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Ausgabe:

1964

Spalte:

311-312

Kategorie:

Interkulturelle Theologie, Missionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Margull, Hans Jochen

Titel/Untertitel:

Aufbruch zur Zukunft 1964

Rezensent:

Dammann, Ernst

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Seite 1

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311

Theologische Literaturzeitung 89. Jahrgang 1964 Nr. 4

312

nach ihren Folgen für das Leben der Christen unter den Hindus fragt,
wenn die Christen dort diese Auffassung übernehmen würden".
(Feuer auf Erden. Stuttgart 1962, S. 207/8.)

S. 207 auf Z. 8 v. u. wäre das „zuletzt" besser durch „schließlieh
" oder „doch" zu ersetzen. S. 214 ist in Sachen der Herrnhuter
Nikobarenmission die Darstellung zu kurz geraten und die „wenig
ehrenhafte" Rolle der Hallenser entspricht nicht ganz den Quellen
und Herrnhuter Aussagen. Möglicherweise entsteht über diese Nikobarenmission
der Herrnhuter in Halle eine Dissertation.

S. 217 Mitte sollte es „das Gehalt" heißen.

Halle/Saale Arno L e h in a n n

Margull, Hans Jochen: Aufbruch zur Zukunft. Chiliastisch-messia-
nische Bewegungen in Afrika und Südostasien. Gütersloh: Gerd
Mohn [1962]. 127 S. gr. 8° = Missionswissenschaftl. Forschungen,
hrsg. v. d. Deutschen Gesellschaft f. Missionswissenschaft, Bd. 1.
Lw. DM 16.80.

In vielen Teilen Afrikas, Asiens und der Südsee sind in
den letzten Jahrzehnten Sondergebilde geistlicher Art entstanden
, die man als nachchristliche Kirchen oder Sekten bezeichnet
. In dieser Beziehung haben u. a. B. Sundkler über Südafrika
, E. Andersson über den Kongo, P. B. Welbourn über Ostafrika
, Chr. Baeta über Ghana viel Material beigebracht.
Während diese wie auch andere die Erscheinungen in einzelnen
Ländern monographisch darstellen, unternimmt es Marguli,
ein Schüler Walter Freytags, systematisch und theologisch einer
Teilerscheinung, nämlich den chiliastisch - messianischen Bewegungen
, nachzugehen. Dazu rechnet z. B. der sog. Cargokult
auf Neuguinea oder Bewegungen wie die des Simon Kimbangu
im Kongo. Die Untersuchung gliedert sich in sechs Hauptabschnitte
: 1. Vision der Zukunft; 2. Begegnung mit der Zukunft
; 3. Künder und Träger der Zukunft; 4. der Griff nach
der Zukunft; 5. das Ende der Zukunft; 6. Zukunft als Zu-
Kommen Gottes. Der Verfasser zeigt, wie die Freiheit, die
Gott dem Menschen durch Christus, als dem Herrn über alle
Dinge, schenkt, mißverstanden wird. Sie wird als Verstärkung
der Lebenskraft aufgefaßt. Man bekennt sich zu Christus, weil
er diese Kraft geben kann.. Und man versucht, sich ihrer so zu
bemächtigen, daß man über sie und damit über Jesus verfügt.
Man wünscht auch, die für die Zukunft geltende Verheißung
in irdischer Form zu konkretisieren und zu realisieren. Der
Mensch möchte herrschen und seine eigene Herrschaft steigern.
Und dadurch ist die Zukunft verloren. Diese „ist eben ganz
und gar daran gebunden, daß Jesus Christus, der Herr der Zukunft
, Glauben findet. Glauben an Jesus Christus aber bedeutet
totalen Herrschaftswechsel, eben Bekehrung, Buße"
(S. 103). Zukunft ist nach dem Verfasser unabdingbar mit dem
Kreuz und der Auferstehung Christi verbunden (S. 120). Diese
Sicht ergibt sich folgerichtig aus der modernen Missionstheologie
, wie sie sich in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt hat.

Der Wert der Arbeit besteht darin, daß von einer festen
theologischen Position aus Erscheinungen des geistlichen Lebens
behandelt werden, die bisher in der Regel nur phänomenologisch
beschrieben oder von ethnologischer oder soziologischer
Sicht dargestellt wurden.

In Einzelheiten kann man mehrfach anderer Meinung als
Margull sein. Ob der Islam im chiliastischen Drang nach dem
erfahrbaren Gottesreich die christliche Verheißung überbot

