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1965

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

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Neuerscheinungen

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289

Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 4

290

in der entsprechenden Ausgabe von „Mater et Magistra" Eberhard
Welty die Stellungnahme der Päpste zu sozialen Fragen
dargestellt hat, beschränkt sich Utz in seiner Einführung auf
die staatspolitischen Lehren vor allem Leos XIII. und Pius XII.
Diese klaren, sehr dankenswerten Ausführungen stellen ebenso
wie die Enzyklika Johannes XXIII. selbst dem Leser erneut die
imponierende naturrechtliche Staatslehre der katholischen Kirche
vor Augen. Gerade auch der evangelische Theologe wird dieses
Büchlein mit Nutzen heranziehen; er erhält nicht nur sachkundige
Information, sondern zugleich Anregung zu erneuter theologischer
Besinnung in der Frage des Naturrechts und des Staates.

Leipzig UlridiKlihn

Borowsky, Wolfgang, Pfarrer: Verdrängt Maria Christus? Schwenningen
a. N., Kronenstr. 7: Selbstverlag o. J. 112 S. 8°.

C u 1 I m a n n, Oscar: The Place of the Bible at the Council (JBL 83,
1964 S. 247—252).

G e n n r i c h, Paul Wilhelm : Auswirkungen des Zweiten Vatikanisdien
Konzils auf das Verhältnis der Konfessionen zueinander in der Diaspora
(Die cvangelisdie Diaspora 3 5, 1964 S. 14—40).

Guggisberg, Kurt, Prof. Dr.: Schrift und Tradition im heutigen
Katholizismus. Bern: Haupt [1964]. 33 S. 8° = Studientage für die
Pfarrer. Eine Sammlung von Vorträgen, hrsg. v. Synodalrat d. Ev.-
ref. Landeskirche d. Kantons Bern, 3. Kart. Fr./DM 3.80.

.1 a c o a n g e 1 i, Roberto: II „Pontificium Institutum Altioris Latini-
tatis" (Salesianum 26, 1964 S. 231—274).

L o h f i n k, Norbert: Biblische Neubesinnung in den Jahren des Konzils
(Bibel und Kirche 19, 1964 S. 70—74).

M a y, Georg: Seelsorgerliche Bemühungen zur Verhütung von Mischehen
(ThGl 54, 1964 S. 344—350).

Neuner, Josef: Der Eucharistisdie Kongreß in Bombay (StZ Bd. 174,
80. Jg. 1963/64 S. 444—455).

Pifiera, Bernardino: Las dos „corrientes" en el Concilio Vaticano II
(Theologia y Vida 5, 1964 S. 77—87).

Schmitz, Heribert: Erwägungen zur Gesetzgebungstechnik der
Bischofskonferenzen (TThZ 73, 1964 S. 285—301).

Simeonow. Simeon N.: Die Entstehung der Bulgarischen Kirdie
(ThZ 20, 1964 S. 328—345).

Stakemeier: Ende der Gegenreformation? (Catholica 18, 1964
S. 218—220).

S w i d 1 e r, Leonard: Freedom and the Catholic Church (Theology
Today 21, 1964 S. 334—341).

LITER ATVRG E S C HIC HTE
UND CHRISTLICHE DICHTUNG

Hamann, J. G.:] Johann Georg Hamanns Hauptschriften erklärt
von F. Blanke, E. Büchsei, K. Gründer, O. Marquard, W. Oelmüller.
E. J. Schoonhoven, L. Schreiner, M. Seils, hrsg. v. F. Blanke und
K. Gründer. Bd. 4: Über den Ursprung der Spradie. Zwo Recen-

sionen nebst einer Beylagc betreffend den Ursprung der Sprache.
Des Ritters von Rosencreuz letzte Willcnsmcynung über den göttlichen
und menschlichen Ursprung der Sprache. Philologische Einfälle
und Zweifel. Au Salomon de Prusse. Erklärt von E. B ü c h s c I.
Gütersloh: Gütersloher Vcrlagshaus Gerd Mohn 1963. 285 S. gr. 8°.
Lw. DM 32.—.

Über die Absichten und einige Bände dieses Kommentar-
werkes habe ich bereits ThLZ 1957, Sp. 781 ff., und 1961, Sp.
138 f., berichtet. Der jetzige Band setzt die Reihe ebenso sorgfältig
fort. Das philologische Element hat das Übergewicht.

H. hat keine besondere große Schrift ,,Über den Lirsprung
der Sprache" geschrieben. Er hat Broschüren zu diesem Thema
teils veröffentlicht, teils als Manuskript abgelegt. Das Thema
hatte sich der Generation etwa von 1750—1780 seit Rousseau
zu fast der zentralen Frage des letzten Aufstiegs der Hochaufklärung
durchgesetzt und sich in der berühmten Preisfrage
der Berliner Akademie der Wissenschaften 1769 niedergeschlagen
, ob und durch welche Mittel die Menschen aus ihren
natürlichen Fähigkeiten heraus die Sprache erfinden konnten.
Herders entscheidende Abhandlung erhielt den Preis. 1772
wurde sie als „Abhandlung über den Ursprung der Sprache"
gedruckt. An sie schloß sich eine große Debatte; besonders
traten Broschüren Hamanns hervor. E. Büchsei faßte diese unter
dem Titel ..Über den Ursprung der Sprache" zusammen; die

Sache forderte eigentlich, daß vorweg auch Herders Preisschrift
kommentiert würde. So bringt der Band nur die Echobroschüren
Hamanns. Und diese sind sowieso ganz ungewöhnlich verworren
.

