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1964

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Neues Testament

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Theologische Literaturzeitung 89. Jahrgang 1964 Nr. 11

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spielen, da mangels geeigneter und greifbarer Lehrbücher des
neutestamentlichen Griechisch das Attische nahezu überall konkurrenzlos
das Feld der Praxis beherrschte. Es ist das unbestreitbare
Verdienst des Verfs., hier eine Wende eingeleitet zu haben
. Jetzt wird es den jeweiligen Ausbildungsstätten überlassen
bleiben, die ihnen angemessen erscheinende Entscheidung
zu treffen: Freudiger Übergang zum NT-Griechisch, vorsichtiges
Experiment oder Beibehaltung des Attischen. Der Verf. vertritt
in seinem Vorwort, wie nicht anders zu erwarten, den Übergang
zum NT-Griechisch, da dies nach seiner Ansicht eine Entlastung
der Studierenden bedeutet. Sollten Zeit und Fähigkeit
vorhanden sein, könne von der Grundlage des NT-Griechisch
auch noch der Schritt zum Attischen vollzogen werden. Es gehört
nicht zu den Aufgaben eines Rezensenten, in den Sprachenstreit
(Attisch oder Koine) einzugreifen und die Grundgedanken
(Bildungsfaktor, Zweckmäßigkeit) zu schildern, die für diese
oder jene Sprachform zu sprechen scheinen. Nur so viel sei gesagt
, daß der optimistische Standpunkt des Verfs. nicht von
jedermann geteilt werden dürfte. Gerade die vorliegende Formenlehre
läßt erkennen, wie ungleich schwieriger der Übergang
vom Koine-Griechisch (noch dazu in strikter Beschränkung auf
die Sprache des NT) zum Attischen ist, als dies der umgekehrte
Weg erfahrungsgemäß zu sein pflegt. Mit dieser Feststellung
soll nun aber keineswegs behauptet werden, daß NT - Griechisch
für einen Anfänger wesentlich leichter zu erlernen sei als das
Attische.

Der Verf. hat seine Formenlehre nach herkömmlicher Anordnung
angelegt: Alphabet, Lesezeichen, Diphthonge, Lautgesetze
, Behandlung des Nomens und des Verbums. Sehr zu
begrüßen ist der Entschluß des Verfs., an die Formenlehre eine
12 Seiten umfassende Einführung in die lateinische grammatische
Terminologie anzuschließen. Die Notwendigkeit einer solchen
Beigabe wird niemand bestreiten, der Sprachunterricht zu erteilen
hat. Auf diesen „Terminologischen Abriß" folgt das Sachregister
, diesem wiederum ein fast 2000 Wörter umfassendes
Lernwörterverzeichniis in alphabetischer Anordnung. Dieses Lernvokabular
ist vom Verf. mit großer Sorgfalt zusammengestellt.
Als Besonderheit ist zu vermerken, daß die aufgeführten Wörter
vermittels eines Punktsystems in drei Wichtigkeitsstufen
eingeteilt sind. Zahlreiche Verweisungen auf die Grammatik
und Hinweise auf Wortverwandtschaften drohen mitunter das
eigentliche Lerngut zu verdecken. Es ist daher zu wünschen,
daß in dem zu erwartenden Übungsbuch zur Erleichterung der
Lernarbeit ein weiteres, nach Lektionen gegliedertes Vokabular
enthalten ist.

Das vorliegende Buch ist für Lernende bestimmt. Zugrundegelegt
sind der Text des Novum Testamentum Graece
von Nestle-Aland und die Grammatik des neutestamentlichen
Griechisch von Blaß-Dcbrunner. Bereits vorhandene Lehrbücher
des NT-Griechisch werden nicht erwähnt (z. B. Joseph Dey,
Schola verbi, Münster 1951). In seinem Bestreben, sich auf die
im NT wirklich erscheinenden Formen zu beschränken, geht der
Verf. trotz gelegentlicher Konzessionen m. E. immer noch zu
weit. Lücken in Paradigmen und Stammformenreihen erschweren
den Lernvorgang ganz erheblich (vgl. S. 98, Kap. 28B,
Präsensstamm Aktivum von äq>lr)/u, wo sogar innerhalb des
Paradigmas die Komposita wechseln: dqp-, dv-, avv-(rjjuil).
Doppelformen freilich gehen nicht zu Lasten des Verf.s. Wer
NT-Griechisch als Basis wählt, muß 6ie in Kauf nehmen. Erschwerend
ist weiterhin, daß die Stammformen nicht einheitlich
in der Form der 1. Pers. Sing, aufgeführt sind. So endet die
Reihe yQ&pco (S. 89, Nr. 33) mit den Passivformen yiyqanxai,
- anurvoz, iyQdqtJ. Als störend wird auch empfunden, daß die
deutsche Bedeutung des mit 6einen Stammformen vorgeführten
Verbums keinen festen Platz innerhalb der Reihe zugewiesen
erhält. Sie erscheint dort, wo gerade Raum für 6ie frei ist. Der
Lernende, besonders der visuelle Typ, würde es gewiß als Erleichterung
betrachten, wenn Paradigmen nicht, wie es leider
oft geschieht, mit „usw." abgebrochen werden, obwohl noch
genügend Platz für deren vollständige Ausführung vorhanden
ist. Seltsamerweise fehlen in der o-Deklination Paradigmen für

