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1964

Kategorie:

Religionswissenschaft

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Theologische Literaturzeitung 89. Jahrgang 1964 Nr. 6

420

6chluß geben1'. Inwiefern sich Mythos und Mythologie in den
einzelnen Kulturen bzw. Religionen entwickelt haben, bis hin
zur reinen Literatur und Spekulation (also „außer Funktion"),
ist noch nicht überall gründlich erforscht worden.

Handbücher der Mythologie gab es früher mehr als genug
(wenn auch nur auf den griech.-röm. Bereich beschränkt) und auch
in letzter Zeit hat es deren einige gegeben (Gray, Prampolini,
F. Guirand, J. Pinti). Was fehlte, war aber ein aus den Quellen,
d. h. von Fachgelehrten erarbeitetes Werk, etwa in der Art des
alten Roscher. Diese Lücke beginnt jetzt das im Erscheinen begriffene
, von H. W. Haussig herausgegebene „Wörterbuch der
Mythologie" zu füllen. Es setzt sich zur Aufgabe, „möglichst
das gesamte mythische Gut in seinen Realien zu registrieren".
Es soll also eine Art Enzyklopädie dieses Wissenschaftsbereiches
werden, und der vorliegende erste Teil läßt daran keinen Zweifel
. Für die Mitarbeit sind ausgezeichnete Fachkräfte gewonnen
worden, die folgende Gebiete bearbeitet haben:

Mesopotamien: Die Mythologie der Sumerer und Akkader
von D. O. Edzard (19 — 139), Kleinasien: Die Mythologie
der Hethiter und Hurriter von E. von Sc hu ler (143—215),
Syrien: Die Mythologie der Ugariter und Phönizier von M. H.
Pope und W. Röllig (219—312), Ägypten: Die Mythologie
des alten Ägypten von W. He Ick (315—406), die Stammesgruppen
Nord- und Zentralarabiens in vorislamischer Zeit (409
—481), Südarabiens (485—552) und die Semiten Äthiopiens
(55 5—567) von M. H ö f n e r. Außer den Stichwortartikeln, die
jeweils mit Literatur- und Quellenhinweisen versehen sind,
gehen jedem Abschnitt kurze, aber gründliche Einleitungen über
den profan- und religionsgeschichtlichen Ablauf, die Quellen
und die Sprache voraus, begleitet von Karten, Zeittafeln und
Abbildungen. Der Rahmen ist also sehr weit gespannt; nicht
nur das spezifisch Mythologische findet sich zusammengestellt,
sondern auch religionsgeschichtliche Dinge, wie Orakel, Opfer,
Heiligtümer, Priester, Sakralkönigtum etc. Zusammenfassende
Artikel über Göttergenealogien, Jenseitsvorstellungen, Symbole,
Totenkult, Vergöttlichung u. a. ßind ebenfalls aufgenommen.
Daß man streckenweise ein „Lexikon der Götternamen" vor
sich hat, liegt naturgemäß an dem Überlieferungsbestand. So ist
z. B. für den arabischen Raum erstmalig eine Übersicht über die
Götterniamen und ihre Attribute gegeben worden. Wohltuend
berührt die Vorsichigkeit des Urteils, bes. in den Beiträgen von
Edzard, von Schuler und M. Höfrter. Es ist zu hoffen, daß dadurch
manche eingewurzelte falsche Vorstellung, wie z. B.
über den Tammuz-Istar-Mythos (cf. 51 ff. u. 87 ff.) oder den
ursprünglichen Gestirnkult der Araber (468) ausgerottet werden
. Jedenfalls kann man dem Herausgeber, seinen Mitarbeitern
und dem Verlag nur zu diesem vorzüglichen Werk gratulieren.
Religionswissenschaftler und Theologen haben damit eine Fundgrube
der Belehrung erhalten. Die Fortsetzung des Wörterbuches
mit Teil 2: Das alte Europa ist bereits in Bälde angekündigt.
Teil 3 soll die iranischen Völker, Teil 4 Zentral- und Ostasien,
Teil 5 Altamerika und eine ganze 2. Abteilung die „Mythologie
der Naturvölker" umfassen.

Leipzig Kurt Rudolph

3) Einen Überblick vermittelt der Wiener Ethnologe J. Haekel in
RGG3, Bd. IV, Sp. 1268-74, und J. Siek, ib. 1263-68.

Wolff, Otto: Radhakrishnan. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht
[1962]. 73 S. 8° = Kleine Vandenhoeck-Reihe, 124. Kart. DM 2.40.
Diese kleine Schrift verdiente eine ausführlichere Besprechung
als sie hier möglich ist; denn der Verf. bietet nicht nur
eine sachgemäße und verständnisvolle Darstellung der Ideen
Radhakrishnans, sondern macht darüber hinaus den von der
gewandelten religiösen Weltlage und der dadurch auch veränderten
Situation des Christentums aus dringend notwendig gewordenen
Versuch, Persönlichkeit und Werk Radhakrishnans
theologisch zu interpretieren und damit zugleich ein Beispiel
dafür zu liefern, wie nach seiner Ansicht die Auseinandersetzung
des Christentums bzw. seiner Theologie mit den außerchristlichen
Religionen zu geschehen hat. Das aber ist, wie S. 39 gesagt
wird, „eine unbewältigte Aufgabe der Theologie".

