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Ausgabe:

1964

Spalte:

426-427

Kategorie:

Judaistik

Titel/Untertitel:

Der ungekündigte Bund 1964

Rezensent:

Mayer, Reinhold

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425

Theologische Literaturzeitung 89. Jahrgang 1964 Nr. 6

426

Methodische Erwägungen zur Frage der Verwertung überlieferungsgeschichtlicher
Ergebnisse für die Erforschung geschichtlicher
Sachverhalte, ThLZ 1960, Sp. 145 f. Sie ist eine Reaktion auf
M. Noths Destruktion des Mosebildes und möchte die konservativeren
Ansätze namentlich C. A. Simpsons und E. Auerbachs
im Sinne einer „traditionsgeschichtlichen Methode im weitesten
Sinne", auf deren Durchführung dann die eigentliche historische
Frage zu folgen hätte, zu Ehren bringen. Es ist zu hoffen, daß
die Verfasserin ihre programmatischen Bemerkungen in dieser
Richtung zu einem eigenen Mosebild ausführen wird.

Die Kapitel des Buches behandeln: I. „Die Anfänge einer
neuen literarischen und historischen Betrachtung des Pentateuch
im 19. Jahrhundert" (de Wette, Gramberg, Vatke, Colenso,
Reuß, Kuenen, Ewald); II. „Die Wertung der Geschichte der
mosaischen Zeit unter der Vorherrschaft der Literarkritik"
(Wellhausen, seine Schule und seine Gegner); III. „Die vorwiegend
mit fremden Einflüssen rechnende Forschung" (hauptsächlich
die Panbabylonisten); IV. „Das Mosebild der religionsgeschichtlichen
Schule" (Gunkel, Ed. Meyer, Greßmann); V. „Der
religionsgeschichtlichen Schule nahestehende Forscher" (Volz,
Hölscher, Kittel, Sellin, Alt); VI. „Darstellungen unter religionssoziologischem
Aspekt" (M.Weber, Caspari, Helling, Nyström);
VII. „Weiterführung der literarkritischen Forschung" (Eißfeldt,
Beer, Eichrodt, Volz, Rudolph); VIII. „Prinzipielle Ablehrjung
der literarkritischen Methode" (Dahse, Eerdmans, Klostermann
u. a.); IX. „Traditonsgeschichtliche und kultgeschichtliche Betrachtungsweise
" (v. Rad, Noth, Simpson, die Schule von Upp-
sala); X. „Neuere jüdische Darstellungen" (Dubnow, Buber,
Auerbach, Feilchenfeldt).

Zu Einzelheiten habe ich nur wenige kritische Bemerkungen.
Gegen de Wette ist S. 34 bemerkt: „Die Geschiditlichkeit eines Ereignisses
kann man nicht um der religiösen Deutung willen, die es
gefunden hat, ohne weiteres in Frage stellen." De Wette würde diese
Trennung von Ereignis und Deutung nicht anerkennen, sondern beide
als Einheit betrachten, wobei ihm fraglich bliebe, ob die Deutung
nicht vielmehr die Hervorbringung des (gar nicht stattgefundenen)
Ereignisses im „Mythus" wäre. — Daß Wcllhausen sein Mosebild
„verschiedentlich geändert" hat (S. 53), kann ich nicht finden; er
bietet verschiedene Aspekte, die sich ergänzen, nicht widerspredien.

— Die Umbencnnung der „Geschichte Israels" (Ii) in „Prolegomena
zur Geschichte Israels" hatte einen sehr viel banaleren Grund als den
a"f S. 55 f. vermuteten; vgl. Prolegomena2 (1 883) S. III. — Wellhau-
sens Satz: „In Wahrheit ist Mose etwa in dem gleichen Sinn der Urheber
der .mosaischen Verfassung', wie Petrus der Stifter der römischen
Hierarchie" scheint die Verfasserin (S. 53 f.) positiv zu verstehen
; er ist aber natürlich negativ gemeint. — Trifft es wirklich in
dieser Schärfe zu, daß ,,im Unterschied zu Wellhausen selbst, der
Mose nur eine geringe Bedeutung beimaß, . . . die Vertreter seiner
Schule ihn durchweg sehr hodi einschätzen" (S. 68, vgl. S. 82 f., 98)?

— Die 1. Auflage des Mose-Buches von P. Volz (1907) ist auf S. 154
zwar genannt, aber leider nicht näher diarakterisiert; sie ist von der
zweiten sehr verschieden und bezeichnet eine wichtige Etappe in der
Entwicklung des Mosebildcs. — Ebenso vermisse ich neben G. Beers
ziemlich unergiebigem Exoduskommentar (S. 220 ff.) sein ungleich eindrücklicheres
Heft „Mose und sein Werk" von 1912 (im Literaturverzeichnis
genannt). — Zu S. 202: in soziologischer Beziehung ist
die Geschichte Israels auch von einigen der schon vorher Behandelten
untersucht worden, namentlich von A. Alt. — Muß es S. 148 am Ende
des vorletzten Absatzes nicht heißen: ,,daß ein anders geartetes
Einheitsbewußtsein früher nicht vorhanden gewesen sein kann"?

Berlin Rudolf Smend

Arenhocvel, Diego: Die Eschatologie der Makkabäerbücher

(TThZ 72, 1963 S. 257—269).
Bauer. Johannes: Das Buch Ruth in der jüdischen und christlichen

Überlieferung (Bibel und Kirche 18, 1963 S. 116—119).

— Der priesterlichc Schöpfungshymnus in Gen. 1. (ThZ 20, 1964
S. 1-9).

