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Ausgabe:

1964

Spalte:

432-434

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Neuhäusler, Engelbert

Titel/Untertitel:

Anspruch und Antwort Gottes 1964

Rezensent:

Gräßer, Erich

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Theologische Literaturzeitung 89. Jahrgang 1964 Nr. 6

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(5) between the intuitive genius of John and the intellectual
genius of Paul; (6) between different views of authority and
church order. The chief cause of these diversities was the danger
recognized in opposite errors. It is "remarkable that the diffe-
rentia of the faith did survive and come through; and it is to
the Church's pastors and teachers that we must look for part
of the explanation" (176). Another important factor was the
large amount of travelling and inter-communication between
the various Christian centres.

The last chapter deals with the early history of the canon,
with the intention of throwing "into relief . . . some of the
motives and principles, theological and disciplinary, behind the
long process" (209). The point of departure lay in the search
for a guarantee of the authority of the Church's claim when
the accredited eye-witnesses were no longer available. "The
answer lay inevitably in written records" (182).

This is not a large book, but it covers a great deal of
ground, with the result that it is difficult to pass a summary
judgement upon it. As an attempt so to describe the circum-
stances of the early Church as to show how they evoked the
NT documents it is warmly to be welcomed. This question is
one that has been much discussed during the last generation,
but usually with reference to particular parts of the NT, such
as the gospel tradition, or the Pauline epistles. It is a good
thing to have the whole area mapped and looked at synoptically.
Few would quarrel with the broad outlines of the map M.
draws. The tension between Church and Synagogue, and the
necessity of explaining the new faith, on the basis of the OT
and in the context of current thought, must have been the
main contributory causes leading to the writing of the NT.

But what of the detailed working out of this acceptable
outline? The reviewer must confess that he found, within a
notable effort to deal with the Situation as a whole, features
that seemed speculative and inconclusive, and others that
were unduly cautious and conservative. Naturally, this may
mean simply that there are points where M. is right and the
reviewer wrong.

The speculations need no detecting, for no attempt is
made to conceal them. Attention is drawn to them on p. 4
("certain suggestions and guesses"). M.'s suggestions are al-
ways worthy of consideration; whether this was the right kind
of book in which to put them is perhaps a fair question. It may
be more important to indicate a few points where it may be
held that he does not carry his analysis far enough.

1) It is doubtful whether M. allows enough weight to the
influence upon the gospel tradition which its use in the Church
and for the Church's purposes must have had. The recovery of
a "Sitz im Leben Jesu" is complicated, or even rendered
meaningless, by the recognition that (if Englishmen may con-
tinue to use, and perhaps abuse, the German language) the
Leben Jesu itself has its Sitz in dem Leben der Kirche.

2) M. minimizes, and, some would think, underestimates
the apocalyptic dement in the NT, and the effect on Christian
thought and institutions of the delay of the parousia; at least,
if his view of the matter is right it nevertheless needs more
6upport than it finds in Ch. VI.

3) Though he recognizes different tendencies in the apos-
tolic Church M. writes that "there is nothing here to prove a
conflict between Peter and Paul" (162). It is doubtful whether
this is true of 1 Corinthians (to which M. refers); it is cer-
tainly not true of Galatians, and, without wishing to go all
the way back to F. C. Baur, one would like to see the disunity
of the apostles handled as fully as the unity of the apostolic
Gospel.

It is hopedthat these criticisms will not appear ungracious;
they are certainly not ungrateful. But M.'s book would have
been 6tronger, as well as easier to review, if he had been able
to work out some points more fully.

Durham C.K.Barrett

Neuhäusler, Engelbert: Anspruch und Antwort Gottes. Zur Lehre
von den Weisungen innerhalb der synoptischen Jesusverkündigung.
Düsseldorf: Patmos-Verlag [1962]. 263 S. gr. 8°. Lw. DM 26.—.

Die synoptische Jesusverkündigung ist in den letzten Jahrzehnten
derart in den Widerstreit kritischer Meinungen geraten,
daß man mit einer gewissen Spannung nach dem Buch des
katholischen Exegeten greift, um zu sehen, ob und wie er in
der kritischen Diskussion Position bezieht. Um es gleich vorweg
zu sagen: N. enttäuscht den Leser nicht. Er stellt sich der
kritischen Diskussion. Der Verf. erweist sich, was die neueste
Literatur (das Lit.-Verz. umfaßt 16 Seiten) und die gegenwärtigen
historischen und theologischen Fragestellungen anbetrifft,
als Mann von großer Sachkenntnis und erörtert mit Aufgeschlossenheit
historisch-kritische Probleme. Er beschränkt
seine Untersuchungen auf die „ethischen Aussagen in der Jesusverkündigung
" (11), läßt aber in seinen „einführenden Vorbemerkungen
" (9—13) keinen Zweifel daran, daß er Grundsätzliches
zur Synoptikerexegese beitragen will.

