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1964

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 89. Jahrgang 1964 Nr. 10

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liehe Gewißheit verbunden sei" (166). Hessens Religionsbasis
sei also zu eng, „so daß in dieser Konzeption die Religion zur
Sache einer zahlenmäßig nicht großen Elite wird" (170). M. begründet
seinen abweichenden Standpunkt religionspsychologisch,
er zieht z. B. die Psychologie der Altersstufen heran (78—92),
und theologisch vom katholischen Glaubensbegriff her: das von
Hessen geforderte „Sich-offen-Halten" für das religiöse Erlebnis
führe zum „Quietismus" und „Passivismus" (107) und
widerstreite der Glaubenspflicht" (108). Gerade darin bestehe
ja das „Glaubensverdienst", daß der Mensch sich ohne sicheres
Wissen von den göttlichen Dingen „auf Grund eines edlen
Willensaktes ... für die Hingabe an Gott entscheidet" (105). Da
das religiöse Erlebnis (zumindest in seiner Gewißheit verbürgenden
Form) nicht allen Menschen zuteil wird, die kirchliche Lehrverkündigung
aber alle Menschen angeht, kann der Glaube
nicht als das zu erwartende Geschenk des religiösen Erlebnisses,
sondern nur als eine dem Menschen abzufordernde sittliche
Leistung verstanden werden. — Evangelische Theologie wird dagegen
den Universalismus der biblischen Botschaft und den
Geschenkcharakter des Glaubens zusammendenken müssen.

Halle/Saale Erdmann Schott

Bendiek, Johannes: Über den Gebrauch von Reihen in den Gottesbeweisen
(FS S. 294-313).

Brümmer, V.: Die logika van argumente vir die bestaan van God
(Nederlands Theol. Tijdschrift 18, 1964 S. 193-206).

Büchsei, Elfriede: Hamann-Literatur 1945-1963 (DtPfrBl 64, 1964
S. 54—56).

Dehn, Fritz: Begegnung mit dem Tode (Festschrift für F. Smend.
Berlin: Merseburger 1963 S. 46—55).

G e i ß 1 e r, Erich: Das Eine und das Viele. Eine Interpretationsstudie
zu Schellings Identitätsphilosophie (Schol. 39, 1964 S. 67—86).

G 1 o e d e, Günter: Bemerkungen zu einer Neu-Auswahl von Johann
Gottfried Herders Werken (ZdZ 17, 1963 S. 342-344).

Grundmann, Walter: Die Frage nach der Denkmöglichkeit Gottes
im wissenschaftlichen Weltbild und die Bezeugung der Wirklichkeit
Gottes (Offen für Gott und die Welt. Christliche Existenz im jetzigen
Zeitalter. Berlin: Evang. Verlagsanstalt 1962 S. 77—89).

Hentig, Hartmut von: Philosophie und Wissenschaft in der Pädagogik
(Neue Sammlung 4, 1964 S. 10—29).

Jaspers, Karl: Aus welchen Kräften leben wir? (Universitas 19,
1964 S. 113—123).

K I e n k, Friedrich: Geschichte als Kraftfeld zwischen Freiheit und Ordo
(StZ Bd. 174, 89. Jg. 1963/64 S. 130-143).

Lacroix, Jean: L'echec (Sciences ecclesiasriques 16, 1964 S. 7—22).

L i n f e r t, Karl: Philosophie des Ewigen und des Flüchtigen in unserer
Zeit. Das Lebenswerk Max Schelers (Universitas 19, 1964 S. 285
—291).

McDonald, H. D.: What is meant by Religious Experience? (Vox

Evangelica II. London: The Epworth Press 1963 S. 58—70).
Mahl man, Theodor: Philosophie der Religion bei Wilhelm Hermann

(NZSTh 6, 1964 S. 70—107).
Mi egge, Mario: Kierkegaard: il christianesimo e la storia (Prote-

stantesimo 19, 1964 S. 23—32).
Munster, Donulus van: Da6 Prinzip der Ethik. Eine Kierkegaardsche

Annäherung (Wissenschaft und Weisheit 26, 1963 S. 197—205).
Ogiermann, Helmut: Die Problematik der religiösen Erfahrung. B.

Positiver Teil (Schol. 3 8, 1963 S. 481—518).
Parsons, Howard L.: The Prophetic Mission of Karl Marx (The

Journal of Religion 44, 1964 S. 52—72).
Pechhacker, Anton: Das transzendentale Verfahren als Methode

der Metaphysik I u. II (Wissenschaft und Weisheit 26, 1963 S. 180

— 197 U. 27, 1964 S. 30—47).
P 1 a c h t e, Kurt: Mythos. Magie und Dämonie im heutigen Weltbild

(PB1 103. 1963 S. 685—692).
— Seinsdenken und Gottesfrage. Heidegger und Tillich (PBI 104, 1964

S. 269—277).

Ramsey, Ian T., Prof.: Models and Mystery. London: Oxford
University Press 1964. IX, 74 S. 8° = The Whidden Lectures for
1963, Series VIII. Pp. 9 s, 6 d.

Rohrmoser, Günther: Anläßlich Heideggers Nietzsche (NZSTh 6,
1964 S. 3 5—50).

