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Ausgabe:

1964

Spalte:

373-375

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Autor/Hrsg.:

Söhngen, Gottlieb

Titel/Untertitel:

Analogie und Metapher 1964

Rezensent:

Fritzsche, Hans-Georg

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373

Theologische Literaturzeitung 89. Jahrgang 1964 Nr. 5

374

L i 11 e 11, Franklin H.: A Tribute to Menno Simons. A Discussion of
the Theology of Menno Simons and its Significance for Today.
Scottdale, Pa., USA.: Herald Press 72 S. 8". $ 1.25.

Franklin H .Littell, der sein Doktorat für seine Arbeit
„The Anabaptist View of the Church" (1946) von der Yale
Universität erhielt, hat seine Forschungen auf diesem Gebiet
fortgesetzt. Das vorliegende Buch besteht aus vier Aufsätzen
(„Menno and the Word of God", „Menno and the Doctrine
of the Laity", „Menno and the true Church", and „Menno and
the Doctrine of the Holy Spirit"), die 1961 anläßlich der jährlichen
Seminar-Vorlesungen der Associated Mennonite Biblical
Scminarics in Elkhart, Indiana vorgetragen wurden. Der Autor
ist nicht nur wegen seiner ausgedehnten Forschungen auf dem
Gebiet der Täufer des sechzehnten Jahrhunderts besonders
qualifiziert, über diese Themen zu sprechen, sondern auch seiner
fachmännischen Kenntnisse der gegenwärtigen theologischen
Atmosphäre in Europa wegen. Er bietet eine wissenschaftliche
Darstellung der theologischen Überzeugungen von Menno
Simons und bezieht die Informationen auf die gegenwärtigen
Probleme und Geschehnisse.

Er wirft die Frage auf „ob es wahr ist, daß die Bibel, die
Gemeinde, die Laienwelt und der Heilige Geißt wirklich
.wiederentdeckt' worden 6ind". Er bemerkt, daß seine Vorlesungen
„beabsichtigen darzustellen, was die Lehren von Menno
Simons denjenigen, die die Bibel, die Gemeinde, die Laienwelt
und den Heiligen Geist im Mittelpunkt des christlichen Glaubens
und des Bekenntnisses ernst nehmen wollen, bieten".
Obgleich Littell gezwungen war, eine weite Spanne von Informationen
in den vier Vorlesungen zu gebrauchen, ist es ihm
beachtenswert gut gelungen, die Hauptpunkte zu behandeln.

Zweifellos könnte die Frage auftauchen, warum er das
Gemeindeprinzip von Menno Simons nicht in einer etwas mehr
systematischen Weise behandelte. Es wird deutlich, daß er die
gesamten Writings of Menno Simons in der kürzlich
veröffentlichten Ausgabe (Scottdale, Pa.) ziemlich eingehend
studiert hat. Er bezieht sich aber nicht ausführlich auf die zunehmenden
und immer umfassender werdenden Werke über
Menno Simons und seine Zeit.

Das Büchlein wird als Informationsquelle in bezug auf
Menno Simons und seine Bedeutung für die heutige Zeit aufs
wärmste empfohlen.

North Newton Cornelius K r o Ii n

Carter, Douglas: Luther as Excgete (Concordia Theological Monthly

32, 1961 S. 517-525).
C o i n e r, Harry G.: The Inclusive Nature of Holy Baptism in Luther's

Writings (Concordia Theological Monthly 33, 1962 S. 645—657).
C r ö n c r t, Heinz: Gerechtigkeit für die Täufer (KidZ 18, 1963

S. 523-528).

Fischer, Hermann: Luther und seine Reformation in der Sicht
Ernst Troeltschs (NZSTh 5, 1963 S. 132—172).

Hillerbrand, Hans J.: Die Vorgeschichte der hessischen Wiedertäuferordnung
von 1 537 (ZRGG 15, 1963 S. 330—347).

P r e n t e r, Regin: Embedets guddommeligc indstiftelse og det almin-
delige praestedomme hos Luther (UUA 1960, 12 S. 81—102).

Schütz, Paul: Historismus und Prophctie. Überlegungen zu Luthers
Geschichtsdcnkcn (DtPfrBl 64, 1964 S. 25—28).

Steitz, Heinrich: Warum feiern wir am 31. Oktober den Reformationstag
? (PB1 103, 1963 S. 561—569).

w*1ker, G. S. M.: Calvin and the Church (Scottish Journal of
Theology 16, 1963 S. 371—389).

PHILOSOPHIE UND MLIGI0NSPH1L0S0PH1E

Söhn gen, Göttlich: Analogie und Metapher. Kleine Philosophie
und Theologie der Sprache. Freiburg/Br. - München: Albcr 1962.
137 S. 8° = Studium Universale

Dieses gedankenreiche Büchlein stellt besonders heraus,
daß die Sprache nicht nur eine logische Funktion hat („Bezeichnung
, Aussage, Gedankenführung und Begriffsbildung".
S- 44), sondern — gerade indem Inbegriff der logischen Funktion
„Verständigung" ist — auch eine ästhetische sowie
ethische (oder energetische). Der Begriff des Ästhetischen
'st hierbei in dem Sinn verstanden, wie Kant „in seiner ,K. d.

r. V.' einer transzendentalen Logik eine transzendentale Ästhetik
vorausschickte" (S. 45), d. h. als das Anschauliche, ohne das
Gedanken leer sind; und der Begriff des Ethischen bzw. Energetischen
führt auf das Problem, daß Sprache nicht nur beschreibendes
, sondern auch wirkendes Wort ist und hierin gemeinschaftsbildende
Kraft hat (S. 94 f.).

