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Ausgabe:

1964

Spalte:

546-550

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Robson, John A.

Titel/Untertitel:

Wyclif and the Oxford schools 1964

Rezensent:

Oberman, Heiko Augustinus

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Theologische Literaturzeitung 89. Jahrgang 1964 Nr. 7

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nuanziert ist durch Absolutismus und preußische Monarchie,
ohne weiteres zur Beschreibung spätjüdischeT Sachverhalte
heranzuziehen. Um diesen Begriff terminologisch zu rechtfertigen
, verweist der Verf. auf die häufige Verwendung von iiöcojui
zur Bezeichnung der Machtverleihung (S. 18 f.). Aber dldcujui
ist schwächer als ein „von Gottes Gnaden". Dieser Leitbegriff
klingt nun in unseren Ohren immer so, als sei mit dem „von
Gottes Gnaden" zugleich die strikte Unterwerfung befohlen.
Deswegen hat man zu beachten, daß die spätjüdischen Texte
mit der Aussage, Gott gebe dem Könige sein Königtum, einen
ganz anderen Skopus verfolgen, besonders deutlich in Sap 6 und
Aristeas 227 ff. Jene Aussage erscheint gerade nicht in einer
Untertanenparänese, sondern in einer Mahnrede an den König.
Ihm wird etwa gesagt: „Bedenke, daß deine Macht Gottes Gabe
ist. Erweist du dich dieser als unwürdig, wird sie dir genommen
!" Nicht auf eine Warnung an die Untertanen, vielmehr
auf eine Warnung an den König laufen die Texte hinaus (vgl.
auch Dan!). Jene Folgerung, die Rom 13,1—7 erscheint, ist
dem Judentum also durchaus nicht die nächstliegende. Man
wird aber, um die Meinung des Judentums zu erheben, nicht
nur paränetische Stellen zitieren dürfen. Vielmehr muß man
die Frage, wie sich das Judentum zur heidnischen Obrigkeit
stellte, in die Differenziertheit seiner Geschichte hineinstellen.
Der Zelot beginnt in der Hoffnung, daß der Messias in Bälde
■erscheine, schon jetzt den messianisdien Krieg. Der pharisäische
Bußernst erduldet die heidnische Obrigkeit als göttliche Strafe,
freilich in der Erwartung, daß Gott diese Strafe bald durch den
Messias beseitige. Die Sadduzäer lieben das taktische Paktieren.
Der Essener kann, da das Böse nicht von Gott gewirkt sein
soll (Philo, Q. o. p. 1. § 84), dann, wenn die Obrigkeit in den
Kontext des Bösen gerät, am messianischen Krieg beteiligt
sein (vgl. lQM). Ob das hellenistische Judentum neben diesen
vier Formen als fünfte gelten kann, muß man fragen. Zunächst
werden die genannten Spielarten, freilich auf anderer Ebene,
im Diasporajudentum auch eine Rolle gespielt haben. Damit
bliebe fraglich, ob es eine spezifisch jüdisch-hellenistische
Stellungnahme zur heidnischen Obrigkeit gab. Jedenfalls darf
eine Frage nach dem Verhältnis des Judentums zur heidnischen
Obrigkeit eine Vielfalt von Möglichkeiten nicht unterdrücken,
und keineswegs ist es erlaubt, nur nach Texten Ausschau zu
halten, die diesbezügliche Weisungen und Aussagen enthalten,
vielmehr ist die Schilderung jüdischen Verhaltens (z. B. im
jüdischen Aufstand 66—70) hierbei von nicht geringerem Belang
. Es ist schade, daß W. Bold ein in der Neuzeit geprägtes
„von Gottes Gnaden" unkritisch an spätjüdische Texte heranträgt
und einträgt. So sehr er überzeugt, wenn er gegen
E. Stauffer eine Zusammengehörigkeit von Jesus und Paulus
untermauert, so wenig kann aus seiner Beweisführung hervorgehen
, daß solche Übereinstimmung auch auf das Spätjudentum
auszudehnen ist.

Ein Druckversehen fiel mir auf. Auf S. 80 muß die im Text
stehende Anmerkungsziffer 26, nicht 21 heißen.

Bad Kosen Fritz Nougehaner

Käsemann, Ernst: Einheit und Vielfalt in der neutestamentlichen

Lehre von der Kirche (ÖR 13, 1964 S. 58—63).
Leroy, Herbert: Das Weinwunder zu Kana. Eine exegetische Studi;

zu Joh 2, 1—11 (Bibel und Leben 4, 1963 S. 168—173).
Lindijer, C. H. : Jezus' doop in de Jordan. (Nederlands Theol.

Tijdschrift 18, 1964 S. 177—192).
Neuenzeit, Paul: „Als die Fülle der Zeit gekommen war" (Gal

4, 4). Gedanken zum biblischen Zeitverständnis (Bibel und Leben 4,
1963 S. 223—239).

