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Ausgabe:

1964

Spalte:

825-826

Kategorie:

Allgemeines

Titel/Untertitel:

Biblisch-Historisches Handwörterbuch ; A - G 1964

Rezensent:

Grundmann, Walter

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825

Theologische Literaturzeitung 89. Jahrgang 1964 Nr. 11

826

ALLGEMEINES, FESTSCHRIFTEN

Biblisch - Historisches Handwörterbuch. Landeskunde — Geschichte
— Religion — Kultur — Literatur. Hrsg. v. Bo R e i c k e
und Leonhard Rost. I. Bd.: A — G. Göttingen: Vandenhoeck &
Ruprecht [1962]. XVI S., 616 Sp. m. 88 Abb. u. 24 Ktn. i. Text,
20 Taf., 1 Farbtaf., 1 färb. Faltkte. 4°. Lw. DM 48.—.

Konnten wir im Deutschen Wörterbuch zum Neuen Testament
von Georg Richter (ThLZ) eine wesentliche Hilfe für
Bibelarbeit und Bibelstudium aus dem Bereich der römischkatholischen
Kirche anzeigen, so kommt aus dem Bereich
evangelischer Theologie eine ebenfalls wesentliche und großartige
Hilfe. Bo Reicke und Leonhard Rost haben sich mit einer
großen Zahl von Fachgelehrten aus beiden Teilen Deutschlands
und aus anderen Ländern der Erde zusammengetan, um ein
biblisch-historisches Handwörterbuch zu schaffen. Der erste
Band, die Buchstaben A — G umfassend, liegt vor. Die gefällige
und praktisch-handliche Ausstattung besticht; der Druck
ist übersichtlich, Zeichnungen und Bildtafeln vermitteln auch die
jeweils nötige Anschauung. Das Werk soll das inzwischen veraltete
„Kurze Bibelwörterbuch" von Hermann Guthe, 1903 erschienen
, ablösen.

Der Nachdruck liegt auf dem Wort „historisch", das im
Titel ausdrücklich enthalten ist. Die Herausgeber bemerken im
Vorwort, daß das Werk, das „in erster Linie die sprachlichen
Ausdrücke und die religiösen Vorstellungen zu erklären" unternimmt
, „die theologischen Zusammenhänge mehr am Rande
anklingen" läßt; dadurch möchte es „zur neuen Besinnung auf
die empirischen Grundlagen der biblischen Vorstellungen beitragen
und die biblische Theologie vor einseitigen Abstraktionen
. . . schützen". Dieses Unternehmen ist in der gegenwärtigen
Situation unserer biblischen Theologie, vor allem im
deutschen Raum, nur zu begrüßen. In knappen, präzis formulierten
Beiträgen werden nach alphabetisch geordneten Stichworten
, versehen mit kurzen Literaturangaben, die verschiedenen
Gegenstände, die zum Verständnis der biblischen Aussagen
notwendig sind, abgehandelt. Dazu gehören die Geographie und
Archäologie der biblischen Länder, ihre Geschichte, Landschaft
und Städte mit ihren wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen,
aber auch ihre Kultur und Literatur sowie ihre Religion. Der
ganze Ertrag der historischen Forschung, die dem vorderen
Orient und der Mittelmeerkultur dient, wird eingebracht. So
wird der große geschichtliche Rahmen sichtbar, in den die biblische
Aussage hineingehört. Die biblischen Schriften selbst werden
unter einleitungs-wissenschaftlichen Fragen behandelt. Theologische
Grundbegriffe wie z. B. Erlösung, Friede, Gebet u. a.
werden vor allem auf ihren religionsgeschichtlichen Gehalt dargestellt
, wobei, der gegenwätigen Wissenschaftslage im Blick auf
die religionsgeschichtliche Forschung entsprechend, nicht nivellierend
, sondern profilierend verfahren wird. Der ganze Reichtum
des Werkes zeigt sich auch darin, daß über Tiere und Pflanzen,
Steine und Geräte und Einrichtungen samt ihrer Bedeutung im
alltäglichen wie im kultischen Leben knapp und kenntnisreich
informiert wird. Die biblische Aussage bekommt dadurch Leben
und Farbe. Wir verweisen als Beispiel auf den Absatz über die
Edelsteine.

Reiches Bild- und Kartenmaterial unterstützt die Darbietungen
. In den Texteil sind 24 Karten und 88 Zeichnungen
hineingenommen. Die Karten vermitteln die notwendige Übersicht
über Länder und Landesteile, Stadtpläne und Flußläufe u. a.
Besondere Beachtung verdienen z. B. die Ausgrabungskarten
Palästinas in den verschiedenen Epochen seiner Geschichte
(zwischen Spalte 15 8—167). Das Kartenmaterial wird ergänzt
durch die wertvolle Faltkarte zu den Reisen des Apostels Paulus,
die als Anhang zusammen mit einem Namenverzeichnis des östlichen
Mittelmeergebietes zur Zeit des Apostels Paulus beigegeben
ist. Auf ihrer Rückseite enthält die Faltkarte acht
Einzelpläne. Die Einzeichnung der Reisewege des Paulus setzt
als gegeben voraus, daß Paulus die alte Landschaft Galatien besucht
habe (Apg. 16, 6—10) und rechnet nicht mit der sogenannten
südgalatischen Theorie, die unter dem Stichwort „Galater"
erwähnt wird. Hier wird durch die Karte eine falsche Sicherheit

