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Ausgabe:

1964

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Titel/Untertitel:

Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 89. Jahrgang 1964 Nr. 11

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einem besonderen Register verzeichnet werden, verhältnismäßig
wenig historische und sachliche Erläuterungen, einige Nachträge
zur Literatur und zur Bibliographie, aber vor allem auch Ergänzung
der Bibelzitate und der deutlichen Anspielungen auf
Schriftworte. Mit dem Ganzen wird eine erste Probe des geplanten
Revisionswerkes vorgelegt, das die von der Kommission
für die Herausgabe der Werke Martin Luthers beschlossenen
photomechanischen Neudrucke der Bände 1—54 jeweils begleiten
soll. Über das Projekt und die leitenden Gesichtspunkte
berichtet der Präsident der Kommission, Prof. D. H. Rückert.
Danach sollen in Verteilung auf die Berliner (Prof. Dr. J. Erben)
und Göttinger (D. Dr. H. Volz) Arbeitsstelle die Bände 30 II bis
40 III (Berlin) und 41 bis 54 (Göttingen) zunächst bearbeitet
werden unter Ausklammerung der besonders schwierigen Bände
3 5 und 39 I.II., weil hier die Anforderungen relativ geringer
sind als bei den ersten dreißig Bänden der WA. Als nächste
Bände werden Bd. 32 und Bd. 41 angekündigt. Das ganze Unternehmen
betrachtet sich als eine Zwischenlösung zwischen der
vorliegenden WA und einer der Zukunft vorbehaltenen zweiten
Auflage der WA. — Als für das Unternehmen wertvolle Vorarbeit
erweist sich immer wieder das handschriftliche Zitatenregister
, das G. Buchwald noch hergestellt hat.

Es ist hier nicht der Ort, zu den grundsätzlichen Fragen dieser
Zwischenlösung Stellung zu nehmen. Man hat sie auch im Zusammenhang
mit dem ersten internationalen Luther-Forchungs-
kongreß in Aarhus nach den verschiedensten Seiten hin erwogen.
Der Benützer der WA wird dankbar sein, daß die Bände nun
nach und nach wieder greifbar werden und daß durch die
Revisionsnachträge mancherlei an den Mängeln der WA bereits
behoben sein wird. Das Ideal der Edition zeigen bekanntlich
die Bände 56 und 57, die demnächst durch einen ähnlichen der
ersten Psalmenvorlesung Luthers geltenden Bd. 55 ergänzt
werden sollen, bei dem vermutlich noch eine weitere Verfeinerung
der Editionstechnik zutage treten wird.

Gottingen Ernst Wolf

Grane, Leif: Contra Gabrieletn. Luthers Auseinandersetzung mit
Gabriel Biel in der Disputatio Contra Scholaeticam Theologiam 1517.
Aus dem Dan. übers, v. E. Pump. Kopenhagen: Gyldendal 1962.
403 S. 4° = Acta Theologica Danica, ed. T. Christensen, E. Nielsen
, J. Munde, R. Prenter, Vol. IV.

Eine erfrischend sachliche und wissenschaftlich zuverlässige
Forschung stellt sich in dieser Kopenhagener theologischen
Doktorarbeit über den Nominalismus und Luthers Verhältnis
zu ihm vor. Ohne Frage wurde die scholastische Systematik
durch Gabriel Biel an Luther vermittelt. Eine andere Sache ist
jedoch der wirkliche Einfluß seiner Theologie auf Luther. Beiden
Fragen geht der Verf. äußerst sorgsam und mit überaus reicher
Quellenuntersuchung in zwei Hauptteilen nach. Die Anhängung
bzw. Ausrichtung der ganzen Untersuchung an Luthers Disputation
gegen die scholastische Theologie begründet Grane in
der Einleitung und führt er im „Schluß" (S. 369—389) zum Ergebnis
: Die ganze Untersuchung ist die Herbeischaffung des
Stoffes, der notwendig ist, damit man die Disputation verstehen
kann. Sie ist ein Bekenntnis zum Augustinismus (371). Sie stellt
die Begriffe Natur, Gesetz, Gnade, Liebe ins Zentrum und
wendet sich 1517 gegen Biels Anthropologie und Gnadenlehre
und gegen den philosophischen Charakter der ockhamistischen
Lehre überhaupt (3 76). Luther stelle „nicht ,im voraus' eine andere
Anthropologie auf, die er für besser hält als Biels, um sie
dann hinterher, wie Biel das mit seiner tut, auf die
Situation der Rechtfertigung anzuwenden. Das Bild des Menschen,
das Luther zeichnet, gilt allein für die Situation der Rechtfertigung
, d. h. für den vor Gott gestellten Menschen. In
diesem Zusammenhang werden alle Möglichkeiten des
Menschen verneint. In diesem Zusammenhang ist das Gesetz in
allen seinen Formen lex non bona" (ebd.). — Man könne
sagen, „daß der Kampf sich um die Anthropologie dreht, aber
man kann ebenso gut sagen, daß er sich um das Gottesbild
dreht. Für Luther ist gerade die Reduktion der Gesetzesforderung
auf das zu Bewältigende (so Biel) der Grund dafür,
daß das Evangelium verschwindet" (377).

