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1965

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Altes Testament

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Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 4

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dere heilige himmlische Wesen, wie die Engel, sowie heilige
Menschen, zu denen sich vor allem auch die Qumran- Gemeinde
selbst zählt). Am Schluß wird unter der letzten Gruppe noch
besonders ausführlich über den Heiligen Geist gesprochen, bei
dem im Vergleich mit dem Neuen und Alten Testament für
Qumran charakteristisch ist, daß er noch nicht als Person gefaßt
wird, sondern als eine von Gott dem Menschen verliehene
Kraft. Seine Bedeutung tritt in Qumran gegenüber dem Neuen
Testament 6tark zurück. Schließlich wird noch die verbreitete
Auffassung einer Abhängigkeit der Vorstellungen über den
Heiligen Geist in Altem und Neuem Testament und in Qumran
von der iranischen Religion zurückgewiesen. — An diesen
7. Beitrag schließt sich der 8. über Geist und Geister in den
Texten von Qumran, der schon einige Jahre älter ist (geschrieben
195 5), sachlich folgerichtig an. Hier geht es um den Begriff
rwh. Dabei läßt sich vom Alten Testament her gesehen eine
deutliche Entwicklung verfolgen, indem besonders eine ausgebreitete
Lehre von guten und bösen Geistern entfaltet wird,
die ein regelrechtes Engel- und Dämonenreich bevölkern. Ansätze
, die sich dazu bereits im Alten Testament selbst finden,
werden zu einem regelrechten System ausgebaut, wie man es ähnlich
auch in den Apokryphen antrifft. Hier sind die Qumranr
Schriften Beispiel einer verbreiteten spätjüdischen Geisterlehre,
deren Spuren auch im Neuen Testament wiederkehren. Neben
dem Begriff rwh für „Geist" werden auch verwandte Bezeichnungen
, wie Engel, Belial, Mastema und Satan behandelt.

Zwei Festschriftbeiträge befassen sich mit Ordnungen der
Qumran-Gemeinde. Dazu gehört der 5. Aufsatz: Sakrale Mahlzeiten
vor Qumran (Festschr. f. Hub. Junker, 1961, S. 145—174),
S. 83—111, und der 9.: Vorchristliche Typen urchristlicher Ämter
? (Festgabe f. Kardinal Frings, 1960, S. 314-338), S. 188
— 220. Der erste dieser beiden Aufsätze setzt es sich zur Aufgabe
, in der strittigen Frage, ob es sich bei den in Qumran
üblichen Mahlzeiten, von denen in lQS 6, 4—6. 20 f. und 1 QSa
II 17—22 die Rede ist, um Mahlzeiten sakralen Charakters handelt
oder nicht, durch einen Vergleich mit den im Bereich des
alten Orients und im Alten Testament bekannten Sakralmahlzeiten
die Entscheidung zu erleichtern. Der Verf. schließt
sich dabei der Ansicht von J. van der Ploeg (The meals of the
Essenes, JSS 2, 1957, S. 163-175) und E. F. Sutcliffe (Sacred
meals at Qumran? in: The Heytrop Journal 1, 1960, S. 48—65)
an, daß es sich in Qumran nur um die täglichen Sättigungsmahlzeiten
handelt, die eine „private häusliche Angelegenheit"
(S. 110) sind und lediglich mit dem Tischsegen verbunden sind.
In Gegensatz dazu tritt das Bild aus der gesamten Umwelt, wobei
Ägypten, die Hethiter, Ugarit, Mesopotamien und schließlich
das Alte und Neue Testament in weitem Überblick betrachtet
werden. Überall, auch im Alten Testament, gibt es heilige
Mahlzeiten, bei denen ein Opfer mit einem Mahl verbunden
ist und entweder die Gottheit als Gastgeber erscheint, mit der
man Tischgemeinschaft hat, oder auch die Götter selbst als die
Mahlzeit (von den Opfern) Haltenden verstanden werden. Dieser
letztere, im heidnischen Bereich im Vordergrund 6tehende
Gedanke wird allerdings im Alten Testament zu Gunsten der
Tischgemeinschaftsvorstellung so gut wie ganz verdrängt. Auch
die neutestamentliche Eucharistiefeier hängt irgendwie noch mit
dem Opfergedanken zusammen. Vor diesem Hintergrund wird
die Nüchternheit, mit der das Mahl als alltägliches Geschehen
in Qumran (und bei den Essenern) begangen wird, um so bemerkenswerter
. — Der 9. Aufsatz untersucht die Frage, ob für
das neutestamentliche Amt des Episkopos (das Vorhandensein
eines monarchischen Episkopats schon in neutestamentlicher Zeit
wird trotz der zugegebenen Unklarheit der Überlieferung in
diesem Punkt behauptet (S. 195 ff.)) und dem schon in der
Damaskusschrift, nun aber auch in 1 QS auftretenden Amt des
mebaqqer ein sachlicher und vielleicht genetischer Zusammenhang
besteht. Das Ergebnis dieser Untersuchung lautet (S. 218 ff.),
daß ein solcher Zusammenhang nicht besteht, daß Ähnlichkeiten
in der Organisation mit der gemeinsamen Herkunft vom
Alten Testament und den Notwendigkeiten allgemeiner Organisation
zusammenhängen. Entscheidend ist aber der Unterschied
zwischen einer klösterlichen Organisation, wie sie (außer vielleicht
bei den Essenern) für diese Zeit in Qumran einzigartig

ist, und einer losen Glaubensgemeinschaft wie der Urkirche von
Leuten mit eigenem Hausstand. Dieses Ergebnis wird aber in
einer genauen Untersuchung des Amtssystems von Qumran gewonnen
, in der neben dem mebaqqer auch alle anderen Ämter
betrachtet werden, die in den Qumranschriften vorkommen. Dadurch
gewinnt diese Arbeit einen über den einen Vergleichpunkt
weit hinausgehenden, für das Verständnis der Organisation von
Qumran bedeutsamen Wert.

