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Ausgabe:

1964

Spalte:

309-311

Kategorie:

Interkulturelle Theologie, Missionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Westman, Knut B.

Titel/Untertitel:

Geschichte der christlichen Mission 1964

Rezensent:

Lehmann, Arno

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Theologische Literaturzeitung 89. Jahrgang 1964 Nr. 4

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Tyciak, Julius: Das Hcrrcnmystcrium im byzantinischen Kirchenjahr
. Freiburg/Br.: Lambertus-Verlag 1961. 111 S. 8° = Sophia.
Quellen östlicher Theologie, hrsg. v. J. Tyciak u. W. Nyssen, Bd. 1.
Lw. DM 9.80.

Der auch in protestantischen Kreisen bekannte Verfasser
bemüht sich seit Jahrzehnten, die Frömmigkeit und den überkonfessionellen
Gehalt der Liturgie der Ostkirche bei uns bekannt zu
machen und nahe zu bringen. Seine Veröffentlichungen zeugen
von seinen reichen Kenntnissen und seiner unermüdlichen Zielstrebigkeit
. Auch das vorliegende Bändchen vereinigt vom Verf.
sorgsam ausgewählte Stücke aus Liturgie, asketischer und theologischer
Literatur mit seinen eigenen einfühlenden Deutungen.
Er führt den Leser vom 1. Vorfastensonntag durch alle Herrnfeste
(im Titel muß es doch wohl auch „Herrnmysterium, 6tatt
Herrenmysterium heißen?) des Jahres. Eine Liste der wichtigsten
Termini der ostkirchlichen Liturgie ist beigegeben.

Halle/Saale Konrad O n a sch

M1SSIONSWISSENSCHAFT UND ÖKUMENE

W e s t m a n, Knut B., u. Harald von S i c a r d: Geschichte der
christlichen Mission. Ins Deutsche übertr. v. H. v. Sicard. München:
Kaiser 1962. 337 S. gr. 8°. DM 17.— ; Lw. DM 19.80.

Diese verdienstliche Arbeit zweier Schweden ist 1960 in
Stockholm unter dem Titel „Den Kristna Missionens Historia"
erschienen. Die deutsche Ausgabe läßt die Einzclschilderung der
skandinavischen und besonders der schwedischen Missionsarbeit
etwas zurücktreten und bietet das Kapitel über den deutschen
Anteil am Missionswerk in der Bearbeitung „Deutschland und
die deutschsprachige Schweiz" von P. G. Buttler - Tübingen.
Georg Viccdom schrieb das Vorwort und begrüßt das Buch, weil
es für das deutsche Sprachgebiet seit Jahrzehnten keine brauchbare
evang. Missionsgeschichte mehr gibt.

Vielleicht stimmt das schon gehörte Urteil, daß wir hier
für längere Zeit das Standardwerk der außereuropäischen Kirchen-
geschichte vorliegen haben. Ohne alle Frage übertrifft das angezeigte
Werk das im gleichen Jahre erschienene Buch „Gehet
hin in alle Welt; Zwei Jahrtausende christliche Mission" von
W. Augustiny in vielen Hinsichten. Ebenso fraglos ist es, daß
es sich, neben der deutschen Zusammenfassung von K. S. Latou-
rettes „Geschichte der Ausbreitung des Christentums" (Göttingen
1956, 482 S.) dem Kirchengcschichtler, Pfarrer, Religionslehrer
, Studenten und angehenden Missionaren als ein wirklich
hilfreiches Handbuch erweisen wird1.

Das Buch führt bis an Neu-Delhi heran und übergeht nicht
die Einsätze der orthodoxen und der röm.-kath. Kirchen, und
zugleich gibt es auch Informationen über die beachtliche Aktivität
der großen nichtchristlichen Religionen.

Der riesige Stoff wird in zwei große Teile gegliedert. Der
Hilflosigkeit oder Neutralität, mit der man vielerorts der
,.Missionswissenschaft" gegenüber steht, dienen Ausführungen
über diesen Wissenschaftszweig. Dann folgt bis S. 139 die Darstellung
der vier großen Missionsperioden: die frühe Zeit, die
Mission im Mittelalter, die Mission der neueren Zeit (die kath.
Mission in der Zeit der Gegenreformation, der Missionsgedanke
im älteren Protestantismus, die Mission des Pietismus) und die
Entstehung und Entwicklung der Weltmissionsbewegung. In diesem
letzteren Kapitel gehen die Verf. länderweise vor und umfassen
somit die mehr oder weniger imponierende Missionsaktivität
des gesamten Protestantismus. Dem schließen sich an
die Behandlung der prot. Mission im kolonialen Zeitalter, der
neueren Mission der röm.-kath. Kirche und der Ostkirche.

Der 2. große Abschnitt, „Der Acker ist die Welt", bringt
6odann die eigentliche außereuropäische Kirchengeschichtc in den
(früher sogen.) „Missionsländern". Diese Beschreibungen sind
zwar verhältnismäßig kurz, aber doch nicht im dürren Kompcn-
diumstil. Bei der Besprechung der Geschichte der einzelnen Ge-

') An neueren Catholica in deutscher Sprache sind für einen
Oesamtüberblick heranzuziehen: A. Mulders: Missionsgeschichte,
Regensburg 1960, 535 S.; A. Freitag: Die Wege des Heils, Bildatlas
zur Gesch. der Wcltmis6ion, Salzburg 1960, 208 S.; K. Müller: Die
Weltmission der Kirche. Aschaffenburg 1960, 163 S.; J. Beckmann:
Wcltkirchc und Wcltrcligioncn, Freiburg 1960, 197 S.

biete, wobei Afrika allein vier Kapitel hat und wobei alle Gebiete
erfaßt werden, also Lateinamerika wie Ozeanien, Nordamerika
wie Westindien usw., wird in flüssiger Schreibweise
auch die Innenseite der Arbeit ins Licht gestellt. So liest man
über die „Begegnung des Christentums mit Afrikas Religionen"
wie über das „Indische Geistesleben und seine Verbreitung".
Der Leser erhält also einen Eindruck auch von dem inneren
Vorgang der kirchengründenden Arbeit. Und da in Klammem
sehr viele Hinweise auf Entsprechungen in anderen Buchabschnitten
gegeben werden, wird dem Verstehen und der Zusammenschau
des Ganzen bestens gedient.

