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Ausgabe:

1964

Spalte:

851-853

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Titel/Untertitel:

D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe. Die Deutsche Bibel 1522-1546 ; 12. Bd.:Die Übersetzung des Apokryphenteils des Alten Testaments 1964

Rezensent:

Wolf, Ernst

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Theologische Literaturzeitung 89. Jahrgang 1964 Nr. 11

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Althaus gewidmeten Aufsatz „Aspekte zum Bekenntnisproblem
in der Theologie Luthers" (70—96).

Da Gott das Bekenntnis gebietet und selbst verantwortet, ist es
ebenso wie die Lehre außerhalb des Beliebens des einzelnen Christen
gestellt. Bekennen heißt, Gott seinen Dank abstatten. Damit ist Danken
auch nichts anderes als Bekennen, wobei es für Luther unwichtig
war, welche Termini für Bekenntnis und Lehre gewählt wurden. Entscheidend
ist die Einfachheit und die Klarheit der reinen Lehre, wie
sie die Reformation herausgearbeitet hat. Luther selbst hat dies
immer wieder hervorgehoben. K. untersucht dann, wie Luther den Inhalt
der rechten Lehre gegenüber dem der falschen und fremden umschreibt
: Alle Predigt z.B. muß Auferstehungspredigt sein, alle Hauptartikel
des Glaubens müssen Christus als Basis haben. Für diese rechte
Lehre zieht Luther im Kampf alle Register, steht doch für ihn primär
der Satan hinter der falschen Lehre. Seiner reformatorischen Verantwortung
immer voll bewußt, entwickelt er ein eigenes Selbstbewußtsein
. K. untersucht dann das persönliche Bekenntnis Luthers, das einmal
im Anhang zum Bekenntnis „Vom Abendmahl Christi" und zum
anderen in den Schmalkaldischen Artikeln vorliegt. Jedes Bekenntnis
muß natürlich im rechten Heilsglauben ergriffen und aktualisiert werden
, denn mit einem neutralen Referat von Formeln ist es nicht
getan (91).

Nach Herkunft und Bedeutung untersucht A. Adam den
Begriff des „Deus absconditus" bei Luther (97—106).

Weder Thomas v. Aquin noch Duns Scotus sind die Quellen des
von Luther erstmals in der Scholie zu Ps. 17 (18), 12 genannten Begriffes
, sondern Dionysius Areopagita. Luther beschäftigte sich viel
mit ihm in den Jahren seiner Psalmenvorlesung; lehnte freilidi bald
„diese spekulative Mystik" (1 Ol) ab, ohne jemals die einmal übernommene
Terminologie ganz überwinden zu können. Da jedodi der
Begriff sowohl im Alten als auch im Neuen Testament vorkommt,
wird seine Beibehaltung durch Luther auch im Sprachgebrauch der
Bibel zu suchen sein. Schon hier ist der Deus absconditus mit einem
Schleier verhüllt. Nach einer Auseinandersetzung mit A. Brandenburg,
Gericht und Evangelium, läßt A. abschließend Luther selbst den Begriff
definieren: „Denn in der Menschheit (Christi) ist der verborgene
(Gott) eingehüllt; sie ist seine Finsternis, worin er nicht gesehen,
sondern nur gehört werden kann" (nach WA 3, 124, 33). Das Erscheinen
der Neuauflage von Luthers Psalmenvorlesung in WA 5 5 wird
gewiß die Richtigkeit der Aschen Auffassung zeigen.

Im letzten Aufsatz bietet J. R o g g e eine Einführung in
die Probleme der Initia Zwingiis und Luthers (107—13 3).

R. betont mit Recht, daß neben dem immer noch wachsenden
Interesse der Lutherforschung an dem theologischen Beginn Luthers
eine genaue Erhebung über die Initia auch der Mitreformatoren nötig
ist. Dies gilt besonders für Zwingli, da das meist behandelte Zwingli-
Thema in der deutschen Reformationsgeschichte sein Verhältnis zu
Luther war und ist. R. stellt neben die bekannten Fakten der Initia
Luthers, die er sorgfältig gegeneinander abwägt, die weniger erforschten
Tatsachen der „vortheologischen Periode" (109) Zwingiis. Er
untersucht den von Grund auf verschiedenen Werdegang der beiden
Reformatoren, das Fehlen des mönchischen Elements bei Zwingli sowie
die unterschiedlichen „weltanschaulidi-philosophischen" (118) Wurzeln
. Das spezifisch Reformatorische in Luthers Frühtheologie wird
allerdings erst nach dem weiteren Erscheinen von Einzeluntersuchungen,
die Luthers Abhängigkeit von der Tradition und die Überwindung
derselben restlos klären, möglich sein. „Für das Verständnis der Frühzeit
ist bei Luther manches, bei weitem noch nicht alles, bei Zwingli
bisher sehr wenig getan" (131).

Wie immer, runden Buchbesprechungen einiger profilierter
Luther-Monographien und die erstaunlich umfangreiche, präzise
gearbeitete und fast lückenlose Luther-Bibliographie den Band
ab, der — vorbildlich wie jedes Jahr — von F. L a u herausgegeben
wurde.

Berlin Hans-UIridi D el i u s

[Luther:] D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe.
Die Deutsche Bibel 1522 — 1546. 12. Bd.: Die Übersetzung des
Apokryphenteiis des Alten Testaments. 33. Bd.: Revisionsnachtrag.
Weimar: Böhlau 1961/63. XCVII1, 536 S. u. XIII, 94 S. 4°. DM54.-
u. DM 13.30.

