Neue Studienreihe, 5, hrsg. von
H. Bürki mit H.-B. Kaufmann u. G.Ewald. Kart. DM 3.80.

Schneider, Erwin E.: Finis legis Christus, Rom. 10, 4 (ThZ 20, I 964
S. 410—422).

Schultz, Hans Jürgen: Christentum inkognito. Anmerkungen über
die Zukunft der Kirche (Abschied vom Christentum? Hamburg:
Furche-Verlag 1964 S. 191—204).

Stammler, Eberhard: Religion ohne Kirche (Abschied vom Christentum
? Hamburg: Furche-Verlag 1964 S. 175—190).

Zehr er: Hans: Gott ist größer geworden (Abschied vom Christentum
? Hamburg: Furche-Verlag 1964 S. 78—87).

ETHIK

Pitcairn, Edward: Neubau der Ethik. Ein Beitrag zur Überwindung
der geistigen Krise. München-Basel: E. Reinhardt 1962 253 S 8"
Lw. DM 15.-.

In Titel wie Untertitel zwei gleich anspruchsvolle Unternehmungen
, die vom Verlag auf den Umschlagsseiten des Buches
erläutert werden: „Der Titel klingt vielleicht allzu vielversprechend
, gar anmaßend, aber — der Inhalt rechtfertigt ihn." Das
Buch stellt nur einen Grundriß dar, in ihn eingefügt zugleich aber
einen Gesamtüberblick, ein kleines Kompendium der Ethik.

Der Verfasser bietet nach kurzen Abschnitten über „Ethik
und Philosophie" und „Sprachliches" „Das ethische Problem" in
zwei Hauptteilen: „I. Das Ethische begrifflich zerlegt (Gegenstand,
Objekt — Subjekt — Tun — sittliche Forderung — Gewissen —
Ethik und Weltanschauung), „II. Das Ethische tatsächlich gegliedert
" (Grundtatsache des Ethischen — die Grundlagen Ordnung
und Kraft — die Grundwerte Vernunft und Liebe/Güte —
übrige sittliche Werte — Rangordnungen — Kategorien — Konflikte
— das Gute — das Böse — radikale Angriffe — Ergebnis).
Dieser II. Teil bildet das eigentliche Corpus des Buches. In fünf
weiteren kurzen gedrängten Darstellungen werden die Folgerungen
gezogen und Anwendungen versucht in bezug auf die Gemeinschaft
, Wissenschaften, Ästhetik, Meta-Ethik, Religion, um
dann mit einer „Anleitung" zur Ethik" zu schließen.

Worin besteht dieser „Neubau der Ethik", „der Beitrag zur
Überwindung der geistigen Krise"? Zunächst wird in rein sprachlicher
, begrifflicher Beziehung die moderne Physik zu Rate gezogen
. Indessen ist diese Befragung der Physik nicht nur von
formaler, dolmetschender Bedeutung. Vielmehr sieht der Verfasser
in der Sache des physikalischen Weltbildes von Mikrokosmos
und Makrokosmos auch die Sache des Ethischen begründet
. Es geht um das polare Kraftfeld in Physik und Ethik zugleich
. „Es bleibt nun noch übrig, nach einem einheitlichen Natur-
Zusammenhang zu fragen und mittels seiner nach jener einheitlichen
Tatsache für das Ethische zu suchen. Diese Idee erscheint
zwar zunächst sehr merkwürdig, ja abwegig: indes wenn das
Ethische über den bloß menschlichen Bereich hinausgehen sollte,
so ist sie nur folgerichtig, sie ist sogar alt, z. B. bei Demokrit
„alles in allem" und im altindischen ,,tat-rvam-asi": das andere
(Wesen) bist auch du . . . Weil es sich um eine physische Gegebenheit
, Tatsache handeln soll, so ist die Physik zu befragen.
Wir dürfen uns nicht abschrecken lassen durch den Einwand ,eine
Begründung der Ethik durch Zurückführung auf die Naturwissenschaft
sei unmöglich' . . . Das Kraftfeld ist mithin das gesuchte
einfachste Wirkende. Aber nur ein geordnetes Kraftfeld kann
dem ethischen Problem dienen, weil das Ethische offenbar nur
etwas Geordnetes sein kann .. . Wie soll nun dieses Kraftfeld
der Physik mit Ethik in gedanklichen, mehr noch: in wirklichen
Zusammenhang gebracht werden? Die ungeheure Kluft zwischen
Physischem und Geistig-Seelischem, Ethischem, Sittlichem läßt
sich nur dann überbrücken, wenn die wirkende Kraft als eine im
tiefsten Grunde einheitliche aufgefaßt werden kann. Hier ist
nicht von der Einheit alles Wirklichen die Rede, sondern von der