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Ausgabe:

1964

Spalte:

661-663

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Gradwohl, Roland

Titel/Untertitel:

Die Farben im Alten Testament 1964

Rezensent:

Oelsner, Joachim

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Theologische Literaturzeitung 89. Jahrgang 1964 Nr. 9

662

schungsberichten und der Wissenschaftsgeschichte. Mit einer
Übersicht über „Die Auffassungen des 19. Jahrhunderts vom
israelitischen Prophetismus" hat er seine akademische Wirksamkeit
begonnen (S. 27 ff.), hat aber später auch über die Forschung
am Deuteronomium und am Daniel, über Ugarit und das
Mandäerproblem berichtet. Von diesen Aufsätzen ist nur der
letztgenannte aufgenommen (S. 332 ff.). Um so mehr ist es zu
begrüßen, daß auch der Aufsatz über „Die Auslegung des Alten
Testaments im Streit der Gegenwart" sich in dieser Sammlung
findet, weil hier deutlich wird, daß es B. in seiner ganzen Arbeit
um rechte, sachgemäße Exegese zu tun war.

Es ist nicht der Ort, über Einzelheiten zu diskutieren.
Wesentlich ist, daß hier das Bedeutsame aus einer reichen
Forschungstätigkeit zusammengefaßt und zugänglich gemacht
wurde, die gerade so dem Forscher viele Anregungen geben
kann.

GreiFswald Alfred Jepsen

Gradwohl, Roland: Die Farben im Alten Testament. Eine terminologische
Studie. Berlin: Töpelmann 1963. XIII, 116 S. gr. 8°
— Beihefte zur Zeitschrift für die Alttestamentliche Wissenschaft,
hrsg. von G. Fohrer, 83. DM 20.—.

Die vorliegende Untersuchung, als Dissertation 1961 von
der Phil. Fak. I der Universität Zürich angenommen, befaßt
sich mit einem sachlich begrenzten Teilgebiet des atl. Wortschatzes
. Dementsprechend sind die besprochenen Probleme vorwiegend
sprachlicher und textkritischer Art. Im übersichtlichen
Aufbau folgen nach einer kurzen Einleitung (S. 1—2) drei
Hauptteile: A. Die Farbqualitäten (S. 3—59), B. Die Pigmentfarben
(S. 60—8 8), C. Die Entwicklung der atl. Farbnomenklatur.
Daran schließen sich an: ein Anhang „Überblick über die Nominalbildung
bei den Farbtermini" (S. 100—101), ein Literaturverzeichnis
(S. 102—110) sowie Register der Bibelstellen und
hebräischen Termini. Die Belege werden soweit nötig ausführlich
besprochen und im hebräischen Wortlaut unter Heranziehung
von Septuaginta, Vulgata und Targum mitgeteilt (alle fremdsprachlichen
Zitate in Transkription). Bei den hebr. Wörtern
werden die Äquivalente der übrigen semitischen Sprachen zum
Vergleich notiert, wobei auffällt, daß in der Regel das Südarabisch
-Äthiopische nicht erwähnt ist. Die sorgfältige Einzelexegese
der Stellen führt zu einer Anzahl von neuen Interpretationen
, von denen sich ein Teil in der Wissenschaft durchsetzen
wird. Das schließt aber nicht aus, daß man im Einzelfall eine
abweichende Meinung vertreten kann.

Im Anschluß an andere Forscher geht G. von folgender
Arbeitshypothese aus: Die Grundlage einer Farbbezeichnung ist
ein konkretes Objekt, das von den Menschen immer wieder gesehen
wurde und eine bestimmte, ausgeprägte Färbung besaß.
Im Laufe der Zeit wurde das Wort dann auch für andere Objekte
gleicher Farbe verwendet. Allerdings ist es für uns meist
nicht mehr möglich, diesen Ausgangspunkt zu erkennen (S. 3 f.).
Die Richtigkeit dieser Anschauung läßt sich zwar nicht beweisen
, verdient aber wohl doch den Vorzug vor der anderen
Möglichkeit, die ursprüngliche Abstrakta voraussetzt. Damit
hängt auch die Frage nach der Herkunft der zugehörigen Verba
zusammen, die G. folgerichtig als denominiert ansieht.

Beim ersten Abschnitt, der die Bezeichnungen für Farbqualitäten
untersucht, hat sich ergeben, daß ihre Zahl bei den verschiedenen
Farben sehr unterschiedlich ist. Am größten ist sie bei Rot mit sieben
Begriffen, von denen allerdings nach Meinung des Rez. manche seltener
belegten vielleicht nur die Bedeutung „grell, hell" haben (bei
Pä'mr, das G. einleuchtend mit parva = „Kochtopf" verbindet, ist
der übertragene Gebrauch sicher). Die am häufigsten vorkommende,
in allen Perioden belegte Wurzel ist 'dm. G. diskutiert drei verschiedene
Etymologien derselben: a) eine Ableitung von dam = „Blut",

b) eine solche von 'adäma = „Erde" / 'äciäm = „Mensch" und

c) von arabisch 'adamat™ = „Haut", also „hautfarben". Es gelingt
ihm ebensowenig wie seinen Vorgängern, einen sicheren Nachweis für
die Gültigkeit einer davon zu führen, er hält aber wohl mit Recht
den Zusammenhang mit Blut für das Nädistliegende. Der Bedeutungsinhalt
dieser Wurzel und ihrer Ableitungen ist sehr groß. Er umfaßt
alle roten Töne bis hin zum gelb-braunen Bereich.

