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Ausgabe:

1964

Spalte:

939

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Sentzke, Geert

Titel/Untertitel:

Die Kirche Finnlands 1964

Rezensent:

Israel, Friedrich

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Seite 1

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939

Theologische Literaturzeitung 89. Jahrgang 1964 Nr. 12

940

Sentzke, Ceert: Die Kirche Finnlands. Helsinki 1963 (Lizenzausgabe
d. Verlages Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen). 290 S.,
20 Abb. a. Taf., kl. 8° = Schriften der Luther-Agricola-Geiell-
echaft B 2.

D. Dr. Sentzke, jetzt Pfarrer der deutschen Gemeinde in
Helsinki, veröffentlichte 1935 ein Buch mit demselben Titel,
angezeigt in ThLZ 1936.

Das in allen Teilen neue Buch von 1963 ist für die Tagung
des Luth. Weltbundes in Helsinki herausgegeben, gedruckt in
Finnland in deutscher Sprache ohne Fehler bis auf eine Zeilenirrung
S. 15. Auf derselben Seite steht: „Die Holzkirchen 6ind
alle verschwunden": ergänze „aus dem Mittelalter". Allerdings
sind S. 176 nur in einer Anmerkung die Holzkirchen nach der
Reformation erwähnt, „oft von Baumeistern aus dem Volk erbaut
, die ein erstaunliches Können bewiesen", vgl. die beiden
Bilder nach S. 112. Prof. Strzygowsky, Wien, hat einige Semester
an der Akademie Äbo gelesen, um sich u. a. dieser erstaunlichen
Erscheinung zu widmen.

Der 1. Abschnitt des Buches „Die äußere Gestalt der
Kirche" zeigt die entscheidenden Veränderungen seit 1935, besonders
in der Selbstverwaltung der Kirche. Noch stützt der
Staat in Einzelheiten die Volkskirche. Die Pfarrämter führen die
Bevölkerungsregister. Seit 1960 zieht der Staat die Kirchensteuern
mit den anderen Steuern ein.

Der 2. Abschnitt spricht von den Erweckungsbewegungen
des 19. Jahrhunderts, die entscheidend für die Kirche Finnlands
wurden. Ausgezeichnet ist, was Sentzke z. B. über den umstrittenen
Paavo Ruotsalainen S. 104 ff. schreibt.

Der 3. Abschnitt handelt vom inneren Leben der Kirche
in 10 Unterabteilungen. Bemerkenswert ist, wie die Innere
Missionsstadt Sortavala am Ladogasee, die 1945 an die UdSSR
fiel, jetzt großzügig in Pieksämäki wiederaufgebaut worden ist,
mit Druckerei für Bibel, Gesangbuch, erbaulichem Schrifttum, mit
Diakonen- und Diakonissenhaus, Volkshochschule, Krüppelpflege
usw.

Sentzke warnt vor Überschätzung der finnischen Kirche.
Auch sie steht im Zeichen des Umbruchs. Aber im Sturm der
Geschichte hat sie ihre Stellung behauptet und zu einem Einsatz
eigener Art befähigt.

Namen- und Sachregister erleichtern die Benutzung des
lesenswerten Buches.

Leipzig Friedrich OiturhiId

Benedyktowicz, Witold: Römisch-katholische Ökumene. Ein
edles Plagiat (Polnische ökumenische Rundschau 3, 1964 S. 4—6).

Hey er, Friedrich: Sozialkatholizismus in Frankreich (ZW 3 5, 1964
S. 368—378).

J e d i n, Hubert: Die Bedeutung des Tridentinisdien Dekretes über
die Priestereeminare für das Leben der Kirche (ThGl 54, 1964,
S. 181—198).

L i n d b e c k, George: The Second Vatican Council (Concordia
Theological Monthly 34, 1963 S. 19—24).

Müller, Ludolf: Russische Frömmigkeit (ÖR 13, 1964 S. 256—271).

Nitzschke, Kurt, und Hans G e i ß e r : Schrift und Tradition.
Zum Verständnis der Diskussion um die Offenbarungsquellen auf
dem Zweiten Vatikanischen Konzil (Im Lichte der Reformation.
Jahrbuch des Evangelischen Bundes VI, 1963. Göttingen: Vandenhoeck
& Ruprecht S. 50—86).

S c h 1 i n k, Edmund: Zum Abschluß der zweiten Sitzungsperiode des
Konzils (ZdZ 18, 1964 S. 214—219).

S e 1 g e, Kurt-Victor: Was wird aus dem 2. vatikanischen Konzil?
(DtPfrBl 64, 1964 S. 288—291).

Sohn, Otto: The Church and Mixed Marriage (Concordia Theological
Monthly 34, 1963 S. 517—540).

Stakemeier, Eduard: Die Konzilsdiskussion über das Schema „De
Oecumenismo" (ThGl 54, 1964 S. 161—181).

