Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1964

Titel/Untertitel:

Religionswissenschaft

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2, Seite 3, Seite 4

Download Scan:

PDF

585

Theologische Literaturzeitung 89. Jahrgang 1964 Nr. 8

586

Nach einer Prüfung der Paulusworte mit /xioßög glaubt
Wilh. Pesch (199-206) für 1. Kor 3,8. 14 f. feststellen zu
können, daß es sich hier um einen Ausdruck für den apostolischen
Sonderlohn handelt. Paulus lehrt, daß er und alle Verkündiger
des Evangeliums neben dem Heil noch eine besondere
eschatologische Beglückung erfahren werden, nämlich die endgültige
Vereinigung mit ihren Gemeinden. — 1. Kor 7, 14 wird
von Josef Blinzler (23—41) sorgfältig dahin untersucht, ob
es ein Zeugnis für die Idee vom sündlosen Kindestum, ein Beleg
für oder gegen die Erbsündenlehre oder für die Frage der
Kindertaufe bietet. Alle diese Fragen werden verneinend beantwortet
. Die Aussage des Paulus scheint die folgende zu sein:
Der mit einem Christen verheiratete Ungläubige 6teht objektiv
in einem positiveren Verhältnis zu Gott als der gewöhnliche
Ungläubige. — Die Grundideen von 2. Kor 6,14 — 7,1, d.h.
die Vorstellung von der Gemeinde als Gottestempel, die Separation
von der gottlosen Umwelt und der Dualismus, sowie die
Terminologie dieses den Zusammenhang des Briefes störenden
Stückes führen Joachim G n i 1 k a (86—99) zum Schluß, daß wir
hier einer Qumran- und Test XII-Tradition begegnen. Die
christliche Umarbeitung, wahrscheinlich ein Werk des Redaktors
des 2. Kor, vermochte den essenischen Grundcharakter des Fragmente
nicht zuzudecken. — Eine ähnliche Untersuchung unternimmt
Franz Mußner (185 — 189) für den Epheserbrief, indem
er nachweist, wie motiv-geschichtlich die Vorstellungen vom
Geheimnis, von der Verbundenheit der Gemeinde mit der
Himmelswelt, der Gemeinde als Tempel und Stadt, der Neuschöpfung
, vom „Nahebringen" und von der „Einung" in einer
Tradition stehen, die im Qumranschrifttum lebendig ist. —
Karl Th. Schäfer (218-224) lehnt in Eph 2,20 die Übersetzung
„Schlußstein" (J. Jeremias, M. Dibelius) ab. „Die einzigartige
Bedeutung Jesu Christi für die Kirche gegenüber den
Aposteln und Propheten wird gerade dann deutlich, wenn er
der Gründungseckstein ist, der schon Lage und Richtung des
gesamten Fundamentes bestimmt." — Besonders auf Grund einer
Iiterarkritischen Analyse von Eph 2, 1—6 geht Pierre Benoit
(11—22) dem gegenseitigen Verhältnis des Kolosser- und Ephe-
serbriefes nach. Von allen Paulusbriefen benutzt Eph den
Kolosserbrief mit der größten Aufmerksamkeit. — Josef Gewiess
(69—8 5) deutet ägjzay/u6<; der berühmten Philipperbriefstelle
2,6b nicht im Sinne einer res rapta, sondern als res rapienda.
Diese Deutung wird von Novatian und der pseudo-athanasiani-
schen Homilie De semenle bestätigt, während die übrigen
Väterinterpretationen dem Sprachgebrauch nicht gerecht werden.
— Nikolaus Adler (1—6) empfiehlt in der 1. Tim 5,22 erwähnten
Handauflegung nicht einen Beleg für die Handauflegung
als Bußritus zu sehen. — Anselm Schulz (265—269) versucht
eine saubere Unterscheidung zwischen der Leidenstheologie und
der Vorbildethik in den paulinischen Hauptbriefen anzudeuten.
Die Leidenszeugnisse des Apostels seien vornehmlich religiöse
Aussagen, während die Vorbildzeugnisse im Sinne einer imitatio
Christi ethischer Natur wären.

Beim Hexameterspruch des Jakobusbriefes 4, 5 entscheidet
sich Joh. Michl (167—174) für die Übersetzung: „Neidisch
verlangt der Geist, den er in uns wohnen ließ." — Die spätapostolischen
Briefe Jud 2. Pt betrachtet Karl Hermann
Schelkle (225—232) als frühkatholisches Zeugnis, das zwar
das apostolische Zeitalter als bereits abgeschlossen beweist und
den Übergang vom NT zur Zeit der Kirchenväter kenntlich
macht, aber eben doch zum Kanon gehört. E. Käsemann und
W. G. Kümmel gegenüber sieht somit der katholische Exeget die
Echtheit und Gültigkeit der frühkatholischen Entwicklung bestätigt
.