Büchsei weicht den damit gegebenen Schwierigkeiten geschickt
aus, indem sie eine 6ehr ausführliche Einführung
vorausschickt (S. 13—126). Diese führt weitausgreifend und mit
vielen Details sowohl in die Vorgeschichte, wie in den inneren
Ablauf, wie in die zeitgenössische Wirkungs- und Deutungsgeschichte
der Herderschriften Hamanns ein. Die Selbstdeutung
Hamanns in bezug auf diese Broschüren „Selbstgespräch eines
Autors" von 1772/3 wird auch in dieser Einführung mitbesprochen
, aber in die Kommentierung nicht mit aufgenommen:
Hamann bot da vergeblich die letzten Broschüren dem Buchhändlers
Nicolai zum Druck an.

Herder war in seiner Preisschrift ganz von der Voraussetzung
der Preisfrage ausgegangen, daß die Entstehung der
Menschensprache keinen göttlichen Ursprung zulasse, und hatte
dies ausführlich und geistreich begründet; positiv aber hatte er
für die menschliche Sprachfindung einen göttlichen Hintergrund
gefunden und herausgearbeitet. Hamann entschloß sich sofort
zu antworten, und zwar in dreifacher höchst verschiedener Form.
Erst gab er in der Königsbergischen Zeitung März 1772 ein
Referat von der Preisschrift unter Hinweis, eine Kritik müsse
folgen. Dann gab er ebenda als Beilage eine höchst ironische
„Abfertigung" dieser Rezension in einem Nachweis des tierischen
Lirsprungs der Menschensprache unter dem Namen
Aristobulos, dem einzigen hellenistischen Philosophcnnamen
der Bibel. Endlich erschien eine schon vorher entworfene und
jeden Bezug auf Herder vermeidende Verteidigung des göttlichen
Ursprungs der Sprache: „Des Ritters von Rosenkreuz
letzte Willensmeinung über den göttlichen und menschlichen
Lirsprung der Sprache", „aus einer Caricaturbilderurschrift eilfertig
übersetzt vom Handlanger des Hierophanten". Hamann
hat dann die Rezension und ihre Abfertigung nachträglich, unter
Vorsetzung noch einer früheren Rezension einer Schrift zum
selben Thema, zu einer Schrift zusammengefaßt: „Zwei Rezensionen
nebst einer Beilage, betreffend den Ursprung der
Sprache", 1772. Im Schluß des Ritters von Rosenkreuz winkt
der Autor ziemlich deutlich mit dem Zaunpfahl und sagt auch
kurz seine eigentliche Meinung: wie alles, sei „auch die Sprache
göttlich und menschlich zugleich ... so natürlich, so nahe und
leicht, wie ein Kinderspiel"!

Es folgen noch zwei Manuskripte, die nicht zum Druck
kamen, aus dem Herbst 1772, einmal „Philologische Einfälle
und Zweifel über eine akademische Preisschrift. . . (entworfen
vom Magus in Norden)" und damit verkoppelt an Friedrich II.
„Au Salomon de Prusse". Büchsei faßt beide sehr stark als Einheit
einer Doppelschrift. Ich weiß nicht, ob das ganz richtig ist.
Die erste Schrift behandelt sehr versöhnlich Herders Preisschrift
nach ihren fundamentalen Anschauungen, mit einer großen
Parodie über die neueste Sprachfindung im Rahmen der biblischen
Urgeschichte, und nach den Zweifeln, die man haben
kann; am Schluß enthüllt sich der Magus ziemlich deutlich und
rechtfertigt sogar das Unternehmen der Preisschrift mit starker
Wendung gegen den Zeitgeist.

Gewiß leitet das dann über zur Broschüre an Friedrich II.
Diese empfiehlt, vielleicht nicht allzu ernsthaft, Herder wegen
seiner Preisschrift zum Präsidenten der Akademie, will aber
vor allem den König vom Modegeist seiner Zeit trennen. Es ist
eine ziemlich tolle Satire vor allem auf Voltaires Hofstil. Von
dem Ursprung der Sprache aber ist mit keinem Wort die Rede.
Die Satire sollte wohl mit den „Einfällen und Zweifeln" als
Anhang so mit durchschlüpfen. Aber auch die apokalyptische
Schlußvision eines neuen Preußens half dazu nicht. Man weiß
nicht, wie weit sie für Hamann überhaupt real war. Wahrscheinlich
ebensowenig, wie die Hoffnung auf Rückerhalt der ihm abgezogenen
monatlichen 5 Taler, die er zu allerletzt lächerlich
und fürchterlich ausspricht.

Hamann selbst hat hier absichtlich alles so verworren gehalten
, daß man des Sinns der Zeilen oft nicht sicher ist. Man
soll es auch gar nicht! Es wäre wohl am Platze gewesen, dieses