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Ausgabe:

1964

Spalte:

49-50

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Autor/Hrsg.:

Schmidt, Philipp

Titel/Untertitel:

Die Illustration der Lutherbibel 1964

Rezensent:

Thulin, Oskar

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 89. Jahrgang 1964 Nr. 1

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nädist zuende geführt sein wird (s. meine Besprechungen in
„Monatschrift für Pastoraltheologie"). Sie will auch etwas anderes
6ein wie die beachtenswerte Reihe Blankes, Köhlers
und Pf isters „Zwingli Hauptschriften", die mit ihren ausgezeichneten
Übersetzungen jedwedem reformationsgeschichtlich
Arbeitenden gesondertes Material für Zwingli als Prediger,
Verteidiger des Glaubens, Staatsmann und Theologen bieten.
Diese Auswahl, die sich in Art und Sprache eng an das
Jubiläumswerk anschließt, will und kann dem knappzeitlichen
Interessenten von heute ein gutes Zwinglibild vermitteln. Dem
Theologiestudenten, wenn er sich mit Reformationsgeschichte
befaßt, daß er auch über den eigenen reformatorischen Zaun zu
schauen lernt. Aber auch dem deutschen Pfarrer und manchem
Theologen, der — 6incere et caute dictum — manchmal nicht
allzuviel mehr als Zwingiis Namen und äußeres Schicksal kennt.
Dieses Buch mit seinen jeweiligen kurzen lebensgeschichtlichen
Einführungen eröffnet Zwingli, wie er leibt und lehrt. Es ist
dankenswert, daß der Editor Zwingiis Poetica neu und zeilengerecht
übersetzt und einige Briefproben sowie exegetische und
homiletische Stücke hineingenommen hat. Nicht weniger, daß
die innerreformatorische Kontroverstheologie, die Zwingli in
die Hölle schickte und Luther zum papistischen Renegaten erklärte
, durch Auswechslung besonders der Abendmahlsschrift
vermieden ist. Sie waren eben damals nicht immer fein miteinander
, als es um das Suchen nach der endgültigen Wahrheit
ging: die Eck und Cochläus, auch nicht die Wittenberger und
die Eidgenossen. Man sollte wenigstens an dem hier gebotenen
Quellenmaterial, auch in Deutschland, etwas von des anderen
deutschen Reformators Geist „einatmen". Auch für den Prediger
wird mancher gute Gedanke abfallen. Selbst noch für die
Arbeit des Pfarrers im Gemeindekirchenrat: „Müßt Ihr nicht
Urteil fällen über die Teilung von Äckern, Wasserleitungen,
Dachtraufen, Grenzstreitigkeiten? Selbst da übrigens kann ich
Euch nicht zugeben, daß diese Dinge nicht heilig sind, wenn sie
der Norm des göttlichen Willens entsprechen", meint Zwingli,
der einmal an einem anderen Orte formuliert: „Pastores pas-
cunt, non regunt."

Betiin Fritz Sch m id t-Cl ausin g

Ba ring, Georg: Bibliographie der Ausgaben der „Theologia Deutsch"
(1516—1961). Ein Beitrag zur Lutherbibliographie. Baden-Baden:
Heitz 1963. 163 S. m. 32 Abb. u. 15 Faks.-S. gr. 8° = Bibliotheca
Bibliographica Aureliana, VIII. Kart. DM 40.—.

Steitz, Heinrich: Warum feiern wir am 31. Oktober den Reformationstag
? (PB1 103, 1963 S. 487—496).

GESCHICHTE DER CHRISTLICHEN KUNST

Schmidt, Ph., Lic. theo!.: Die Illustration der Lutherbibcl 1522
— 1700. Ein Stück abendländische Kultur- und Kirchengeschichte.
Mit Verzeichnissen der Bibeln. Bilder und Künstler. Basel: F.Reinhardt
[1962]. 496 S. m. 400 Abb. 4°. Lw. DM 58.—.

Es gibt einige zusammfassende Arbeiten mit Literaturhinweisen
zum Thema Bibelillustration (z. B. Artikel von
Wilhelm Neuß im Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte)
und zur Illustration der Lutherbibel in ihren Wittenberger
Drucken 1522—46 (z.B. Albert Schramm, Luther und die Bibel,
1923, nur die Abbildungen), dazu eine große Anzahl von kunstgeschichtlichen
und theologischen Arbeiten zu Einzelthemen und
einzelnen Ausgaben. Ph. Schmidt legt hier die erste Arbeit vor,
in der alle Lutherbibeldrucke von 1522 — ca. 1700, und zwar
nicht nur die Wittenberger Ausgaben, sondern alle Drucke
deutscher Sprache nach ihren Illustrationen durchgesehen und
beschrieben sind. Es scheint ein fast unübersehbares Rankenwerk
der Abhängigkeiten oder Selbständigkeiten zahlloser
Künstler, Holzschneider und Kupferstecher zu sein, aber es erscheint
in diesem Folioband klar übersehbar geordnet und gibt
60 nebenbei auch viel Material für die Fragen, die Drucker und
Druckorte dieser Zeit betreffen.