Bruns, Edgar: Some Rcflections on Coheleth and John (CBQ 25,
1963 S. 414-416).

Dahood. Mitchell: Hebrew-Ugaritic Lexicography I (Bibl 44, 1963
S. 289—333).

Frank, Richard M.: A Note on 3 Kings 19,10.14 (CBQ 25, 1963
S. 410-414).

Haag, Herbert: Jahwe, der Erzieher seines Volkes. Auslegung von
Ri 1,21—2,5 (Bibel und Leben 4, 1963 S. 174—183).

L o h f i n k, Norbert: Die Bundesurkunde des Königs Josias. Eine
Frage an die Deuteronomiumsforschung (Bibl 44, 1963 S. 261—288).

— Hate and Love in Osee 9, 15 (CBQ 25, 1963 S. 417).

M a r z a 1, Angel: Consideraciones 6obre la raiz ugaritica „tl.t" (Bibl
44, 1963 S. 343—351).

jUDAICA

Goldschmidt, Dietrich, u. Hans-Joachim Kraus [Hrsg.]: Der
ungekündigte Bund. Neue Begegnung von Juden und christlicher
Gemeinde. Im Auftr. d. Arbeitsgemeinschaft Juden und Christen
beim Deutschen Evangelischen Kirchentag hrsg. Stuttgart: Kreuz-
Verlag [1962]. 313 S. 8°.

Im ersten Teil dieses Sammelbandes wird über die Tätigkeit
der Arbeitsgemeinschaft „Juden und Christen" auf dem
10. Deutschen Evangelischen Kirchentag (1961 in Berlin) berichtet
. Auf die zusammenfassende und wegweisende Einführung
der Herausgeber folgen die drei Bibelarbeiten von
H. Gollwitzer (über Psalm 139, Johannes 21, 1—14 und Römer 8,
31—39), die — unter dem Thema: Es ist der Herr — mit
Betonung am Anfang des Berichtes stehen und die Fundierung
und Richtung aufzeigen, von der die christlichen Mitglieder der
Arbeitsgemeinschaft bestimmt sind. Auf diesem Untergrund
wurde dann im Verlaufe dreier Tage weitergebaut: zwei Gruppen
von Referaten mit Aussprachen und abschließender Erklärung
gliedern sich wie These, Antithese und Synthese an- und
ineinander unter den Leitmotiven Gottes Weg zur Welt

— Wurzeln des Antisemitismus — Juden und
Christen.

1) Von Gottes Gabe, dem Bund mit Israel für die Welt,
handeln die beiden ersten Vorträge. Th. Vriezen, Die Erwählung
Israels, zeigt vom reformierten Ansatz her, wie die
Zusammenschau beider Testamente eine Offenheit für die Tatsache
gewährt, daß im Judentum das erwählte Gottesvolk
weiterlebt; gerade auch hier sind Einsamkeit, Feindschaft der
Welt, Kampf, Leiden und Tod Kennzeichen göttlicher Erwählung
. R. R. Geis, Der Auftrag Israels an die Völker, gibt eine
Selbstdarstellung des Judentums als einer Gemeinde der zum
Aufbruch bereiten Nomaden des Glaubens, die gehalten sind
im unkündbaren Bund. Durch ihr Ja zu Gott und ihr Nein zur
Welt bedingt, erstanden Israel unzählige Verfolgungen und unsagbare
Leiden; ständig dezimiert, erfährt der Rest seine wahre
Erwählung in der Bewährung des Leidens.

2) Der Welt Antwort auf Gottes Erwählen, den Judenhaß,
analysieren die drei nächsten Referenten. K. Kupisch, Das christliche
Zeitalter, fragt zurück nach den kirchlichen Wurzeln des
Antisemitismus. H.-J. Kraus, Die neuere Zeit, zeigt, wie der
zunächst sakramental begründete Judenhaß später ins Metaphysische
und zuletzt ins Biologische transponiert worden ist.
Und E. G. Reichmann, Der .bürgerliche' Antisemitismus, verfolgt
diesen Weg bis ans Ende, wo das Kleinbürgertum mit den vollends
vulgarisierten Ideen seine Unlustgefühle sekundär rationalisierte
, dem Haß Raum gewährte, wo die Liebe gefordert war.

Den Vortragsgruppen wurden Aussprachen angeschlossen.
Indem von Mitgliedern der Arbeitsgruppen typische Fragen —
wie sie immer wieder bei Gesprächen über christliches Verhalten
gegenüber Juden vorkommen — beantwortet wurden, ist
eine Art von Handbuch zur Judentumskunde entstanden.

3) Über die Gegenwartsaufgaben der Christen, die Verbundenheit
mit dem Judentum zu bewähren, orientiert die abschließende
Erklärung der christlichen Teilnehmer der Leitung
der Arbeitsgruppe VI. Aus dem Eingangssatz „Juden und Christen
sind unlösbar verbunden" soll „im Zeichen des Umdenkens
und der Umkehr" die Konsequenz gezogen werden, wie sie
vierfach entfaltet ist. Als Gabe für daheim, wo das Empfangene
in den Gemeinden weiter verarbeitet werden soll, ist gedacht,
was hier formuliert (und nachträglich von K. Kupisch erläutert),
durch H. Gollwitzer eingeleitet und in einer anschließenden
Podiumsdiskussion entfaltet wurde.

Im zweiten Teil des Buches geben G. Härders Referat über
Das christlich-jüdische Gespräch im Verhältnis zum christlichen
Zeugnis an Israel und H. Schroths Aufsatz, Auseinandersetzung
mit der evangelischen Pressekritik, einen starken Eindruck da-