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Ausgabe:

1964

Spalte:

294-295

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Bartning, Otto

Titel/Untertitel:

Vom Raum der Kirche 1964

Rezensent:

Thulin, Oskar

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Theologische Literaturzeitung 89. Jahrgang 1964 Nr. 4

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bild beigegeben, das vorliegt im Lichtkreuz der Apsis. — Die cngel-
flankierte crux gemmata ferner (Sp. 375) ist primär in Verbindung
mit der — hier sekundär genannten — Kreuzverehrung zu sehen;
maßgebend ist die Verbindung des Kreuzes mit der Enderwartung. —
Das Christusmonogramm am Sarkophag von Sarigüzel (Abb. 1) ist
nicht „Symbol des eucharistisdien Christus" (Sp. 421), sondern stellt
das Christus und sein Heil verkörpernde nomen sacrum dar; zugleich
ist es Hinweis auf den Christusglauben des Toten. — 3) Zu Sp. 353:
Die Darstellung des bärtigen Engels ist nicht besdiränkt auf Isaakopfer
und Feuerofenepisode auf Sarkophagen. Dagegen vgl. z. B. Klausers
Katalog RAC V, Sp. 263, Nr. 24: Habakuk; Sp. 268, Nr. 41:
Taufe Christi. Wir fügen hinzu: Fragment im Musco S. Scba6tiano,
Habakukszene; ferner die Fresken der Latina- Katakombe, Rom:
Bileamszcne (zweimal); Vertreibung aus dein Paradies (A. Ferrua, Le
pitture della nuova catacomba di via Latina, 1960, Tav. XXVI,
XXIX, CIV. — Nicht glücklidi gewählt scheint die Bezeichnung
„Thronassistenlen-Ostiarier" (Sp. 387), die zwei ikonographisch zu
trennende Typen vermischt, die Wächter am Thron und die am Tor
des Himinelspalastes (vgl. RAC V, 302 f.). — Ein Irrtum, den schon
Stuhlfauth (Die E. in der altdiristl. Kunst, 1897, S. 226) begeht, liegt
Sp. 372 vor: das verlorene Mosaik zu Ravenna, dessen Titulus das
,,ter 6anctus" nennt, war nicht in S. Giovanni, 6ondem in S. Crocc
(vgl. Agnellus, Lib. Pont. Eccl. Rav., ed. Testi - Rasponi, Bologna 1924,
S. 119 ff.). Sodann aber läßt die Bezeidinung „festes" erkennen, daß
nicht E., sondern die 4 Zoa gemeint sind, die auch sonst in Ravenna
zum apokalyptischen Programm gehören.

Alle Einzcleinwände jedoch treten zurück gegenüber der
großen Gesamtleistung. Die Darstellung des komplizierten, vom
MA an 6chier unübersehbaren Stoffgebietes im ständigen Rück-
bezug auf Theologie und Frömmigkeit ist für den Theologen
von hohem Wert, insbesondere der dem Protestantismus gewidmete
Teil, der Neuland erschließt und zugleich einen Beitrag
zur Erhellung protestantischen Bildverständnisses überhaupt
darstellt. Vorbildlich ist auch das methodische Vorgehen, das
Ordnungsprinzipien aus der Struktur der Frömmigkeit erhebt
(Sp. 518), den Zusammenhang von Ikonographie und Position
eines Kunstwerkes (Sp. 360 f., 395, 543), sowie seiner Funktion
(Sp. 487) aufzeigt, die Vielschichtigkeit und mögliche Überschneidung
der Sinngehalte vorsichtig interpretierend in Rechnung
stellt (z.B. Michael: 386, 391, 394 f.).

