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Ausgabe:

1964

Spalte:

844-846

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Steyer, Gottfried

Titel/Untertitel:

Formenlehre des neutestamentlichen Griechisch 1964

Rezensent:

Schley, Lothar

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Theologische Literaturzeitung 89. Jahrgang 1964 Nr. 11

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nen Briefe Bar Kochbas zur Frage einer „Sekretärs-Mithilfe" liefern.
Auf S. 9 ist im Literaturverzeichnis die Neubearbeitung des Kommentars
von Dibelius durch Conzelmann eingetragen (warum übrigens die Übersetzung
von Menge immer nodi nach einer Ausgabe von 1934 angeführt
wird, ist nicht ersichtlich).

In gleich sorgfältiger Weise sind nun auch Übersetzung und Erklärung
überprüft worden. Hierfür nur einige Beispiele aus l.Tim. In
1,3 ist „Fabeln" durch „Mythen" ersetzt worden, ferner „durch den
Glauben" durch „im Glauben". In 1,15 ist „stehe ich obenan" ohne
Zweifel besser übersetzt als „bin ich ein vornehmlicher". In 3, 16 heißt
es jetzt besser „unter den Völkern" statt wie bisher „unter Heiden".
Auch bei den Überschriften ist hier und da gebessert worden. So lautet
die Überschrift zu 5, 3—16 jetzt sogleich „Die Gemeindewitwen" statt
wie bisher nur „Die Witwen", und die beiden Unterabschnitte, bisher
„Die Versorgung der Witwen" und „Das Witwenverzeichnis" überschrieben
, sind jetzt mit „Ihre Versorgung" und „Ihre Auswahl" kürzer
und besser gekennzeichnet. Audi der Erklärung ist die Überprüfung
sichtlich zugutegekommen. Daß es zu 1,4 statt „Dann wird bei den
.Mythen' an die Schöpfungsgeschichte gedacht sein" jetzt heißt: „Dann
wird bei den V. 4 an erster Stelle genannten .Mythen' an Spekulationen
über die Schöpfung gedacht sein", bedeutet eine wichtige Präzisierung
, wie sich deren viele finden. Auch kräftigere Überarbeitungen
mit Umstellungen, Einfügungen usw. fehlen nicht, z.B. auf S. 31—34
verglichen mit S. 30—3 3 der vorigen Aufl. Wenig Änderungen sind
etwa bei der Auslegung des Christus-Hymnus 3, 16 zu beobachten.

Audi diese 8. Aufl. wird dankbare Leser finden. Dies gilt
auch für die Auslegung des Hebr., die, obschon sie unverändert
geblieben ist, in ihrer imponierenden Geschlossenheit weiter
einen wichtigen Dienst wird leisten können.

Es sei noch die Bemerkung gestattet, daß es die Übersichtlichkeit
nicht fördert, wenn die Überschriften bei den größeren Abschnitten in
denselben Typen gehalten sind wie die Übersdiriften bei den Unterabschnitten
und auch wie die Übersetzung (es 6ind kleinere Typen,
als die Überschriften der sog. Ausführungen, der Exkurse, sie zeigen)
und wenn entsprechend die Abschnitt-Ziffern den Versziffern gleichen
(z. B. S. 42 f. 139).

Bern Wilhelm M icha el i s

Moulton, James Hope, M. A., D. Lit., D.D., C. D. L., D. theol.:
A Grammar of New Testament Greek. Vol. III: Syntax, by N.
Turner. Edinburgh: Clark 1963. XXII, 417 S. gr. 8°. Lw. 60 s.

Nachdem Moulton auf See umgekommen war, seine Schüler
und Nachfolger in der Bearbeitung der Grammatik, W. F. Howard
und H. G. Meecham, ebenfalls vor deren Fertigstellung starben,
gelang es N. Turner, wie er selbst 6agt, den Zauber zu brechen
und den 3. Band auszuarbeiten und zum Druck zu bringen (S. V).
Drei Klassen von Gebrauchern hat T. seine Darstellung zugedacht
: „dem exegetisch interessierten Lehrer, oder auch Bibelübersetzer
, besonders einem, der in eine Eingeborenensprache zu
übersetzen hat, weiter, dem Textkritiker, dem die Kenntnis der
charakteristischen Stilunterschiede einzelner Autoren bei der
Auslese von Varianten zustatten kommt, und endlich dem, der
die Beziehungen des biblischen Griechisch zum klassischen und
hellenistischen studiert. Die Anlage des Werks folgt einem natürlichen
Schema; nämlich dem Aufbau des Satzes von seinen
unabhängigen Elementen an bis zu den komplizierten Satzgefügen
. Wer also etwa alle Pronomina oder alle Präpositionen
zusammengestellt finden will, muß sich mit dem Index behel-
fen" (S. 1).

