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Ausgabe:

1965

Spalte:

287

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Benz, Ernst

Titel/Untertitel:

Das Buch der heiligen Gesänge der Ostkirche 1965

Rezensent:

Onasch, Konrad

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287

Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 4

28Ü

halt hat, wird uns die geistliche und psychologische Tiefe der russischen
gläubigen Seele erschlossen. In einem Sündenkatalog zählt Nil
alle Verbrechen auf, die er begangen habe. Seine Selbstbezichtigung
gipfelt in einer totalen Selbstentwürdigung vor Gott und Selbstverdammung
. Er bezeichnet sich „schlimmer als Kain", „unreiner
als Tier und Vieh", „schlimmer als Dämonen", ja, des Lebens
selbst unwürdig, denn „ich beflecke die Erde durch mein Gehen", und
daher „bin ich jeder Verurteilung und jeglicher Verfluchung schuldig".
Er hofft zwar allein auf die Gnade Gottes, aber erklärt zugleich: „Ich
bin auch unwürdig, von Dir die Vergebung meiner Sünden zu empfangen
".

Dieses bis ins Maßlose gesteigerte Sündenbewußtsein hat die
totale Solidarität mit der Sünde und Schuld der Welt zum Inhalt.
Diesen Solidaritätsgedanken finden wir auch bei Dostojewskij und
Tolstoj, die mit unerbittlicher Konsequenz folgern: Alle sind an allem
6chuld( Und sogar beim jungen Majakowskij in „Krieg und Welt":
„Ich gestehe, daß ich als einziger schuldig bin an der knackenden
Knochen Crescendo ... Gibt es im Blut, das in Strömen fließt, einen
Tropfen, den ich nicht verbrochen hätte? Da ich die Last des schrecklichen
Fluches trage, will ich Buße tun, bis ich mir den Schädel beim
Beten zerschlage".

Die Verfasserin hat in ihrer Arbeit die historischen Momente
vorzüglich herausgearbeitet, und soweit es im Rahmen
der Arbeit möglich, war, hat sie sich auch bemüht, die theologischen
Fragen anzudeuten, die für das Verständnis der russischen
Kirche wichtig sind. Sie hat mit ihrer Arbeit anderen die
Möglichkeit geschaffen, diesen Fragen nachzugehen, um das
ökumenische Gespräch mit den russischen Theologen weiter zu
beleben.

Was die philologischen Probleme und Feinheiten betrifft,
um die sich die Verfasserin bei der Übersetzung befleißigt hat,
mögen Philologen und Slavisten beurteilen. Die Arbeit ist in jeder
Weise verdienstvoll und bedeutet eine Bereicherung für die
deutsche Theologie.

Berlio Karl Rose

Benz, Ernst, Thum, Hans, u. Constantin Floros: Das Buch der
heiligen Gesänge der Ostkirche. Hamburg: Furche-Verlag 1962. 212 S.,
22 Taf., 1 Schallplatte 4°. Hlw. DM 48.—.

E. Benz führt unter I. (S. 8—37) in die „Glaubenswelt der
Ostkirche" unter Heranziehung von Kultus und Liturgie ein.
H. Thum bietet II'. (S. 40—140) zunächst eine theologische
Wertung des orthodoxen Hymnengutes, verbunden mit einer
historischen Skizze der byzantinischen Slavenmission. Danach
erklärt er Struktur, Zahlensymbolik und die verschiedenen
Hymnengattungen. Es folgen die deutschen Übersetzungen aus
den verschiedensten Gottesdiensten des Kirchenjahres. C. Floros
im III. Kapitel (S. 143—174) vermittelt dem Leser eine kurz gefaßte
Geschichte der vokalen Sakralmusik der Orthodoxie
einschließlich der russischen Kirche. Ein Bildteil in Kapitel IV
mit sehr guten, eindrucksvollen und zugleich auch Distanz
wahrenden Originalaufnahmen aus der griechischen und russischen
Kirche geben dem Benutzer des vorbildlich ausgestatteten
Bandes zusammen mit der ebenfalls griechische und russische
Chorgesänge enthaltenden Schallplatte einen unmittelbaren
Einblick in das Glaubensleben dieser Kirche. Wertvoll sind die
Übersichten zur Diskographie und allgemeinen, wie speziellen
Literatur (S;. 202—206). Ein Initienregister der deutschen
Hymnentexte sowie (allerdings etwas verloren wirkende) fünf
griechische Texte schließen den Band ab. Den drei Verfassern
ist ein wissenschaftlich gegründetes, aber für weite Kreise bestimmtes
und dabei auch in gewisser Weise anspruchsvolles
Werk gelungen. Manche Gegenstände der Darstellung wiederholen
sich zwar, werden aber dabei doch von verschiedenen
Gesichtspunkten betrachtet. Was S. 167 über das frühe Christentum
im Kiewer Rußland geschrieben steht, schwankt zwischen
Geschichte und Legende, und die „byzantinische Frage" wird
hier sicherlich etwas einseitig entwickelt. Aber der kritische
Leser kann mit Hilfe der Literaturverzeichnisse sich selbst weitgehend
orientieren. Anlage und Grundlegung des Buches wehren
jedenfalls jeder billigen Sentimentalisierung der Ostkirche.
Neben den drei Verfassern ist dieses nicht zuletzt das Verdienst
der diskographischen Literaturübersicht, die sich auf Arbeiten
G. v. Gardners stützf.