Das Buch schließt ab mit einem Abschnitt über die Gegenwartslage
der Mission mit erwünschten Zahlenangaben über die
Christen, die Bibelübersetzungen und die Analphabeten in der
Welt. Dort finden sich folgende Sätze: „Die größte Gefahr in
der religiösen Situation der Gegenwart sieht die christliche
Mission in der Orientierung auf eine E i n h e i t s religion hin"
(S. 318) und: „Es ist sicher, keine Übertreibung, daß die Hälfte
der Menschheit die Botschaft von Christus überhaupt noch
nicht gehört hat" (S. 319).

Daran schließt sich eine Zeittafel (S. 320—325), ein langes
Namensregister und ein nützliches Sachregister, das der Benutzer
freilich an manchen Stellen ergänzen muß, z. B. bei Bibelübersetzung
, Kolonialmission und Märtyrer.

Auf den reichen Inhalt näher einzugehen und ihn aufzuzeigen
, scheint unnötig und auch unmöglich zu sein. Man weiß,
was man in einem geschichtlichen Überblick zu erwarten hat und
ist den Verfassern dankbar für die gute Unterrichtung und für
mancherlei Überraschungen an Stoff und Einsichten. Beifällig
liest man z. B., daß bei der Ausbildung des anglikanischen
Klerus „der Schwerpunkt der neuesten KG auf die Missionsgeschichte
verlegt wurde" (S. 15), um den Pfarrern zu einem
Verständnis des Werdens der Ökumene zu verhelfen. Angesichts
der vielbeklagten und doch zu wenig beachteten Umgehung des
Islam von Seiten der Kirche sind die Abschnitte über die Geschichte
und Aufgabe der Muslim-Mission und über die Mission
in den Ländern des Islam 6ehr besonders zu begrüßen.

Gerade weil dieses Buch ein Standardwerk für längere Zeit
werden könnte, mögen einige Fragezeichen und Anfragen an
die Verf. erwünscht sein. Sie brechen von der freudigen Empfehlung
dieses Werkes nichts ab.

S. 13 u.: die seit 1710 herausgegebenen „Halleschen Berichte"
hatten einen anderen Titel. Das „z.B." Z. 1 auf S. 15 erweckt den
Eindruck, als ob es noch andere als die genannten Lehrstühle gäbe.

Die erste Nr. der IRM erschien 1912 (nicht: 1911, S. 18). Man
kann sehr im Ern6t fragen, ob die Ausführungen S. 20—24 überhaupt
nötig und in dieser Kurzform möglich sind: muß eine Geschichte der
Mission auch eine Begründung der Mission bieten 6tatt mit der Geschichte
einzusetzen? Dem Rezensenten erscheint das, was über das
AT gesagt ist, als zu wenig, es gibt einen falschen Eindruck. Auch
was S. 23/4 vom NT. her ausgeführt wird, faßt den Leser nicht.
Es fehlt, daß Jesu Tod und Auferstehung und Himmelfahrt das Heil
für eine ganze Welt begründet haben und ihn zum Welt-Heiland
machten.

Ein Druckfehler auf S. 38, 12. Z. v. u.: Latein ist groß zu schreiben
. S. 71: auch vor der neueren Studie über Speners Bedeutung für
Heiden- und Judenmission (Luth. Miss.-Jahrb. 1961) war von Speners
Eintreten für die Mission, auch in der Predigt, mehr bekannt als hier
gesagt ist. S. 74 o.: über Zinzendorfs Erregung des Missionsinteresses
wäre anders und mehr zu schreiben. S. 91 muß es statt IRM wohl
WCC heißen? S. 91 scheint das Urteil über die amerikanische
Missionsweise (Oberflächlichkeit und Amerikanisierung) zu allgemein
ausgefallen zu 6ein, und das „Proselyten" ist hier kaum am rechten
Platz. S. 94: als Gründungsjahr der Goßner-Mission dürfte weiterhin
das Jahr 1836 zu nennen sein.

Zu der Erwähnung der Bultmannschen Theologie auf S. 101 im
Sinne der positiven Einwirkung auf die Mission wäre nicht nur das
Moment der Überraschung zu erwähnen, sondern es ist der dringende
Wunsch auszusprechen, daß über diesen Komplex eine eingehende
Studie einmal gearbeitet werden möchte. Eine Anregung dazu kommt
auch aus Asien. D. T. Niles (Ceylon) schreibt: „Nichts überrascht
einen Menschen, dessen normaler Lebensbereich in der Welt des Denkens
und Lebens der Hindus liegt, mehr, als wenn er bei einem Besuch
im Westen in theol. Kreisen die Auffassung hört, der geschichtliche
Jesus sei unbekannt und unerkennbar.. . Diese Haltung ist so völlig
gleich der Haltung der Hindus, daß man sich verblüfft und verwirrt