Im einzelnen sei noch folgendes referiert. Nach verhältnismäßig
kurzer Behandlung der logischen Funktion
der Sprache, wobei auch mehr rhetorische als rein-logische Probleme
angeschnitten werden, wird als ästhetische Funktion
der Sprache folgendes (viererlei) vorgeführt und an glücklich
gewählten Beispielen aus Literatur und Bibel illustriert:
(l) „In unserem Sprechen ereignet sich nicht nur ein Bezeichnen
der Sachen und ein Aussagen über Sachverhalte (die logische
Funktion der Sprache, F.), sondern auch ... ein Sichausdrücken
der Dinge" selbst (S. 54) sowie (2) ein Ausdruck des Wesens
der Person des Sprechenden, ein ,sich aussagen' und nicht nur
.Information' (S. 56).

Beides illustriert das Beispiel einer römischen Grabinschrift:
jacet, tacet, placet.

„Die drei Worte sind mehr als bloß Aussagen über eine im
Grabe Ruhende, sie sind ein schlichtes Sagen der Sachverhalte selbst.
. . . Und jener Ehemann drückte so nicht nur etwas vom Wesen
seiner Ehefrau aus, sondern auch etwas von seinem eigenen Wesen,
ja, sogar mehr von seinem Wesen als vom Wesen seiner Frau"
(S. 52 f.).

Der Schwerpunkt der Ausführungen Söhngens über die
ästhetische (veranschaulichende) Funktion der Sprache liegt in
der Darlegung (3) der „metaphorischen Funktion im Bild und
Gleichnis", und diese geht über in (4) die „weltanschauliche
Funktion im sprachlichen Aufbau eines Welt- und Menschenbildes
" (S. 46).

„Der Name .Weltanschauung' (ist) selbst ein Stück Weltanschauung
, und gerade auch ein Stück sprachliches Weltbild; denn .Weltanschauung
' ist deutschsprachliches und deutschromantisches Sondergut,
was sich darin kundgibt, daß dieses deutsche Wort unübersetzbar, nur
umschreibbar ist. Leider ist .Weltanschauung' auch ein deutlichster Beweis
dafür, welcher tolle und grimmige Unfug mit solchen Weltanschauungswörtern
— übrigens in allen Sprachen — getrieben werden
kann, mir .Weltanschauung' im Dritten Reich, aber nicht erst da und
wohl nicht zuletzt . . . Und nun fühle ich mich verpflichtet, etwas
Gutes von .Weltanschauung' und in Hinsicht auf .Weltanschauung und
Sprache' zu sagen: es war Wilhelm von Humboldt, also ein Deutscher
in der Romantikerzeit, der die weltanschauliche Bildekraft der Spraken
in die Mitte seiner Untersuchungen .Über das vergleichende
Sprachstudium' (1820) und .Über die Verschiedenheit des menschlichen
Sprachbaues und ihren Einfluß auf Literatur und Geistesbildung'
(1 830—3 5) stellte; und in unserer Zeit ist es wiederum ein deutscher
Sprachforscher wie Leo Weisgerber, der in Humboldts Nachfolge .Vom
Weltbild der deutschen Sprache' (*1950) und vom sprachlichen Weltbild
als geistiger Zwischenwelt zwischen Sprachlaut und Sachwelt
kündete" (S. 89 f.).

Als die energetisch-ethischen Funktionen der
Sprache unterscheidet Söhngen folgendes: „1. die Werkfunktion
oder das Inswerkrufen; 2. die Zeugnis- und Bekenntnisfunktion
; 3. die Funktion des Überzeugens; 4. die Funktion
der Gesprächsführung als Meinungsbildung" (S. 94).

Das Wort beschreibt nicht nur Tatbestände und
Sachverhalte, sondern bewirkt auch solche, ist nicht nur
Widerspiegelung, sondern .Kraftwort' im besten Sinne, jedenfalls
wenn es in Vollmacht und in der Kunst der Überzeugung
gesprochen wird.

Daß hier freilich eine Spannung zwischen beidem besteht,
das wirksamste Wort nicht notwendig auch das wahrste ist, ist
ein Problem, dessen «ich Söhngen — im Blick auf antike wie
moderne Sophisten — durchaus bewußt ist. Aber es scheint uns
in seinem Ernst doch nicht hinreichend bedacht, die Koordinierung
von „Beweisen und Überzeugen" (S. 110, 112, 113, 115),
was sich „einander ergänze", zu rasch und selbstverständlich
vollzogen.

So drängt sich zum Schluß der Lektüre die grundsätzliche
Frage auf, ob das Logische wirklich etwas ist, dem man rhetorische
und soziologische Kategorien einfach koordinieren kann,
hierbei .Sprache' zum Oberbegriff erhoben. Gewiß wird die
antik-mittelalterliche Koordinierung von Logik und Rhetorik