die einfachsten Fälle (o Xöyog und ro qivXXov). Wer lernt,
sieht auch hier Schwierigkeiten.

Zur Förderung des Verständnisses hat der Verf. häufig
sprachgeschichtliche Erläuterungen beigefügt. Sie sind nützlich
und halten sich im Rahmen des Zweckmäßigen. Lediglich
Kap. 21 T—W (Personalendungen des Aktivs) wird bei der
Fülle des gebotenen Stoffes eher verwirren als helfen.

Im „Terminologischen Abriß" ist der Verf. bemüht, auch
die den Termini zugrundeliegenden lateinischen (bzw. griechischen
) Wörter vorzuführen, verhält sich aber hierbei nicht konsequent
. Leicht erklärbare Begriffe wie Simplex oder Kompositum
(Te 31) werden zwar in ihrer Bedeutung, nicht aber ihrer
Herkunft nach erläutert. Auf S. 109 (Te 4) könnte bei „positionslang
" auf die irreführende Übersetzung des griech. i%aei
durch Iat. positione hingewiesen werden (ovXUnßlj $eoei
/xaxgd = durch Festsetzung lang). Lat. accentus ist Übersetzung
des griech. ngoocobia und heißt „Zugesang" (nicht „Aufgesang
"). Auf S. 119 (Te 44) fehlt in der Aufzählung der deutschen
Nebensätze (nach der Art ihrer Einleitung) der indirekte
Fragesatz. Dafür steht ein solcher unmittelbar vorher in Te 43,
wo er ganz offensichtlich als Muster für einen Relativsatz dienen
soll!

Einige weitere Versehen:

S. 11: tijv 24ia (nicht (ifv 24si).

S. 30, Fußnote 10: jjpioio'j (nicht ^O(crros).

S. 48 (16M): xsXu>rt); (nicht teXcö).

S. 68 (2lV): otda (= 22W) wird versehentlich als starker Aorist
bezeichnet.

S. 72 (22l): verloren gehen (kein Komma).

S. 76 (22Y): xeiftai und xd&r//mi sind Wurzelpräsentien, nicht
aber „nichtreduplizierte .... Perfekta".

S. 87 (2SEs): xetgafifiat steht 1 Zeile zu hoch.

S. 110, Zeile 4: für den Laut j (nicht i).

S. 125 d): äxcov llD (nicht HC).

S. 136 Nr. 206: Stf. 22EE (nicht 22DD).
Der deutsche Text des Buches ist so gestaltet, daß sich
kaum Schwierigkeiten für die Lernenden ergeben werden. Gelehrsamkeit
, die verwirrend wirken könnte, ist ferngehalten.
Stilistisch stören nur wenige Lässigkeiten, z.B. S. 44 (14 D):
„in unserm NT" und „falls aufs Subjekt bezogen".

Abschließend dürfen wir feststellen, daß dem Verf. ein
brauchbarer Überblick über die Formenlehre des NT-Griechisch
gelungen ist. Inwieweit sich das Buch bei seiner Beschränkung
auf die im NT vorkommenden Formen zum Erlernen des Griechischen
eignet, wird man erst beurteilen können, wenn nach
dem Erscheinen der übrigen Teile des Unterrichtswerkes einem
praktischen Versuch außer eventuellen grundsätzlichen Bedenken
nichts mehr im Wege steht.

Leipzig Lothar Sch 1 ey

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