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1964

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

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Theologische Literaturzeitung 89. Jahrgang 1964 Nr. 5

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«ingewirkt haben, ein eindrucksvolles Bild von der bewegten Mannigfaltigkeit
des syrischen Mönchtums.

Bethel b. Bielefeld Alfred Adam

[ C a s e y, R. P.: ] Biblical and Patristic Studies. In Memory of Robert
Pierce Casey. Ed. by J. N. Birdsall and R.W.Thomson. Freiburg/Br.:
Herder [1963]. 269 S., 5 Taf., 1 Titelb. 8°. Lw. DM 28.50.

Eichmeyer, Karl: Die Feier der Eucharistie bei den Kirchenvätern
(Quatember 27, 1962/63, 112—117).

Froidevaux, Leon-Marie: Sur un recueil armenien d'hymnes de
saint Ephrem (Rech SR 51, 1963 S. 558-578).

Rondet, Henri: La parabole du Pharisien et du Publicain dans
l'oeuvre de saint Augustin (Sciences Ecclesiastiques 15, 1963 S. 407
—417).

KIRCHENGESCHICHTE: MITTELALTER

Kost, Otto - Hubert: Das östliche Niedersachsen im Investiturstreit.

Studien zu Brunos Buch vom Sachsenkrieg. Göttingen: Vanden-
hoeck & Ruprecht [1962]. 220 S. gr. 8° = Studien zur Kirchengeschichte
Niedersachsens, hrsg. v. H. Dörries, 13.

Das Buch beruht auf zwei Dissertationen: „Die sächsische
Königstheologie im Investiturstreit" wurde 1954 von der
Theologischen Fakultät Göttingen angenommen, „Studien zu
Brune* Buch vom Sachsenkrieg" 1956 von der Philosophischen
Fakultät Innsbruck. Der Autor verweist darauf, daß seit 1856
keine Spezialarbeit mehr über Brunos „Liber de bello
Saxonico" erschienen sei (S. 13), in einer Anmerkung nennt er
die wesentlichsten Deutungen jener Quelle (Anm. 4). Kost bestimmt
den Begriff „östliches Niedersachsen" mit dem Raum
um Magdeburg, Merseburg, Hildesheim, Northeim und
Halberstadt (S. 15) und stellt dann Brunos Werk in die
sächsische Geschichtsschreibung hinein, die durch die Namen
Widukind von Korvey und Thietmar von Merseburg besonders
gekennzeichnet ist. Das spezielle Interesse der Arbeit
gilt jenen beiden Briefsammlungen, die in Brunos Darstellung
— und nur hier — enthalten sind: Kost behandelt in
Kapitel I die Magdeburger Briefe von 1075 (S. 21-93) und
stellt ihnen in Kapitel II die sogenannten Sachsenbriefe der
Jahre 1078/79 gegenüber (S. 94—185). Daran schließt sich
noch ein 3. Kapitl mit der Überschrift „Einzelfragen"
(S. 186—211) sowie eine Übersicht über Brunos Leben (S. 211
-13).

Bezüglich der Magdeburger Briefe von 1075 wird in einer
ausführlichen Literarkritik (S. 21-37) herausgestellt, daß
Bruno der Verfasser jener Briefe sei; diese These wird dann
dahin interpretiert, daß bei der inhaltlichen Gestalt der Briefe
voll und ganz die Autorität des Magdeburger Erzbischofs
Werner dahinterstehe (S. 35/36). Der Abschnitt über den Anschauungsgehalt
der Magdeburger Briefe (S. 37—83) zeigt, wie
tief Werner von Magdeburg in ottonischen Traditionen
wurzelt: Der König ist für ihn Stellvertreter Christi auf
Erden. Kost spricht von einer „sächsisch-salischen Königstheologie
bzw. -christologie" (S. 54 ff.), von einer „Imi-
tatio Christi durch den König" (S. 60 ff.). Zugleich wird die
Beziehungslosigkeit Werners zum Papst aufgewiesen (S. 67 ff.).
Noch 1076 gilt für den vom König gefangenen Werner von
Magdeburg die Formel Königsgehorsam-Gottesgehorsam
(S. 75 ff.). Werner bleibt Gefangener, auch als ihm die Flucht
möglich war. Wohl kann er zum Widerspruch gegen seinen
König Heinrich IV. geführt werden, aber nicht aus machtpolitisch
begründetem Widerspruchsgeist, sondern aus seelsorgerlichen
Motiven. Der Bischof ist für das Seelenheil des
Königs verantwortlich: „Die Gefahr, in der er Heinrich IV.
vielmehr stehen sieht, ist die, daß er einst im jüngsten Gericht
verurteilt wird" (S. 82). Werner von Magdeburg und
sein Mitkämpfer Werner von Merseburg sind bis 1076 „auch
nicht andeutungsweise Gregorianer" (S. 82). Diese Sicht steht
ganz im Gegensatz zur bisherigen Auffassung, wie sie etwa
A. Brackmann 1937 vertreten hatte: Werner als „Führer der
sächsischen Opposition gegen Heinrich IV.", der „schon 1073
den unheilvollen Kampf der Sachsen gegen Heinrich IV. eingeleitet
" habe (zitiert bei Kost S. 8 3, Anm. 384). Kost interpretiert
auch den Bischof Hezilo von Hildesheim in einem
ähnlichen Sinne: Auch Hezilo war zu Beginn des Investiturstreites
von reformerischen Gedanken unberührt (S. 90), doch
sieht Kost bei ihm einen Wandel schon 1075 sich andeuten.