Am Schluß des Bandes stehen noch vier kurze, miscellenartige
Betrachtungen: 10. Epiklese in biblischer Betrachtung (Biblica 30, 1949,
S. 401—404): hier werden die beiden Blickwinkel des Begriffes Epiklese
: die Anrufung Gottes durch den Betenden und die Ausrufung
des Namens Gottes über Stadt, Tempel, Volk und einzelnen an verschiedenen
biblischen Belegen verdeutlicht. Beides besteht nebeneinander
und schließt sich keineswegs aus. 11. „Das Reich Gottes und
seine Gerechtigkeit" (Biblica 31, 1950, S. 237—241): Die Forderung
Jesu in Matth 6, 33 wird vom hebräischen Begriff tidan als alttesta-
mentlichem Hintergrund dieses Wortes im Sinne: „alles, was sich gehört
, was sich gebührt" erklärt. 12. Zur Auferstehung nach drei Tagen
(Biblica 3 5, 1954, S. 313—319): Die Bedeutung der Zahl von drei
Tagen bei der Auferstehung Jesu wird an Hand eines sumerischen
Textes, der Dichtung von der Höllenfahrt der Inanna (Uchtar) (herausgegeben
von S. N. Kramer, zuletzt im Journal of Cuneiform Studies 5,
1951, S. 1—17) untersucht. Das Ergebnis lautet, daß dieser Text zur
Erklärung der Dreizahl, wie sie zuerst in Hos 6, 2 auftaucht, nicht beitragen
kann, da von einem dreitägigen Aufenthalt der Inanna in der
Unterwelt nichts Sicheres gesagt wird. 13. Heißt käböd auch Seele?
(VT 2, 1952, S. 358—362): Die Übersetzung „Seele" für das hebräische
Wort käböd wird abgelehnt und statt dessen an den wenigen Stellen,
wo es sich nicht tilgen läßt, die Punktation käbed „Leber, Inneres"
vorgeschlagen.

Diese vier letzten Stücke hätte man auch missen mögen,
da ihre Bedeutung ihren Wiederabdruck nicht ganz zu rechtfertigen
scheint und sie ihrem Charakter und ihren Themen
nach auch recht stark aus dem Ganzen herausfallen. Ohne sie
wäre der Band noch geschlossener ausgefallen. Im übrigen aber
muß man sagen, daß er trotz der großen Reichhaltigkeit des
gebotenen Stoffes (der in dieser kurzen Überschau noch kaum
hinreichend erfaßt werden konnte) sehr einheitlich und geschlossen
wirkt. Die Beiträge werden nicht nur durch ihren gemeinsamen
Gegenstand: daß sie sich in ihrem Zentrum mit Qumran
beschäftigen, zusammengehalten, sondern auch durch ihren
gemeinsamen Charakter. Die besondere Stärke des Verfassers
liegt in der Untersuchung und übersichtlichen Darstellung von
Begriffen. Die Begriffsuntersuchungen bilden auch hier den
Mittelpunkt, und selbst, wo es sich um Institutionen handelt,
geht die Betrachtung doch von dem lexikalischen Befund aus.
Die Einheitlichkeit wird auch dadurch verstärkt, daß fast alle
Beiträge so neu sind; außerdem ist bei ihrem Wiederabdruck in
den Noten vielfach die neueste, seither erschienene Literatur
eingearbeitet worden. Gelegentlich auftretende sachliche Widersprüche
älterer zu neueren Arbeiten sind an beiden Stellen vermerkt
(so S. 167, Anm. 100 mit Bezug auf S. 177 und umgekehrt
dort Anm. 8). Der Druck ist gut; nur wenige Druckfehler
sind zu berichtigen. Im ganzen legt man die Sammlung bereichert
aus den Händen.

Kiel Henning Graf R eve n tl o w

A 1 t m a n n, Peter: Erwählungstheologie und Universalismus im Alten
Testament. Berlin: Töpelmann 1964. V, 31 S. gr. 8° = Beihefte zur
Zeitschrift für die Alttestamentliche Wissenschaft, hrsg. v. G. Fohrer.
92. DM 9—.

B a i 11 e t, M.: Remarques sur l'edition des Paroles des Luminaires

(Revue de Qumran 5, 1964 S. 23—42).
B e t z, O.: The dichotomized Servant and the End of Judas Iscariot

(Revue de Qumran 5, 1964 S. 43—58).
B o g a e r t, M.: Les Suffixes verbaux non accusatifs dans le semitique

nord-occidental et particulierement en hebreu (Bibl 45, 1964 S. 220

—247).

Carmignac, Jean: Le genre litteraire du „Pesher" dans Ia Pistis-

Sophia (Revue de Qumran 4, 1964 S. 497—522).
— „Regle des Chants pour 1'HoIocauste du Sabbat". Quelques details

de Lecture (Revue de Qumran 4, 1964 S. 563—566).
Dothan, M.: Ashdod: Preliminary Report on the Excavations in

Seasons 1962/63 (IEJ 14, 1964 S. 79-95).