(S. 110), ist mir zweifelhaft. Die muslimische Theokratie hebt
die Hoffnung auf das Paradies nicht auf und versucht auch
nicht, das Paradies vor dem Ende der Zeiten auf Erden zu verwirklichen
. — Wenn von dem Papua gesagt wird, daß es ihm
bis zur Begegnung mit den Weißen unmöglich war zu denken,
daß es ein Gestern gibt (S. 26), so ist diese Behauptung zu
weitgehend. Auch der Naturmensch kennt eine Vergangenheit,
wofür es sogar sprachliche Belege gibt. Die weit verbreitete Sage
ist ein Versuch, sich über das einst Geschehene Rechenschaft
zu geben. Ebenso ist der von Levy-Brühl übernommene Satz
nicht richtig, daß die Sprachen der Naturvölker „recht arm an
Mitteln sind, um die verschiedenen Arten des Futurum auszudrücken
" (S. 29). Das Zulu unterscheidet morphologisch sogar
eine nahe und eine ferne Zukunft und vermag außerdem beide
in den Progressiv zu setzen. Eine andere Frage ist es, ob man
sich Vergangenheit und Zukunft mehr in linearer oder in zyklischer
Weise vorstellt. Auch bei der letzteren Denkform gibt
es Zukunft, wenn auch in der Form der Wiederkehr von dem,
was einst war. — Wenn es heißt: „Gestern und morgen im
abendländischen Sinne sind nicht denkbar" (S. 28), so wäre zu
fragen, in welchem anderen Sinne die für „gestern" und „morgen
" vorhandenen Vokabeln in den Einzelspracb.cn zu interpretieren
sind. — Der Titel „Aufbruch zur Zukunft", unter dem
man sich zunächst nichts Konkretes vorstellen kann, erscheint
zu journalistisch. — Schließlich eine geographische Frage: Wird
Neuguinea zu Südostasien oder zur Südsee gerechnet?

Mit dem vorliegenden Bande beginnt die Deutsche Gesellschaft
für Missionswissenschaft eine neue Veröffentlichungsreihe.
Es ist zu begrüßen, daß dadurch die Möglichkeit zur Publikation
von Studien gegeben wird, die, wie das angezeigte Buch
deutlich macht, wichtige Probleme der modernen kirchlichen
Entwicklung von der Sicht der Mission her behandeln.

Marburg/Lahn Ernst Da m m n n m

Barth, Karl: Überlegunngen zum zweiten vatikanischen Konzil (JK

24, 1963 S. 569—575).
— Thoughts on the Second Vatican Council (ER 15, 1963 S. 3 57—367).
Da vi es, J. G.: Intercommunion, an Attempt to Distinguish Currcnt

Issues (ER 15, 1963 S. 410—418).
Dietzfelbinger, Wolfgang: Vestigia Ecclesiae (ER 15, 1963
S. 368—376).

G o o d a 11, Norman: Evangelicalism and the Ecumenical Movement

(ER 15, 1963 S. 399—409).
Heidtmann, Günter: Kirche in theologischer Beratung. Bericht

über die 4. Weltkonferenz für Glauben und Kirchcnverfnssung

(KidZ 18, 1963 S. 366—375).
Henry, CarlF.H.: Montreal — eine Sackgasse? (JK 24, 1963 S. 593

— 597).

Kremkau, Klaus: Konfession und Oekumene in Ägypten (KidZ 18,
1963 S. 381—389).

Newbigin, Lesslic: Auswirkungen der Integration in den Kirchen
des ökumenischen Rates (KidZ 18, 1963 S. 473—477).

Peters. Albrecht: Zwischen Montreal und Helsinki! (Lutherische
Monatshefte 2, 1963 S. 308—310).

S c h 1 i n k, Edmund: Die Forschungsaufgabc des ökumenisdien Rates
in der heutigen Welt (Universitas 18, 1963 S. 991—994).

Wolf, Ernst: Kirdilidi-theologische Begegnungen mit der Russisch-
Orthodoxen Kirche (KidZ 18, 1963 S. 510—513).

BERICHTE UND MITTEILUNGEN
Noch einmal: „A Theology without Myth?"

Von Dr. Hans Werner Bartschs höflicher und sorgfältiger Besprechung
meines Buchs, „A Theology without Myth?" in der Theologischen
Literaturzeitung 1962, Nr. 6 habe ich dankbar Kenntnis genommen
. Seine Kritik ist bisher die eingehendste Untersuchung meiner
Arbeit, und die einzige, welche, in Hinsicht auf Bultmanns Theologie,
meine Frage, „Will this preach?" zu beantworten versucht.

Hier kommt es mir nicht darauf an, kleinere Fragen des gegenseitigen
Verstehens, bzw. Mißverstehens mit Dr. Bartsch zu diskutieren
. Doch gibt es zwei Punkte von allgemeinem Interesse, die erwähnt
zu werden verdienen.

1. Dr. Bartsch fragt, ,,ob der Predigtband Bultmanns geeignet

ist für die Frage, ob die Hermeneutik Bultmanns der Predigt dient,
das Untersuchungsmaterial zu liefern", da es unter anderem fraglich
sei, ob „diese akademischen Reden, die zumeist über Reden-Texte
gehalten sind, wirklich die Hermeneutik Bultmanns praktizieren":
und er rügt, daß ich seinen Predigtband „Die Anrede Gottes", (Hamburg
19 54) auch behandelt habe, da er selbst „zuerst Schüler von
J. Schniewind" ist, und „keineswegs in dem Sinne Schüler Bultmann.?,
daß er nur die Linien Bultmanns auszuziehen sucht".

Es ist aber verständlich, daß am Ende einer allgemeinen Linter-
suchung der Bultmannschen Theologie das Netz nicht zu weit ausgeworfen
werden konnte, und es ist sicher nicht unvernünftig zu