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1964

Kategorie:

Judaistik

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 89. Jahrgang 1964 Nr. 10

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seiner Frömmigkeit (in der Jochanans fehlen nach N. mystische
Züge nicht [98—102]). So wird das Buch nicht zuletzt für den
wichtig, der mit dem palästinischen Urchristentum und dadurch
notwendig auch mit dessen Umwelt befaßt ist.

Wertvoll ist übrigens für den, dem die modernen jüdischen Veröffentlichungen
, besonders auch die hebräischen Zeitschriften, nicht
o. w. zugänglich sind, deren weitgehende Verarbeitung, z. T. in kurzen
Referaten.

Halle/Saale Gerhard Delling

Hirsch, Leo: Jüdische Glaubenswelt. Mit einem Vorwort v. H.-J.
Schoeps. Gütersloh: Bertelsmann [1962]. 190 S. m. Abb. 8° —
Bücherei Bildung und Wissen. Pp. DM 5.80.

Das vorliegende Buch ist zum ersten Male im Jahre 193 5
erschienen, als zahlreiche Juden unter dem Eindruck der Verfolgung
durch die Nationalsozialisten, auf sich selbst zurückgeworfen
, eine neue Heimat in der alten Religion suchten. Damals
ist das Verlangen erwacht, sich den Ablauf des religiösen
Jahres der Juden von neuem zu vergegenwärtigen. Diese Aufgabe
hatte Leo Hirsch unternommen, der dann später als einer unter
vielen ein Opfer der NS-Mörder wurde. H.-J. Schoeps hat nun
eine Neuausgabe dieses Büchleins veranlaßt, um so auch den
Heutigen die Erfahrung eines Juden zu vermitteln, der als unvoreingenommener
Betrachter jüdisches Leben und jüdischen
Brauch darstellt. So kann auch heute noch dieses Buch sehr
nützliche Dienste leisten, weil es einen zutreffenden Überblick
über ein gelebtes Judentum bietet. Der Verfasser hat sein Werk
in drei Hauptteile eingeteilt, unter denen sich der Stoff zusammenfassen
läßt: Der Tag des Juden, das Haus des Juden, das
Jahr des Juden. In die Darstellung sind Gebetstexte in deutsdier
Übersetzung eingestreut, welche die Beschreibung des jüdischen
Rituals veranschaulichen. Ferner hat der Verlag eine Reihe von
instruktiven Bildern dem Band beigegeben, wobei leider die
Abbildungen auf S. 74 und S. 139 auf dem Kopfe stehen. Wer
also Einblick in das religiöse Jahr des Juden sucht, kann aus
diesem Büchlein viel lernen, besonders auch, weil es der lebendigen
religiösen Praxis entstammt.

Basel Ernst Ludwig E h rl ich

Feldman, Louis, Dr.: Studies in Judaica. Scholarship on Philo and
Josephus (1937—1962). New York: Yeshiva University [1963]. VI,
62 S. 4°.

Neusner, Jacob: The Conversion of Adiabene to Judaism (JBL 83,
1964 S. 60—66).

NEUES TESTAMENT

Krause, Martin, u. Pahor Labib [Hrsg.]: Die drei Versionen des
Apokryphon des Johannes im koptischen Museum zu Alt-Kairo.

Wiesbaden: Harrassowitz 1962. VIII, 307 S., 32Taf. 4° = Abhandlungen
des Deutschen Archäologischen Instituts Kairo, Kopt. Reihe,
Bd. 1.

Martin Krause, ein junger Ägyptologe, Schüler von Siegfried
Morenz, hat viel Zeit auf den koptischen Handschriftenfund
von Nag Hammadi gewandt. Gemeinsam mit Pahor Labib,
dem Direktor des Koptischen Museums in Alt-Kairo, und dessen
Assistenten Victor Girgis brachte er den ganzen Fund unter
Plexiglas: das war bis dahin nur zu einem kleinen Teile geschehen
. Schon die Verglasung war ein Gewinn: in der Zeit, in
der die Eigentumsfrage in Sachen dieser Papyri noch nicht geklärt
war, hat sich der Zustand der wertvollen Urkunden teilweise
verschlechtert; jetzt sind sie benutzbar, ohne daß weiterer
Schaden befürchtet werden muß. Weiter konnte K. mit Erlaubnis
des Direktors den ganzen umfangreichen Fund abschreiben
. Dies wieder gab ihm die Möglichkeit, den gesamten Bestand
genauer zu erfassen, als das Doresse und Puech vor der
Verglasung gelang. Auch jetzt lassen 6ich noch nicht ganz
sichere Zahlen nennen. Da sind Bruchstücke, von denen man
(auch bei Beachtung der Papyrus-Faserung) nicht angeben kann,
zu wie viel Blättern sie gehören. Für die Codices I bis IX der
Zählung des Museums rechnet K. 1068 ehemalige Seiten, davon
1014 erhalten; das dürften Mindestzahlen sein. Besonders unsicher
sind entsprechende Angaben für die Codices X bis XIII,

