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Ausgabe:

1964

Spalte:

905-909

Kategorie:

Altes Testament

Titel/Untertitel:

Hebrew Union College Annual ; Vol. XXXIII, Vol. XXXIV 1964

Rezensent:

Bardtke, Hans

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Theologische Literaturzeitung 89. Jahrgang 1964 Nr. 12

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dem „an ,Gottes Wort' gebundenen Gewissen" Luthers (28 3)
erkennen. Überzeugender ist der Hinweis, daß die Ethik noch
bei Kant einen eschatologischen Hintergrund behalten hat (286),
wenn auch die Po6tulatenlehre die eschatologische Spannung
rationalisiert und entschärft hat (307). Der theologische Hintergrund
Kants ist nicht reformatorisch, sondern pietistisch, wie
auch D. hervorhebt (260 f., 304, 307, 351). Aber Kant scheint,
jedenfalls im Umkreis der Ethik und Religionslehre, vom Pietismus
gerade das sich zueigen gemacht zu haben, was diesen von
der Reformation trennte. So besonders die Vorordnung des Sittlichen
vor die Gnade (304, 348). Von daher muß es als konsequent
erscheinen, daß Kant eine Ethik des Gesetzes und keine
Liebesethik entwickelt hat. Der Sache nach hat D. diesen Umstand
mit Recht kritisiert (297, 299 f.), ebenso wie die Tatsache,
daß Kant die Überwindung des radikal Bösen nur als Wiederherstellung
, nicht aber als Neuschöpfung des Menschen und der
Welt gedacht hat (3 50 f.). Als verpflichtendes Dogma galt für
Kants Religionsglauben daher nur der Glaube an Gott als
Schöpfer und Gesetzgeber, Erhalter und Richter (356). Eine verpflichtende
Offenbarung Gottes fand Kant, nachdem ihm die
Naturoffenbarung fraglich geworden war, eben nur noch in der
Vernunft (R. 110 ff.) des gottebenbildlichen Menschen: Im Denken
Kants ist „die Lehre von der Gottebenbildlichkeit des Menschen
offensichtlich das Verschiebegleis gewesen, auf dem sich
der Sinngehalt aller grundlegenden Begriffe der philosophia spe-
culativa und practica zwischen Theologie und Anthropologie
hin- und herbewegt" (D. 310). Freilich1 hätte die Erfahrungsgebundenheit
der Vernunft Kant zum Anlaß werden können,
auch die Gestaltung des Verhältnisses der Menschen zu Gott im
Bereich der Erfahrung statt in einer apriorischen Vernunftstruktur
zu suchen. Doch dem stand bei Kant sowohl die Auffassung
von der Natur als eines in 6ich selbständigen mechanischen
Systems, als auch die dieses Naturverständnis rechtfertigende
Konzeption einer „natürlichen", den Bereich möglicher Erfahrung
im voraus abgrenzenden Vernunftstruktur entgegen.
Letzteres zeigt wohl, daß die Bindung der Vernunft an Erfahrung
von Kant selbst nicht radikal durchgehalten worden ist.

ALTES TESTAMENT

Hebrew Union College Annual. Ed. by E.L.Epstein. Vol. XXXIII.

VII, 275 S., 26 S. hebr., 1 Porträt, Index to Vol. I-XXXII 22 S. -
Vol. XXXIV. VII, 2 50 S.. 40 S. hebr., 1 Porträt, 8 Taf. Index to
Vol. I-XXXIII 23 S. Cincinnati: Hebrew Union College — Jewish
Institute of Religion 1962/63. gr. 8°.

Band XXXIII ist Abraham Cronbach zum achtzigsten Geburtstag
gewidmet. Sein Bild ist der Widmung beigegeben. Die
englisch geschriebenen Aufsätze sind auf verschiedene Fachgebiete
bezogen, zwei auf assyriologische Probleme, zwei auf
alttestamentliche Fragen, eine Studie ist Septuagintafragen gewidmet
, die anderen Themen führen in die jüdische Geschichte
von der Mischna bis in moderne Zeiten. Ähnlich ist der Inhalt
des Bandes XXXIV angeordnet. Im Band XXXIII ist noch ein
Aufsatz von Julius Lewy enthalten, und mit ihm sei die Reihe
der Beiträge, über die hier berichtet werden soll, begonnen. Damit
erfüllt Rezensent eine Pietätspflicht gegenüber seinem
einstigen Lehrer im Akkadischen an der Universität Gießen
während der zwanziger Jahre. Niemand konnte ahnen, daß der
Band XXXIV von den Herausgebern dem Andenken von Julius
Lewy gewidmet sein würde, da dieser treffliche und kenntnisreiche
Forscher am 19. Juni 1963 verstarb. Der Index der im
HUCA veröffentlichten Arbeiten zählt zwölf Abhandlungen aus
der Feder von Julius Lewy auf, dazu noch eine Arbeit, die er in
Gemeinschaft mit seiner Gattin Hildegard Lewy verfaßte.
1937/38 in Band XII/XIII begann Julius Lewy seine Mitarbeit
am HUCA und hat bis zum XXXIII. Band diese Mitarbeit durchgehalten
. Band XXXIV ist mit einem guten Bild von ihm, offenbar
aus der letzten Lebenszeit, ausgestattet. Wer Julius Lewy
in seiner Jugend und in seinem Alter gekannt hat, weiß um die
trefflichen Charakteristika, die dieses Bild von ihm eingefangen
hat, und wird es als ein teures Andenken* an den Verstorbenen
bewahren. Der letzte Aufsatz von Julius Lewy im HUCA behandelt
das Thema „Old Assyrian evidence concerning Kussara
and its location". Ursprünglich als Widmung für H. Th. Bossert
gedacht und für ein in Istanbul erscheinendes Jahrbuch bestimmt,
mußte diese Arbeit 1962 in HUCA erscheinen (S. 45—56). In
vorsichtiger, vorbildlicher topographischer Methode führt Lewy
unter Benützung der verschiedenen Quellen aus altassyrischen
Texten und unter Anknüpfung an eine topographische Beobachtung
Bosserts zu dem ersten Schluß, daß Kussara in der Berggegend
westlich von Elbistan gelegen habe. Diese vorwiegend
aus geographischen Erwägungen gewonnene Feststellung wird
quellenmäßig-historisch unterbaut durch Beobachtung der Angaben
über assyrische Zollstationen. Lewy identifiziert Kussara
mit der modernen Stadt Kemer. Mindestens müsse Kussara nahe
bei diesem Ort gelegen haben. Er ist vorsichtig genug, eine
gültige Bestätigung dieser hypothetischen Identifizierung von
archäologischen Ausgrabungen abhängig zu machen, glaubt aber
andererseits zuversichtlich, daß die Veröffentlichung tausender

