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Ausgabe:

1965

Spalte:

298-299

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Wisse, Stephan

Titel/Untertitel:

Das religiöse Symbol 1965

Rezensent:

Lohmann, Theodor

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297

Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 4

298

(S. 224—2 39). Lumbantobing interpretiert das in deutscher
Übersetzung beigefügte Bekenntnis der Batakkirche (S. 214—223),
welches sich in seinen positiven Formulierungen an die ersten
21 Artikel der Confessio Augustana anlehnt, in seinen Verwerfungen
zugleich in die Gegenwart hineinspricht und sich sowohl
gegen den römischen Katholizismus als auch gegen schwärmerische
Sekten, sowohl gegen eine neupropagierte Nationalreligion
als auch gegen den Islam, sowohl gegen den Kapitalismus
als auch gegen den Kommunismus abgrenzt. Scherer berichtet
über das Ringen der jungen lutherischen Kirchen um das Bekenntnis
. Hatten sich die lutherischen Missionen, einst einem
pietistischen Impuls entsprungen, im Verlauf des vorigen Jahrhunderts
immer stärker konfessionalisiert, so regt sich heute in
vielen der aus ihnen erwachsenen Kirchen der Wille, die europäische
Bevormundung abzuschütteln und sich auf regionaler
Grundlage zusammenzuschließen. Dabei erscheint der Welt-
konfessionalismus weithin als Hemmnis für die Vereinigung der
Kirchen und das Bodenständigwerden christlichen Lebens. Es
bahnen sich Kirchenunionen auf regionaler Grundlage an und
sind vor allem in Indien bereits vollzogen, bei welchen nach
anglikanischem Vorbild das Ringen um ein gemeinsames Bekenntnis
von der Frage nach Bischofsamt und Kirchenverfassung
verdrängt wird. In den ausführlich kommentierten Verhandlungen
zwischen der Kirche von Südindien und dem Bund Evangelisch-
Lutherischer Kirchen in Indien treffen „der geographische und der
konfessionelle Ansatz exemplarisch aufeinander" (S. 233). Die
lutherischen Kirchen stehen vor der Aufgabe, ihre Bekenntnisse
..derart anzuwenden und auszulegen, daß ihre Bedeutung für die
.nichtkonfessionellen' Kirchen und für die ökumenische Bewegung
als eine Wirklichkeit erfahren wird "(S. 238 f.). Scherer
schließt mit den Sätzen: „Es liegt bei Gottes Vorsehung, ob neue
Kirchen entstehen, die das Prinzip der Konfessionalität anerkennen
und den apostolischen Glauben in substantieller Identität
mit dem lutherischen Bekenntnis bekennen, sich aber zugleich
von dem Namen .lutherisch' und von den geschichtlich überkommenen
Bekenntnisschriften frei machen. Vielleicht bricht ein
solcher Tag für die jungen Kirchen bereits an" (S. 239).

Vilmos Vajta faßt das Erarbeitete zusammen unter der
Überschrift: Das Bekenntnis der Kirche als ökumenisches Anliegen
(S. 24 3—276). Er setzt ein mit der sachlichen Notwendigkeit
des Bekenntnisses für die Christenheit, wäre doch eine
Ökumene, geeint allein in der Organisation, nicht jedoch in
Glaube und Bekennen, nicht mehr Kirche Christi. Insofern ist
Konfessionalität geboten und zugleich auch faktisch überall vorhanden
. Sie ist jedoch zu unterscheiden von einem sich legali-
stisch verhärtenden Konfessionalismus. Sie muß sich dem einen
Evangelium von Christus entgegenstrecken. Die Bekenntnisse
sind Niederschlag der Auslegung der Schrift. Die Bekenntnisse
suchen die Einheit der Kirche Christi; deshalb rezipierten die
Reformatoren die altkirchlichen Symbole nicht aus rein taktischen
Erwägungen und reichsrechtlichen Erfordernissen heraus, sondern
als ein Zeugnis für den gemeinsamen Glauben. Diese Rezeption
bleibt vorbildlich für die Gegenwart. Die Confessio Augustana
und Luthers Katechismus wollen in ihrem Rückbezug auf die
altkirchlichen Crcdos wie auf den Dekalog, das Vaterunser, die
Sakramentsworte der Schrift das Überkommene aufgreifen und
aktualisieren. Insofern zeigt gerade das Ineinandergreifen alter
und neuer Bekenntnisse das Miteinander von Kontinuität und
Aktualität. Auch heute kommen wir um ein Ja oder Nein zu den
in der Reformation gefällten Grundentscheidungen nicht herum.
Das Bekenntnis der Batakkirche zeigt sehr gut, daß hier gerade
ein aktuelles Bekenntnis das Zeugnis der Confessio Augustana
rezipiert. So werden die neuentstehenden überseeischen Kirchen
in eigenständigen Bekenntnissen doch die Kernentscheidungen
der abendländischen Christenheit verarbeiten müssen. Das Ja
zum dreicinigen Gott fordert ein Nein zu den widergöttlichen
Mächten der Verführung, deshalb ist das Taufbekenntnis verknüpft
mit einer Absage an den Satan. Die ökumenische Weite
der Christenheit kann nur gründen in deren Einssein im Herrn.
Insofern wird die reformatorische Christenheit um des Herrn
willen mit der einen apostolischen Kirche auf die gemeinsame
Confessio drängen müssen.