Saint-Jean, Raimond: Zum Denken Blondels (ThRv 59, 1963
S. 289-296).

Schüler, Arnaldo: Marxismo e Christianismo (Igreja Luterana 24,
1963 S. 69-88).

Wisser, Richard: Carl Friedrich von Weizsäcker. Der geistige Weg
und die Erkenntnisse eines Naturforschers und Philosophen unserer
Tage (Universitas 19, 1964 S. 63—74).

SYSTEMATISCHE THEOLOGIE

Schul er, Bertram: Die Lehre von der Dreipersönlichkeit Gottes.

Würzburg — Paderborn: Sdiöningh 1961. VII, 127 S. gr. 8°.

Der Verfasser bemüht sich, aus den Denkvoraussetzungen
der Franziskanischen Theologie heraus, der herkömmlichen, von
Augustin und Thomas her geprägten Trinitätslehre eine neue
Konzeption gegenüberzustellen. Er meint, so der Theologie
der griechischen Kirchenväter näherzukommen und damit ein
Haupthindernis für die Wiedervereinigung mit der Ostkirche,
das er in dem Gegensatz der Trinitätslehren sieht, zu beseitigen
. Insofern ist das Buch von besonderem Interesse für jeden,
den die ökumenischen Fragen bewegen. Wer allerdings — wie der
Referent — seit vielen Jahren in Kontaktgesprächen mit ostkirchlichen
Theologen steht, wird mit einiger Verwunderung
hören, daß gerade hier die eigentlichen Hemmungen liegen
sollten. Denn unmittelbar bekommt er Einwände ganz anderer
Art zu hören: in erster Linie die Primatsfrage, sodann Probleme
und auch Ressentiments politischer Herkunft; in dogmatischer
Hinsicht höchstens die letzten römischen Deklarationen
als solche und nicht eigentlich wegen ihres Inhalts. Das Filioque
ist auf östlicher Seite von Photius bis Chomjakow m. E. immer
wieder künstlich hochgespielt worden aus ganz anderen Motiven
heraus. Somit dürfte es für die gegenwärtige ökumenische
Lage wenig austragen, wenn die alte Florentinische Formel
„Ex patre per filium", die in Ost und West ja niemand bestreitet
, die aber nicht das geringste genützt hat, von neuen dogmatisch
begründet wird (S. 45).

Trotzdem wäre es nicht undenkbar, daß die vordergründigen
Differenzen aus hintergründigen Denkansätzen entspringen
könnten, die sich fundamental in der Trinitätslehre manifestieren
. Hören wir also die Meinung des Verfassers: Seine Kritik
an der herkömmlichen Thomistischen Trinitätslehre konzentriert
sich in zwei Gesichtspunkten: Für diese liegt der Schwerpunkt
in dem gemeingöttlichen Wesen; die Besonderheiten von
Vater, Sohn und Heiligem Geist gelten als (sekundäre) „Zueignung
" (appropriatio) und damit als eine aus menschlichen
Analogien genommene Redeweise, der allerdings eine (nicht
mehr aussagbare) Wirklichkeit zugrundeliegt — „modus loquen-
di habens fundamentum in ipsa re" (8 5). Die gegenseitigen
Relationen werden damit akzidentiell gegenüber der unveränderlichen
und relationslosen Wesenheit (19, 50). Demgegenüber
sucht Verf. die individuellen Besonderheiten im Innersten der
Gottheit selbst, so daß „der Vater sowohl nach innen wie nach
außen nur in seiner Eigentümlichkeit als Vater, der Sohn nur
in seiner Eigenschaft als Sohn und der Heilige Geist nur in
seiner Eigentümlichkeit als Geist wirken kann" (84). Für diese
bis in die letzten Tiefen der Wesenheit reichenden Unterschiede
prägt Verf. die Bezeichnung „überreal" (25 u. ö.) im Gegensatz
zur „lateinischen" Theologie, die sie als „real" versteht
(42 A 3). Die „realen" Unterschiede der Thomistischen Tradition
sind aus irdischen Analogien entnommen und darum
(wenigstens sekundär, erklärend) für die Vernunft erfaßbar; die
überrealen können nur „von der göttlichen Selbstschau erfaßt
und nur vom göttlichen Verstände umspannt" werden (25).
Dem Anliegen der trinitarischen Einheit sucht Verf. gerecht zu
werden durch den — der griechischen Patristik entnommenen —
Begriff der „perichoresis", der unzertrennlichen Einwohnung
aller drei göttlichen Personen ineinander.

Der zweite Einspruch (mit dem ersten wurzelhaft verflochten
) liegt in der andersartigen Verteilung der „psychologischen"
Grundfunkrionen: Der Vater „besitzt" (was heißt das?) „das
göttliche Sein in der Weise des Wollens (84); der Sohn „wirkt"
(Sein und Wirken werden offenbar promiscue gebraucht) als
Allwissenheit und Allweisheit; er ist zugleich als Logos „das
Prinzip", „durch das und in dem alle Schöpferideen gebildet
werden" (8 5). Der Heilige Geist ist „das Prinzip" der Liebe
(85). Im Schema der vestigia Trinitatis: Wollen — erkennen —
fühlen. Zugrunde liegt der Scotistische Voluntarismus: Wille ist