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Ausgabe:

1965

Spalte:

215-216

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Schütz, Paul

Titel/Untertitel:

Das Mysterium der Geschichte 1965

Rezensent:

Dilschneider, Otto Alexander

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215

Theologische Literaturzeitung 90. Jahrgang 1965 Nr. 3

216

Frage stehen, ob die Lehre vom Lohn zu konfessionellen Gegensätzen
oder zur ökumenischen Versöhnung geeignet sei: „La
doctrine de la recompense: objet de controverses confessionelles
ou de reconciliation oecumenique?" (137—226) — Emery meint
das Letztere und schließt die Arbeit ab mit sechs knappen Ergebnissen
, die Bezug haben auf das tägliche Leben des Christen:
Lohn und Menschlichkeit, Lohn und Uneigennützigkeit, Lohn
und Gehorsam, Lohn und Gewissensurteil, Lohn und Erwartung
des Reiches Gottes, Lohn und Meditation des Heils (interpretiert
im Zusammenhang von Predigt und Meditation des Heils).

In welche Richtung diese Gedanken sämtlich führen, ergibt
sich schon aus der Skizze des Inhalts. E. nennt sich ausdrücklich
„Frere de Taize", und seine Darlegungen dürften typisch sein
für die Bemühungen der Bruderschaft von Taize. Es geht um eine
reformiert-römische Fusion der Heilsanschauungen, insbesondere
der Lehren über die Gnade und die Werke. Zweifellos ist dies
ein beachtlicher Entwurf zum Thema „Verantwortlichkeit und
Gnade"; zu bedauern ist aber, daß E. sowohl in der Bibelinterpretation
wie in den theologiegeschichtlichen und systematischtheologischen
Darlegungen den eigentlichen Gesprächspartner
mit Rom außer acht läßt: Luther und die Lutherische Theologie.
Das muß als Absicht oder als Bekenntnis mangelnden Einblicks
gelten, denn sachlich begegnete E. sehr wohl in seiner Literatur
die Anführung Luthers als Hauptdisputanten in dieser Frage,
z. B. bei G. Bornkamm, Der Lohngedanke im NT, Aufsätze II,
1959, und bei E. Schlink, Der kommende Christus und die kirchlichen
Traditionen, 1961. G. Bornkamm nennt ausdrücklich die
besondere Lösung im Sinne der reformatorischen Rechtfertigungslehre
(8 3.90 11.) und verweist auf H. J. Iwands Erläuterungen
zu Luthers Lösungsversuch in De servo arbitrio (74). Um das
Problem in seiner ganzen Tiefe zu erfassen, kann an Luthers Anfragen
zur Sache nicht vorübergegangen werden, und auch seine
und des Luthertums Lösungen der Verbindung von Glaube und
Werk müssen ökumenisch erörtert werden. Kritische Klärungen
dürften in der Gnaden lehre E.s erforderlich sein. Für die
wissenschaftliche Arbeit brauchbarer könnte das Buch durch
Bibelstellen- und Autorenregister werden, während allerdings
der Anmerkungsapparat besser nicht angehängt worden wäre.

Jena Horst Bein 1ker

Schütz, Paul: Das Mysterium der Geschichte. Von der Anwesenheit
des Heilenden in der Zeit. Hamburg: Furche-Verlag [1963]. 579 S.
8° = Gesammelte Werke, II. Bd.

Dieser zweite Band der gesammelten Werke von Paul
Schütz legt uns rund hundert Einzeltitel bzw. Abschnitte vor,
die unter folgenden Überschriften zusammengefaßt sind: Der
Mythos vom Menschen, Der Genius der Lüge, Der Teufel als
Messias, Die Reinigung des Auges, Die Wirklichkeit des Menschen
, Die große Verwandlung, Christ und Obrigkeit, Historismus
und Prophetie, Schöpfungsmythos und Weltwirklichkeit,
Universalgeschichte als Heilsgeschichte, Charisma Hoffnung,
Über die Zukunft des Christentums, Von Geist und Leib
Gottes. Im Hinblick auf die Fülle der Gedanken und Sichten,
die uns in diesem zweiten Band der gesammelten Werke ausgebreitet
werden, muß auf die Besprechung von mir hingewiesen
werden, die zu dem letzten bedeutsamen Buch von P. Schütz
„Parusie" und zu seiner Aufsatzsammlung „Im Erblicken
des Unschaubaren" in ThLZ 1963, Spalte 62—67, abgedruckt
wurde. Desgleichen auch auf meinen Beitrag zum Werk von Paul
Schütz „Nolite conformari" in der Zeitschrift für Religionsund
Geistesgeschichte, 1962, S. 356—367.