Neuhäusler, Engelbert: Das Geheimnis ist groß. Einführung in
die Grundbegriffe der Eheperikope Eph 5, 22—29 (Bibel und Leben 4,
1963 S. 155—167).

Pautrel, Raymond: Ben Sira et le Stoicisme (RechSR 51, 1963

5. 535—549).

Places, Edouard des: La syngeneia chrcticnnc (Bibl 44, 1963 S. 304
-332).

S c h e 1 k 1 e, Karl Hermann : Die Frauen im Stammbaum Jesu (Bibel

und Kirche 18, 1963 S. 113-115).
Schnackenburg, Rudolf: Zur Traditionsgeschichte von Joh 4,

46-54 (BZ 8, 1964 S. 58-88).

Söll, Georg: Das Problem der Dogmenentwicklung im Licht des

Neuen Testaments (Salesianum 25, 1963 S. 319—341).
Stachowiak, Remigius: Die Antithese Licht - Finsternis — ein

Thema der Paulinischen Paränese (ThQ 143, 1963 S. 385—421).
T r o i z k i, G.: Die Gestalt Jesu nach den Evangelien (Stimme der

Orthodoxie Heft 12, 1963 S. 44—57; Heft 1, 1964 S. 47—66).
V ö g 11 e, Anton: Die Genealogie Mt 1,2 — 16 und die matthäische

Kindheitsgeschichte (I.Teil) (BZ 8, 1964 S. 45—58).
— Eine korrekturbedürftige Gesamtvorstellung des Neuen Testamentes

(III) (Anzeiger für die katholische Geistlichkeit 72, 1963 S. 495—504).
W e n z, Helmut: Der kerygmatisierte historische Jesus im Kerygma

(ThZ 20, 1964 S. 23-38).

KIRCHENGESCHICHTE: MITTELALTER

R o b s o n, J. A.: Wyclif and the Oxford Sdiools. The Relation of
the Summa de ente' to Scholastic Debates at Oxford in the later
fourteenth Century. London: Cambridge University Press 1961.
XIII, 268 S. gr. 8" = Cambridge Studies in Medieval Life and
Thought, ed. by M. D. Knowles, N. S. Vol. VIII. Lw. 3 5 s.

In this book Mr. Robson has presented us with a study that
calls for a series of marginalia which may have more
general significance.

The great merit of this book is certainly its Part II, dedi-
cated to an analysis of Wyclif's "Summa de Ente", a collection
of treatises which arrtedates c. 1372; they all belong therefore
to his academic, precontroversial period. The author suggests
that in the second part of this Summa we have before us the
body of the "lost" Sentences commentary of Wyclif (p. 134),
or rather the first two books (p. 192 mentions only Book I) of
this commentary, whereas "De incarnacione Verbi",
regarded by its editor E. Harris as Wyclif's Sentences commentary
, would then be the produet of Wyclif's lectures on Book III
of the Sentences. While the objection can be raised (p. 191)
that the sections dealing with the eucharist and the problem
of annihilation are not likely to stem from a discussion of the
first two books of Lombard's Sentences but, if at all, of Book IV,
the author makes a good case for the importance of the Summa
de Ente for an understanding of Wyclif's later works, which
have until now almost exclusively determined our Wyclif
image.

This traditional image, however, does not appear to bc
called into question by aniy of the conclusions the author
draws from his reading of this Summa:

1) Wyclif is an ultrarealist in the school of Robert
Grosseteste (p. 148). Though we note that the passage quoted to
document this point is not so much "an impassioned eulogy"
of Grosseteste by Wyclif (p. 144) as Grosseteste's praise of
Chrysostom, quoted by Wyclif, Wyclif's high regard for
Grosseteste does in fact appear when he shows how favorably
the attitude toward tradition of this bonus homo compares
with the attitude of the Moderni, who too often "seek to
revile the dead, trampling on the ancient writings and exalting
their own" (not "exalting their opponents", as on p. 144).

2) Wyclif is founid to be an extremist, especially in his
thesis that even possible being has eternal reality and is therefore
necessary being: "His mind, which was gifted but unsubtle
and easily led to extremes, needed trenchant and corntinuing
criticism . . ." (p. 170). As it is not unusual anymore, Wyclif is
seen neither as protoreformer nor as an archhereric, but as the
victim of his own intelligence and the absence (Black Death!)
of worthy opponents (p. 112; 195).

3) Wyclif is regarded as a predestinarian (p. 212), funda-
mentalist (p. 163) and determinist (p. 198). The interesting
sections on Thomas Buckingham, Thomas Bradwardine and
Richard Fitzralph in Part I allow the author to evaluate Wyclif's
thought in the context of "Oxford" theology in the fourteenth
Century and enable him so to refine these crudities. Without
discussion of the counter-arguments which have been put forth,
Bradwardine also is accused of determinism (p. 39), but a
difference in his point of departure is noted: "In the "De causa
Dei" God's purpose is determined through the working of his
ineluctable will; in the "Summa de Ente" all things are pre-