Über den Aufbau des Werkes ist weiter nicht viel zu sagen,
da ja die wenigsten eine Grammatik in einem Zug le6en oder
studieren, sondern zum Nachschlagen benutzen. Auf jeden Fall
hat der Autor ein überaus nützliches Handbuch geschaffen, das
neben Blass-Debrunner, Grammatik des neutestamentlichen Griechisch
("1954; 101959), gewiß seinen Platz behaupten wird. Gerade
mit diesem deutschen Werk läßt sich Turners Syntax am
ehesten vergleichen. Dem Umfang nach (Unterschiede der drucktechnischen
Ausführung in Rechnung gestellt) entspricht der
Teil „Syntax" in Blass-Debrunner ziemlich genau Turners Buch.
Ein Vergleich im einzelnen würde zu weit führen. Im ganzen
bringt T. manchmal weniger, manchmal mehr als Blass-Debrunner,
weniger an Belegstellen, mehr an statistischem Material. Daß
die neuere Literatur, vor allem die angelsächsische ausgiebig
herangezogen worden ist, ist selbstverständlich, und hierin liegt
daher ein Plus gegenüber Blass-Debrunner.

Kritisieren läßt sich freilich manches. Wollte man kleinlich sein,

könnte man bei den Akzenten beginnen: vielleicht wäre es besser gewesen
, 6ie wegzulassen, als sie wahllos über den griechischen Wörtern
abzuwerfen (z.B. S. 212 roxi avÖQOi — rijg ßlantj? [statt ß/.üßtjg]
— zrjv oöov — r) odog — roxi otavQov — nox&iimv). Hebräische Wörter
erscheinen oft unpunktiert, wenn 6chon, warum nicht stets? (Übrigens
lies S. 212 -rrr> statt •prr, S. 295 ibs} statt pro, S. 296 czb