Die hiermit charakterisierten Studien möchten sowohl innerhalb
des Luthertums als auch in der gesamten Ökumene eine
vertiefte Besinnung auf das Bekenntnis anregen und hierzu
anleiten. Die ständig gegenwärtige Spannung zwischen einem
Festhalten an den überkommenen reformatorischen wie altkirchlichen
Bekenntnissen und dem Drängen auf eine neue in die
Gegenwart und deren Gefährdung vollmächtig hineinsprechende
Konfession dürfte gerade das Fruchtbare an diesen so unterschiedlichen
Arbeiten sein. Das Bekenntnis der jungen Batakkirche
ist in beidem vorbildlich. Es ist jedoch von Menschen
formuliert, welche noch nicht hindurchgegangen sind durch unser
modernes exegetisches und dogmatisches Wissen und die tiefe
Skepsis und Glaubensunsicherheit der abendländischen Christenheit
. Die vor uns liegende Aufgabe hat Peter Brunner umschrieben
; eine „Epitome" der reformatorischen Bekenntnisse,
welche uns heute sowohl zu dem einen apostolischen Evangelium
herzuruft als auch das geforderte Nein zu den in unserer Gegenwart
uns bedrängenden Irrtümern nicht verschweigt, sondern es
in herzüberwindender Klarheit und ökumenischer Weite ausspricht
. Daß Gott uns hierzu die Vollmacht schenke, sollte unser
vornehmstes Gebet sein.

Heidelberg Albredit Peters

Wisse, Stephan: Das religiöse Symbol. Versuch einer Wescnsdeutung.
Essen: Ludgerus-Verlag [1963]. XLIX, 297 S. gr. 8°. DM 30.—.

Der vom Verf. herausgegebenen Arbeit, die der philosophischen
Fakultät der Päpstlichen Universität Gregoriana in
Rom als Dissertation vorlag, geht es um einen Diskussionsbeitrag
zu den in der Gegenwart vertretenen verschiedenartigen
Meinungen über das Sein des religiösen Symbols vom
Standpunkt der scholastischen Philosophie. Daß der Verf. sich
damit keine leichte Aufgabe gestellt hat, zeigt allein die 49
Seiten füllende ausgezeichnete Literaturübersicht über das viel
umstrittene Problem des Symbols.

Im ersten Teil wird zunächst der Etymologie und dem Begriff
des Symbols im allgemeinen nachgegangen, wie
er sachgeschichtlich im griechischen, lateinischen und deutschen
sowie im modernen Sprachgebrauch der Philosophie, Kunst.
Psychologie und Soziologie Verwendung rindet. Außerdem erfolgt
eine Abgrenzung des Begriffes von den verwandten
Termini .Zeichen', ,BiId', Allegorie', .Begriff' und .Archetypus
'. Sodann untersucht Wisse den sachgeschichtlichen Gebrauch
des religiösen Symbols und sein Verständnis
in Religionswissenschaft, Theodizee und Theologie und nimmt
eine weitere Abgrenzung von den Begriffen .Mysterium ,
.Mythos', .Metapher' und .Typos' vor. Im zweiten Teil geht es
um die Seinsbestimmung, um Symbol und Symbolisiertes, um
Wesensmerkmale und Grundlagen des metaphysischen
und religiösen Symbols, im dritten Teil um die
Funktionen des religiösen Symbols (Erkenntnisfunktion, Anschauungsfunktion
) im allgemeinen und im besonderen. Endlich
wird in einem Schlußteil die existentielle Bedeutung desselben
als Beitrag zur Persönlichkeitsentfaltung, zur Kulturgestaltung
und zur Erneuerung religiöser Haltung behandelt.

Bei aller Sachkenntnis, die diese Studie verrät, leidet die
Arbeit an weitschweifigen Wiederholungen, die den Leser ermüden
. Das gilt besonders für die Abschnitte über das Wesen
des metaphysischen und religiösen Symbols (S. 61—210), deren
namhafter Unterschied lediglich in Gott oder dem Göttlichen,
das zugleich das Heilige ist, gesehen wird.

In ausführlichen Auseinandersetzungen mit den Symbolauffassungen
von Cassirer, Jung, Leese, Looff, Mensching,
Rahner, Scherer, Thiel, besonders Tillich u. a. kommt der Verf.
in Abgrenzung gegen ein pansymbolistisches magisches und sub-
jektivistisches Mißverständnis des Symbols zu folgenden Ergebnissen
: Während das Symbol in Philosophie und Naturwissenschaft
wesentlich der Erkenntnisvermittlung dient, in
Kunst und Tiefenpsychologie als Ausdrucksmoment und in
der Soziologie besonders praktische Bedeutung gewinnt, wird
das metaphysische Symbol als „sinnfälliges Ausdrucks-Zeichen
für erlebtes Transzendentes", das religiöse Symbol als „sinnfälliges
Ausdruckszeichen für erlebtes transzendentes Göttlich-