In den zwanziger Jahren wurde es, ausgehend von Karl
Barths Römerbrief, üblich, von pneumatischer Exegese zu
sprechen, und wir besinnen uns noch gut, wie sich schon damals
das Spannungsfeld zur historisch-kritischen Forschung entwickelte
. Doch vermochte damals niemand zu erahnen, welche
vorherrschende Bedeutung einmal die literarkritische Arbeitsweise
dann nach 1945 gewinnen sollte. Das ganze Lebenswerk
von Paul Schütz, wie es sich jetzt in der dankenswerten Veröffentlichung
seiner Werke im Furche-Verlag vor uns ausbreitet
, gewinnt seine theologische Würdigung und Bedeutung
darin, daß hier eine bedeutende Kontrapunktik herausgearbeitet

wird zu dem, was heute im theologischen Felde zu dominieren
scheint. P. Schütz formt hier die Gestalt und den Weg einer
vom Charisma des Glaubens und der Hoffnung geprägten und
getragenen Theologie. Wenn es einmal gestattet ist, die theologische
Lage kurz zu charakterisieren, dann könnte man sagen: Es geht
um die Auseinandersetzung und Behauptung von charismatischer
Theologie gegenüber neoliberalistischer Exi6tentialtheologie.
Dieser Grundansatz im Denkweg von P. Schütz beherrscht auch
den vorliegenden Band. Dafür ist der Eingang zu dieser Aufsatzsammlung
geradezu wegweisend, wo uns die Auslegung eines
Gedichtes von Alexander Puschkin „Der Prophet" gleichsam
als hermeneutischer Schlüssel mit auf den Weg gegeben wird.
Und immer wieder sind es drei Grundthemen, die in diesem
Band aufleuchten: die Frage nach dem theologischen Denken und
Erkennen, also das gneseologische Problem, die Frage nach der
Wirklichkeit, also das ontologische Problem, und die Frage nach
der Sprache. „Charisma ist Seinsgeschenk" so lesen wir bei
P. Schütz Seite 497, gleichsam wie ein Selbstbekenntnis: eine
provozierende Schlüsselstellung seines Denkens, mit der er den
Binnenraum dieser säkularen Welt durchbricht.

Berlin Otto Dilschneider

Bacht, Heinrich: Ich glaube (an) die Kirche (Catholica 18, 1964
S. 161—167).

Bartsch, Hans-Werner: Eine Möglichkeit, von Gott zu reden (ZdZ
18, 1964 S. 290—297).

Beumer, Johannes: Das Religionsgespräch und die ihm eigene Problematik
(ThGL 54, 1964 S. 322—332).

Bläser, Peter: Amt und Gemeinde im Neuen Testament und in der
reformatorischen Theologie (Catholica 18, 1964 S. 167—192).

Gollwitzer, Helmut: Zur biblischen Hermeneutik (ZdZ 18, 1964
S. 283—290).

Gut wenger, E.: Schrift und Schriftkanon (ZKTh 86, 1964 S. 418
—429).

Marie, Rene: Das theologische Problem der Hermeneutik (Bibel und
Leben 5, 1964 S. 95—102).

Mühlen, Heribert: Das Vorverständnis von Person und die evangelisch
-katholische Differenz (Catholica 18, 1964 S. 108—142).

P u n t e 1, L. B.: Zum Denken Karl Rahners. Bemerkungen zur Festgabe
„Gott in Welt" (ZKTh 86, 1964 S. 304—320).

Riesenhube r, Klaus: Der anonyme Christ. Nach Karl Rahner
(ZKTh 86, 1964 S. 286—303).

Rusch, Paulus: Die kollegiale Struktur des Bischofsamtes (ZKTh 86,

1964 S. 257—285).
Stakemeier, Eduard: Anmerkungen zum ökumenischen Dialog über

die Kirche (Catholica 18, 1964 S. 227—231).

Stenzel, Alois: Zur Geschichte des Erbsündendogmas (Schob 39,
1964 S. 407—412).

Wacker, Paulus: Ecclesia Semper reformanda (ThGL 54, 1964 S. 241

—251).

W e i c h e rt, Friedrich: Der Heilsrealismus der Taufe in den lutherischen
Bekenntnisschriften (PB1 104, 1964 S. 542—549).

L1TVRGIEW1SSENSCHAFT

D i e z i n g e r, Walter, Dr. theol.: Effectus in der römischen Liturgie.

Eine kultsprachliche Untersuchung. Bonn: Hanstein 1961. 153 S.
gr. 8° = Theophaneia. Beiträge z. Religions- u. Kirchengeschichte
d. Altertums, 15. DM 18.60.

Vorliegende Arbeit, eine 1957 von der Münchener Theologischen
Fakultät angenommene Dissertation, will den liturgiesprachlichen
Terminus .effectus' daraufhin prüfen, ob er in den
Texten der römischen Liturgie einen stets einheitlichen Sinn
habe oder sich darin verschiedene Bedeutungen verbergen.
Diese Untersuchung wird dadurch höchst aktuell und schwerwiegend
für die liturgische Theologie des römischen Katholizismus
, daß sie sich notwendig zu einer Auseinandersetzung mit
der Mysterienlehre Odo Casels auswächst. Odo Casel hat
nämlich sein theologisches Anliegen, daß in der Meßliturgie der
Kreuzestod Christi als Zentrum seiner Heilstat unter dem
Schleier der Riten als „Wirklichkeit" vergegenwärtigt werde,
auch von der Philologie her begründen wollen. Er hat geltend
gemacht, der Terminus „effectus" bedeute in den alten liturgi-