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Ausgabe:

1964

Spalte:

42-43

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Cibulka, Josef

Titel/Untertitel:

Velkomoravský kostel v Modré u Velehradu a začátky křesťanství na Moravě 1964

Rezensent:

Müller, Ludolf

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Theologische Literaturzeitung 89. Jahrgang 1964 Nr. 1

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gegen Schluß des Bandes sagt einiges über die Schwierigkeiten,
die es bereitet, den nun wirklich gemeinten Heiligen zu ermitteln
(S. 275 ff.); denn in der Regel gibt es eine Vielzahl von
Heiligen desselben Namens. Teilweise wechselten auch die Patro-
zinien unter gleichnamigen Heiligen! Eine weitere Frage wäre
die nach der Wahl gerade dieses oder jenes Heiligenl Teilweise
damit verbunden ist die Frage nach dem Gang der Missionierung
Niedersachsens, nach den Urpfarreien (vgl. S. 5), nach der
Siedlungsgeschichte.

Z.B. übernahm die 1280/86 durch Erzbischof Giselbert von
Hamburg-Bremen gegründete Stadt, die man später Buxtehude
nannte, das Patrozinium ihrer Pfarrkirche St. Peter von der
gleichnamigen Kirche des alten Dorfes Buxtehude, das später
nach dem dort bereits 1197 gegründeten Benediktinerinnenkloster
und im Gegensatz zu dem benachbarten jüngeren „Neukloster
" „Altkloster" hieß. Ebenso ist das Patrozinium der
städtischen, im 14. Jhdt. errichteten Marienkapelle auf eine
Kapelle gleichen Namens zurückzuführen, die schon in der
Klostergründungsurkunde von 1197 erwähnt wird. Die Dorfkirche
St. Peter wurde dem Kloster 1197 inkorporiert und bestand
auch nach der Stadtgründung mit diesem weiter. Die
Stadtkirche St. Peter wurde dem Kloster bald nach ihrer Gründung
ebenfalls inkorporiert, was sich sogar noch auf das nach-
reformatorische örtliche Kirchenrecht auswirkte. Vgl. M. Schindler
, Buxtehude. Studien zur mittelalterlichen Geschichte einer
Gründungsstadt. 1959; E. Sehling, Die ev. Kirchenordnungen des
16. Jh.s VII, l (1963), 62 f. — (Im vorliegenden Patrozinien-
verzeichnis [S. 245] sind das Dorf Buxtehude [Altkloster] und
die erst am Ende des 13. Jhdts. in der Nähe des Dorfes gegründete
Stadt, ebenso wie die Kirchen und Kapellen des Dorfes
und der Stadt, nicht unterschieden, was allerdings zu entschuldigen
sein dürfte, da dem Bearbeiter die hier wohl schlüssig
klärende Spezialuntersuchung von M. Schindler noch kaum hat
vorliegen können.)

Teilweise werden bei der Frage nach der Wahl der Patro-
zinien auch die Schutzpatronate, z. B. für bestimmte Berufs-
gruppen (bes. bei den Bruderschaftsparrozinien) oder etwa für
Kranke, Sterbende (z. B. bei den Spitälern) usw. zu berücksichtigen
sein, mögen diese auch wieder in sich selbst Fragen an die
Hagiographie stellen! Angaben über Schutzpatronate kommen im
vorliegenden Heiligenregister nur selten vor; man ist hier genötigt
, auf die sonst gebräuchlichen Heiligenlexika zurückzugreifen
, die auf S. 275, Anm. 1 zusammengestellt sind.

Weiter verbirgt sich hinter den Patrozinienlisten das ganze
mittelalterliche Pfründenwesen, dessen völlige Klärung noch
nicht hat erreicht werden können (S. 274). An den Altären gab
es Vikarien, Kommenden, Kommissien U6w., manchmal wieder
mit Sonderpatrozinien. Welche rechtliche Stellung nahmen jeweils
die Besitzer solcher Benefizien im Gefüge der Kirche ein?

E. Hennecke hatte auch eine umfangreiche Materialsammlung
zu den mittelalterlichen Pfarrsystemen angelegt, die im
vorliegenden Buch, z. T. im Hinblick auf das Unternehmen der
Weiterführung der „Germania Sacra" durch das Max-Planck-
Institut für Geschichte unter Leitung von Herrn Prof. Dr.
Heimpel in Göttingen, nicht fortgesetzt bzw. ausgewertet ist
(S. 8 f.). In dieser Richtung müßten Ergänzungen zu unserem
Patrozinienverzeichnis dem Benutzer besonders dankenswert erscheinen
. Z.B. ist (S. 211) zu den Faidern-Dörfern bei Emden
jeweils angegeben, sie seien 1570 nach Emden eingemeindet.
Dies bezieht sich — etwas vergröbernd — auf die polirische Eingemeindung
. Die Pfarrsysteme von Groß- und Klein-Faidern
hatten ihre Selbständigkeit anscheinend schon im Laufe des
15. Jhdts. verloren; wann die beiden Kirchen eingegangen sind,
ist nicht bekannt. Wiederholt erscheint der Pfarrer zu Groß-
Faldern als Vikar der Großen Kirche (St. Cosmas und Damianus)
in Emden; der Pfarrer zu Klein - Faidern wird als Präbendat der
Emder Kirche genannt. Beide bildeten auch in vermögensrechtlicher
Hinsicht mit der Priesterschaft der Emder Kirche eine
Einheit, für die dann der Name „Gremium" aufkam. Vgl.
J. Weerda, Der Emder Kirchenrat und seine Gemeinde II, 1948;
E. Schling. a.a.O. 386 f. — Das sog. Mittel-Faldcrn, wo sich
das Franziskanerkloster erhob, besaß schon vor 1570 engere