Ludw. S t e f a n i a k (294—302) stellt den messianischen
Charakter der eschatologischen Erwartungen der Qumransekte
in Frage, indem er ihre Vorstellung des Propheten, des Lehrers
der Gerechtigkeit und der Messiasse aus Aaron und Israel
untersucht. — Eine biblisch-theologische Meditation über das
Thema Paradies und Tod, das vom AT ins NT hinüberreicht,
bietet Vinzenz Hamp (100—109), der dann auch der Lehre
der Konzilien über den Erbtod nachgeht. — Wilh. Michaelis
(161—166) greift von neuem das Problem der Gegenwärtigkeit

des Reiches Gottes und der Äonenwende in der Verkündigung
Jesu an. Sich auf eigene ältere Arbeiten stützend hält er nicht
für möglich, wie es allzuoft geschieht, die Auferstehung Jesu
als Beginn des neuen Äons aufzufassen. — In Auseinandersetzung
mit anderen Deutungen zeigt Ingo Hermann (110—114),
daß das neutestamentliche Kerygma nicht nur Missionspredigt,
sondern auch Gemeindepredigt ist, ein geistgewirkter Vorgang,
der in der Kirche entsteht und zugleich an die Kirche gerichtet
ist.

Mit Sprache und Übersetzungen des NT befassen sich folgende
drei Aufsätze: G. D. K i 1 p a t r i c k, Atticism and the
Text of the Greek NT (125—137); Josef Hof mann, Beziehungen
der sa'idischen zur äthiopischen Übersetzung der Johannes
-Apokalypse (115 — 124); Joseph M o I i t o r. Das Haemeti-
Palimpsestfragment Tiflis 1329 und sein Verhältnis zum altgeorgischen
Evangelientext (175—184).

Einen außerordentlich aufschlußreichen patristischen Beitrag
liefert Otto K u s s in seinen kritischen Bemerkungen zur Hermeneutik
Tertullians (138—160), die man wohl als Nuancierung
der verdienstvollen Arbeit H. Karpps, Schrift und Geist bei
Tertullian (Gütersloh 1955), betrachten darf. Kuss sichtet das
betreffende Material im Blick auf eine systematische Würdigung
des tertullianischen Axioms von der sachlichen Identität von
Offenbarung, Schrift und Glaubensregel.

Ein Stellen- und Autorenregister erleichtert dem Fachleser,
aus dieser reichen Festschrift allen Nutzen zu ziehen.

Prag Amedeo Mol nii r

Gutteridge, Richard J. C: Sir Edwyn Hoskyns (1884—1937) —
Wegbereiter, Brückenbauer, Interpret (KuD 10, 1964 S. 48—60).

Antweiler, Anton: Nochmals: die Studienpläne (ThGl 54, 1964
S. 101—115).

K o 1 p i n g, Adolf : Fundamentaltheologie im heutigen Hochschulunterricht
— Situation und Vorschläge (ThGl 54, 1964 S. 115—126).

Raymond, Marcel: Pourquoi une faculte de theologie? (Revue de
Theologie et Philosophie 97, 1964 S. 15—24).

Schoeps, Hans-Joachim: Zur Ideengeschichte des Sozialismus —
Rudolf Meyer und der Ausgang der Sozialkonservativen (Zwischenstation
. Festschrift für K. Kupisch zum 60. Geburtstag. München:
Chr. Kaiser 1963 S. 223—233).

U r n e r, Hans: Gerhard Hauptmann. (Zwischenstation. Festschrift für
K. Kupisch zum 60. Geburtstag. München: Chr. Kaiser 1963 S. 234
—249).

RELIGIONSWISSENSCHAFT

Dam mann, Ernst: Die Religionen Afrikas. Stuttgart: Kohlhammer
11963]. XV, 302 S. m. 1 Ktn.-Skizze, gr. 8° - Die Religionen der
Menschheit, hrsg. v. Ch. M. Schröder, Bd. 6. Lw. DM 32.—.

Das Buch ist Band 6 in der nun schon bestens eingeführten,
von Chr. M. Schröder herausgegebenen Reihe „Die Religionen
der Menschheit". Mir will scheinen, daß dieser Band einer der
am meisten erwarteten Beiträge dieser Reihe ist. Angesichts des
Hervortretens und der Bedeutung Afrikas und der zwar oftmals
übersehenen und doch so nötigen und selbstverständlichen Verpflichtung
, den afrikanischen Menschen kennen zu lernen und
ihn so zu sehen, wie er sich selber versteht, wird sich dieses
Werk allen als aktuell-hilfreich erweisen, die beruflich oder
interessenmäßig Umgang mit Afrikanern zu pflegen haben. Denn
eindrücklich zeigt dieses Buch, daß der Afrikaner ein homo
religiosus ist, der noch in der Ganzheit lebt und die Trennung
von religiös und weltlich nicht kennt, daß darum das ganze
Leben von religiösen Vorstellungen und Bindungen durchzogen
ist. Das gilt auch bei den westlich Gebildeten, deren Bildung,
Kleidung und Lebensweise das afrikanische Proprium nicht aufhebt
. Selbst bei den Christen lebt vieles aus dem alten Erbe
weiter (268). Es gehört zu den Vorzügen dieses Buches, daß
es bis in die neueste Zeit führt und auf die religiöse Bestimmtheit
auch des neuen Afrika eingeht. Fraglos wird das Werk
seine vom Verfasser gewollte Aufgabe erfüllen und „allen
denen, die eine erste Einführung in die Religionen Afrikas begehren
, den erwünschten Überblick vermitteln" (VII). Wenn
das Buch nicht in erster Linie dazu bestimmt sein soll, „in fachwissenschaftlichen
Kreisen neue Erkenntnisse zu verbreiten"