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Ausgabe:

1964

Spalte:

136-137

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Leipoldt, Johannes

Titel/Untertitel:

Griechische Philosophie und frühchristliche Askese 1964

Rezensent:

Schenke, Hans-Martin

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Theologische Literaturzeitung 89. Jahrgang 1964 Nr. 2

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daß die Zahl 153 in 21, 22 gematrisch auf den Namen Ignatius führe
(was jedoch nicht ohne einiges Zwängen zu erreichen ist) und daß
sie außerdem als Dreieckszahl zur Grundzahl 17 gehöre, die gematrisch
die drei ersten Buchstaben des griechischen Namens Johannes
ergebe. Ignatius habe also im Nachtragskapitel mit der Zahl 153
„nicht nur seine eigene Bearbeitung verschlüsselt signiert, sondern
zugleich die Sigle des Evangelisten JOA darin verborgen" (S. 112).
Ein Tausendsasa, dieser Ignatius! Als Übersetzer des 4. Evangeliums
wird sodann der Presbyter Johannes in Ephesus erkannt (S. 124). In
dem Interpolator hingegen, der für die eigentlichen Interpolationen
verantwortlich gewesen sei (also abgesehen von vereinzelten Inter-
pretamenten, die bei der Übersetzung zugefügt worden seien, und
abgesehen auch von späteren Zusätzen, an denen es nicht gefehlt
habe), hätten wir Papias zu sehen (S. 148).

Ein dritter Teil „Einzelprobleme" (S. 153—184) bringt die
Exkurse „Zur Chronologie des Evangeliums" (S. 155—167); nach
S. 158 soll Jesus im Jahre 12 v. Chr. geboren, nach S. 158 am
3. April 33 n. Chr. gestorben sein), „Zur Taufe im Jordan" (S. 168
—171; Bethanien 1, 28 sei = Batanea = Basan, und der Täufer habe
in dem Uferstreifen zwischen dem See Genezareth und der Einmündung
des Jarmuk in den Jordan getauft) und „Zum Apostelkatalog"
(S. 171—184).

Ich würde es bedauern, wenn diese Übersicht den Eindruck
einer Anhäufung von mehr oder weniger merkwürdigen Thesen
machen würde, und ich möchte daher ausdrücklich betonen, daß
es an überlegenswerten Hinweisen in dieser Arbeit keineswegs
fehlt. Auch mag es manchem Leser sympathisch sein, daß der
Zebedaide Johannes der Verfasser des 4. Evangeliums sein soll,
oder es kann als Vorzug wirken, daß in so großem Umfang mit
bekanntem Material, obschon oft in eigenwilliger Deutung,
operiert wird, das heißt, daß zum Beispiel als Bearbeiter, Übersetzer
und Interpolator nicht gänzlich unbekannte Größen eingeführt
werden, sondern eben Ignatius usw. Andererseits wird
man doch wohl urteilen müssen, daß der Verfasser keine seiner
Spezialthesen wirklich zwingend hat beweisen können, und daß
er sich mitunter zu 60 phantasievollen Neuerungen hat hinreißen
lassen, daß der Leser auch dem Übrigen mit einiger Besorgnis
hinsichtlich der Stichhaltigkeit gegenüberstehen wird.

Schon auf S. 4 erfährt der Leser übrigens, daß noch ein zweiter
Band folgen soll. Dieser wird nach S. 147 eine Neuausgabe des Corpus
Johanneum (Briefe, Ev. und Apk.) bringen, nämlich eine Ausgabe des
„durch Anwendung verfeinerter textkritischer Methoden" gewonnenen
griechischen Ausgangstextes (S. 140). Hier wird dann auch Näheres
über den Einfluß von Blatt- bzw. Bogenvertauschungen zu vernehmen
sein. Als ursprüngliche Anordnung des 4. Evangeliums wird vorerst
kurz mitgeteilt, die Reihenfolge sei 1,1—2,12; 6,1—71; 2,13—5,47;
7,1—13,35; 15, 9—16, 23a; 13,36—15,8; 16, 23b—21, 25 (S. 147).
Bern Wilhelm Michaeli»

Klein, Franz-Norbert: Die Lichtterminologie bei Philon von Alexandrien
und in den hermetischen Schriften. Untersuchungen zur Struktur
d. religiösen Sprache der hellenistischen Mystik. Leiden: Brill
1962. X, 232 S. gr. 8°. Lw. hfl. 22.—.

Die G. Mensching gewidmete Bonner Dissertation behandelt
vor allem die Texte Philons (11—68) und der Hermetica
(80—192) im einzelnen, in denen die Ausdrücke Licht, erleuchten
usw. uncigentlich gebraucht sind. Die Analyse geht aus von
einem differenzierten Schema neun kategorisierender termini
(Symbol, Metapher usw., 5 f.), deren Definitionen hier nicht
vorgeführt werden können. Die wichtigeren Texte besonders
Philons, mit dem jene Redeweise beginnt (l. 9), werden übersetzt
. „Das Licht repräsentiert" bei Philon u. a. „das Geistige"
(43); metaphorisch wird zumal Gottt von ihm als Licht bezeichnet
. Licht kann von einem lichten Auge erkannt werden; dieses
wird dem Menschen „im gnadenhaften Akt des q coTiCetv . . .
verliehen" (51). In einer Zusammenfassung (68—79) versucht
Klein, „die Verwirrung der Vorstellungen und der Terminologie
" (72) Philonischer Aussagen über das Licht usw. in einer
gewissen Systematik (68 f.) ordnend aufzulösen, wenn er auch
das Befehlsmäßige des Versuchs zugibt (76); z.T., meine ich,
bestätigt sich hier sein vielleicht etwas überspitzter Satz, daß
„jeder Systematisierungsversuch" in bezug auf „die Gedankenwelt
Philons von Anbeginn zum Scheitern verurteilt" sei (12),
soviel Zutreffendes in dieser Zusammenfassung nochmals herausgestellt
wird. Richtig sieht Klein m. E., daß „der Hellenist
Philon immer ein Jude blieb" (13; weniger glücklich scheint mir

die Bezeichnung als „Prototyp des hellenistisch-jüdischen Syn-
kretisten" zu sein, 11).