Bindungen politischer Art an die Stadt. In der Klosterkirche
wurde durch die Mönche noch lange nach der Reformation
katholischer Gottesdienst gehalten. Erst 1 575 wurde die Klosterbzw
, nunmehrige ref. „Gasthauskirche" für den regelmäßigen
Sonntagsgottesdienst in Gebrauch genommen, ohne damit jedoch
zur selbständigen Pfarrkirche erhoben zu werden; vgl. E. Sehling,
a.a.O. 48 5 (nach den Emder Kirchenratsprotokollen).

Weiter möchte man gern fragen nach den Stiftern, den
Patronen, Kollatoren der mittelalterlichen Pfründen. Schließlich
darf man vielleicht ein besonders den Reformationshistoriker
interessierendes Anliegen erwähnen, das nun freilich auch zeitlich
über den Aufgabenbereich, der dem Patrozinienverzeichnis
gesetzt war, hinausgeht. Was wurde aus alle den Pfründen in
der Reformationszeit, sofern sich die aufgeführten Kirchen der
Reformation erschlossen? Die Kirchenordnungen enthalten manchen
Vorschlag oder manche Anordnung, meistens allgemeinerer
Art, in welcher Weise die Benefizien zugunsten der Prediger,
der Schulmeister, der Armen verwendet werden könnten oder
sollten. Studien über den Verbleib der Lehen im einzelnen
können hier noch weiter führen. Z. B. gibt ein sich im Stadtarchiv
Verden befindendes handschriftliches Vikarienvcrzeichnis
aller Kirchen in Verden, aufgestellt in der ersten Hälfte des
17. Jhdts. (das, ebenso wie ein zweites dort vorhandenes Vika-
rienverzeichnis, auch Hinweise auf Patrone und Kollatoren enthält
), Aufschlüsse in der Richtung, wenn es dort beispielsweise
von der Vikarie Philippi et Jacobi an der Johanniskirche in
Verden (vgl. Patrozinienverzeichnis, S. 268) heißt „Ist dem
predigstul incorporirt", ebenso bei der Vikarie Gertrudis an
derselben Kirche (vgl. a. a. O., S. 269); oder wenn zur Vikarie
Joannis et Thomae (vgl. a. a. O., S. 268) mitgeteilt ist, daß sie
Magister Nikolaus Glaser (Rektor der Verdener Domschule)
innehabe usw. Vgl. E. Sehling, a.a.O. 154 f. 162 f.

Dies sind freilich Fragen und Überlegungen, die die Grenzen
, die dem vorliegenden Patrozinienverzeichnis von vornherein
gesetzt waren, überschreiten. Solche Fragen und Überlegungen
möchten nur der Hoffnung Ausdruck geben, daß das
Buch, der Intention des Herausgebers entsprechend, zu weiteren
Forschungen Anreiz und Hilfe sein wolle.

Allen, die an diesem Buch in mühevoller und selbstverleug- r
nerischer Arbeit mitgewirkt haben (außer den auf dem Titel- I c
blatt genannten Mitarbeitern sind es noch: K. Algermissen,
H. Engfer, H. Gidion, O.Hahne, J. Ricklefs, A.Ritter, P.Enge!,
U. Schulze), gebührt aufrichtiger Dank.

Göttingen Anneliese Sp ren gl ar-Rnppenthal

M o 1 n a r, Amedeo: L'Evolution de la theologie hussite (RHPhR 43,
1963 S. 133—171).

KIRCHENGESCHICHTE: MITTELALTER

C i b n 1 k a, Josef: Velkomoravsky Kostet v Modrc u Vclchradu a
Zacätky Krestanstvi na Morave (Die großmährischc Kirche in
Modrä bei Welehrad und die Anfänge des Christentums in Mähren
). Prag: Nakladatclstvi Ceskoslovenske Akademie V£d 1958.
365 S. m. 70 Abb., 3 Ktn., 24 Taf. 4" = Monumenta Archaeolo-
gica, VII. Lw. Kcs 52.—.

Schon aus den Viten der „Slavenapostel" Kyrill und Me-
thod war bekannt, daß die heiligen Brüder nicht eigentlich
Apostel waren, daß sie nicht als Missionaie in ein heidnisches,
sondern als Lehrer und Organisatoren in ein bereits weitgehend
christianisiertes Land kamen. Einige dürftige Angaben schriftlicher
Quellen aus dem Westen bestätigten die Existenz einer
christlichen Kirche in Mähren schon vor dem Jahre 863. Die
Eigenart und das Alter dieser Kirche blieben aber weithin im
Dunkel.

In den letzten Jahrzehnten 6ind zu den schriftlichen nun
archäologische Quellen von hohem Werte hinzugekommen. Die
Kirche in Modra bei Velehrad verdient hier an erster Stelle
genannt zu werden. Es handelt sich um eine kleine Steinkirche
(der Innenraum ist etwa 5, 55 X 9m groß) mit rechteckig
schließendem Chorraum und vier Stützen im Gemeinderaum,
die offenbar einen Oberraum trugen. Der erste Ausgräber (1911)