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Ausgabe:

1964

Spalte:

24-25

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Lamparter, Helmut

Titel/Untertitel:

Das Buch der Sehnsucht 1964

Rezensent:

Hertzberg, Hans Wilhelm

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theologische Literaturzeitung 89. Jahrgang 1964 Nr. 1

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bare Klassifizierungsmöglichkeiten vorzuliegen. Dagegen dürfte
Verf. mit seiner „Proto-Aramäer"-Hypothese kaum unwidersprochen
bleiben. Ganz abgesehen davon, daß der Begriff
„aramäisch" für das zweite Jahrtausend v. Chr. mindestens
ebenso problematisch ist wie die von ihm bestrittenen Kategorien
, so dürften die angeführten nidit-akkadischen Belege aus
Mari kaum zwingend als „proto-aramäisch" zu erweisen sein.
Die sprachlichen Gemeinsamkeiten zwischen Mari und dem
Hebräischen des Alten Testaments lassen sich durchaus auch
ohne den Umweg über das Aramäische erklären, zumal da man
heute den mischsprachigen Charakter des Hebräischen wohl
zum guten Teil etwas anders erklären muß, als dies einst H.
Bauer vorgeschwebt hatJ.

Aber auch ohne die ,,Proto-Aramäer"-Hypothese dürfte
es wahrscheinlich sein,_ daß ältere Schichten des nachmaligen
Volkes Israel letztlich in jener mit Beginn des 2. Jahrtausends
greifbar werdenden jungwestsemitischen Bevölkerung wurzeln,
die uns jetzt in der glänzenden Residenz von Mari sowie in
den nomadischen und halbnomadischen Verbänden seiner Umgebung
für einen relativ kurzen Zeitraum deutlich wird. Daneben
hat Verf. jedoch durchaus recht, wenn er feststellt, daß
die Quellen von Mari unmittelbar nichts „über die Umstände
und vor allem über die Zeit der Anfänge Israels" aussagen
(S. 32).

Jena Rudolf Meyer

3) H. Bauer, Zur Frage der Sprachmischung im Hebräischen, 1924.

May, Herbert G., Prof.: Oxford Bible Atlas, ed. with the assistance
of R.W. Hamilton and G. N. S. H u n t. London: Oxford Uni-
versity Press 1962. 144 S. m. zahlr. Abb. u. färb. Ktn. 4°. Lw.
21 s.

Dieser neue Atlas hat gegenüber dem „Westminster Histori-
cal Atlas to the Bible" (ThLZ 1948, 601—603) und dem „Atlas
van de Bijbel" von Grollenberg (in deutscher Ausgabe: Bildatlas
zur Bibel, vgl. ThLZ 1958, 743—750) den Vorzug der größeren
Handlichkeit des Formats 19 X 25, 5. Außerdem bilden
die Karten wirklich das Schwergewicht des Werkes, die Abbildungen
sind nur Illustration der Einleitung und der am Schluß
6tehenden Ausführung über „Archaeology and the Bible". Die
soeben erwähnte Einleitung von H. G. May entwickelt das kritische
Geschichtsbild Israels unter genauer Angabe der Chronologie
der Könige von Israel und Juda nach Albright und Thiele.
Die Darstellung folgt den wechselnden Einflüssen, die bald von
Ägypten, bald von Mesopotamien oder Persien ausgegangen
sind. Ägyptens Einfluß wird stärker in der politischen Ebene
gesehen, weniger in der kulturellen und religiösen Sphäre. May
führt die Darstellung bis zur Entwicklung der jüdischen Diaspora
und der Ausbreitung des Christentums. In Einzelheiten
wird man anders denken können als der Autor, aber das wird
auf diesem hypothesenreichen Gebiet immer so sein.

Im Hauptteil des Werkes werden jeder Karte bzw. jeder
Kartengruppe eine Seite Erläuterungen beigegeben. Den Anfang
machen die Karten zur biblischen Geographie, l) Palestine:
Natural Regions (S. 49). 2) Übersichtskarte über die einzelnen
Vegetationszonen, d. h. über die Urlandschaften Palästinas
(S. 50). 3) Regenkarte (S. 51) mit einer beigedruckten Tabelle
über Regenfall und Temperatur auf Grund der Beobachtungen
der verschiedenen meteorologischen Stationen. 4) Karte der
Oberflächengestalt der biblischen Länder. Statt der Höhenschichtlinien
werden die Höhenmaße in Zahlen angegeben.
Karten 2 und 3 sind in verschiedenen, wenig voneinander sich
abhebenden Farben gedruckt, so daß nicht immer deutlich wird,
was im einzelnen Fall gemeint ist.