Dieses Urteil über Luthers Position ist fundiert mit einer
Untersuchung über „Biels Lehre vom Willen und von der Liebe"
(49—261), die eine Verstehensbemühung um Biel nur aus dessen
eigener Denkweise heraus ist, und einer Darstellung von
„Luthers Auseinandersetzung mit der ockhamistischen Problemstellung
bis 1517" (263—368), die dessen Thesen nicht gerade
als folgerichtigen Ertrag dieser Auseinandersetzung, sondern als
Bibeltheologie verstehen läßt. Hier wird keinerlei Heroisierung
Luthers vorgenommen, sondern ganz nüchtern die Eigenstellung
und Bedeutung der Lutherischen Theologie gesehen. Im Resultat
findet sich Grane „nicht überzeugt, daß der Ockhamismus irgendwelchen
schöpferischen Einfluß" auf Luthers theologische Entwicklung
ausgeübt habe. Luthers Bibelverständnis
entwickelte sich zu einem „klaren Abstandnehmen von der
Philosophie" (378). Der „Kampf mit dem Ockhamismus, indem
er zu den notwendigen Abgrenzungen reizte," habe lediglich
„klärend gewirkt" (379). Freilich bestehe „kein Anlaß, die geschichtliche
Bedeutung dieses Kampfes zu bezweifeln. Aber
gleichzeitig ist klar, daß sein (Luthers) Gegensatz zu der Theologie
, die er in der Disputation bekämpft, so tief ist, daß er
sich nicht als ein materialer Gegensatz innerhalb bestimmter
a r t i c u 1 i verstehen läßt. Er verweist uns darauf, Luthers
theologische Genesis an anderer Stelle zu suchen. In dieser
Weise kann der Kampf gegen den Ockhamismus zwar ein Stück
von Luthers theologischem Weg veranschaulichen, aber er kann
ihn nicht erklären" (382). — Die Arbeit ist ein glänzender
Beweis für die Eigenständigkeit der Theologie Luthers, vielleicht
gerade auch noch in seiner Verzeichnung der Anliegen Biels
(obwohl Luther mit Biels Lehre vom Willen und der Liebe
dessen eigentliches Zentrum richtig anpackt). Aber m. E. ist
eine solche Eigenständigkeit bei unablässigem Bemühen um den
Gehalt der biblischen Offenbarung mit ein Zeichen echter Autorität
, und dieser ist hier sachgerecht nachgegangen worden.

Jena Horst B e i n t k e r

Kantzenbach, Friedrich Wilhelm: Christusgemeinschaft und Rechtfertigung
. Luthers Gedanke vom fröhlichen Wechsel als Frage an
unsere Rechtfertigungebotschaft (Luther. Zeitschrift der Luther-Gesellschaft
35, 1964 S. 34—45).

Meinhold, Peter: Calvin und Luther (LM 3, 1964 S. 264—269).

Weichert, Friedrich: Die Stellung Luthers und Melanchthons zur
Obrigkeit (PB1 104, 1964 S. 335—339).

Zimmermann, Karl: Johannes Calvin (Freies Christentum 16,
1964 Sp. 79—81).

GESCHICHTE DER CHRISTLICHEN KUNST

Kunze, Gerhard t: Lehre. Gottesdienst, Kirdtenbau in ihren gegenseitigen
Beziehungen. I. Bd. IV, 13S S. m. 26. Abb. II. Bd. bearb. v.
A. Weck werth. VIII S., S. 139—290 m. Abb. 26—38. Berlin:
Evang. Verlagsanstalt (Lizenzausg. d. Verlages Vandenhoedc 4
Ruprecht, Göttingen) [1959/60]. gr. 8° = Veröffentl. d. evang.
Gesellschaft f. Liturgieforschung.

Gerhard Kunze, geb. 1892, wurde 1954 allzufrüh seinem
Amt als Direktor des Predigerseminars in Preetz und seiner
vielfältigen wissenschaftlichen Arbeit entrissen. Der Bd. I des
vorliegenden Werkes erschien bei Vandenhoeck und Ruprecht
schon 1949, Band II 1961. Die uns vorliegende Ausgabe ist eine
Lizenzausgabe für die DDR. Der 2. Band hat dadurch, daß er
postum erschien, ein etwas anderes Gesicht bekommen als der
erste, in dem sich kaum Anmerkungen finden, während der Bearbeiter
des 2. Bandes zahlreiche Fußnoten hinzugefügt und z. T.
in ihnen die Aussagen des Verf. von seinem Standpunkt aus
korrigiert hat. Ob das unbedingt nötig war, da zwischen dem
Erscheinungsjahr der Originalausgabe des 1. Bandes und Kunzes
Tode nur ein Jahrfünft verstrichen war, so daß man kaum von
einer wesentlich veränderten wissenschaftlichen Situation sprechen
kann, darüber wird man verschiedener Meinung sein können.
Aber wie weit der Bearbeiter eines noch nicht voll druckfertigen
Manuskriptes gehen soll, darüber wird sich immer streiten lassen.
Jedenfalls sind die Zusätze des Bearbeiters in den Fußnoten
deutlich gekennzeichnet. Er selbst hat dem 2. Teil einen auf das
Mittelalter bezüglichen Aufsatz „Zur Symbolik des altchristlichen