Ergänzende Spezialthcmen schließen sich an. Ebenfalls von
K. A. Wirth: Engel chöre (hier wie auch bei .Engel' theolog.
Hinweise von H. v. Campenhausen); Engelsturz; Engelweihe
(Teil 1 von R. Bauerreiss, OSB). Ferner Engelpietä
(G. v. d. Osten), mit dem Hinweis — neben der bekannten
eucharistisdien Interpretation — auf Ps. 91 (90) 11 f., resp.
Matth. 4,6 sowie Luk. 4, 10 f. und der Frage, ob die E.-Pietä
etwa „auch eine Art Gegenbild auf die Versuchung durch den
Satan" sei. — Insgesamt über 2 Lieferungen umfassend schließen
sich die Themen zu einer Monographie des E.-bildes in
Kunst und Theologie zusammen.

Der christologischc Themenkreis wird noch
um zwei weitere Passionsthemen erweitert: Entkleidung
Christi (K. A. Wirth) nach Matth. 27, 27 ff. (E. vor der Verspottung
) und Matth. 27, 35 (E. vor der Kreuzigung); sowie
Emmaus (W. Stechow), nach Luk. 24,13—29 (Gang nach E.)
und Luk. 24, 30 ff. (Mahl zu E.)

Erst nachträglich aus der Bibel erhobenes Thema ist die
Unbefleckte Empfängnis Mariae (P. Eich). Hier
wünschte man dogmengeschichtlich eine klarere Trennung zwischen
dem die Geburt Christi betreffenden älteren Lehrsatz der
„immerwährenden Jungfräulichkeit" Mariae und dem erst im
MA — gegen Thomas von Aquin — daraus entfalteten Gedanken
der „immaculata coneeptio", der Märiens Geburt durch
Anna meint. — In der Bibel und ihren Tugend- und Lasterkatalogen
verwurzelt ist die erst im MA personifizierte Enthaltsamkeit
(K. A. Wirth). Die Interpretation muß hier
ihre Kriterien dem Bildzusammcnhang entnehmen, da sie erschwert
wird durch die Mehrdeutigkeit des Begriffes (Sp. 740).
Zur Frühgeschichte des Begriffes: RAC V, 349 ff. (Chadwick).

Unter den Themen aus christlicher Ordens- und Kult-
geschichte ist für den Theologen hervorzuheben: Epistel-
u n d E v ai n g e 1 i e n s e i t c (K. A. Wirth). Die Kontinuität von
antiker zu christl. Bildgeschichtc vermag das Thema E n d y -
mion (L. Ettlinger) zu veranschaulichen durch seine Einwirkung

auf die Jonas-Ikonographie. Für den Epheu zeigt Fried.
Klauner Verbindung zur christl. Symbolik.

Gegen K.s Interpretation von Giorgiones „Drei Philosophen":
G. Hartlaub, in BASF IX, 1959, S. 54. — Zu Sp. 862: Durandus übernimmt
seinen Text von Beleth, PL 202, col. 164/A, der von einem
auch im MA geübten Brauche spricht, so daß kultische, nicht nur
„literarische" Kontinuität der Tradition vorliegt.

Unter den rein kunstgeschichtlichen Hauptartikeln (Erika
u s t i k, Rosw. Beyer; Email, E. Steingräber) ist in un-
serm Zusammenhang besonders hinzuweisen auf Empore
(I-V: H. M. v. Erffa; VI, Engelchor: E. Gallf). Teil V gibt
einen wertvollen Beitrag zur Geschichte des Protestant. Kirchenbaus
und Gottesdienstes.

Die eigenständige protestantische Entwicklung wird bis ins
19. Jhdt. (Schinkel) verfolgt, wobei die hohe künstlerische Leistung
des 18. Jhdts. (Sachsen) hervorgehoben, sowie der Anteil der Brüder-
gemeine eigens gewürdigt wird. Dabei wird auch die Struktur des
protestantischen Pfarrgottesdienstes anschaulich (bes. Sp. 304, 308,
313), der E. benötigt, „um einer möglichst großen Gemeinde Gelegenheit
zum Anhören der Predigt zu geben".