die schlechter erhalten sind; einstweilen gibt K. hier an: ehemals
168 Seiten; 116 Seiten und 15 Bruchstücke erhalten. Die
13 Codices enthalten im ganzen mindestens 51 Schriften (nicht
alle mit Über- oder Unterschrift). Bemerkenswert scheint, daß
es sich nur um Codices handelt, also um Bücher in unserem
Sinne; nicht um Volumina (Rollen). Die Form des Codex wird
in frühchristlicher Zeit mehr und mehr üblich; der Codex ist
bequemer als ein Volumen, falls der Text öffentlich verlesen
werden soll. Ist der Codex vielleicht in Kreisen erfunden worden
, in denen öffentliche Verlesung üblich war? Ich notiere eine
Altertümlichkeit: so weit genauere Feststellungen möglich sind,
bestehen die ältesten Codices nur aus ein oder zwei Lagen, die
dann natürlich umfangreicher 6ind als später. K. berichtet über
all diese Arbeiten in den Mitteilungen des Deutschen Archäologischen
Instituts, Abteilung Kairo, 16, 1962, S. 121 ff.

In dem vorliegenden neuen Bande der koptischen Texte,
die erfreulicherweise nun in einem schnelleren Tempo erscheinen
sollen, werden die drei Fassungen des „Apokryphon des
Johannes" mitgeteilt, die zu dem Funde von Nag Hammadi gehören
. Es ist berechtigt, diesen Text zu bevorzugen; er war besonders
beliebt. Wir besitzen von ihm noch eine vierte Fassung
in einem Berliner koptischen Papyrus, den Walter C.Till 1955
in den „Texten und Untersuchungen" (Band 60) herausgab; es
handelt sich um einen Fund, den Carl Schmidt vor langem
machte und dessen Veröffentlichung von den verschiedensten
Schwierigkeiten gehemmt wurde. Allerdings ist der Text nicht
unverändert geblieben; wir besitzen zwei kürzere und zwei
längere Fassungen. Eine besondere Bedeutung hat das Apokryphon
des Johannes, weil der Text oder ein naher Verwandter
von Eirenaios in seinem Hauptwerke (I 29) benutzt wurde; er
gehört also wohl, was die Urschrift betrifft, in die Zeit vor
180 (unsere koptischen Handschriften mögen dem vierten
Jahrhundert angehören). Man kann teilweise verstehen, daß
das Apokryphon des Johannes beliebt war. Es gibt eine klare,
teilweise eindrucksvolle Darstellung. Der Zebedaide Johannes
wird von einem Pharisäer auf dem Tempelplatze geschmäht. Er
flüchtet in die Einsamkeit. Da erscheint ihm Christus, wohl in
immer wechselnder Gestalt, wie es uns öfters bei einer doke-
tischen Christologie entgegentritt: er erscheint als Kind und
als Greis, als Vater, Mutter und Sohn. Nun empfängt Johannes
eine Offenbarung, die ihn wieder aufrichtet. Zunächst schildert
Christus Gottes Wesen. Er kann gar nicht genug Worte finden,
um Gottes Größe gerecht zu werden. Teilweise, aber nicht
folgerichtig ist die Erörterung sogar darauf abgestellt, jede
Aussage über Gott zu meiden; jede Aussage ist ja zugleich eine
Einschränkung (S. 116 „er ist nicht körperlich noch ist er körperlos
; er ist nicht groß, auch nicht klein" usw.) Besonders betont
wird, daß Gott älter ist als alles, was es sonst gibt. Doch
wird auch Gottes Güte hervorgehoben. Dann hören wir von
der Schöpfung, genauer von den beiden Schöpfungen; dabei
kann der Fall der Sophia, der die zweite Schöpfung einleitet,
nicht verschwiegen werden. Bis hierher folgt Eirenaios an der
genannten Stelle unserem gnostischen Texte. Dieser gibt in der
heute vorliegenden Form noch eine Betrachtung der alttesta-
mentlichen Urgeschichte bis einschließlich der Sintflut; der Form
nach wird weniger eine gnostische Umdeutung des alten Textes
geboten, als eine Berichtigung (S. 191: „Nicht so, wie Moses
gesagt hat ,sie verbargen sich in einer Arche', sondern sie verbargen
6ich an einem Orte" usw.). Zuletzt verabschiedet sich
Christus so plötzlich wie er gekommen ist, mit Worten, die
nochmals die ganze Entfernung von der ältesten christlichen
Predigt verdeutlichen: „Verflucht ist jeder, der diese Geheimnisse
für ein Geschenk oder wegen Essen oder wegen Trinken
oder wegen eines Gewands oder wegen einer anderen Sache
dieser Art weitergeben wird. Und man gab ihm diese in einem
Geheimnisse" (S. 199). Man kann den Eindruck haben, daß sich
das Apokryphon an Menschen wendet, die für solche Versuchungen
besonders zugänglich sind. Diese zweite Hälfte des
Textes, die Eirenaios nicht bestreitet, hat er wohl nicht gekannt
; sie hätte dem Stil seiner Polemik gut gedient. Ich kann
mir aber auch nicht vorstellen, daß dieser Abschnitt besonders
volkstümlich war: er strotzt nicht nur von Einzelheiten, die im