Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1964

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Titel/Untertitel:

Neuerscheinungen

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

859

Theologische Literaturzeitung 89. Jahrgang 1964 Nr. 11

860

der gottesdienstlichen Formen" ständen", ein Urteil, von dem
nur „das konfessionell lutherische Württemberg" auf Grund
seiner liturgiegeschichtlidien Ahnentafel anmerkungsweise Ablaß
erhält (S. 241 f.). — Bei dem Abschnitt über Altar und Kanzel
empfindet man schmerzlich den fragmentarischen Abbruch der
Kunzeschen Ausführungen; war ihm doch die Frage nach der
rechten Stellung dieser beiden Größen zueinander alles andere
als nur eine historische Angelegenheit: Er ist nicht mehr
dazu gekommen, auch nur andeutungsweise etwas über die ihm
vorschwebende Lösung des Problems für Gegenwart und Zukunft
niederzuschreiben. Jedenfalls lehnt er die seitliche Stellung der
Kanzel als „Aufspaltung der einen alleinigen Vertikale" ab, die
lutherische Kirche habe sich „allmählich auch innerlich, d. h. in
ihrer Abendmahlslehre und ihrer gottesdienstlichen Gestaltung
einem fremden Kleide" angepaßt. So wurde durch das Übergewicht
der Kanzel der evangelische Gottesdienst ausschließlich
zum Predigtgottesdienst, die Abendmahlsfeier zum Anhängsel
oder zur „Winkelsache", „eine Wurzel der vielberufenen Abendmahlsnot
des Protestantismus" (S. 244)10. — Vom Kanzelaltar
heißt es: „Er soll die Wort und Sakrament vereinende, aber
nicht vermischende Vertikale baulich darstellen. Eine wahrhaft
geniale Konzeption, aber eine liturgisch wie künstlerisch in bedauerlicher
Weise versagende Konstruktion! Der Grund dieses
Versagens liegt nicht im Künstlerischen und nicht im Liturgischen
; er ist so glatt, daß man sich scheut, ihn ernst zu
nehmen. Man wollte festhalten am Retabel, der Altarrüdcwand,
deren Unnötigkeit verdeckt wurde von den sich hier bietenden
malerischen und plastischen Möglichkeiten" (S. 244). K. schwebt
wohl die Lösung Kanzel mit davor stehendem retabellosem
Altartisch vor. Nicht übergangen sei zum Schluß der Aufsatz des
Bearbeiters von Kunzes II. Band, Alfred Weckwerth, (S. 246—
280) „Zur Symbolik des altchristlichen und frühmittelalterlichen
Kirchengebäudes", Hauptgedanken eines ausführlicheren Aufsatzes
aus der ZKG, Bd. 69, 1958, rein buch technisch sich angenehm
von K. unterscheidend durch die saubere Trennung von
Text und Anmerkungen, die Fülle der bibliographischen Angaben
usw. Man wird im übrigen nicht übersehen dürfen, daß das
Thema des Bearbeiters sich zwar eng mit dem des Kunzeschen
Buches berührt, ja stellenweise überschneidet, aber doch grundsätzlich
von ihm verschieden ist: Lehre und Liturgie in ihrer
Beziehung zum Kirchenbau ist etwas anderes als die auf ihn
angewandte Symbolik, bei der immer gefragt werden muß, ob
sie vorgegebenes Programm war oder nachträgliche Deutung
ist". Wenn der Bearbeiter selbst das vielleicht nicht deutlich
genug erkannt hat, so mindert das doch nicht den Wert seines
Aufsatzes, an dem mir die Deutung der Doppelchoranlage auf
Imperium und Sacerdotium und die sich eng mit Kunze berührende
Hervorhebung des mittelalterlichen Kreuzaltars als des
„Hauptaltars des frühmittelalterlichen Gotteshauses" (S. 280) der
besonderen Beachtung und weiteren Diskussion wert erscheint.