Auch Kapitel II beginnt mit ausführlichen literarkritischen
Erörterungen (S. 94—139). Kost erarbeitet eine genaue Zeittafel
(S. 121/22). Er vertritt weithin überzeugend die These,
daß Erzbischof Gebhard von Salzburg Verfasser der Sachsenbriefe
von 1078/79 sei. Gebhard war aus Süddeutschland vertrieben
, sein Aufenthalt bei den Sachsen ist bezeugt. Bruno hat
diese Briefe propagandistisch verwertet „nicht zuletzt durch
ihre chronologiewidrige Zusammenballung" (S. 138). Der Anschauungsgehalt
jener Briefe (S. 140—85) läßt die Veränderung
zur Lage von 1075 kraß erkennen: Dem Pap6t kommt jetzt
eine zentrale Stellung zu (S. 140 ff.), er ist Richter des Königs
(143) und König der Kirche (144 ff.). Die Sachsen empfehlen
sich dem Papst als „beati Perri fideles" (147); diese Formel
erhält dadurch ihre volle Bedeutung, daß man früher der Einheit
von Reich und Kirche mit der Formel „Fideles Dei et
regis" Ausdruck gab (S. 147/48). Die Sachsenbriefe übernehmen
Formulierungen Gregors VII. und Pseudoisidors (S. 149 f.). Den
eigentlichen Reformforderungen des Papstes stehen die Sachsen
jedoch fern: Weder kam man generell der Zölibatsforderung
nach (15 5—57), noch empfand man die Simonie als besonders
schweren Anstoß (158). Die Briefe enthalten auch Kritik am
Papst: Gregor VII. handelte gegenüber Heinrich IV. nicht konsequent
genug, er fiel „den Sachsen durch seine unentschiedene
Haltung faktisch in den Rücken" (S. 137). Für die Sachsen ist
Heinrich IV. nach 1076 nicht mehr König, er wird als „Exrex"
bezeichnet (S. 158 ff.). Die Sachsen werfen ihm unkönigliches-
unbarmherziges Verhalten vor. Seine kirchenrechtlichen Verfehlungen
werden aufgeführt, unter denen die Absetzung des
Papstes von 1076 einen besonders wichtigen Platz erhält
(S. 162—65). Wie wenig die Sachsen aber auch 1078/79 „Gregorianer
" sind, zeigt ihr Verhältnis zu dem neu gewählten
(Gegen-)König Rudolf von Rheinfelden: Er wird nun als
„Vicarius Dei" bezeichnet, auf ihn wird die alte „Königstheologie
" übertragen (S. 170 ff.). Kost formuliert: ..So ernst
es Werner von Magdeburg und Werner von Merseburg Ende
Juni 1076 mit dieser Gesinnung war, als sie noch bei ihrem
König (Heinrich IV.) .. aushielten, .. . 60 entschieden bekennen
sich die Briefabsender in den Jahren 1078/79 zur Gebundenheit
an die Eide, die sie dem (Gegen-)könig Rudolf gegenüber abgelegt
haben" (S. 174). Kost bemüht sich noch um eine nähere
Differenzierung und kommt dabei zu einer problematischen,
aber nachdenkenswerten Aussage: Das neue Treueverhältnis
zum König Rudolf 6ei „nicht mehr wie im Jahre 1075 vom
Worte Gottes, sondern nunmehr vom Wort des Papstes her
begründet" gewesen (S. 177). Zweifellos muß man von einem
„unausgeglichenen Nebeneinander der beiden Gewalten" sprechen
(S. 182/8 3): „Der Absenderkreis dieser Briefe hat sich
noch nicht von den alten . . Anschauungen zu lösen vermocht
und vertritt sie im Blick auf die Person des (Gegen-)Königs mit
Nachdruck vor dem Papst. Andererseits ist er in der neuen,
auf Herrschaft der Kirche ausgerichteten Denkweise. . . noch
nicht heimisch geworden" (S. 18 3).

Im dritten Kapitel wird die von den Sachsen praktizierte
Möglichkeit der Wahl eines neuen Königs aus der Geschichte
des sächsischen Stammes abgeleitet. Kost beruft sich auf
Lintzels Auffassungen und zitiert entsprechende Vorgänge bei
Beda und Widukind von Korvey (S. 188 ff.). Das Ergebnis, daß
die sächsischen Fürsten in ihrem Verhältnis zum Papst nur von
politischen Motiven bestimmt gewesen seien (199), überrascht
nicht. Geschichtstheologische Aspekte werden herausgestellt
(S. 200 ff.), liturgische Situationen werden (nicht immer überzeugend
) angenommen (204—08); schließlich werden literarische
und anschauungsmäßige Traditionen für das gesamte Werk
Brunos erarbeitet (208-11), wobei der Einfluß Sallusts größer
sein soll als der der Bibel oder der Liturgie. Der Schluß „Brunos
Leben" faßt vorherige Ergebnisse nochmals zusammen (S. 211
-13).

Zweifellos ist der Autor in Brunos Buch vom Sachsenkrieg und
der sächsischen Geschichtsschreibung überhaupt genau zu Hause. Zu