Die als Ganzes und in vielen Einzelpartien (z. B. in der vorzüglichen
Darstellung der „mystischen Theologie" Radhakrishnans S. 41 ff.)
wertvolle und vorbildliche Schrift leidet indessen m. E. an einer gewissen
Unausgeglichenheit der Grundeinstellung. S. 24 z. B. wird der
christlicherseits erhobene Anspruch einer „kategorialen Andersheit"
unter Abweisung des Vorwurfs der Arroganz nachdrücklich vertreten.
S. 71 aber wird Radhakrishnan zugestanden, daß er „das falsche Selbstbewußtsein
einer bestimmten beherrschenden christlichen Offenbarungs-
theologie" treifend anspreche. Eine positive Auseinandersetzung mit
R., wie sie hier doch im Unterschiede von H. Kraemers („Religion
und christlicher Glaube" 1959) völlig negativer Stellungnahme (S. 41)
angestrebt wird, kann doch nur unter Aufhebung der dialektischtheologischen
These von der „Diskontinuität" zwischen Fremdreligionen
und Evangelium erfolgen. Das aber scheint doch auch der nicht
konsequent genug durchgehaltene Standpunkt des Verfassers zu sein,
wofür auch seine sehr berechtigte Polemik gegen die „Abwertung des
Begriffs .Religion'" durch die dialektische Theologie („Religion ist
Unglaube") zu sprechen scheint. Erfreulich ist auch, daß (S. 69 f.) eine
Verbreiterung des Grabens zwischen christlicher Religionskunde und
außertheologischer Religionsforschung bedauert und für unnötig gehalten
wird.

Wir wiederholen: mag auch, vom Standpunkt vergleichender
Religionswissenschaft aus gesehen, manche Inkonsequenz in
dieser Schrift feststellbar sein, sie ist gleichwohl ein verheißungsvolles
Anzeichen dafür, daß eine neue Epoche der Auseinandersetzung
christlicher Theologie mit den außerchristlichen Religionen
anzubrechen scheint.

Bonn Gustav Mensching

B i a n c h i, Ugo: Razza aurea, mito delle cinque razze ed Elisio

(SMSR 34, 1963 S. 143-210).
Gallini, Clara: II travestismo rituale di Penteo (SMSR 34, 1963

S. 211—228).

G n o 1 i, Gherardo: La Stella Sirio e l'influenza dell'astrologia caldea
nell' Iran antico (SMSR 34, 1963 S. 237—245).

H e y e r, Friedrich: Religionsgeschichte — Krisis des Glaubens? (Dt
PfrBl 63, 1963 S. 546 f.).

Hoßfeld, Paul: Der Lehrgehalt des Koran mit kritischem Vergleich
(ThGl 54, 1964 S. 31-43).

M a n t h e y, Franz: Religion als Erlebnis des Heiligen und Unheiligen
(ThGl 54, 1964 S. 22—31).

Piccaluga, Giulia: L'anti-Juppiter (SMSR 34, 1963 S. 229—236).

ALTES TESTAMENT

Bardtke, Hans: Die Handschriftenfunde in der Wüste Juda. Berlin:
Evang. Hauptbibelgesellschaft 1962. 1 15 S., 16 Abb. a. Taf., 3 Ktn.
gr. 8°. Lw. DM 6.80.

Seinen beiden, vorab für einen weiteren Leserkreis bestimmten
Bänden von 1953 und 1958 (2. Auflage 1961) „Die Handschriftenfunde
am Toten Meer. Mit einer kurzen Einführung in
die Text- und Kanonsgeschichte des Alten Testaments" und
„Die Handschriftenfunde am Toten Meer. Die Sekte von Qum-
rän", die in ThLZ 78, 1953, Sp. 33 f. und 84, 1959, Sp. 341 f.
gebührend gewürdigt worden sind, läßt Bardtke nun, wiederum
im Blick auf einen weiteren Leserkreis, „Die Handschriftenfunde
in der Wüste Juda" folgen. Die Änderung des Buchtitels — „in
der Wüste Juda" statt „am Toten Meer" — erklärt sich dabei
daraus, daß die jetzt behandelten Texte nicht in Qumrän an
der Nordwestküste des Toten Meeres gefunden worden sind,
sondern in der Wüste Juda, nämlich in 20 km südsüdwestlich
von Qumrän auf Jordanischem Gebiet gelegenen Höhlen des
Wädi Murabba'ät und in 20 bis 30 km südlicher liegenden, zum
Staate Israel gehörenden Höhlen sowie in der 10 km westlich
von Qumrän, wiederum auf Jordanischem Territorium, gelegenen
Chirbet el-Mird. Der S. 81—93 füllenden Mitteilung deutscher
Übersetzungen der Briefe und der Rechtsurkunden aus dem
Wädi Murabba'ät gehen auf S. 11—78 Untersuchungen voraus,
die „I. Die Wüste Juda", „II. Die Entdeckungen im wädi murabba
'ät", „III. Die israelischen Entdeckungen im Jahr 1960", „IV.
Die israelischen Entdeckungen im Jahr 1961", „V. Die Funde in
chirbet mird", „VI. Die Funde unbekannter Herkunft", „VII.
Die Bedeutung der neu entdeckten biblischen Texte" und „VIII.
Die Bedeutung der außerbiblischen Texte für die Geschichte des
Bar-Kochba-Aufstandes" zum Gegenstand haben, also nicht nur,
wie im Vorwort zu Band II angekündigt, die Texte vom Wädi