Ursprünglich sollte das umfängliche Thema der „Lichtsymbolik
in der Gnosis" bearbeitet werden; verschiedene Gründe
führten zu der nunmehrigen Beschränkung auf zwei Schriftengruppen
(1), deren zweite mindestens zu einem erheblichen
Teil wesentlich später ist und z. T. recht verschiedene Stücke
umfaßt. Das letzte — zur Datierungsfrage der Hermetica
äußert er sich zurückhaltend (82) — wird durch Klein gerade
auch an der verschiedenen Verwendung der Lichtterminologie
in diesen erwiesen. Soweit die uneigentliche Redeweise in
den „dualistischen" Traktaten (vor allem in I. XIII) eine
Rolle spielt, ist „Licht" gleichfalls metaphorische Bezeichnung
Gottes; „erleuchten" meint „Gnosis vermitteln" (105
u. ä. ö.; mehrfach erscheint hier ebenso die Gabe der Erkenntnis-
als Geschenk, 178. 182. 185). Zu Teil II werden mitunter
Fragen der religionsgeschichtlichen Herkunft der Vorstellungen
erörtert. In den Hermetica werden sodann auch die Aussagen
über Licht, Sonne usw. behandelt, die über die bisher erwähnten
hinausgehen (XVI „hat eine ausführliche Sonnentheologie",
149). Zum Verständnis der z.T. schwierigen Sätze (eine anziehende
Interpretation zu XI 7 gibt Klein 143—145) muß
meist der Zusammenhang des Traktats überhaupt herangezogen
werden. Ein Exkurs stellt einiges über „Das Fortwirken der
Lichtterminologie" im antiken Christentum zusammen (192—
203). Schließlich wird versucht, „eine Systematik" nicht „der
besprochenen Stellen, die aus ihrem Kontext nicht gelöst werden
können", sondern „der Möglichkeiten der Lichtterminologie
und ihrer Vorstellungen" (204) im Rahmen der behandelten
Texte insgesamt zu geben (204—219). Wie schon häufig in der
Einzeluntersuchung (besonders in Polemik gegen G. P. Wetter)
wird auch hier nochmals das natural(istisch)e Mißverständnis
besonders der „Bezeichnung Gottes als ,Licht'" (205, im Sinn
der Identifizierung, 24) in der behandelten spekulativen Literatur
abgewehrt (211 f.). Als bestimmend erscheinen zuletzt die
Sätze, daß Licht als „das schönste aller irdischen Dinge" besonders
geeignet" ist „als Symbol" für Gott (205), daß Gleiches
nur durch Gleiches erkannt werden kann, und daß das Erkennen
Gottes durch ein Erleuchtetwerden (das in einem weiteren Sinn
verstanden werden kann als Empfangen des Heils) gegeben wird
(213-215).

Der besondere Ertrag der Arbeit liegt m. E. vor in der
Einzelanalyse der Texte, aus der deutlich wird, daß die Lichtterminologie
in den besprochenen Schriften entscheidend bildhaft
verwendet ist. Weitgehend werden Licht, erleuchten usw.
zum „technischen Terminus" (nach Klein oft schwer zu unterscheiden
von der Metapher, 5 usw.), zum verfestigten Bildwort,
dessen Bedeutung o. w. als bekannt vorausgesetzt wird. Bei
Philon gibt es ja noch andere verfestigte Gottesnamen bildhafter
Art, von denen weithin Entsprechendes gelten dürfte, wie
etwa ßaalXF.vQ, yewtjrtjc;, di><m<Wf]c, fjyriifhr, narr/o usw.; es
wäre wünschenswert, daß sie in ähnlicher Weise geprüft würden.
Übrigens hätten zu Philon wohl Altes Testament und Judentum
noch mehr vergleichend herangezogen werden können (als
recht förderlich erweist sich ihre Verwertung in dem Abschnitt
über das Lichtkleid, 61—66).

Daß <pcoxl^cir in Justin apol. I nicht „terminus technicus für
.taufen'" ist (194), soll demnächst anderswo gezeigt werden. Die Übersetzung
von Clem. paed. I 28, 1 (52) ist seltsam. Geringfügigere Errata
seien hier übergangen.

Halle/Saale Gerhard De 11 i n g

Leipoldt, Johannes; Griechische Philosophie und frühchristliche
Askese. Berlin: Akademie-Verlag 1961. 67 S. 8° = Berichte über
die Verhandlungen der Sachs. Akademie der Wissenschaften zu
Leipzig, philol.-hist. Klasse, Bd. 106, H. 4. Kart. DM 3.—.

L. will in dieser Studie zeigen, daß die frühchristliche Askese
und damit das christliche Mönchtum im wesentlichen aus
griechischer Art, aus griechischem Geiste, aus der griechischen
Philosophie stammt. So ist das „und" des Titels zu interpretieren
! L. breitet eine interessante und reiche Auswahl von Belegen
unter diesem Gesichtspunkt und in entsprechender Ordnung,