Für zahlreiche Druckfehler u. ä. in Band II ist K. selbst nicht
verantwortlich, z. B. S. 173, Z. 6, „durften", nicht dürften"; S. 175,
Z. 13 v.o. „Leo IX." nicht „Leo X." — S. 176, Z. 3 v.o. „unicae"
nicht „uniae" — S. 178, Anm. 2, Z. 5 fehlt das Verbum — S. 179, Z. 4
v. u. „stattlichen" nicht „staatlichen" — S. 187 „calvinischen" statt
„kalvinischen" — S. 188 pantheistischen" nicht „pantherheistischen" —

") Eine ähnlich einseitige Beurteilung der liturgischen Gegebenheiten
und Entwicklungen in der ev. Kirche findet sich S. 205, wo K.
behauptet, die „tiefe Abendmahlsnot" der ev. Kirche in Deutschland
hänge mit dem Verlust der „geistigen Nießung", d. h. der nur zuschauenden
Teilnahme am Abendmahl, zusammen, als ob nicht schon
Luther hier den Wittenbergern gegenüber machtlos gewesen
wäre! — Auf S. 244 nennt K. übrigens eine andere Wurzel der
Abendmahlsnot!

10) Siehe dagegen Kunzes andersartige Begründung dieser Not in
unserer Anmerkung °). — Mindestens eine starke Übertreibung
ist es, wenn K. im gleichen Zusammenhang S. 244 sagt, das lutherische
Verbot der Selbstkommunion habe „viele seiner Landpfarrer praktisch
exkommuniziert". Das wurde dadurch vermieden, daß lutherische
Landpfarrer 6ich von einem benachbarten Amtsbruder das Abendmahl
reichen ließen; so noch in unserem Jahrhundert!

") Man vergleiche die Analogien in der Deutung der ostkirchlichen
Liturgien bei Kattenbusch, Artikel „Mystagogische Theologie"
in RE3, Bd. 13, 612—623.

S. 190, Anm. 1, Z. 1 „Chorabschlüsse" nicht „Choralabschlüsse"
S. 198, Z. 12 v.u. „im" nicht „in" — S. 198, Z. 2 v.u. „empfinge"
nicht „empfänge" — S. 204, Z. 2 v. u. fehlt das Verbum, oder Komma
und ein „die" müssen gestrichen werden — S. 210, Z. 16 v.o. „in",
nicht „an" — S. 210, Z. 18 v.o. „den", nicht „dem" — S. 219, Z. 7
v.u. „dem wenigen", nicht „den wenigen" — S. 233, Z. 13 v.o. „zu
werden", nicht „werden" — S. 243, Z.15 v.o. „nicht aneinander
rücken", nicht „nicht näher aneinanderrücken" — S. 243, Z. 24 v. o.
„musikschöpferisch" nicht „musikschöpferische". — Nicht jede der zahlreichen
Übersetzungen lateinischer Texte und Textworte in Kunzes
Text, die der Bearbeiter (übrigens nicht vollständig und gerade darum
mit etwas schulmeisterlicher Wirkung; z. B. „Dominus = Herr") in
seinen Anmerkungen bringt, ist in Ordnung; z.B. S. 173, A. 2 (zu der
es oben im Text „geris", nicht „gerit" heißen dürfte) ... dessen
Namen und Stellvertretung du zu führen (oder: innezuhaben) betraut
wirst (credere = commitere, Vulgata) — S. 181, Anm. 1 und 2 ist
die Übersetzung unverständlich, weil es offenbar dem Bearbeiter entgangen
ist, daß es sich bei „ius circa Sacra" und „ius in Sacra" um
fixierte kirchenrechtliche termini handelt (freilich hätte sie Kunze hier
nicht brauchen sollen, da sie erst aus der Zeit des protestantischen
Kirchenrechts stammen!). — S. 236, Anm. 1 bleibt die Übersetzung
von „sanetissimum extra usum" dem Nichteingeweihten die
Erklärung schuldig. — Zu A. Weckwerths eigenem Aufsatz folgende
Korrigenda: S. 250, Z. 5 v. u. muß „gentilis" mit „heidnisch" übersetzt
werden (Vulgata!) — S. 252, Anm. 2, Z. 3 v. u. „den" nicht
„dem" — S. 253, Z. 7 v. o. ist „davon" zu streichen, und statt
„spricht" ist „sagt" zu 6etzen. — S. 255, Z. 6/7 v. u. fehlt hinter
„Christus" das Verbum. — S. 257, Z. 11 v. o. „Apsideninschrift" nicht
„Absideninschrift" — S. 257, Z. 15 v. o. „aus" nicht „an" — S. 258,
Z. 1 v. o. fehlt das Verbum. — S. 261, Z. 8 v. u. muß es doch wohl
heißen „in der Didaskalia"; in der zugehörigen Anm. 4 ist das „11,26"
unklar; worauf bezieht es sich? — S. 264 Mitte sind die Ausführungen
über „sancire" unrichtig; das Wort heißt zunächst „unverbrüchlich
festsetzen, verordnen", dann erst „bestätigen"; vgl. Georges 11 2476
und die dortigen Belegstellen. — S. 268, Z. 13 v.o. „als eines Abbildes
", nicht „als ein Abbild". — S. 268, Z. 19 v. o. „sanetae" nicht
„saneta". — S. 270, Z. 2 v. u. grammatisch falsch (Ableitungen aus, aber
Anlehnungen an!) — S. 273, Z. 9 v. u. „ist" nicht „sind". — S. 278,
Z. 13 v.o. „einen goldenen; der" nicht „eine goldene; die". — S. 279,
Z. 1 v. u. „Priesterteil" nicht „Mönchsteil". — Merkwürdig ist, daß
der Bearbeiter bei seinem eigenen Aufsatz zahlreiche z. T. lange lateinische
und griechische Textstellen im Gegensatz zu seinem Verfahren
bei Kunzes Text unübersetzt läßt!

