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Ausgabe:

1964

Spalte:

392-395

Kategorie:

Kirchenrecht

Autor/Hrsg.:

Calliess, Rolf-Peter

Titel/Untertitel:

Eigentum als Institution 1964

Rezensent:

Marsch, Wolf-Dieter

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Theologische Literaturzeitung 89. Jahrgang 1964 Nr. 5

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erneuert" (132) habe. „Die Kirche tut ihren Dienst in einer
mündig gewordenen Welt für den in ihr geistig mündig zu machenden
Lehrer ... in diesem Dienst weiß sie in der ihr gebotenen
Verantwortung, daß der moderne Mensch von einer
zerstörerischen Entmündigung bedroht ist, wenn Freiheit und
Mündigkeit nicht vom Evangelium flankiert werden" (136).

Das Buch ist zunächst für den Lehrer geschrieben; es dürfte
aber auch den Theologen in der gegenwärtigen Diskussion um
Bildung und Erziehung und die Stellung des Religionsunterrichts
in der Schule gut orientieren und zur Korrektur mancher überholter
Bilder von der Schule heute anregen. Die Stärke der
Darlegungen liegt darin, daß H. Zuspruch und Anspruch des
Evangeliums für die Welt der Schule ernst nimmt und dem
Lehrer zutraut, daß er sich nur von seiner pädagogischen Verantwortung
engagiert weiß. H. weist selbst darauf hin, daß die
Arbeiten von G. Otto und F. Gräßmann erst nach Ablieferung
des Manuskripts bekannt wurden; auch das Buch von M. Stallmann
wird von ihm noch nicht diskutiert. Es wäre interessant
zu sehen, wie er seinen Standpunkt gegenüber diesen in sich
gegensätzlichen Versuchen, die Diskussion weiterzuführen, verfechten
würde.

Besonders in den Anmerkungen bedürfen Druckfehler der Korrektur
; ich notiere nur die, welche der Leser nicht selbst berichtigt.
Anm. 27: WA 4, 184, 30; Anm. 45: Widerstand, 133 ff.; Anm. 68:
Ev. Theologie 1961, 145 ff.; Anm. 73: In KD IV, 1, 135 ff. konnte ich
das von H. genannte Stichwort: keine verabsolutierende Christologie —
nicht auffinden. Anm. 87: die Torgauer Formel ist gekürzt und mit
unzutreffendem Stellenbeleg wiedergegeben. Sie lautet an der wesentlichen
Stelle: ...quam ut ipse nobiscum loquatur per verbum et
nos per orationem et lobgesang... WA 49, 588; Anm. 90: S. 267 f.;
Anm. 109: Braunschweig 1949. Bei einer Neuauflage sollten auch die
Zeitschriften besser nach einem einheitlichen Schlüssel zitiert werden
(nicht „Aprilheft 1961" und 7/1961" — beides für Ev. Theologie usw.)
Köln Hans Werner Su rkau

Erckenbrecht, August: Geschichte des kirchlichen Unterrichts
und seiner Lehrbücher in der Markgrafschaft Baden (1556—1821).

Karlsruhe: Evang. Presseverband 1961. 86 S. gr. 8° = Veröffentlichungen
d. Vereins f. Kirchengeschichte i. d. evang. Landeskirche
Badens, XXI.

E. hat seine Aufgabe, „die Geschichte des kirchlichen
Unterrichts und der dabei verwendeten Lehrbücher in der lutherischen
Markgrafschaft Baden darzustellen" (11) instruktiv gelöst
. In vier Abschnitten (I: Von der Einführung der Reformation
1556 bis zum Jahre 1677 — II: Die Zeit der Erneuerung
unter Markgraf Friedrich Magbus 1677—1709 — III: Die Neubelebung
der kirchlichen Katechese durch den Pietismus —
IV: Das Zeitalter Karl Friedrichs 1746— 1811) werden Fortschritt
wie Rückschritt in den einzelnen Epochen dargestellt.
Die christliche Unterweisung zeigt 6ich im wesentlichen nur als
Katechismusunterricht, der anfänglich den Katechismus von
Brenz (17 ff.) und von Luther (19), beide mitunter zu einem
Lehrbuch ineinander gearbeitet, folgte. Später verdrängte Luthers
Katechismus den Brenzschen, aus dem jedoch einzelne Teile in
den Lutherischen Katechismus übernommen wurden. Im 18. Jh.
spielte der Eisenlohrsche Katechismus, „der erste badische Katechismus
pietistischer Prägung" (38) eine gewichtige Rolle (vgl.
über diesen Katechismus Fr. Merkel, Geschichte des evang. Bekenntnisses
in Baden von der Reformation bis zur Union, i960,
S. 144 ff.). Außer den Katechismen werden Spruchbüchlein verwendet
, das von E. genannte „Biblische Spruchbüchlein" (51)
wird in einer Schulordnung des Jahres 1722 erwähnt. Dabei ist
zu vermuten, daß auch schon früher (wie bereits im 16. Jhdt.)
Spruchbücher im Gebrauch waren. Die 1754 erschienene Schulordnung
für die Diözese Badenweiler nennt als für Baden gültige
katechetische Lehrbücher: Luthers kl. Katechismus, die
Kinderlehre Eisenlohrs, die biblischen Historien Hübners und
das Spruchbüchlein. Die von E. für den Beginn des 18. Jhdts.
nachgewiesene Vorschrift, Schulbeginn und Schulende mit Gebet
, Lied und Segen (27 f.) durchzuführen, ist ebenfalls schon
in der Reformationszeit bekannt (aber für Baden bisher nicht
nachzuweisen?).