Halle/Saale Konrad Onaseh

C r i s c i, Generoso, und Angelo Campagna : Salerno Sacra.

Ricerche Storiche. Salerno: Edizioni della Curia Arcivescovile 1962.
607 S., 4 Taf., 1 Faltkte. gr. 8°. L. 3.500.—.

Dieses Buch füllt eine Lücke in der Geschichte der salernitani-
sehen Kirche; denn das letzte umfassende Werk über dieses Thema
wurde um die Mitte des vorigen Jahrhunderts geschrieben:
Giuseppe Paesano, Memorie per servire alla storia della Chiesa
salernitana, 4 Bde., 1846—57. Die zwei Verfasser, Crisci und
Campagna, haben die Geschichte ihrer Diözese von den Anfängen
(als Diözese erst 499 bezeugt, Erzbistum seit 98 3) bis zur
Gegenwart erforscht und dargestellt. Sie benutzten vor allem als
Quellen: Chronicum salernitanum, Necrologium und Liber con-
fratrum, Cartularium Ecclesiae salernitanae, und besonders den
Codex Diplomaticum Cavese, und ziehen außerdem das Vatikanische
Archiv und das Diözesanarchiv von Salerno zu Rate.
Kritisch prüfen sie die Werke früherer Historiker, wie A. Mazza,
G. Mosca und selbst F. Ughelli, weil sie oft „auf unsichere
Überlieferungen" gestützt sind (S. 53). Die drei Teile des
Buches beziehen sich auf 1) die Diözese von Salerno, 2) ihre
Pfarreien und 3) ihre Klöster. Es folgt ein Anhang mit einer
Zusammenfassung der politischen und kulturellen Geschichte
Salernos. Die langobardisch-normannische Periode wird besonders
berücksichtigt, weil das religiöse Leben der Diözese in jener
Zeit stark gefördert wurde.

Die Reihe der Bischöfe und Erzbischöfe beginnt mit dem
heiligen Bonosio, „von dem aber, was die Zeit seiner bischöflichen
Regierung angeht, nichts gesagt werden kann" (S. 54),
und sie reicht bis zum jetzigen (dem 106. in der Reihe) Erz-
bischof Demetrio Moscato (seit 1945). Die von den Verfassern
zusammengestellte Reihe ist bis zum 10. Jahrhundert sehr lückenhaft
. Unter den Erzbischöfen wird Nicola Piscicello erwähnt,
der von Papst Martin V. beauftragt wurde, die Zehntsteuer für
den Krieg gegen die Hussiten zu sammeln: ad bohemorum
hereticorum conlundendam potentiam (S. 92). Zwei Erzbischöfe
, die Kardinäle Federico de Campo Fregoso und Fr.
Girolamo Seripando, sind durch ihren Beitrag zur katholischen
Reformation des 16. Jahrhunderts bekannt. Unter den Erzbischöfen
unseres Jahrhunderts wird Carlo Gregorio Grasso
O.S.B. (1915—29) hervorgehoben, der „den Glauben und die
Moral gegen die protestantische Gefahr und die alles überflutende
Unsittlichkeit verteidigte" (S. 113).

In der Geschichte der Pfarreien des Erzbistums (gegenwärtig
173 für eine Bevölkerung von 350 000 Menschen) werden auch
mehrere alte Kirchen beschrieben, die heute nicht mehr existieren
. Das rege mönchische Leben wird durch die zahlreichen
Klöster von wenigstens 15 Orden und Kongregationen bezeugt.
Im vergangenen Jahrhundert wurde ihre Existenz zweimal,
nämlich zur Zeit Napoleons und bei der Entstehung des italienischen
Königreichs, durch die Gesetze gegen die Orden schwer
bedroht. Die Wiederherstellung der religiösen Kongregationen
begann am Ende des vorigen Jahrhunderts und wurde während
des Faschismus (Konkordat 1929) und besonders nach dem
zweiten Weltkrieg durch die christlich-demokratischen Regierungen
in Salerno wie in ganz Italien ermöglicht

Rom Valdo V i n a y

Die Friedensenzyklika Papst Johannes' XXIII. Pacem in Terris.

Über den Frieden unter allen Völkern in Wahrheit, Gerechtigkeit,
Liebe und Freiheit. Mit einer Einführung in die Lehre der Päpste
über die Grundlagen der Politik und einem Kommentar von A.-F.
U t z, O. P. sowie einem Nachruf auf Papst Johannes XXIII. von
Joseph Kardinal Frings. Freiburg-Basel-Wien: Herder-Bücherei
[1963]. 155 S. kl. 8° = Herder-Bücherei, Bd. 157.

Diese als Herder-Taschenbuch erschienene Ausgabe der
Enzyklika „Pacem in Terris" bietet außer dem auf Anregung
der deutschen Bischöfe hergestellten deutschen Text (8 5—140)
und einer Inhaltsübersicht (81—8 3) einen Nachruf auf Johannes
XXIII. von Kardinal Frings (7—10), eine Einführung in die Lehre
der Päpste über die Grundlagen der Politik (13—78) sowie kommentierende
Anmerkungen zum Text der Enzyklika, beides von
Arthur-Fridolin Utz O. P., schließlich ein Verzeichnis der Fundstellen
anderer in der Enzyklika zitierter päpstlicher Äußerungen
(141—143) und ein allgemeines Register (147—155). Während