PHILOSOPHIE UND RELIGIONSPHILOSOPHIE

S e e b o h m, Thomas: Die Bedingungen der Möglichkeit der Trans-
zendental-Philosophie. Edmund Husserl« transzendental-phänomeno-
logischer Ansatz, dargestellt im Anschluß an seine Kant-Kritik.
Bonn: Bouvier & Co. 1962. V, 200 S. gr. 8° = Abhandlungen z.
Philosophie und Pädagogik, Bd. 24. Kart. DM 19.80.

Es handelt sich bei dieser Arbeit um eine philosophische
Dissertation der Mainzer Universität vom Jahre 1960. Obwohl
ihre Gedankengänge, jedenfalls in allen Einzelheiten und Nuancen
, nur für wenige Spezialisten nachdenkbar oder in ihrer
Tragweite voll zu erfassen sein dürften, ist es doch zu begrüßen,
daß das Problem einer Transzendental-Philosophie, und das
heißt: letzter (erkenntnistheoretischer) Begründung und Fundierung
der Wahrheit wissenschaftlicher Aussagen, weiterverhandelt
wird; zumal in einer Zeit, wo der Wahrheitsbegriff der
formalen Logik, das hypothetische Wenn — Dann (symptomatisch
hierfür die die Logik technisierende Logistik) dominiert,
demzufolge man nicht mehr fragt, was eigentlich und .wirklich
wahr' ist, sondern was Position und Standpunkt, Tradition oder
common sense der Gegenwart, die Prinzipien der Schulrichtung
oder das Festgelegtsein auf diese und jene ,Entscheidung' an
Konsequenzen fordern. Bei diesem die heutige Mentalität (und
nicht am wenigsten im Bereich der Theologie) weithin bestimmenden
Positivismus und Pragmatismus, der nur verlangt, daß
man widerspruchsfrei (letztlich nur technisch richtig) denkt und
lebt, aber nicht, daß man wahr lebt, ist es erfreulich, wenn eine
Arbeit wieder einmal — für viele 6icher in ganz anachronistischer
Weise — die ganze Kantproblematik um letzte Begründung und
materielle Wahrheit menschlicher Urteile lebendig werden
läßt.

Anlaß hierfür ist das Bemühen einer Rechtfertigung Hus-
serls, besonders gegenüber dem Vorwurf, seine transzendentale
Phänomenologie sei noch (oder wieder) „Metaphysik alten Stils"
(8 8) und damit nicht hinreichend kritisch (= das subjektive Erkenntnisvermögen
ausmessend). Es liegt ja schon im Begriff
einer „transzendentalen Phänomenologie" die Schwierigkeit, ja
Paradoxie, daß einerseits (im Begriff des Transzendentalen) Reflexion
auf das erkennende Subjekt, aber andererseits zugleich
(im Begriff der Phänomenologie) die vielgenannte „Wende zu
den Sachen selbst" (8 5) gemeint und verlangt ist. Beides miteinander
zu verbinden, ist in der Tat ein entscheidendes Problem.
Ob es Husserl gelöst hat oder ob sein „transzendental-phäno-
menologischer Ansatz" ein „lebensunfähiges Zwittergebilde"
(S. 2) ist, was aus sachlicher Notwendigkeit und nicht nur aus
„Tragik" keine Weiterführung fand (S. l), ist das Problem der
Arbeit Seebohms. Et löst es in der Richtung, daß er auf der Beibehaltung
des transzendentalen Ansatzes (im Sinne Husserls)
besteht und von einer Husserl-Renai6sance erhofft, daß sie
einem Abgleiten der Philosophie in mythische Seinsspekulation
wehrt. ' I > ' N

„Eine Husserl-Renaissance . . . kann «innvollerweise nur darin
bestehen, daß man dem transzendental-kritischen Denken in der
Phänomenologie wieder den Platz vor aller Metaphysik einräumt.
(Anm.: E« ist verschiedentlich betont worden, daß die Fundamental-
ontologie auch eine Transzendentalphilosophie sei, da sie auf das
Dasein, die Subjektivität rekurriere, um zum Sein zu gelangen.
Da aber das Sein bei Heidegger der Subjektivität vorgeordnet ist. . .,
erweist sich die Fundamentalontologie doch letztlich als eine Philosophie
der Transzendentalien. Die Subjektivität spielt zwar in ihr eine
große Rolle, sie ist aber keine transzendental-kritische Philosophie,
der die Subjektivität das Letzte ist)" (S. 164 f.).

Was das Verhältnis Husserls zu Kant anbetrifft, so wird besonders
hervorgehoben, daß Husserl an Kant noch viel psychologisches
Denken rügt („Kant muß, um den Anschein zu vermeiden
, daß er psychologisiert, konstruieren", S. 32), was dann zur
Folge habe, daß die Kantische Transzendentalphilosophie zur
Skepsis führen könne; „denn das Subjekt erkennt den eigentlichen
Gegenstand, das Ding an sich, nicht" (S. 46, doch vgl.
S. 190). „Unterschiebt man aber der Kantischen Theorie eine
solche Auslegung nicht, und Husserl ist durchaus nicht der Auf-