Das Urteil des Verfs. über Spener — „Spener hat durch
seine katechetischen Arbeiten den Anstoß zum Nachdenken

über die rechte Unterrichtsart gegeben" (35) — kann ich nicht
teilen. Das haben doch längst vor Spener die Reformpädagogen
wie Ratke, Comenius, Gesenius, Evenius und Hunnius getan.

Diese dem Gedächtnis von Johannes Bauer (1860—1933)
gewidmete Schrift sollte Nachahmer finden, die sich um eine
Geschichte des kirchlichen Unterrichts und seiner Lehrbücher in
anderen Territorien Deutschlands zwischen dem 16.— 19. Jhdt.
bemühen.

Darmstadt Friedrich IIa Ii u

Bastian, Hans-Dietrich: Erfahrungen mit einem neuen Katechismus
(KidZ 18, 1963 S. 100—104).

Eberhard, Otto: Vom „einfachen" Religionsunterricht (Pastoralblätter
103, 1963 S. 138—145).

Neidhart, Walter: The Fight Against Anti-Semitism in Christian
Education (The Ecumenical Review 15, 1962 S. 57—66).

Religionsunterricht an höheren Schulen. Sonderheft der Zeitschrift des
Bundes katholischer Religionslehrervereinigungen. Düsseldorf: Patmos-
Verlag [1963]. 27 S. gr. 8°.

KIRCHEISRECHT

C a 11 i e s s, Rolf-Peter: Eigentum als Institution. Eine Untersuchung
zur theologisch-anthropologischen Begründung des Rechts. München:
Kaiser 1962. 146 S. gr. 8° = Forschgn z. Geschichte u. Lehre des
Protestantismus, hrsg. v. Ernst Wolf, 10. Reihe, 24. Kart. DM 10.—.

Im Unterschied zur katholischen Soziallehre (die Eigentum
naturrechtlich, als Voraussetzung des gemeinen Wohls, begründet
) schwankt die evangelische Ethik in dieser Frage zwischen
asketischer Diskreditierung von Eigentum-haben überhaupt und
idealisierender Überschätzung einer Menschwerdung durch bürgerlich
-privatrechtliches Eigentum an Sachen (so noch die Denkschrift
der EKD, 1962). Demgegenüber unternimmt die Berliner
Dissertation des Juristen C. (H. Gollwitzer und W. Weischedel
vorgelegt) einen Vorstoß in Neuland: sie will eben jene anthropologische
Begründung von evangelisch-theologischen Voraussetzungen
aus nachholen. Um ihre Bedeutung zu würdigen, wird
es gut sein, zunächst auf mehrere Vorfragen dieses mutigen und
eigenständigen Versuchs einzugehen:

1) Verf. sieht seine Aufgabe innerhalb des Problemhorizonts
der sogenannten Institutionen - Kommission der EKD
(H. Dombois), in der seit 1955 Fragen einer theologischen Begründung
rechtlichen Ordnens, vom Phänomen sozialer Institutionen
ausgehend, erörtert worden sind. Außer einigen Ausgangsthesen
(Recht und Institution, Witten 1956) sind bisher keine
Ergebnisse dieser Kommission publiziert worden, weil die Fragestellungen
sich sehr verzweigten. Fest steht jedoch, daß in jenem
Phänomen der Institution (genauer: der Institutionalität menschlichen
Daseins) sich eine Verbindung zwischen anthropologisch
-soziologischer, juristischer und theologischer Erörterung eröffnete
. Hier setzt Verf. ein und zieht zunächst Resultate aus
den verschiedenen Wissenschaften zusammen: aus den Sozialwissenschaften
(der Mensch als „weltoffenes Wesen", das seine
Handlungsantriebe bzw. Bedürftigkeiten in Institutionen „auf
Dauer stellt", „entlastet", 16 ff.), aus den Rechtswissenschaften
(Institutionen als überpositive Normen, die aus dem Prozeß der
Integration des sozialen Ganzen folgen, 29 ff.) —, und aus der
Theologie (Institutionen als vorgegebene göttliche „Ordnungen"
[„Stiftungsmetaphysik", 54] oder gestaltungsfähige Chancen der
Nachfolge und Heiligung). Aus der Aporie dieser Alternative
will C. herausführen. Damit rückt er die Erörterungen jener
Kommission mindestens in ein neues Licht.

2) Während zumeist nur die Vor- und Nachteile des bürgerlichen
Eigentums erörtert werden (i. e. die Dispositionsbefugnis
über Sachen zur individuellen Daseinsvorsorge), hat C. sehr
viel weitergehende Tendenzen der hochtechnisierten Zivilisation
im Auge (bes. 116 ff.): Anwachsende Trends der Abhängigkeit
des Einzelnen von der Allgemeinheit (Verwaltung, Interdepen-
denz) fuhren dazu, daß jene Dispositionsbefugnis ohnehin uninteressant
, das Eigentum vielmehr zum „sozialen Status-Abzeichen
" (A. Gehlen) wird, aber als „Entäußerung und Hingabe",
durch Sachen vermittelt, durchaus nicht ethischer Beurteilung entzogen
ist (126, vgl. 122 f.; diesen Weitblick hätte man den Vff-
der Denkschrift gewünscht, dann wären sie nicht an ihrem Kon-