Die Bezeichnungen für Grün / Gelb, für die nur die Wurzel jrq
(gemeinsemitisch wrq) bezeugt ist, sind vom Grünen in der Natur
hergenommen. Sie umfassen die gesamte Sphäre des pflanzlichen Aussehens
einschließlich Gelb, wie es an verdorrenden Pflanzen zu beobachten
ist (erwähnt sei die vorzugsweise Verwendung der Wurzel für
gelbe Objekte in manchen semitischen Sprachen). Der Bezug auf die
Pflanzenwelt ist bei den atl. Belegen fast immer noch deutlich sichtbar
, Adjektive sind selten belegt.

Für Blau sind keine Bezeichnungen bekannt. Rez. darf anmerken,
daß auch im Akkadischen kein ursprüngliches Wort dafür zu existieren
scheint. Dort ist ein Adjektiv für diese Farbe sekundär von der
Benennung des „Blau-Steines" Lapislazuli abgeleitet.

Die am häufigsten für Weiß verwendete Wurzel lbn wird vom
arabischen Äquivalent labanva = „Milch" her gedeutet entsprechend
der oben genannten Arbeitshypothese. Die übrigen für die genannte
Farbe in Betracht zu ziehenden Wörter werden ebenso wie die Belege
für Schwarz mit der durchweg angewandten Gründlichkeit besprochen.
Bei letzterem ist nicht ganz ersichtlich, warum die Wurzel ihr aus
dem Aramäischen entlehnt sein soll, nur weil sie zufällig erst spät
bezeugt ist.

Zum Abschluß des ersten Hauptteiles finden wir Ausführungen
über Flecken- und Streifenmuster, deren relativ häufiges Vorkommen
im semitischen Bereich für Viehzüchter typisch ist, sowie über indirekte
Farbangaben.

Im zweiten Abschnitt werden nach einer Vorbemerkung über
„malen, färben" im AT die nicht sehr zahlreichen Bezeichnungen für
Farbstoffe mit den Unterteilungen tierische, pflanzliche und mineralische
Pigmente besprochen. Dabei wird das Fehlen archäologischen
Materiales zur Unterstützung der Philologie schmerzlich bewußt.

Im Hinblick auf den dritten Teil hat G. versucht, die Belege
auch zeitlich im Anschluß an die Ergebnisse der Einleitungs-
wissenschaft einzuordnen, wobei er sich der bestehenden Unsicherheiten
bewußt ist. Im abschließenden Abschnitt versucht
er nun, dies für die Bedeutungsentwicklung der Begriffe auszuwerten
. Seine Ergebnisse stellt er in Tabellen dar (S. 91—94).
Für die Entfaltung des Wortinhaltes nimmt er vier Stufen an:

1. das Farbobjekt ist noch gar nicht genannt (so bei Blau),

2. das Farbobjekt ist benannt, wird aber noch nicht für andere
Gegenstände gleicher Färbung verwendet, 3. die Verwendungsweise
ist auf alles Gleichfarbige ausgedehnt, es werden Adjektive
sowie denominierte Nomina und Verba gebildet, 4. es werden
neue Assoziationen gebildet sowie Farbnuancen herauskristallisiert
. Hier möchte Rez. allerdings gewisse Bedenken nicht
verschweigen. Erlaubt die lückenhafte Überlieferung der Sprache,
wie sie im AT vorliegt, das Erkennen einer Begriffsgeschichte?
Das ist wohl nur in Ausnahmefällen bei häufig belegten Wörtern
möglich. Die besprochenen Wörter sind aber meist nur selten
im AT zu finden. So ist z. B. nicht recht einzusehen, warum
das Adjektiv fraqraq = „grünlich-gelblich" erst zur Zeit des
Exils nach Analogie ähnlicher Bildungen von anderen Wurzeln
gebildet sein soll (S. 96), nur weil es nicht eher bezeugt ist.
Hier sind unserer Kenntnis Schranken gesetzt. Ein Wort ist nicht
erst dann, wenn es uns in einer bestimmten Bedeutung in einem
Text überliefert ist, in diesem Sinne gebraucht worden. Mit diesem
Einwand soll aber keineswegs der Wert der zu besprechenden
Studie gemindert werden.

Nach Abschluß derselben erschienen zwei Aufsätze zu Farben
im Ägyptischen: S. Morenz, Von der Rolle der Farbe im
alten Ägypten, palette 11, Herbst 1962, S. 3—9, und W. Schenkel,
Die Farben in ägyptischer Kunst und Sprache, Zeitschrift für
ägyptische Sprache und Altertumskunde 88, 1963, S. 131—147.
Sie seien hier erwähnt, weil zu prüfen ist, ob sie helfen können
, noch ungelöste Probleme der atl. Farbterminologie zu klären
. Besonders auf das Ergebnis von Schenkel sei hingewiesen:
während die Kunst des Alten Reiches die Farben Rot, Gelb,
Grün, Blau sowie Schwarz und Weiß verwendet, sind in der
Sprache echte Farbbezeichnungen nur für Rot und Grün sowie
die beiden letzten vorhanden (die Farbwörter werden von ihm
als deverbale Abstrakta aufgefaßt, dabei ist methodisch wohl G.
der Vorzug zu geben, s. o.). Uns interessiert in erster Linie das
Fehlen eines Wortes für Blau. Sch. kann jedoch nachweisen, daß
das Wort für Grün in Fällen verwendet wird, in denen eindeutig
Blau gemeint ist. Anderseits erweist der Gebrauch, daß das
Wort für Rot auch den gelben Farbbereich mit umfaßt, so daß
sich die Frage erhebt, ob hier nicht eine Einteilung der Farbskala
vorliegt, die von der unsrigen abweicht. Diese findet Sch.
in der ausschließlichen Unterscheidung von warmen und kalten
Farben neben dunkel und hell. Die Ursache dieses Prinzips