•7 ' • t : : :■ t

statt 03b und bes. S. 320 3 statt -2). Nicht selten ist die gebotene

tt : ■

Information zu kurz, zu kurz vor allem für den, der in einer exegetischen
Schwierigkeit Rat sucht. So werden zu Joh. 1,16 (S. 2 58) einfach
zwei Lösungsmöglichkeiten ohne Belege angeboten, während
Blaß - Debrunner § 208,2 und M. Zerwick, Graecitas Biblica, Rom
31955 § 68 (ein Budi, das mit großem didaktischen Geschick das dem
Exegeten Nützliche vorlegt) kurz die Vergleichstexte anführen, damit
sich der Leser ein Bild machen kann. Nicht einmal erwähnt wird
nagexzög, worüber wegen Mt 5, 32 mehrfach geschrieben worden ist.
Nur nebenbei unter den Spontaneous phrases wird Joh. 2,4 genannt:
xl i/j.01 xai ooi; ohne daß über die Bedeutung gesprochen wird (vgl.
dazu P. Gäditer, Maria im Erdenleben, 2I954, S. 171—177). Ed. SchwaA
hatte unter Hinweis auf die Parallele in den Persern des Timotheos
162, behauptet, die Wendung sei durch aramäische Sklaven ins Vulgärgriechische
gelangt (GGN 1908, S. 512). Im AT ist die Formel ja
nidit selten, aber trotzdem dürfte Schwarz im Unrecht sein, vgl.
neuestens Menander, Dyskolos 114 und 469 f. Über yäg erfahren
wir fast nichts (S. 331), nichts jedenfalls über das „/«'<? ä portee
differee", um die Bezeichnung X. Leon-Dufour's zu gebrauchen (Me-
langes A. Robert, Paris 1957, S. 393 ): Mt 18,7; 22,14; 24,6;
Apg. 4, 16 f.; 28, 22 f.; Rom. 2,25; 1 Kor 11,7 u.a. Nicht genannt
wird die Wendung xls olSev st, die nach J. Jeremias im Judengriechischen
wie im Profangriechischen die Bedeutung „vielleicht" hat
<z. B. 1 Kor 7,16; Festschrift R. Bultmann, BZNW 21 21957, S. 255
—260). Das Futurum instans bei iäov z.B. Lk 1,31 wird nicht besprochen
(vgl. J.B.Bauer, Münchener Theol. Zeitsdir. 9, 1958, S. 127 f.).
Die Verwendung der neueren Literatur läßt immerhin einiges zu
wünschen übrig. Nicht einmal die englisdien Aufsätze zu grammatischen
Fragen von A. W. Argyle sind benützt worden. Meine vollständige
Untersuchung der //mj-Fragen (Nov. Test 2, 1957, S. 81— 91) ist
ebenfalls nicht herangezogen worden. Ebensowenig findet sich ein
Wort über die „relative Negation" (vgl. A. Kuschke, ZNW 43, 1950,'
51, S. 263). Wiederholung einer Präposition vor mehreren Substantiven
ist nach T. Semitismus (S. 275), was aus dem Vergleich mit
klass. Autoren hervorgeht. Aber man hätte hier, wie auch sonst öfter,
nach dem Grund dafür, nach einem Prinzip fragen und hebräische
Grammatiken heranziehen sollen, etwa C. Brockelmanns Hebräische
Syntax (19 56) und P. Joüon's Grammaire de l'hebreu biblique (Rom
21947); vgl. hier § 132g: im allgemeinen wird eine Präposition wiederholt
, wenn das folgende Substantiv präziser ist (z.B. Gen 32,19
„deinem Diener Jakob"), nicht im umgekehrten Fall (z. B. Gen 4, 8
„zu Abel, seinem Bruder"). Auch Werke wie Ed. König, Stilistik,
Rhetorik, Poetik in bezug auf die biblische Literatur (1900), oder
W. Hävers, Handbuch der erklärenden Syntax (1931) u.a. hätten mit
Nutzen konsultiert werden können. loh vermisse in der Literatur auch
G. Ghedini, La lingua dei Vangeli apoerifi greci (Mailand 1937) und
J. D. Denniston, Greek Prose Style (Oxford 19 52). Endlich hätte neben
W. Bauers Wörterbuch auch das Lexicon Graecum Novi Testament!
von F. Zorell (Paris 21931, 31961 mit einer reichhaltigen Appendix
bibliographica von M. Zerwick) zitiert zu werden verdient, das von
W. Bauer, wie ich nachgewiesen habe (Verbum Domini 39, 1961,
S. 291—293) ausgiebig benutzt worden ist und gerade in zahlreiche«
syntaktischen Bemerkungen (unter den Partikeln usw.) beachtenswert
ist. Aber diese Handvoll Bemerkungen wollen das Verdienst und die
Leistung Turners keineswegs sdimälern. Er hat uns, das ist unbestritten
, ein gerade auch durch das vergleichende Eingehen auf die einzelnen
neutestamentlichen Autoren und ihre Besonderheiten wertvolles
Arbeitsinstrument geschenkt.

Graz Johannes Ii. Ba u e r

Steyer, Gottfried: Formenlehre des neutestamentlichen Griechisch.

Mit zwei Beigaben, 1. Terminologischer Abriß (Einführung in die
lateinischen grammatischen Fachausdrücke). 2. Gestaffeltes Lern-
wörterverzeidinis. Berlin: Evang. Verlagsanstalt [1962], 191 S. gr. 8*
= Handbuch für das Studium des neutestamentlichen Griechisch,
Bd. I. Hlw. DM 15.80.

Mit der Vorlage eines Handbuches für das Studium des
neutestamentlichen Griechisch unternimmt es der Verf., eine an
den theologischen Ausbildungsstätten innerhalb der DDR schon
oft beklagte Lücke zu schließen. Der Widerstreit der Meinungen
, ob attisches oder Koine-Griechisch als Ausbildungsgrundlage
für künftige Theologen zu empfehlen sei, mußte sich bisher
zwangsläufig in der Form theoretischer Diskussionen ab-