Die klare, von systematischer Kraft zeugende Disposition gliedert
die Untersuchung in zwei große Teile. Ein erster (grundlegender) Teil
(„Jesu Botschaft vom Vater und Jesu Forderungen", 16—97) ist als
Fundierungszusammenhang gedacht und will nachweisen, worin die
„Aussage Jesu über das Verhalten des Jüngers" begründet ist. Ein
zweiter (praktischer) Teil zeigt „Verwirklichungsweisen des durch Jesus
neu gesagten Gotteswillens" auf (99—234).

Zum Ersten Teil: Das Fundament, oder besser: den Ermög-
lidiungsgrund der ethischen Aussagen Jesu findet N. im „Gottesbild
Jesu", das in einem I. Kapitel entworfen wird (17—36). Für dieses
Gottesbild ist konstitutiv die Relation Vater —Sohn. Sie ist das
eigentliche novum am Gottesbild Jesu und hebt den nt.lichen Offenbarungsbegriff
grundsätzlich von allen anderen Offenbarungsbegriffen
(Qumran; Rabbinat) ab. Schließlich reklamiert diese Relation auch als
alleinigen hermeneutischen Schlüssel für „die synoptische Botschaft von
Gott" die „Person Jesu" (31). Mit anderen Worten: N. erarbeitet
zunächst die „Zusammengehörigkeit der Personalität Gottes und der
Jesu" (31) als Basis seiner grundlegenden These: „Seit dem Erscheinen
des Gotteswillens in Jesus gibt es keine Ethik mehr, die ohne Bezug
auf die Person Jesu ist" (ebd.). Dieser Satz wird von Mt 11, 25 — 28
her verifiziert, einem Text, dessen religionsgeschichtliche, traditionsgeschichtliche
und theologische Problematik N. freilich viel zu konservativ
angeht: er deutet ihn weder von der Gnosis noch von Johannes,
sondern vom AT her (19).

Das II. Kapitel bestimmt den „Ort der Ethik innerhalb der synoptischen
Jesuslehre" (37—42). Er ist markiert durch die mit Jesu
Kommen eingeleitete Äonenwende, Lk 11,20. Dieser eschatologische
Aspekt, die Herausstellung der „ eschatologischen Bestimmtheit des
Anrufs Gottes in Jesu Wort und Wundermacht" (38), gehört fraglos
zum Überzeugendsten des ganzen Buches. Denn dieser eschatologische
Aspekt bewährt sich nicht nur als Generalnenner, unter dem sich alle
ethischen Einzelweisungen zusammenfassen lassen. Er schließt auch allseits
gegenwärtige Mißverständnisse (Moralismus, Kasuistik, Interimsethik
, Naturrecht) aus. Die Ethik Jesu ist „Basileia-Ethik" (178). Sie
ist kein ethisches oder theologisches System, sondern Anruf, der bewirkt
, „daß dem Jünger, der in die Lebensgemeinschaft mit Jesus eintritt
und die Blickrichtung Jesu gewinnt und der nun das Kommen
Gottes als Anruf und Antwort Gottes in dieser letzten Zeit erfährt,
das Unwahrscheinlichste als das Einleuchtendste erscheint": er liebt
ohne Maß, begibt sich in rückhaltlose Nachfolge, verkauft alles, was er
hat (38).

Das III. Kapitel beschreibt die „Ausrichtung der ethischen Weisungen
Jesu auf das Gottesbild" (43—97). Die Konsequenzen dieser
Ausrichtung werden in fünf Unterabschnitten gezogen: 1. „Befreiung
vom Gesetz des civil" (43—52), Lk 14,12—14; Mt 5, 43—48; Lk 6,
27—36: Gottes „Maß-Losigkeit" im Geben verpflichtet den Jünger zu
gleicher Maßlosigkeit in der Liebe und ruft ihn zur imitatio Dei
(50). „Wer in der Nachahmung des Vaters die Gnade erwählt, an dem
wird sich einst auch die Gnade Gottes auswirken." Der Jünger verwirklicht
„die Gesetze der Basileia auf Erden". „Das neue Verhältnis
des Menschen zu Gott wurzelt.. . in dem neuen Verhältnis Gottes zum
Menschen. Und dieses neue Verhältnis heißt: der Sohn" (52).

2. „Befreiung von der Sorge" (53—55), Lk. 12,22—31; Mt 6, 25—34.

3. „Die Weisung Gottes beansprucht den ganzen Menschen" (55—63).
Der in Jesus sich endgültig und einzig offenbarende Gott zwingt den
Menschen, „sich als Ganzer zu stellen. So erfordert das eschatologische
Gegenwärtigsein Gottes in Je6us, daß der Mensch auch ganz gegenwärtig
sei" (55 f.). Unter dieser Thematik werden untersucht Lk 6,
43—15a; Mt 6, 1—6. 16—18, ein wahrhaft glänzender exegetischer