erzeugt. Ein Fragezeichen an der Reiseroute wäre angebracht
gewesen. Ebenso wird auf Grund von Rom. 15,19 eine Reise
nach Illyrien postuliert. Zum Kartenmaterial treten die Zeichnungen
in linearer Form. Sie vermitteln wichtige Anschauung
aus den verschiedenen Lebensgebieten, oft Wiedergaben alter
Malereien und Zeichnungen aus Häusern und Tempeln und auch
von Münzen. Ein wundervoller Farbendruck eröffnet den Band;
er enthält die Darstellung des Auszuges aus Ägypten, wie er in
einer Wandmalerei in der Synagoge von Dura-Europos dargestellt
wurde. 20 Schwarzweißtafeln ergänzen die Zeichnungen.
Sie enthalten Wiedergaben von Landschaften aus den biblischen
Ländern, von Ausgrabungsstätten, Handschriften, Bildwerken
und vermehren in ihrer sparsam-sorgfältigen Auswahl die Möglichkeit
der Anschauung.

Alles in allem — ein wertvolles Werk. Zu ihm hat Pfarrer
Dozent D. Dr. Curt Kühl (f 1959) den Plan und das Stichwortverzeichnis
geschaffen. Die beiden Herausgeber verdienen mit
ihren Mitarbeitern und dem Verleger, der sich das Unternehmen
sehr hat angelegen sein lassen und ein auch bibliographisch
qualitativ hochwertiges Werk herausgebracht hat, den Dank
aller Benutzer. Dem Fortgang des Unternehmens 6ei ein gutes
Gelingen gewünscht, denn hier entsteht eine Arbeit, die mancher
Generation wertvolle Hilfe zum Studium an der Heiligen Schrift
vermitteln wird.

Eisenadx Walter Giundmann

[Michels, Thomas:] Perennitas. Beiträge zur christlichen Archäologie
und Kunst, zur Geschichte der Literatur, der Liturgie und des
Mönchtums sowie zur Philosophie des Rechts und zur politischen
Philosophie. P. Thomas Michels, OSB zum 70. Geburtstag. Hrsg. von
H. Rahner u. E. v. Severus. Münster/W.: Aschendorff [1963].
XXIII. 734 S., 14 Taf., 1 Porträt gr. 8° = Beiträge z. Gesch. d. alten
Mönchtums u. d. Benediktinerordens, Suppl. Bd. 2. Kart. DM 90.—,
Lw. DM 94.—.

Die schöne und reichhaltige Festschrift, der eine mit einer
tabula gratulatoria verbundene Widmung und eine Bibliographie
des Jubilars vorangestellt werden, verspricht in ihrem Titel nicht
zu viel: Sie enthält 46 meist sehr fundierte Beiträge aus allen
den Untertitel betreffenden Forschungsbereichen in entsprechender
Untergliederung (8 Rubriken). Der Inhalt kann hier nur kurz
skizziert bzw. an einigen Beispielen veranschaulicht werden.
A. Dempf nimmt in einer knappen Abhandlung über „Die Autorität
der Väter" (8—10) zu einer Frage Stellung, über die er vor
vielen Jahren mit Th. Michels und E. Peterson diskutiert hatte,
und bekennt sich jetzt zu deren Standpunkt. R. Arbesmann behandelt
„Mönchslegenden in mittelalterlichen Augustinusviten"
(91—104) und gelangt dabei zu nicht unbedingt neuen, aber leider
noch allzu oft vernachlässigten Feststellungen über die Eigenart
der Legendenbildung und ihre historiographischen bzw. hagio-
graphischen Voraussetzungen; interessant sind die exakten Stil-
und Sachvergleiche zwischen Possidius' Vita saneti Augustini
und seinen mittelalterlichen ,Fortsetzern' (teilweise findet sich1
wörtliche Anlehnung an Possidius, teilweise willkürliches Ausmalen
der Vorlage zwecks Rechtfertigung des mittelalterlichen
Eremitentums mit der .Autorität' Possidius-Augustin). F.-M.
Schmölz bespricht die schon oft untersuchte Frage „Historia
sacra et profana bei Augustin" (32—45) und stellt auf Grund
verschiedener Forschungsergebnisse für Augustin die Weltgeschichte
als Entwicklung des Prinzips „Gott" heraus. Er gelangt
dann zu der Formel: „Der Prozeß der Manifestation [Gottes] ist
die historia sacra" (45). So vieles hier richtig gesehen wird,
ebenso vieles bleibt auch in Frage gestellt, da Sch. über Kamiah,
Loewith oder Ziegenfuß nicht hinausgelangt (und viele neuere
Forschungsergebnisse überhaupt nicht berücksichtigt). Es sei
nur eben erwähnt, daß sich wichtige Beiträge der Festschrift
mit Problemen der Liturgie und mit dem Fortleben der christlichen
Antike oder mit ganz .aktuellen' Fragen befassen (J. A.
Jungmann, Der christliche Freitag; P. Wolff, Die christliche
Friedensidee; A. Auer, Grundlagen der Ethik des Dialektischen
Materialismus; E. Hula, Weltregiment und Weltpolitik im
20. Jahrhundert; G. Küchenhoff, Staat und Kirche in der heutigen
pluralistischen Gesellschaft nach der Enzyklika „Mater et
magistra").