Der Verf. Ph. Schmidt spricht bescheiden vom Ziel seiner
Arbeit, die ja Theoloeie und Kunstgeschichte in gleicher Weise
angeht: ,.Es ist ein Stück gleichsam passiver Kirchengeschichte,
der Kirchengeschichte des einfältigen Laien, womit sich dieses

Buch beschäftigen möchte. Es ist die Frage: wie hat das biblische
Bild dem Bibellescr die Heilige Schrift interpretiert, ausgelegt,
nahegebracht? Oder anders ausgedrückt: wie hat der deutschsprachige
Leser seine Bibel erlebt, erfaßt und in sein geistiges
Sein aufgenommen?" Und doch steckt die Frucht einer Lebensarbeit
der Einzelforschung in den einleitenden Kapiteln im
Anfang und vor den einzelnen Bibelausgaben. Den ersten Teil
bildet eine Übersicht über das biblische Bild vor der Reformation
, wobei der einführende Text und einzelne Bildbeispiele
sich ergänzen. Die Untersuchung beschränkt sich nicht auf die
vorreformatorischen Vollbibeln (Kobergerbibel u. a.), sondern
schließt auch die verschiedenen unter besonderen Gesichtspunkten
geschaffenen Teilausgaben mit ein wie z.B. die Armenbibeln
, die Heilsspiegel, Plenarien, Postille des Nikolaus von
Lyra, sogar die Weltchronik von Hartmann Schedel.

Die Bibelillustration hat durch Luther einen neuen Sinn,
eine geistige, religiöse, ja, theologische Aufgabe erhalten.
Gegenüber dem „Buchschmuck" in gotischen, vorreformatorischen
Bibelbildern legt Luther Wert auf Exegese, die Auslegung, so
im Alten Testament auf Hinweise, die zum Neuen Testament
hinführen. Er wollte die große Linie der göttlichen Führung
durch die ganze biblische Geschichte hindurch zeigen. Beschreibung
und Feststellung der Abhängigkeit der Bilder bilden schon
im vorreformatorischen Teil den Inhalt der kürzeren einleitenden
Texte. Ausführlich dagegen sind die Einführungen zu
den 34 verschiedenen Lutherbibeln, Teildrucken und Gesamtbibeln
, nicht nur der Wittenberger Drucke, sondern der verschiedenen
Nachdrucke in deutsdien und Schweizer Städten.
Einzelbildbeispiele charakterisieren jeweils die verschiedenen
Drucker und die dabei beteiligten Künstler. Neben den beiden
Cranachs treten die verschiedenen anderen Graphiker in ihrer
Besonderheit oder Abhängigkeit klar hervor, die an dem Bildschmuck
der vielen Bibelausgaben mitgewirkt haben: Georg
Lemberger, Hans Sebald Beham, Hans Holbein, Hans Burgkmair,
Virgil Solis, Jost Amman, Tobias Stimmer, Mcrian und andere
in der hier überschauten Zeitspanne. Es bleiben weiterhin zahlreiche
Ungenannte, die damals die Lutherbibel, einen „Bestseller
" der Drucker und Verleger, ausschmücken halfen.

Der vergleichende Teil am Schluß bringt 11 Bildthemen,
deren Entwicklung über 2 Jahrhunderte nicht nur die historische
Folge künstlerischen Gestaltens, sondern zugleich damit die
mehr oder minder vorhandene Textgemäßheit oder nur formale
Schmuckform zeigt. Auch hier stehen die reformationszeitlichen
Bilder ohne Frage an der Spitze einer Wertungsreihe.

Das Verzeichnis der deutschen Bibeln mit Literaturübersicht
sowie das Verzeichnis aller Erzählungen und Sprüche
der Bibel, die in den Ausgaben der deutschen Übersetzung
Martin Luthers in der Zeit von 1522—1700 illustriert worden
sind, geben dem Buch dazu die Bedeutung einer ersten zusammenfassenden
Darstellung und eines Nachschlagewerkes für
jede Weiterarbeit auf diesem Gebiet, ganz abgesehen von dem
erstmalig hier vereinigten Bilderteil der 397 Abbildungen. Es
ist, wie der Untertitel des Buches sagt, ,,cin Stück abendländischer
Kultur- und Kirchengeschichte". Die theologische Tätigkeit
an der Basler Universitätsbibliothek und Forschungsreisen
gaben dem Verfasser die Möglichkeiten zu dieser umfassenden
vergleichenden Materialsammlung und Darstellung.

Lutherstadt-Wittenberj Oskar Th u I i n

AI brecht, Gerd: Bild und Verkündigung (DtPfrBl 63, 1963 S. 281
—282).

Apollonj Ghetti, Bruno Maria: Le chiese titolari di S. Silve-

stro e S. Martino ai Monti (RivAC XXXVII, 1961 S. 271—302).
Bartsch, Hans-Werner: Entmythologisierung und Bild (DtPfrBl 63,

1963 S. 277—281).
Fasola, Umberto M.: La regione delle cattedre nel Cimitcro Maggi-

ore (RivAC XXXVII, 1961 S. 237-267).
Ferrua, Antonio: Lavori a S. Sebastiano (RivAC XXXVII, 1961

S. 203—236).

L a a g, Heinrich: Der Einfluß der liturgischen Bewegung auf den modernen
katholischen Kirchenbau (MdKI 14, 1963 S. 41—47).

Schade, Herbert: Zum Arbeiterbild in der modernen Malerei (StZ
172, (88. Jg. 1962/63) S. 401—421).