wohlerhaltener Tontafeln sicher noch größeren Aufschluß über
die Lage von Kussara geben wird. — William W. Hallo: The
Royal Inscriptions of Ur: A Typology (S. 1—43) untersucht die
einzelnen Inschriften nach ihrem grammatischen Bau und ordnet
sie typologisch, wobei S. 23—43 eine ausführliche Bibliographie
der verschiedenen Inschriften, geordnet nach Standard Inscriptions,
Building Inscriptions, Votive Inscriptions, Weight Inscriptions
und Seal Inscriptions sowie Late Copies geboten wird. — Julian
Morgenstern legt den vierten Teil seiner Studien über das
Bundesbuch: „The Book of the Covenant" (S. 59—105) vor. Die
früheren Studien sind HUCA V, 1928, 1—151; VII, 1930,
19-258; VIII—IX, 1931/32, 1-150 veröffentlicht worden. Man
darf dankbar sein, daß der Autor nach 30 Jahren Zeit gefunden
hat, mit der vorliegenden Arbeit die Reihe der Studien zu vollenden
. Ausgehend von Jepsens Schrift „Untersuchungen zum
Bundesbuch" (BWANT III, 5, 1927) wendet sich der Verfasser
den Texten in Ex 22, 20—26; 23, 1—9 zu, die er miswot nennt
und eingehend analysiert. Beruhend auf älteren Gesetzen der
vorexilischen Zeit sind sie von zwei oder drei Herausgebern in
der ersten Hälfte des 5. Jh. v. Chr. eingearbeitet worden. Die
Sammlung der huqqim dagegen läßt der Verfasser jetzt im
Gegensatz zu seiner früher vertretenen Meinung in der 2. Hälfte
des 5. Jh. oder im frühen 4. Jh. eingearbeitet sein. Die literarische
Entwicklung des Bundesbuches beginnt nach seiner Meinung
842 v. Chr. und ist etwa 5 Jahrhunderte später abgeschlossen
. — M. Tsevat legt „Studies in the Book of Samuel"
Teil II. Interpretation of 1 Sam 10,2 Saul at Rachels Tomb"
(S. 107—118) vor. Zu Teil I dieser Studien siehe ThLZ 88, 1963,
268. Die Arbeit knüpft an die drei Erwähnungen des Rachelgrabes
in Gen 35, 19 f.; 48, 7; 1 Sam 10, 2 an und sucht das in
der letzten Stelle genannte Zelzah in der unmittelbaren Nachbarschaft
von Kirjath-Je arim unter sorgfältiger Benützung
der verschiedenen Lesarten der LXX und der Nachricht des Pilgers
Theodosius ca. 5 30 n. Chr. Der Zusatz in den beiden ersten
Stellen „das ist Bethlehem" wird als eine spätere Zeitverhältnisse
voraussetzende Bemerkung aufgefaßt. — Harry M. Orlinsky setzt
die Reihe seiner Septuagintaforschungen fort in der Studie:
„Studies in the Septuagint of the Book of Job" (S. 119—151).
Frühere Arbeiten des Verfassers zu diesem Buch in HUCA siehe
ThLZ 1960, 584 f.; 1963, 265 f. 268. Verfasser bevorzugt den
Codex Vaticanus (GB), den er für den besten LXX-Text im Bereich
des Buches Hiob erklärt. An insgesamt 35 Stellen des
griechischen Hiobbuches werden Textverderbnisse des griechischen
Textes festgestellt und mit Hilfe des masoretischen Textes
verbessert. Alle Ausführungen sind von ausgezeichneter Gelehrsamkeit
und intensiver Literaturbeherrschung getragen. — Ernest
Wiesenberg, „Elements of a Lunar Theory in the Mischnah Rosh
Hashanah 2,6 and the talmudic complements thereto" (S. 153
—196). Die Untersuchung geht von den fünf Fragen aus, die die
Zeugen des Neumonds zu beantworten hatten nach Rosh Hashanah
2, 6, ob sie den Mond gesehen hatten vor oder hinter