Mit diesem 12. Band hat Dr. Volz seine 1950 begonnene
Edition des AT (mit Ausnahme von Bd. 9 I) in der Lutherbibel
nach der ersten und letzten Fassung mit allen Lesarten der
Wittenberger Ausgaben bis 1546 beendet, ein mühsames und
— wie man summarisch sagen darf — glänzend gelungenes Werk,
das in 6einer Durchführung auch diesmal wieder das unermüdliche
Interesse des Germanisten und Historikers bekundet,
sowie seine ausgedehnte und umsichtige Forschertätigkeit. Man

wird auch hier mit dem Dank gegenüber dem Herausgeber nicht
zurückhaltend 6ein dürfen.

So konnte auch dieser Band, der den Apokryphenteil des
AT bringt, mancherlei neu entdecktes Material verwenden,
insbesondere auch die Lübecker niederdeutsche Bibel vom
1. April 15 34, deren Übersetzer das Manuskript der Wittenberger
Arbeit in einer nicht erhaltenen Erstfassung benutzt hat,
soweit keine Teildrucke vorlagen. So läßt 6ich auch diese Erstfassung
rekonstruieren. Luther selbst ist an der Apokryphenüber-
setzung freilich nur mit der Weisheit Salomonis und Stücken aus
Jesus Sirach beteiligt. Volz sucht das an den auffallenden Abweichungen
von Luthers Sprachgebrauch bei den anderen Stücken
im einzelnen nachzuweisen (LXII—LXXIII) und will die Übersetzerfrage
im einzelnen später (Bd. 15) klären. Die Einleitung
geht der Entstehungsgeschichte und den Abhängigkeitsverhältnissen
der einzelnen Drucke in den Wittenberger Sonderausgaben
und der Vollbibel mit der bekannten souveränen Beherrschung
des Materials nach. Über das Zusammenlaufen von Teildrucken
und Manuskriptvorlagen in der Vollbibel 15 34 gibt die Tafel
auf Seite XCIII Auskunft.

Jesus Sirach ist 1523/1545 allein zwölfmal als Einzelstück
gedruckt worden, ebenso oft wie der Psalter. Der Umfang und
die Reihenfolge der Apokryphen sind durch Luther, wie das
auch für die kanonischen Schriften gilt, einerseits (für den Umfang
) an der hebräischen Bibel und andererseits (für die Reihenfolge
) an der Vulguta orientiert, freilich im Apokryphenteil mit
gewissen Änderungen, die zum Teil schon in dem mit dem
ersten Teil des deutschen Alten Testaments 1523 veröffentlichten
Programm (WA Deutsche Bibel 8, 34) umrissen sind.

Am Anfang der Übersetzungsarbeit steht die von Luther
in einer unfreiwilligen Pause der Arbeit an den Propheten und
und ohne Melanchthons Mitarbeit im Frühjahr 1529 vorgenommene
Weisheit Salomonis, die trotz zeitgenössischer Aktualität
(„An die Tyrannen") zunächst auf geringes Interesse stieß.
1532 folgte Jesus Sirach (in Zusammenarbeit mit Mclanchthon
und Cruciger), als „Ein buch von der Hauszucht". Dann folgten
als Sonderdrucke 1. Makk., die „Historia von der Susanna und
Daniel" und „Von dem Bei und Drachen zu Babel". Der Rest
muß im Manuskript Frühjahr 15 34 fertiggestellt gewesen sein.
Übersetzer dürfte Melanchthon (besonders bei den Makkabäer-
büchern, obwohl das umstritten ist) und J. Jonas gewesen sein,
vielleicht auch andere. Die Frage bedarf noch einer in Aussicht
gestellten näheren Klärung. Die Vorreden stammen von Luther,
der vermutlich durch Krankheit an der Beteiligung der Übersetzungsarbeit
behindert gewesen ist, aber das Erscheinen der
Vollbibel von 1534 nicht verzögern wollte. Auch die Anordnung
der einzelnen Stücke geht auf Luther zurück, der so z. B. Judith
mit der Weisheit, Tobias mit Jesus Sirach je als „Exempel" verbindet
. Die Wittenberger Bibel 1534 bringt so als fünften Teil
mit eigener Blattzählung die apokryphen Bücher.

Die kritische Ausgabe bietet nach den bisher festgehaltenen
Gesichtspunkten jeweils die Erstfassungen, sei es der Sonderausgaben
, sei es der Bibel von 15 34, und ihnen gegenübergestellt
den Text von 1545. Hinzu kommt für die Stücke der
Vollbibel 15 34, die nicht als Sonderausgaben vorlagen, in
einem Sonderapparat N34 das zur Rekonstruktion des ersten
Wittenberger Manuskripts dienliche Material aus der Lübecker
Bibel vom 1. April 1534. Beim Gebet Manasse (528 ff.) wird
neben die Texte von 1534 und 1545 auch die Übersetzung von
1519 (Spalatin) und von 1525 (Luther?) gestellt.

Zu Band 33 WA (Die Predigten über Johannes 6—8, die
Luther während Bugenhagens Abwesenheit in Lübeck 1530/32
gehalten hat) wird ein 94 S. starker Revisionsnachtrag geliefert,
der zu dem kürzlich erschienenen photomechanischen Nachdruck
von WA 3 3 hinzukommt und die dort bereits vorfindlichen
Nachträge (676—68 8) ergänzt. Bearbeitet ist der Nachtragsband
von Dr. H. U. Delius und Dr. H. Kirchner unter redaktioneller
Leitung von Professor Dr. J. Erben, dem Leiter der 1959 gegründeten
Berliner Arbeitsstelle für die Revision der Weimarer
Luther-Ausgabe.

Der Revisionsnachtrag bietet überwiegend sprachliche Erläuterungen
zu einzelnen Wörtern und Wendungen, die noch in