Mainz Wilhelm Ja n n a s ch

J a e n i c k e, Arthur, u. Gerhard Witt: Kirchen auf dem Fläming.
Berlin: Evang. Verlagsanstalt [1964]. 148 S. m. 71 Taf. 8°. Kart.
DM 6.50.

Jedlicka, Gotthard: Michelangelo (Universitas 19, 1964 S. 505
—516).

Rotermund, Hans-Martin: In Erwartung der kommenden Gottesherrschaft
. Über Chagall und sein Werk (ZW 35, 1964 S. 389—398).

Scharfe, Siegfried: Käthe Kollwitz — religiös gesehen (PB1 104,
1964 S. 329—335).

SYSTEMATISCHE THEOLOGIE

Werner, Martin, Prof. D.D.: Der protestantische Weg des Glaubens.

II. Bd.: Systematische Darstellung. Bern: Haupt; Tübingen: Katzmann
[1962]. XI, 620 S. gr. 8°. Lw. DM 50.—.

Der erste Band dieses Werkes erschien 1955 und wurde
ThLZ 81 (1956) Sp. 183 ff. besprochen. Er behandelte den
Protestantismus als geschichtliches Problem; jetzt folgt die systematische
Darstellung. Wer allerdings eine Dogmatik oder Ethik
im landläufigen Sinne erwartet, wird enttäuscht. Von den traditionellen
Lehrstücken bleibt bei W. so gut wie nichts übrig.
Zwar behält er den Offenbarungs- und Glaubensbegriff bei, aber
nur mit starken Umdeutungen und mit ausdrücklicher Polemik
auch gegen das evangelische Verständnis des Glaubens als fiducia
(267 f.). Das katholische Glaubensverständnis (Fürwahrhalten
von Dogmen) wird natürlich erst recht abgelehnt. Um die allgemeine
Richtung zu bezeichnen, in der sich W. bewegt, seien
die Autoren genannt, auf die er sich hauptsächlich beruft. Albert
Schweitzer (Ehrfurcht vor dem Leben) und Karl Jaspers (Philosophischer
Glaube). Auch Adolf Schlatter wird wiederholt lobend
genannt, aber nur mit einigen glücklichen Formulierungen oder
kritischen Äußerungen, während seine dogmatische Position mit