Die historischen Karten beginnen mit S. 54 f., die den Antiken
Nahen Osten vor dem Exodus Israels zeigen, dann die
Karte Kanaans in der Zeit von Abraham bis Mose (S. 57), ferner
eine Karte mit den verschiedenen Möglichkeiten der Fluchtstraße
Israels durch die Sinaihalbinsel. Insgesamt 26 Karten
werden geboten. Als drittletzte Karte erscheint das östliche
Mittelmeerbecken in der Zeit der Ausbreitung des Christentums.
Eine Karte nimmt man besonders an, das ist die Karte der antiken
Handelsstraßen, die sehr instruktiv sein könnte, wenn
nicht ihre volle Wirksamkeit durch technische Mängel beeinträchtigt
wäre. Die Handelsstraßen sind mit so dünnen roten
Linien angedeutet, daß sie im Ganzen der Karte wenig auffallen
. Eine kräftigere Linienführung hätte die beabsichtigte Anschaulichkeit
der Karte wesentlich erhöht (S. 67). Auch die
Karte über die getrennten Königreiche Israel und Juda weist
einen Mangel auf. Die hypothetische Grenze zwischen beiden
Reichen ist so schwach eingezeichnet, daß nur die Lupe es ermöglicht
, ihren Verlauf festzustellen. Hier hätte man sehr gern
die eigene Hypothese des verdienten Autors erkennbar ausgedrückt
gesehen. Beim assyrischen Großreich hätte man sich gern
gewünscht, etwas über die assyrischen Provinzen zu erfahren
(S. 70/71). Die Karte über Palästina nach dem Exil bringt die
Namen aus den Büchern Esra und Nehemia. Auch hier hätte
hypothetisch die Grenzlinie der kleinen Tempelprovinz Juda
eingezeichnet werden können. Der Gegensatz zur folgenden
Karte 78/79: Das persische Weltreich wäre außerordentlich
v/irkungsvoll gewesen.

Von S. 99 — 115 wird das Thema „Archäologie und die
Bibel" verhandelt. Zwei Übersichtskarten über archäologische
Fund- und Grabungsstätten im Gebiet des Antiken Vorderen
Orients (S. 94/95) und Palästinas (S. 96) werden vorangestellt.
Eine kleine Sonderkarte gibt sogaT die Lage der Handschriftenhöhlen
von Qumrän und die Quellen nördlich der Feschcha-
quelle an. Auch in diesem Abschnitt ist der Autor behutsam
und kritisch zugleich. S. 117—142 wird ein ausführliches Verzeichnis
aller Ortsnamen einschließlich der auf den Karten verzeichneten
Ortslagen gegeben. In diesem Verzeichnis, das die
Fülle des gebotenen Materials zusammenfaßt, liegt der zweite
Schwerpunkt des Werkes, das dem gebildeten Bibelleser ebenso
wie dem Studierenden als wertvolles Hilfsmittel nur angelegentlich
empfohlen werden kann.

Leipzig Hans Ba r<l t k e

Lamparter, Helmut: Das Buch der Sehnsucht. Das Buch Ruth,
Das Hohe Lied, Die Klagelieder, übere. u. ausgelegt. Stuttgart:
Calwer Verlag [1962]. 192 S. 8° = Die Botschaft des Alten Testaments
, Erläuterungen alttestamentlicher Schriften, Bd. 16,11. Lw.
DM 12.80.

Wie die bisherigen in der gleichen Sammlung erschienenen
Arbeiten von L. ist auch die vorliegende durch gute Übersetzung
, besonnene Darstellung der Gedankengänge und geschickte
Heraushebung des jeweiligen theologischen Gehalts gekennzeichnet
; vielleicht wäre bei diesem Letzteren gelegentlich etwas
weniger mehr gewesen. Eine Schwierigkeit für den Verf. war
die Eigenart dieser Sammlung, dem einzelnen Bande die Überschrift
„das Buch so und so" zu geben. Die hier von L. gewählte
Überschrift „das Buch der Sehnsucht" empfindet er selbst
als nicht weit ab von einer Verlegenheitslösung liegend (S. 14);
aber ob es eine bessere gäbe? Daß das Buch zur gleichen Zeit
erschienen ist wie W. Rudolphs Kommentar im KAT über die
gleichen Bücher, so daß eine Benutzung nicht mehr möglich war,
ist schade.

Das Buch Ruth setzt L. in die frühe oder mittlere Königszeit
(16). Nach kritischer Darstellung der verschiedenen Meinungen
über seinen Sinn gelangt er zu dem Urteil, das Buch
wolle am Schicksal der Ruth zeigen, wie der Herr, der Gott
Israels, auf Grund seiner freien Gnade, die das Verachtete erwählt
, Menschen zu Werkzeugen seines Heilsplanes macht, der
auf die Heimkehr aller, Israels und der Heiden, zielt. Das greift
also etwas weiter als die von ihm dem Buche Ruth gegebene
Überschrift „Zuflucht ist bei dem Gott Israels". Sonst stimmen
die Ausführungen, oft bis in Einzelheiten, mit denen des Rezensenten
in ATD 9 weitgehend überein.

Das Hohe Lied wird, wieder nach kritischer Beleuchtung
bzw. Ablehnung andersartiger Ansichten (das Buch als
Drama; die allegorische Auffassung; die religionsgeschichtliche
Deutung), als „eine Sammlung altisraelitischer Liebeslieder bzw.
Hochzeitslieder" (62) charakterisiert, und zwar handelt es sich
um eine „kunstvolle Dichtung" (65) mit nur „Anklängen an die
Volkspoesie", des näheren „um einen nur lose gewundenen
Strauß von Liedern" mit dem Höhepunkt am Schluß, 8, 5—7