Zu Sp. 273: E. sind in Rom nicht vor 500 nachweisbar (R.Kraut-
heimer, Corpus Basiiicarum 1,36; 11,129). Deichmann. RAC IV, 1264
nennt als erstes: Coemeterialbasilika SS. Nereus und Achilleus, wohl
523/26. Die Annahme von E. im konstantinischen Bau von S. Crocc
in Gerusalemme ist nach Krautheimer (1,184, Anm. 6; vgl. auch Datierung
: 2„ nicht l.H. 4. Jhdt.) nicht zu belegen. Zu Sp. 272: Die
Frauenemporc heißt nicht gynaikaion, sondern gynaikonitis (vgl. z. B.
Prokop, De aed. I, 1, 58); matroneum bezeichnet nicht die Frauen-E.,
sondern den Frauen-Platz zu ebener Erde (Du Cange V, 310); zum
Ganzen Deichmann, a. O., 1256.

Zu den neue Aufgaben angreifenden Artikeln gehört endlich
Epenillustration (W. Stammler), wo erstmalig eine
umfassende Materialsammlung, in Katalogform geordnet, vorgelegt
wird und dem Theologen — beginnend mit Otfrieds
Evangelienharmonic und der Millstädter Genesis — sich wertvolles
Material zum Verständnis mittelalterlicher Frömmigkeit
bietet.

Mit den hier nur in Hauptthemen genannten Artikeln der
ersten Hälfte von Band V verdeutlicht das RDK Notwendigkeit
und Wege, fruchtbare Ergebnisse und Ausblicke einer Zusammenarbeit
der geistesgeschichtlichen Disziplinen. Dem Theologen
wird ein Reichtum an Quellen und ertragversprechenden
neuen Themen vorgelegt, der das Lexikon zu einem unerläßlichen
Hilfsmittel macht und ihm einen Platz auch in den theologischen
Seminarbibliotheken sichern sollte.

Druckfehler: Sp. 169/170: Kathechismus statt Katcdiismus;
Sp. 177/178: Neuyork statt New York; Sp. 185/186: Rosenkreuzer
statt Rosenkreutzer; Sp. 244 : Porphyrogenitos statt -genitus oder
-gennetos; Sp. 3 55 : Praetcxtas statt Praetextat; sabbatianisch statt
sabazianisdi; Sp. 493: Bärbel Joseph statt Joseph Bärbel.

Heidelberg Krika Dinkler - von Schubert

Bartning, Otto: Vom Raum der Kirche. Aus Schriften und Reden
ausgewählt und eingeleitet v. Alfred S i e m o n. Bramsche b. Osnabrück
: Gebr. Rasch 4 Co. [1958]. 137 S. m. Abb. gr. 8° = Baukunst
d. 20. Jahrhunderts, Quellen und Monographien, Forschungen
u. Berichte, Bd. 2 (Zum 75. Geburtstag v. Otto Bartning). Hlw.
DM 7.20.

Dieser Sammelband reicht von 1909 „Zur Frage des Evangelischen
Kirchenbaus" bis 1957 „Vom neuen Kirchenbau".
Bartnings Anfänge liegen im Diaspora-Kirchenbau in Österreich.
Nach dem 1. Weltkrieg folgt eine Reihe von Schriften in der
Umwälzung dieser Jahre, alle 1919 erschienen. Klärender Rückblick
(„Erlebnisse") ist es zunächst und dann sucht er in Einzelthemen
Klarheit zu gewinnen über die Probleme des kommenden
Kirchenbaus: „Begriff des Sakralbaus", „das Sakrale in der
Katholischen Kirche", „das radikale Bauprogramm der protestantischen
Kirche", „das Konservative Bauprogramm der protestantischen
Kirche", „Zeichen der Zeit", „Wahrhaftigkeit vor dem
Gewissen". Die Jahre der ersten Kirchenbautage in Berlin, Marburg
, Halle u. a. folgen und zur theoretischen, gedanklichen
Erkenntnis die Folgerung des Architekten: Das programmatische
Modell der „Sternkirche" mit Ausführung in der Essener
Melanchthonkirche standen im Mittelpunkt der Debatte. Intellektuelle
und bauliche Trennung des Kirchenraumes in Predigt- und